„Als ‚familienpolitischen Schildbürgerstreich‘ hat der Paritätische Wohlfahrtsverband das SPD-Finanzierungskonzept für Kinderbetreuung bezeichnet. ‚Die Verantwortung für eine angemessene Zahl von Kinderbetreuungseinrichtungen in Deutschland wird nach den Vorschlägen der SPD fast ausschließlich und allein den Familien selbst übertragen‘, sagte
Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider zu dem am Montag vorgestellten Konzept. Im Ergebnis würden die Schulkinder die Krippenplätze ihrer kleineren Geschwister finanzieren. Dies sei ein ‚Entwurf für das größte Kürzungsprogramm für Familien in der Geschichte der Bundesrepublik‘. Die Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren gegen die staatlichen Zahlungen an Familien auszuspielen, sei ein Irrweg.“
Wenn wir eine Verdreifachung der Zahl der Krippenplätze und der Tagesmütterangebote für Kinder unter drei Jahren wollen, dann ist das eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe für alle. Wenn es eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe für alle ist, dann muss diese Aufgabe auch aus dem allgemeinen Steueraufkommen erwirtschaftet werden. Wer mehr will, der muss auch bereit sein, mehr zu geben.
Nach Angaben des Bundesfamilienministeriums wird das Projekt etwas mehr als 3 Milliarden Euro kosten. Bund, Länder und Kommunen - alle sind gefordert. Wir wollen, dass sich alle Beteiligten jetzt gemeinsam an einen Tisch setzen, den Bedarf analysieren, verbindliche Ziele festlegen und sich dann auf das verständigen, was geht, und das dann auch umsetzen. Niedersachsen geht dabei mit gutem Beispiel voran. In den letzten Monaten sind zwei wegweisende Beschlüsse gefasst worden, nämlich zum einen das 100-Millionen-EuroProgramm für den Ausbau der frühkindlichen Betreuung;
zum anderen soll das letzte Kita-Jahr als Brückenjahr zur Grundschule ab dem 1. August 2007 beitragsfrei sein.
Was uns in Niedersachsen von den Finanzierungsvorschlägen der Bundes-SPD unterscheidet, die Sie, Herr Jüttner, ja ausdrücklich unterstützt haben, ist Folgendes: Wir haben unsere Maßnahmen solide finanziert - ohne neue Steuern und
ohne neue Schulden. Wenn man es will, dann schafft man es auch, politische Prioritäten zu setzen. Das erwarten wir jetzt auch vom Bund, von den Ländern und von den Kommunen.
Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. - Herr Harden, vielleicht überschreitet es ja Ihre Wahrnehmungsfähigkeit. Ich habe gerade zwei wesentliche familienpolitische Bausteine der CDU/FDP-Koalition umschrieben. Ich könnte viele weitere Beispiele hinzufügen: Kinderrechte in die Verfassung, Familienhebammen, Familienservicebüros. - Es gibt viele weitere Bausteine. Wir wollen Niedersachsen zum Familienland Nummer eins machen. Wir appellieren an die SPD: Hören Sie auf damit - linke Tasche, rechte Tasche -, Familien gegen Familien auszuspielen! - Herzlichen Dank.
(Starker Beifall bei der CDU und bei der FDP - Uwe Harden [SPD]: Das war ein ziemlich matter Beifall!)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! „Niedersachsen gestaltet Zukunft: Ja zu Kindern und Familie“ heißt das Thema. Ich habe eben ehrlich gedacht, Herr McAllister, dass es Ihnen um die Sache gegangen sei. - Na gut.
Wir fangen einmal mit Folgendem an: Herr McAllister hat eben erzählt, in der Familienpolitik stehe ein großer Paradigmenwechsel an. Sie haben diesen Paradigmenwechsel in der Tat notwendig wir aber nicht, wir überhaupt nicht!
Ich meine, das hat schon gesessen. Frau von der Leyen möchte mal wieder Bilder mit Kindern und eine Schlagzeile, und die ganze CDU/CSU kommt ins Rödeln. Da mussten Sie sich schnell hinten dranstellen. Das war ganz spannend.
Besonders schnell lernt immer Christian Wulff hinzu. In der Financial Times Ende Februar wird er mit dem Satz zitiert, ja, es stimme, die CDU sei unehrlich gewesen, weil es diese Wahlfreiheit überhaupt nie gegeben habe.
In der Tat ist es gut, dass der Paradigmenwechsel bei Ihnen beginnt, dass dieses Thema jetzt auch bei Ihnen eine angemessene Bedeutung bekommt. Darüber freuen wir uns; das ist überhaupt keine Frage.
Ich bin dankbar, dass wir dieses Thema hier beraten. Auf diese Weise können wir noch einmal sagen, was wir in den letzten Monaten alles gemacht haben, weil Familie und Kinder bei uns im Mittelpunkt der Politik stehen: Im Juni haben wir einen Gesetzentwurf für Gebührenfreiheit im Kita-Bereich eingebracht. Wir haben zwei Große Anfragen gestellt, um die Situation von Kindergesundheit und Kinderarmut hier diskutieren zu können. Wir haben mit unserem Haushaltsplanentwurf für Familienzentren und den gesamten Bereich des Kinderschutzes ein Dokument auf den Tisch gelegt. Im Januar haben wir mit dem Gesetzentwurf „Kinderrechte in die Verfassung“ den nächsten Schritt getan. - Wir stehen wirklich gut da, meine Damen und Herren. Das, was bei diesem Thema auf Bundesebene läuft, wo Sie seit Tagen nicht in der Lage sind, einen Finanzierungsvorschlag vorzulegen, werden wir morgen im Zusammenhang mit dem Nachtragshaushalt gründlich diskutieren. Das will ich morgen gerne machen; dafür reicht jetzt die Zeit nicht aus.
Zum Abschluss möchte ich Ihnen noch eine Geschichte erzählen, die zurzeit in unserer Fraktion die Runde macht. Da wird erzählt, die politische Alltagsforschung habe eine neue Kategorie, einen neuen Begriff entwickelt: „das Wulff“. Wissen Sie, was „das Wulff“ ist?
Das ist eine Zeitmesseinheit. In der wird gemessen, wie lange es dauert, bis ein Vorschlag der SPD-Fraktion von der Staatskanzlei okkupiert wird.
- Der ist sehr alt? Haben Sie so etwas auch schon von Ihren Leuten gehört? - Beim Thema Gebührenfreiheit hat das noch nicht so richtig geklappt. Da hat es unheimlich viele „Wulffs“ gebraucht, bis es auf den Weg kam.
(Karl-Heinz Klare [CDU]: Wissen Sie denn, ob Sie das erste oder das dritte Kindergartenjahr freihalten wollen? Sie wissen doch gar nicht, welches Kindergartenjahr Sie freihalten wol- len!)
Beim Thema „Kinderrechte in die Verfassung“ muss ich sagen: Respekt, meine Damen und Herren! Es hat höchstens drei oder vier Wochen gedauert, bis unser Vorschlag übernommen wurde.
Aber ich sage Ihnen: Wir haben keine Probleme damit. Wir freuen uns, wenn Sie unsere Vorschläge übernehmen;
denn sie sind gut für das Land, und die Kinder und die Eltern in Niedersachsen werden sich darüber freuen.
Einen Ratschlag will ich Ihnen noch geben, meine Damen und Herren: Seien Sie in Zukunft vorsichtig, wenn Sie Vorschläge der SPD kritisieren - es könnten morgen Ihre sein!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Jüttner, auch bei Ihnen habe ich gedacht, es würde um die Sache gehen. Aber das tut es nicht.
Niedersachsen gestaltet Zukunft, sagt Ja zu Kind und Familie. Meine Damen und Herren, es geht um das Kind.
Dann gehört es zur Diskussion hinzu, auch einmal den Istzustand zu beschreiben. Ich möchte Ihnen gerne ein paar Beispiele aus der Rechtsprechung nennen, die die Situation der Kinder, die in Deutschland leben, sehr anschaulich beschreiben.