Protocol of the Session on March 8, 2007

Konsequenzen oder Handlungsoptionen andere Regierungen hieraus abgeleitet haben?

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Herr Minister!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Bode, Sie haben aus diesem Bericht und auch aus dem Grünbuch zitiert. Eigentlich dürfte es gar nicht „grün“ heißen,

(Heiterkeit und Zustimmung von Jörg Bode [FDP])

jedenfalls nicht nach dem Verständnis der Grünen hier von der Energiepolitik. Denn in diesem Grünbuch ist sehr klar und deutlich beschrieben, dass wir auf die Kernenergie nicht verzichten können.

Man verhandelt im Augenblick in Brüssel darüber, wie man europaweit zu einer Reduzierung der Emissionen kommt. Wir haben zur Kenntnis zu nehmen, dass Deutschland alleine in dieser Frage nicht bestimmen wird, Gott sei Dank.

Die Franzosen z. B. sind sehr kritisch. Auch das müssen Sie einmal zur Kenntnis nehmen, auch die Sozialdemokraten. In der Frage der Nutzung der Kernenergie gibt es in Frankreich zwischen Sozialisten, Konservativen und Liberalen keine Differenzen. Denn sonst könnte dort kein neues Kernkraftwerk gebaut werden. Weil die Franzosen gerade im Hinblick auf Emissionsreduzierung mitmachen müssen und ein wichtiger Partner neben Deutschland sind, sagen sie: Wenn ihr uns das nicht anrechnet, was wir durch die Nutzung der Kernenergie an CO2-Emissionen einsparen, werden wir da nicht mitmachen. Das ist doch der Punkt. Daran kann man sehen, wie wichtig diese Frage gerade europapolitisch ist.

Aufgrund dieser Verhältnisse wird auch in Deutschland immer wieder der Ruf laut, die falsche Entscheidung von 2002 rückgängig zu machen und die darauf folgende falsche Energiepolitik durch eine europäische Energiepolitik abzulösen, weil dann vielleicht die Chance besteht, dass Europa sowohl in der Einsparung von Emissionen als auch in einer vernünftigen Energiepolitik nach vorne kommt und damit auch wirtschaftlich wieder eine größere Bedeutung in dieser Welt erhält.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Minister. - Eine Zusatzfrage hat der Kollege Hogrefe.

(Axel Plaue [SPD]: Können wir nicht auch Pferdeäpfel zu Energie ma- chen?)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Vorsitzende der Fraktion der Grünen hat hier das Feuilleton der FAZ hochgehoben. Es wäre schön, wenn Sie, Herr Wenzel, häufiger auch den Wirtschaftsteil der FAZ lesen würden.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich möchte heute gerne aus dem Wirtschaftsteil der Süddeutschen Zeitung zitieren.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Die Wirt- schaft warnt ja vor dem Klimaschutz!)

Sie werden zugeben, das ist eine der guten Zeitungen in Deutschland. Die Süddeutsche Zeitung kommentiert heute: Europas Energiezufuhr liegt im richtigen Mix.

Meine Frage an die Landesregierung lautet: Könnte das bedeuten, dass Deutschland wegen einer gewissen Ignoranz künftig sehr teuer Strom aus nachwachsenden und regenerativen Energiequellen erzeugt, beispielsweise aus Fotovoltaik, wo die Einspeisevergütung bei 50 Cent pro Kilowattstunde liegt, dass Frankreich und andere Länder mit Kernenergie die Grundlast erzeugen und dass dann dieser preisgünstige Grundlaststrom im freien Energiehandel über eine Tochterfirma des badenwürttembergischen Energieversorgungsunternehmens noch verstärkt überall bei uns angeboten wird, mit allen Folgen für die Arbeitsplätze in Frankreich und bei uns? Könnte man sich ein solches Szenario vorstellen?

(Nein! bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Herr Minister!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Landesregierung führt sehr viele Gespräche mit Energieversorgungsunternehmen betreffs der Ansiedlung und des Baus von neuen Kraftwerken. Aber wir führen auch sehr viele Gespräche mit besorgten Arbeitnehmern, die in kerntechnischen Anlagen beschäftigt sind. Auch die europäische Gewerkschaftsbewegung sieht mit großer Sorge, was hier auf dem Arbeitsmarkt geschieht und wie unter den Gesichtspunkten der Umweltpolitik mit den sozialen Belangen umgegangen wird.

Die Gefahr besteht. Ich kann mir vorstellen, dass unsere vier großen Energieversorgungsunternehmen die Diskussion, die wir hier führen, sehr geschickt aufnehmen und sagen werden: Dann wird in Deutschland eben nicht mehr investiert. - Das bedeutet, dass hier wiederum Arbeitsplätze vernichtet werden. Die Arbeitsplätze wandern in andere europäische Länder, häufig direkt an der Grenze, ab.

(Zuruf von der SPD: Das stimmt nicht!)

Das halte ich für unverantwortlich,

(Zustimmung bei der FDP)

weil wir in einem Industrieland, wie Deutschland es ist, eine eigene, sichere Energieversorgung brauchen. Wir dürfen nicht zu einem Stromdurchleitungsland werden. Dann werden wir auch auf diesem Gebiet abhängig.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Die Gefahren der Energieversorgung werden uns jedes Jahr wieder vor Augen geführt. Nehmen Sie die aktuellen Äußerungen von Herrn Putin, der im Gasbereich vor Kraft strotzt!

(Ursula Körtner [CDU]: Wobei Herr Schröder ihn unterstützt!)

- Darauf wollte ich gerade kommen. Herr Schröder berät ihn wahrscheinlich, wie man das noch besser machen kann.

Entscheidend ist, dass sich die Gefahr abzeichnet, dass Herr Putin dabei ist, nachdem wir schon ein OPEC-Kartell beim Öl haben, ein Kartell für den Gasbereich zu schaffen, mit all den negativen Folgen. Während wir im Ölbereich viele Länder ha

ben, die auf dem globalen Markt aktiv sind, müssten sich im Gasbereich nur noch fünf Personen an einen Tisch setzen. Das problematischste an diesen fünf Personen ist, dass sie aus nicht gerade demokratischen Ländern kommen - jedenfalls nach unserem Verständnis von Demokratie -, und daher unter Umständen auch diese diktatorischen Züge zum Missbrauch nutzen werden.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Professor Zielke zieht seine Frage zurück. Bitte schön, Herr Kollege Wenzel.

(Heinz Rolfes [CDU]: Das ist aber die dritte Frage!)

Herr Minister, die Heilserwartungen der Atomindustrie haben sich nicht erfüllt. Deswegen muss Herr Runkel hier jetzt schon mit Beilagen der Atomlobby werben und nicht mit dem Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, das doch deutlich seriöser als diese Beilagen der Atomindustrie ist. Tschernobyl war das endgültige Waterloo dieser Industrie. Seitdem ist kaum ein neues Kraftwerk ans Netz gegangen, aber viele sind vom Netz gegangen. Herr Minister, Neubau gab es nur mit hohen Subventionen, wo es Monopole gab oder in Diktaturen. Das ist ein Fakt, an dem Sie, Herr Sander, nicht vorbeikommen.

Deshalb frage ich Sie, Herr Sander: Was wollen Sie tun, um die Einteilung Deutschlands in vier große Besatzungszonen der Atommonopolkonzerne zu beenden und dafür zu sorgen, dass es hier endlich Wettbewerb gibt,

(Lachen bei der CDU)

der den kleinen und effizienten Produzenten von Strom aus erneuerbaren Energien und aus Blockheizkraftwerken die Marktbedingungen gibt, die sie brauchen, um im Wettbewerb in Zukunft fair mithalten zu können?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Minister, bitte!

Meine Damen und Herren, die Antworten der Landesregierung fußen nicht auf Beilagen der Atomindustrie, der Lobby. Herr Kollege Wenzel, Sie müssen da schon etwas differenzieren.

Eben hatte ich doch wieder meine Schwierigkeiten und dachte, wir wären in den 60er-Jahren.

(Beifall bei der FDP)

Ich dachte, wir hätten diese Diskussion endlich überwunden. Das Vokabular, das Sie, Herr Wenzel, benutzen, und das Feindbild, das Sie pflegen, entsprechen nicht dem Vokabular und dem Weltbild der Landesregierung.

(Zurufe von den GRÜNEN)

Wir wissen, dass wir in diesem Bereich mehr Wettbewerb brauchen. Das werden wir mit den Unternehmen immer wieder besprechen und auch deutlich machen. Wo die Rahmenbedingungen nicht stimmen, wird der Staat eingreifen, aber nicht in dieser Form, die, glaube ich, dem früheren Marxismus näher ist als unseren demokratischen Standards.

(Beifall bei der CDU)

Abschließend will ich noch eines klar sagen: Herr Wenzel, was Sie hier machen, ist schon anmaßend. Man muss Angst haben, dass Sie irgendwann einmal nach Europa kommen. Wenn Sie Finnland als diktatorischen Staat bezeichnen - dort wird ein neues Kraftwerk gebaut - und wenn Sie Frankreich so bezeichnen, dann sind Sie, glaube ich, eine Gefahr für Ihre Fraktion.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)