Selbstverständlich sind wir als eine der einbringenden Fraktionen offen für zusätzliche Anregungen, von denen es im Rahmen einer Expertenanhörung sicherlich viele geben wird. Immerhin ist dies eine bisher völlig ungeregelte Materie. So habe ich am Wochenende beispielsweise eine Anregung aus der Anwaltschaft erhalten, indem gefragt wurde, ob es wirklich angemessen sein könne, bei den Voraussetzungen zur Anerkennung als Gütestelle nach § 794 ZPO auf jegliche explizite Betonung juristischer Vorbildung zu verzichten; schließlich könnten Gütestellen vollstreckbare Titel in beliebiger Höhe ausstellen. Darüber werden wir reden müssen.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Landesregierung begrüßt den Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen ausdrücklich.
Liebe Frau Grote, Sie haben darauf hingewiesen, dass es vier Jahre gedauert habe, bis ein solcher Gesetzentwurf hier auf die Tagesordnung gekommen ist. Dazu sage ich Ihnen, dass Sie 13 Jahre hier regiert haben; ich glaube, Sie hätten noch eher dafür Zeit gehabt.
Es ist schon gesagt worden: Das ist der erste Gesetzentwurf in der Bundesrepublik, der sich mit den Themen außergerichtliche Streitschlichtung und Mediation beschäftigt. Er folgt, Herr Briese, im Rahmen der Großen Justizreform konsequent dem Ansatz, dass Niedersachsen bei dem Thema außergerichtliche Streitschlichtung die Federführung hat.
Das ist ein umfassendes Feld. Ich freue mich jedenfalls darüber, dass die Regierungsfraktionen diesen Gesetzentwurf heute eingebracht haben.
Meine Damen und Herren, seit vielen Jahren haben Begriffe wie Konfliktmanagement, alternative Streitbeilegung, Schlichtung und Mediation Hochkonjunktur. Bei Google erscheinen allein zu dem Stichwort Mediation über 36 Millionen Einträge.
Die Streitschlichtung ist allerdings keineswegs eine Erfindung der Neuzeit. Sie hat im Gegenteil eine lange Tradition. Das erste Beispiel in Deutschland ist der Westfälische Frieden von Münster im Jahre 1648. Nach 30 Jahren Krieg konnte nur ein Mediator, nämlich der venezianische Diplomat Contarini, zwischen den Völkern Frieden stiften.
Neu in den westlichen Demokratien ist allerdings die Professionalisierung der Mediation. Arbeitsund Wirtschaftsmediatoren werden bei Konflikten in Betrieben und Organisationen herangezogen, eine erfolgreiche Scheidungs-, Wirtschafts- oder Erbschaftsmediation erspart vielen Kontrahenten den Gang vor Gericht. Und nicht zu vergessen: Auch in Schulen und Hochschulen findet die Mediation Anhänger. Lehrer und Erzieher lassen sich zu Mediatoren ausbilden, Schüler werden als Konfliktlotsen entdeckt und sind erste Anlaufstelle bei
Im Gegensatz zum Gerichtsverfahren gibt es bei einer Mediation keinen Verlierer; denn diese Konfliktschlichtung basiert auf dem freiwilligen Entschluss der Beteiligten, miteinander zu kooperieren. Sie wollen mit der professionellen Unterstützung von Konfliktschlichtern Lösungen für ihre Probleme finden. Sie wollen nicht nur schlicht eine Entscheidung, sie wollen Lösungen für ihre Probleme finden. Unter Anleitung eines Mediators kommunizieren sie wieder miteinander, was bei einem Konflikt keine Selbstverständlichkeit ist, und sie gehen mit ihrem Konflikt selbstständig und eigenverantwortlich um. Der Mediator arbeitet neutral, er arbeitet ohne Entscheidungsbefugnis. Sein Ziel ist es, den Parteien zu helfen, eine Vereinbarung auszuhandeln, die ihnen mehr nützt als ein fauler Kompromiss. Gesichtsverluste - sie sind bei einem Konflikt auch nicht unerheblich - werden vermieden, und Geschäftsbeziehungen können leichter aufrechterhalten werden.
Allerdings: Auch wenn von Mediation immer öfter die Rede ist, so ist sie als Alternative zu einem gerichtlichen Verfahren noch viel zu wenig bekannt und wird auch zu wenig als solche wahrgenommen. Das niedersächsische Mediationsgesetz bietet deshalb eine große Chance. Wir schlagen hier quasi zwei Fliegen mit einer Klappe:
Erstens. Wir schaffen gesetzliche Mindeststandards für die außergerichtliche Mediation in Niedersachsen. Damit unterstützen wir seriöse und gut ausgebildete Mediatoren und schützen die Bürgerinnen und Bürger zugleich vor Scharlatanen, die es auf diesem Gebiet auch gibt.
Zweitens. Das Gesetz leistet einen Beitrag zur Förderung der außergerichtlichen Streitkultur insgesamt; denn Mediation ist eine Konfliktlösungsmethode mit vielen Vorteilen. Am Ende der Mediation steht eine gemeinsame wertschöpfende Lösung mit Blick in die Zukunft.
Der Entwurf eines niedersächsischen Mediationsgesetzes normiert Rahmenbedingungen und Qualitätsstandards der Mediation. Bislang sind Bürgerinnen und Bürger über die Grundlagen, Anwendungsfelder und Abläufe noch unzureichend informiert. Zwar haben wir durch das Modell der gerichtsnahen Mediation in Niedersachsen schon einiges positiv bewirkt, und daran arbeiten wir auch kontinuierlich weiter. Aber, meine Damen und Her
ren - das möchte ich im Hinblick auf die Wortbeiträge von Herrn Briese und Frau Grote auch einmal sagen -: Gerichtsnahe bzw. gerichtliche Mediation ist eine Bundesangelegenheit. Das können wir in einem Landesmediationsgesetz definitiv nicht regeln. Dafür haben wir keine Kompetenz.
Wir haben im Rahmen des in unserer Zuständigkeit liegenden Bereichs der außergerichtlichen Streitschlichtung exakt diese Lösungen mit im Visier. Im Zusammenhang damit wird auch darüber diskutiert, wie man Mediation implementieren und weiterentwickeln kann. Die Regierungsfraktionen haben unter Beweis gestellt, dass sie dort, wo sie Handlungsbedarf sehen und wo das Land die entsprechende Kompetenz hat, etwas tun und eben nicht abwarten, bis sich auf Bundesebene etwas tut.
Wenn Bürgerinnen und Bürger Mediation als seriöses, qualitativ hochwertiges Konfliktlösungsmodell und nicht als eine Form minderwertiger oder billiger Justiz erleben, dann werden wir im Hinblick auf die Förderung einer besseren Streitkultur zunehmend erfolgreich sein.
Meine Damen und Herren, ich bin der festen Überzeugung, dass Streitschlichtung für alle ein Gewinn ist. Davon werden Bürgerinnen und Bürger in unserem Land profitieren, Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte im Übrigen auch, genauso wie die übrigen professionellen Konfliktmanager. Das gilt auch für die Justiz, die dadurch in einem hohen Maße entlastet werden könnte.
Die Landesregierung unterstützt den Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen sehr nachdrücklich. Ich möchte mich an dieser Stelle für die in Ansätzen durchaus mediativen Beiträge aus diesem Plenum bedanken. Ich freue mich auf die Diskussion mit Ihnen und hoffe, dass wir sehr zügig ein solches Mediationsgesetz auf den Weg bringen werden. - Herzlichen Dank.
sungsfragen und zur Mitberatung an den Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr überweisen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. Das ist so beschlossen.
Tagesordnungspunkt 9: Erste Beratung: Entwurf eines Gesetzes zum Schutz der Nichtraucherinnen und Nichtraucher - Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 15/3725
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Jetzt bin ich aber etwas erstaunt: Die Vertretung der Sozialministerin fehlt, und der Ministerpräsident, der den Nichtraucherschutz zur Chefsache erklärt hat, fehlt auch.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir freuen uns, dass der Niedersächsische Ministerpräsident zur Besinnung gekommen ist.
Er will den absurden, den gesundheitsgefährdenden niedersächsischen Sonderweg, über den alle Welt gelacht hat und der Ängste ausgelöst hat, nach massiven Protesten endlich wieder verlassen. Herr Ministerpräsident Wulff sagte, er habe sich in der Einschätzung der öffentlichen und veröffentlichten Meinung geirrt und korrigiere nun seine vormalige Sicht zum Nichtraucherschutz.
Meine Damen und Herren, das ist bemerkenswert, war Niedersachsen bis dahin doch eines der letzten tabakfreundlichen Bundesländer. Das zeigt doch, wie abgewandt Herr Wulff von den Bedürfnissen und Wünschen der Mehrheit der Bürger war.
Aber vielleicht waren es ja auch die Schlagzeile aus der Bild-Zeitung und die vielen kritischen Äußerungen im Gästebuch der Landesregierung, die das Fass vollmachten. Als „Drogen-Wulff“ möchte sich der Ministerpräsident wohl doch lieber nicht bezeichnen lassen.
Die Hannoversche Allgemeine Zeitung fragt in einem Leitartikel zu Recht, ob den Ministerpräsidenten bei seiner weichen Linie nicht sein Instinkt verlassen habe. Statt die Nichtraucherkonferenz der Ländergesundheitsminister für eine Vorreiterrolle Niedersachsens in Sachen Gesundheitsschutz zu nutzen, trat er als der große Bremser auf - mit dem Verdacht der Käuflichkeit durch die Zigarettenindustrie.
(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD - Widerspruch bei der CDU und der FDP - David McAllister [CDU]: Das ist eine Unverschämtheit!)
Trotz Ihres Geschreis bleibt festzuhalten, dass die schwarz-gelbe Landesregierung ein einmaliges Eigentor, eine absolute Fehleinschätzung hingelegt hat.
Kein Ministerpräsident, keine Gesundheitsministerin kann sich ungestraft hinstellen und täglich vom „Kinderland und Gesundheitsland Niedersachsen“ fabulieren und sich dann beim Nichtraucherschutz auf einen Irrweg begeben und sich so grob fahrlässig verhalten.
Meine Damen und Herren, Passivrauch schadet allen - Raucherinnen ebenso wie Nichtraucherinnen. Gesundheitsschutz, Kinder- und Jugendschutz sowie Arbeitsschutz haben im Gesetzgebungsverfahren an erster Stelle zu stehen. Die Gefahrenlage ist doch seit Jahren bekannt, die wissenschaftliche Erkenntnislage ist unumstritten. In der Begründung Ihres Gesetzentwurfes von heute Morgen steht deutlich: 170 000 Neugeborene sind schon im Mutterleib den Folgen des Rauchkonsums ausgesetzt. Über 8 Millionen Kinder und Jugendliche unter 18 sind zu Hause dem Rauch ausgesetzt. Mehr als 35 Millionen erwachsene Nichtraucher atmen in der Wohnung, am Arbeitsplatz oder in der Freizeit Rauch ein. Über die durch Rauch gestorbenen Menschen wissen wir,
dass es jährlich Tausende betrifft. Durch Arbeitsausfälle und Krankheitskosten entsteht ein volkswirtschaftlicher Schaden von geschätzt 20 Milliarden Euro.
Meine Damen und Herren, es geht jetzt nicht darum, den Bürger zu entmündigen, sondern es geht bei dem von uns vorgelegten Gesetzentwurf darum, dass Tabakrauch in Innenräumen keine Belästigung darstellt, sondern eine schwerwiegende Gesundheitsgefährdung.