Protocol of the Session on April 25, 2007

Wir kommen zur Ausschussüberweisung.

Der Gesetzentwurf soll federführend dem Kultusausschuss und mitberatend dem Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen, dem Ausschuss für Haushalt und Finanzen sowie dem Ausschuss für Inneres und Sport überwiesen werden. Wer

möchte so entscheiden? - Gibt es Gegenstimmen? - Das ist nicht der Fall. Dann ist so entschieden.

Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 11: Einzige (abschließende) Beratung: Staatliches Wettmonopol erhalten - ohne Wenn und Aber! - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 15/3365 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres und Sport Drs. 15/3571

Die Beschlussempfehlung des Ausschusses lautet auf Ablehnung. Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Jetzt hat Herr Kollege Bartling für die SPD-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit unserem Entschließungsantrag wollen wir für Ordnung im Landeskabinett sorgen, weil sich Herr Wulff in Sachen Wettmonopol von Herrn Hirche und Herrn Möllring in einer Art und Weise auf der Nase herumtanzen lässt, wie ich es mir jedenfalls nicht bieten lassen würde.

(Zuruf von der CDU: Sie sind auch nicht Ministerpräsident!)

- Ich weiß, das bin ich nicht. - Seit Monaten berichtet die Presse über das Gerangel um den Lottostaatsvertrag. In der HAZ war neulich eine recht präzise Zustandsbeschreibung zu lesen. Ich zitiere:

„In der Landesregierung in Hannover sind die Ansichten geteilt. Innenminister Schünemann als Sportminister, zuständig für die Verteilung der Lottoerträge an die Sportvereine, verteidigt den Staatsvertrag. Das FDP-geführte Wirtschaftsministerium ist gegen das Monopol. Der CDU-Finanzminister hat Sorgen wegen der Spielbanken.“

Ich bin in diesem Zusammenhang sehr verwundert, wie die Landesregierung mit übrigens einstimmigen Beschlüssen dieses Hauses umgeht. Am 25. Januar 2006 hatte der Landtag einvernehmlich verdeutlicht, dass das staatliche Glücks

spielmonopol aus vielen ordnungspolitischen Gründen, z. B. der Vorbeugung gegen organisierte Kriminalität und der Eindämmung individueller Spielsucht, erhalten bleiben muss. Bei dieser Gelegenheit hatte der Landtag seiner festen Überzeugung Ausdruck verliehen, dass sich der ordnungsrechtliche Rahmen des staatlichen Glücksspielangebotes bewährt hat und auch in Zukunft unerlässlich ist. Aus diesem Grunde hatte der Landtag die Landesregierung einstimmig - ich wiederhole: einstimmig - aufgefordert, sich weiterhin für den Erhalt des Glücksspielmonopols der Länder einzusetzen und einer Zulassung privater Anbieter entschieden entgegenzutreten.

Meine Damen und Herren, sage und schreibe sieben Monate haben wir auf eine Antwort der Landesregierung auf diesen einstimmigen Beschluss gewartet. Am 10. August 2006 hat die Landesregierung dem Landtag Folgendes schriftlich mitgeteilt:

„Nach Überzeugung der Landesregierung muss die ordnungsrechtliche Grundkonzeption des Glückspielrechts, basierend auf einem weitgehenden Angebotsmonopol und der Verpflichtung, die Lotterie- und Wettveranstaltungen auf ein vertretbares Maß zu begrenzen, erhalten bleiben. Diese Konzeption hat sich über Jahrzehnte bewährt. Sie ist ein angemessener Ausgleich zwischen der verbreiteten Nachfrage nach Glücksspiel und den sozialschädlichen Folgen ausufernder Angebote mit damit verbundenen Suchtgefahren und Gefahren der Kriminalisierung des Umfeldes.“

Herr Wulff ist jetzt leider nicht anwesend. Ich hätte ihn gerne gefragt: Warum lassen Sie, wenn diese Einsicht im Kabinett vorhanden ist, die gegenwärtige Vielstimmigkeit überhaupt zu? Warum legen Sie die Hände in den Schoß und schauen - ich formuliere es sehr vorsichtig - dem egoistischen Treiben Ihrer Kabinettskollegen tatenlos zu? Der größte Egoist - das ist wohl mit dem Amt verbunden - in diesem Zusammenhang ist der Herr Finanzminister. Herrn Möllring scheint es ein bisschen auf den Zeiger zu gehen, dass sich sein dubioser Spielbankendeal als größte Peinlichkeit in der Geschichte der niedersächsischen Vermögensveräußerung herausstellen wird.

(Beifall bei der SPD)

Es ist davon auszugehen, dass der eh schon viel zu geringe Verkaufserlös im Nachhinein um bis zu ein Drittel durch Schadenersatzforderungen gemindert wird, weil sich der schlaue Herr Möllring bei den Vertragsverhandlungen selbst übertölpelt hat und eine geradezu absurde Vertragsklausel akzeptiert hat. Herr Möllring, Sie haben sich in dieser Angelegenheit verzockt. Wenn die Schadenersatzforderung fällig wird - damit rechne ich -, glaube ich, dass auch Sie fällig sind.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD - Lachen bei der CDU)

- Sie mögen ja lachen. Wer einen solchen Vermögensschaden für das Land herbeiführt, muss sich aber die Frage gefallen lassen, ob er noch länger dort sitzen sollte.

Die zweite Figur in unserer Komödie - möglicherweise ist es auch eine Tragödie; ich habe mir darüber noch keine abschließende Meinung gebildet ist der unvermeidliche Herr Hirche. Er ist auch nicht anwesend.

(Zurufe von der FDP: Doch!)

- Das ist aber erfreulich. Schön, dass Sie da sind, Herr Hirche. - Herr Hirche führt nun - Herr Bode ist dabei ein guter Gefolgsmann - neoliberale Grundsatzbedenken gegen das Monopol an. Dass ohne eine europäische Harmonisierung die Wetteinnahmen nicht in Niedersachsen verbleiben werden, scheint dem niedersächsischen Wirtschaftsminister egal zu sein. Ich möchte gar nicht wissen, welche Verflechtungen zwischen privaten Wettanbietern und der FDP bestehen.

(Jörg Bode [FDP]: Das nehmen Sie sofort zurück! - David McAllister [CDU]: Das ist eine Unverschämtheit!)

- Herr Bode, soll ich Ihnen einmal die Broschüre zeigen, die beweist, dass Sie von Betandwin gesponsert werden? Das ist ein solcher privater Anbieter. Ich bringe sie einmal bei Ihnen vorbei; da geht es um ein Forum der FDP. Ich habe diese Broschüre leider im Büro liegen gelassen.

(Zuruf von Minister Walter Hirche)

- Jetzt kommen Sie nicht mit dieser Geschichte, Herr Hirche! Wir haben nun einmal nicht das Raucherschutzgesetz beschlossen, das Sie hier beschließen wollten und das völlig von dem abweicht,

was andere Länder beschlossen haben. Das macht den Unterschied aus; aber das werden Sie nie begreifen.

(Beifall bei der SPD)

Ich sage nur soviel dazu: Sachliche Kriterien für die Haltung der FDP kann ich nicht erkennen.

Meine Damen und Herren, der Einzige im Kabinett, der zumindest an dieser Stelle kein Problem zu haben scheint - er ist auch nicht da -, ist der amtierende Innenminister. Er hat keine Vorstellung davon, wie er die Sportförderung aufrechterhalten soll, wenn ihm die Einnahmen wegbrechen. Aber auch Herr Schünemann scheint die ordnungspolitische Komponente der Spielsuchtbekämpfung und - auch das muss gesagt werden - der Geldwäschebekämpfung zu verkennen.

Ich hätte ihm jetzt auch gern eine Frage gestellt. Da dies nicht möglich ist, verweise ich darauf, dass Herr Schünemann in der Innenministerkonferenz einem Beschluss zugestimmt hat, in dem es darum ging, Ausweiskontrollen auch im Kleinen Spiel, also beim Automatenspiel in Spielbanken, durchzuführen. Herr Möllring hat im Kaufvertrag vereinbart, dass er dann, wenn solche Ausweiskontrollen stattfänden, Schadenersatzforderungen zu begleichen hätte bzw. der Kaufpreis vermindert würde.

Meine Damen und Herren, nach meinem Eindruck geht es hier um eine unerträgliche Herumeierei. Ich kann den Ministerpräsidenten nur auffordern, dies in seinem Kabinett zu beenden und sich ohne Wenn und Aber zum Fortbestand des staatlichen Wettmonopols zu bekennen.

Auch wenn wir derzeit erleben, welche professionelle und aggressive Werbung die privaten Wettanbieter organisieren - Sie kennen wahrscheinlich diese Broschüren -, hielte ich es für fatal, wenn Herr Wulff den Fehler, den er auf Druck der Tabaklobby begangen hatte, jetzt auf Druck der Wettlobby wiederholen würde. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt Herr Professor Lennartz das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Bartling hat schon einiges zu der Chronologie der ganzen Angelegenheit ausgeführt. Weil ich eben kurz abgelenkt wurde, bin ich mir nicht ganz sicher, ob er auch den jüngeren Gang der Dinge beschrieben hat, der für die Bewertung des Antrags, aber auch des Problems insgesamt von Wichtigkeit ist.

Die SPD hat ihren Antrag Ende November 2006 gestellt. Kurz danach wurde bekannt, dass die Ministerpräsidenten beabsichtigen, den Staatsvertrag zu unterzeichnen. Der Staatsvertrag ist auch unterzeichnet worden, und jetzt läuft das Notifizierungsverfahren bei der Europäischen Union. In diesem Notifizierungsverfahren hat die Europäische Kommission Fragen an die Bundesregierung gerichtet, und das macht die ganze Sache noch einmal interessant.

Ich darf Ihnen zunächst unsere grundsätzliche Position darstellen. Wir wollen, dass die Erträge aus der Konzessionsabgabe des staatlich organisierten Glücksspiels auch weiterhin in erster Linie für Soziales, Wohlfahrt und Sport zur Verfügung stehen. Nun kann es aber sein, dass es hier noch einige Ungereimtheiten, auch juristischer Art, auszuräumen gilt. Damit komme ich auf die Fragen zurück, die die Europäische Kommission im Rahmen des Notifizierungsverfahrens an die Bundesrepublik Deutschland gerichtet hat.

Ende März soll ein Schreiben der Europäischen Kommission an die Bundesregierung gegangen sein, mit der die Bundesregierung aufgefordert wurde, innerhalb eines Monats zu begründen, wodurch die völlige Verbannung privater Anbieter im Internet gerechtfertigt sei. Wegen dieser Fristsetzung müsste die Antwort der Bundesregierung bzw. der Länder als Staatsvertragspartner in spe, also nach der Ratifzierung durch die Landtage, inzwischen vorliegen. Ich kenne diese Antwort nicht, habe aber natürlich ein Interesse daran, noch vor der abschließenden Beratung des Antrags der SPD zu erfahren, wie die Europäische Kommission den Staatsvertrag bewertet und wie man damit nun perspektivisch umgehen kann. Es wäre schön, wenn uns Herr Ministerpräsident Wulff dies sagen könnte, weil er ja die Vorbereitung des Staatsvertrags und die Unterzeichnung durch die Ministerpräsidenten koordiniert hat.

(David McAllister [CDU]: 15:1!)

Vielleicht kann dies aber auch Herr Schünemann - ich sehe aber gerade, er ist ebenfalls nicht anwesend - oder Herr Möllring übernehmen.

Nach der von Herrn Bartling angesprochenen einvernehmlichen Beschlussfassung im Landtag gibt es nun die ersten Absetzbewegungen. Als erste Fraktion ließ die FDP durch Herrn Bode erklären, dass sie Zweifel habe, ob der Staatsvertrag in seiner vorgesehenen Fassung rechtlich haltbar sei. Im März dieses Jahres hat er noch eine Pressemitteilung nachgelegt.

Kürzlich hat die Hannoversche Allgemeine Zeitung geschrieben, dass die Finanzexperten der CDUFraktionen der Länder einen Staatsvertrag dieser Art für problematisch hielten. Herr Althusmann hat daraufhin gesagt, die niedersächsische CDU stehe. Aber was ist mit den anderen, warum stehen die eigentlich nicht? Vielleicht sagen Sie dazu einmal etwas, Herr Althusmann.

(David McAllister [CDU]: Herr Althus- mann ist halt standfest!)

Mein Fazit. Meine Fraktion ist zwar in der Lage, heute über den Antrag der SPD abzustimmen, aber damit wäre das Problem, hinter dem enorm viel Geld steckt, noch nicht gelöst. Alle diese Fragen werden wir spätestens dann wieder auf den Tisch bekommen, wenn die Ratifizierung des Staatsvertrages hier im Landtag ansteht, falls es überhaupt dazu kommen sollte.

Herr Kollege Lennartz, Sie müssen jetzt dringend zum Ende kommen.

Das tue ich hiermit. - Schönen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustim- mung von der SPD)

Nun hat Herr Kollege Althusmann für die CDUFraktion das Wort.