Protocol of the Session on June 27, 2003

Meine Damen und Herren, es wird auch nötig sein - Herr Kollege Oetjen sprach davon -, Flächen zu verkaufen. Wir werden sehen, was der Markt aufnehmen kann. Wir werden aber keine sensiblen Bereiche verkaufen, es sei denn, das der Käufer die Verpflichtungen, die mit dieser Fläche zusammenhängen, mit übernimmt.

Wir werden auch weiterhin den Privatwald unterstützen. Das heißt, dass wir über Zuwendungen an die Forstbetriebsgemeinschaften und über den Haushalt der Landwirtschaftskammer unsere Verantwortung für den Privatwald auch finanziell wahrnehmen werden.

Herr Kollege Klein, wir haben nach meiner Erinnerung schon vor fünf, sechs Jahren über das Einheitsforstamt gesprochen. Die Diskussionsgrundlage ist bei uns noch die gleiche. Wir machen das nicht.

Meine Damen und Herren, die Landesregierung ist sich ihrer Verantwortung für unseren niedersächsischen Wald, egal ob es der Staatswald oder der Privatwald ist, sehr wohl bewusst. Mit dieser Reform werden wir unseren Wald und unsere Landesforstverwaltung letztendlich so positionieren, dass beide zukunftsfähig werden. - Danke schön.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht mehr vor. Ich schließe damit die Beratung.

Wir kommen zur Ausschussüberweisung zu Punkt 49. Das ist der Antrag der SPD-Fraktion. Federführend soll danach der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und den ländlichen Raum mit diesem Antrag befasst werden. Mitberatend sollen folgende Ausschüsse beteiligt werden: der Ausschuss für Inneres und Sport, der Umweltausschuss und der Ausschuss für Haushalt und Finanzen.

Ich komme dann zur Ausschussüberweisung zu Punkt 50, nämlich dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Federführend soll hier ebenfalls der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und den ländlichen Raum befasst werden, und identisch zu der vorherigen Empfehlung sollen die Ausschüsse für Inneres und Sport, der Umweltausschuss und der Ausschuss für Haushalt und Finanzen mitberatend beteiligt werden. - Andere Vorstellungen sehe ich nicht. Dann ist das so beschlossen.

Wir kommen jetzt zu

Tagesordnungspunkt 51: Erste Beratung: Würdige Bestattung von Tot- und Fehlgeburten - Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP - Drs. 15/229

Tagesordnungspunkt 52: Erste Beratung: Neuordnung des Friedhofs- und Bestattungswesens - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 15/250

Der Antrag der CDU wird durch Frau Kollegin Siebert eingebracht. Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir kommen jetzt zu einem sehr traurigen Thema, das wir immer wieder gern aus unserem Alltag verdrängen. Es geht um das Sterben und den würdigen Umgang mit unseren Verstorbenen.

Leider sterben deutschlandweit zehntausende von Kindern, bevor sie überhaupt richtig leben konnten. 25 % aller Schwangerschaften enden glücklos. Die Familien, die betroffenen Eltern und mögliche Geschwister haben den Verlust und die Trauer zu bewältigen. Sie müssen lernen, mit dieser Situation umzugehen. Das war für viele Familien, insbesondere dann, wenn das Kind unter 500 g wog, bisher nicht möglich. Diese Kinder, die unter 500 g Lebensgewicht haben, werden leider in den meisten Fällen mit dem üblichen Krankenhausabfall „entsorgt“.

Es ist zwar durch viele Initiativen, wie z. B. in Celle, möglich, in einer würdigen Weise Bestattungen vorzunehmen. Allerdings wissen in vielen Fällen die Familien nichts davon und werden nicht beraten. Aus diesem Grunde machen wir von der CDU-Fraktion und der FDP-Fraktion uns gemeinsam dafür stark, dass die Eltern bereits im Krankenhaus beraten werden, damit sie es nicht im Nachhinein bedauern müssen, dass sie keine Grabstelle haben, auf der sie ihr Kind würdig aufgehoben wissen und an der sie im stillen Gedenken zu ihrem Kind reden können.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir fordern die Friedhofsträger, die bisher noch keine Plätze für derartige Bestattungen vorhalten, auf, diese demnächst entsprechend vorzuhalten und bereitzustellen.

Meine Damen und Herren, ein würdevoller Umgang mit Verstorbenen muss in jedem Fall möglich sein. Dabei ist es gleichgültig, ob jemand ganz jung gestorben ist oder ob er schon älter war, als er gestorben ist.

(Zustimmung von Heidemarie Mund- los [CDU])

Aus diesem Grunde können wir einer Liberalisierung des Bestattungsrechtes, wie es Bündnis 90/Die Grünen in ihrem vorliegenden Antrag fordern, keinesfalls zustimmen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Liberalisierung klingt zunächst gut. Aber was passiert dann, wenn in der dritten, vierten oder fünften Generation eine Urne vererbt wird, zu der niemand mehr eine Beziehung hat? Was geschieht, wenn der Erwerber eines Grundstückes beim Umgraben des Gartens auf Urnen stößt, zu denen man keinerlei Beziehung hat? Werden diese mitsamt der sterblichen Überreste in den Hausmüll gegeben oder anderweitig aus dem Blickfeld geschafft? Was geschieht, wenn sich Hinterbliebene um die sterblichen Überreste des nahen Angehörigen streiten? Soll lediglich dem Durchsetzungsstärkeren die Trauer ermöglicht werden? Was passiert mit Hinterbliebenen, die den nächsten Angehörigen gar nicht bekannt waren? Werden die Trauernden dann mit ihren Gefühlen allein gelassen?

Meine Damen und Herren, die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie geht aber auch über den Tod hinaus. Dabei ist es gleichgültig, ob man erst wenige Wochen oder viele Jahre alt war, ob man wenige Gramm oder viele Kilo wog. Es muss sichergestellt sein, dass die sterblichen Überreste nicht irgendwo und irgendwann - ich sage ganz bewusst - „entsorgt“ werden.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Zudem müssen alle Hinterbliebenen die Möglichkeit haben, zu trauern und damit auch Zugang zu einem Ort des stillen Gedenkens zu haben. Leben und Sterben sind untrennbar miteinander verbunden. Die Würde muss in beiden Fällen gewahrt

bleiben. Lassen Sie uns gemeinsam ein deutliches Zeichen der Mitmenschlichkeit setzen. Ich bitte Sie, dies in Ihrem Herzen zu bewegen und entsprechend zu entscheiden. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen bringt Frau Helmhold ein.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Friedhofs- und Bestattungsrecht in Niedersachsen stammt in den Grundzügen aus dem Jahre 1934. Nun ist dies allein noch kein Grund dafür, ein Gesetz zu ändern, wenn es denn gut wäre. Allerdings sind die Regelungen dieses Gesetzes veraltet und anpassungsbedürftig. Das ist vor allem so, weil sich die Anschauungen und Wertvorstellungen vieler Menschen in den letzten 70 Jahren entscheidend verändert haben. Starre Regelungen wie die geltenden im Friedhofsrecht werden den gesellschaftlichen Veränderungen in einer pluralistischen Gesellschaft nicht mehr gerecht.

(Beifall bei den GRÜNEN - Heidema- rie Mundlos [CDU]: Das stimmt so nicht, wie Sie das sagen!)

Bereits jetzt ist die herkömmliche Sargbestattung nicht mehr die einzige bzw. überwiegende Form der Bestattung. Der Anteil der Feuerbestattungen steigt. Im Bundesdurchschnitt liegt er inzwischen bei 38 %. In großen Städten wie Berlin und Hannover liegt er bei über 50 %. 12 % der Urnenbestattungen finden im Bundesdurchschnitt als anonyme Bestattungen statt, in den Großstädten sind das etwa 20 %. Das ist deutlich mehr als eine Minderheit. Daran sieht man auch, dass der Anspruch, dass jeder Hinterbliebene - sei er auch noch so entfernt verwandt - einen Ort zur Trauer haben muss, schon heute nicht mehr erfüllt werden kann. Dann müssten Sie eigentlich ein Gesetz machen, das Angehörige dazu zwingt, Menschen so zu bestatten, dass jeder einen Zugang zu ihnen hat. Das ist bereits heute nicht mehr erfüllt. Denken Sie z. B. an Seebestattungen, die ja auch zulässig sind.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Um den geänderten Anforderungen gerecht zu werden, schlagen wir in unserem Antrag Folgendes vor: Erstens schlagen wir vor, den Sargzwang bei Beerdigung aufzuheben. In Niedersachsen lebt eine große Anzahl von Menschen nichtchristlichen Glaubens. Wir möchten diesen Menschen die Möglichkeit eröffnen, die Bestattung ihrer Angehörigen entsprechend ihrer eigenen Traditionen vornehmen zu können. Mit diesem Vorschlag wollen wir vor allen Dingen auf die islamischen Bestattungsvorschriften Rücksicht nehmen; denn im Islam ist die sarglose Bestattung die einzig zulässige Bestattungsart. Jede andere Art ist nur in einem Notfall gestattet. Unsere Regelungen führen in der Regel dazu, dass eine große Anzahl der Hinterbliebenen ihre Toten in die Heimatländer überführt und ihnen somit der von Ihnen vielbeschworene Ort der Trauer hier fehlt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Der Respekt vor dem Glauben dieser Menschen gebietet es uns, ihnen die Möglichkeit zu geben, eine Bestattung so vorzunehmen, wie sie es möchten.

Wir schlagen weiter vor, den Friedhofszwang bei einer Urnenbestattung aufzuheben. Die geltende Regelung entspricht aus unserer Sicht nicht mehr den Anforderungen einer liberalen Gesellschaft, in der Trauerrituale immer mehr an gesellschaftlicher Verbindlichkeit verlieren. Nach gesicherten Umfragen wünschen sich 35 % der Bevölkerung eine Aufhebung des Friedhofszwangs für Totenasche und damit eine Regelung, wie sie in unseren Nachbarländern Frankreich, Dänemark, Portugal, Italien, Spanien, der Schweiz, Großbritannien und in den USA längst üblich ist. Diese Menschen möchten beispielsweise, dass ihre Asche an einem Ort verstreut wird, dass sie in ihrem Garten oder in Form einer Baumbestattung bestattet oder auch bei einem Angehörigen aufbewahrt werden kann. Allerdings möchten wir dabei eine hohe Hürde einbauen. Das soll nur gelten, wenn der Verstorbene diesen Wunsch zu Lebzeiten testamentarisch festgelegt hat. Damit stellen wir den Wunsch des Verstorbenen in den Mittelpunkt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Kritiker einer Änderung behaupten oft, mit der Aufhebung des Friedhofszwangs würde die Menschenwürde verletzt. Ich frage Sie aber: Wodurch wird Menschenwürde bestimmt? - Menschenwürde orientiert sich am Individuum und kann nicht

durch Mehrheitsentscheidungen gegen dieses Individuum bestimmt werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es verletzt in eklatanter Weise die Würde und das Selbstbestimmungsrecht eines Menschen, wenn sein erklärter letzter Wille nicht beachtet wird. Aus meiner Sicht verletzt es auch die Würde der Hinterbliebenen, wenn sie den Verstorbenen seinen erklärten letzten Willen nicht erfüllen können, weil dem rechtliche Bestimmungen entgegenstehen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Lassen Sie mich auf einen weiteren, oft geäußerten Einwand eingehen: die Aufhebung des Friedhofszwanges störe die Totenruhe. Wir meinen, wenn ein Mensch testamentarisch festgelegt hat, dass er eben jene Form wünscht - nämlich nicht auf einem Friedhof bestattet zu werden, sondern einem nahen Angehörigen übergeben zu werden -, dann wird er das in dem vollen Bewusstsein tun, dass sich seine Totenruhe anders gestalten wird als die, die üblich ist. Das ist eine zu respektierende Entscheidung.

Im Übrigen ist die geltende Regelung in vielen Fällen zutiefst inhuman. Viele ältere Menschen können einen Friedhof wegen eingeschränkter Mobilität gar nicht mehr aufsuchen. Ihnen fehlt auch ein Ort der Trauer. Für diese Menschen wäre es unter Umständen ein großer Trost, wenn sie ihren Verstorbenen in der Nähe wüssten und so trauern könnten.

Meine Damen und Herren, wenn insbesondere die Vertreter der Kirchen die Aufhebung des Friedhofszwangs mit der Aufhebung der Friedhöfe gleichsetzen, dann kann ich das überhaupt nicht nachvollziehen. Wir wissen, dass die gewachsenen Rituale für viele Menschen wichtig und richtig sind. Aber wenn es tatsächlich so wäre, dass Menschen über das Gesetz zur Benutzung des Friedhofs gezwungen werden müssen, dann müssen wir dringend über eine Liberalisierung reden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich glaube übrigens nicht, dass das so ist. Die Kirchen werden immer noch die Mehrheit der Bevölkerung über die Qualität ihres Angebots überzeugen. Wir wollen die Beerdigung auf dem Friedhof doch nicht verbieten. Wir wollen nur, dass es eine Möglichkeit gibt, es anders handhaben zu können, und wollen Menschen, die dies wünschen, einen legalen Gestaltungsraum geben.

(Glocke des Präsidenten)

Respekt vor dem Individuum - mehr Freiheit in der Entscheidung für den Einzelnen, das ist die Grundidee des Antrags in den ersten Punkten. Ich erwarte hierzu insbesondere die Unterstützung durch die Liberalen im Landtag, die ja mit dem erklärten Ziel angetreten sind, den Niedersachsen die Freiheit zurückzugeben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

An dieser Stelle haben Sie nun Gelegenheit dazu.