Protocol of the Session on December 8, 2006

(Zuruf von der CDU: Können Sie nicht eine Frage stellen?)

Aber bisher ist seitens der Landesregierung nichts unternommen worden. Es kann doch nun wirklich nicht sein,

(Zurufe von der CDU: Fragen! Fra- gen!)

dass das Einzige, was Sie in diesem Bereich - gerade nach Ihrer Rede hier und nach den Antworten - in die Wege geleitet haben, ein Projekt ist, zu dem Sie sagen, Sie bilden für 60 000 Euro Medienberater aus.

Herr Albers, Ihre Einleitung von einer Minute Dauer ist um. Bitte fragen Sie!

Da es nicht die einzige Maßnahme sein kann, weil Prävention für Sie ja schon seit Jahren so wichtig ist, frage ich Sie: Welche Maßnahme hat die Landesregierung noch in petto? Wo werden Jugendliche und vor allen Dingen Eltern in der Medienkompetenz gestärkt? - 60 000 Euro sind ja viel zu wenig.

Frau Ministerin Ross-Luttmann, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, wir sind uns in diesem Hohen Haus darin einig, dass wir hier heute eine wichtige Diskussion führen, die nicht populistisch ausgetragen werden sollte.

(Zustimmung bei der CDU)

Wir müssen uns sehr genau überlegen - das wäre auch für mich sehr wichtig -: Es geht nicht um „weiße Salbe“, sondern einfach um den Gesamtansatz. Wir dürfen uns nicht nur auf kleine Bereiche beschränken, sondern im Zusammenhang mit der Diskussion über Gewalt müssen wir uns auch mit dem gesamten präventiven Bereich und mit all dem beschäftigen, was die Landesregierung tut, um gegen Gewalt zu kämpfen und um gegen Gewalt vorzugehen.

Ich glaube, wir sind uns auch darin einig, dass Gewalt in einem sehr frühen Stadium beginnt. Sie beginnt mit der Verrohung der Sprache, sie beginnt mit kleinen Rempeleien, sie führt zu Prügeleien. Von daher müssen wir uns überlegen, wie es schrittweise weitergehen kann. Aus diesem Grunde müssen wir so besonders früh anfangen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben gestern über den Sozialhaushalt gesprochen. Meines Erachtens haben wir sehr genau ausgeführt, dass ein besonderer Schwerpunkt dieses Haushalts darin liegt, gegen Gewalt gegen Frauen und Mädchen vorzugehen. Das ist ein ganz enor

mer Bereich, den wir hier haben. Wir haben für Schutzwohnungen 355 000 Euro angesetzt.

(Ralf Briese [GRÜNE]: Das hat doch mit Amoklauf nichts zu tun!)

- Natürlich hat das etwas damit zu tun! - Außerdem haben wir haben für den Bereich BISS-Stellen 809 000 Euro und für die Frauenhäuser 2,476 Millionen Euro ausgebracht. Darüber hinaus stellen wir Mittel für Gewaltberatungsstellen und Mädchenhäuser zur Verfügung. Nennen möchte ich ferner Familienerholungsmaßnahmen, die Sie ja auch für sehr wichtig erachtet haben. Im Rahmen dieser Maßnahmen können Familien, die Probleme im sozialen Miteinander haben, familiäres Zusammenleben und vieles über ihr soziales Umfeld lernen. Schließlich gibt es Familienfreizeiten, Mütterzentren, Familienbildungsstätten, Mehrgenerationenhäuser,

(Zuruf von Heidrun Merk [SPD])

Familienverbände und die „Stiftung Familie in Not“. - All das sind Maßnahmen - jeder Baustein einzeln für sich betrachtet -, die insgesamt der Gewalt entgegenwirken. Nicht jeder, Herr Albers, der ein Killerspiel spielt, wird auch zum Gewalttäter. Ich glaube, das ist völlig klare Erkenntnis. Denn sonst sähe es um Deutschland schlecht bestellt aus.

Die soziale Kontrolle in den Familien funktioniert auch in ganz großen Bereichen. Aber wir müssen konstatieren, dass vielen Eltern nicht bekannt ist, was ihre Kinder spielen, was ihre Kinder machen.

(Zustimmung bei der CDU - Michael Albers [SPD]: Und was tun Sie dage- gen?)

Aus dem Grund ist es z. B. sehr wichtig, dass wir die Eltern-Medientrainer ausbilden. Aus dem Grund ist es auch besonders wichtig, dass in den Schulen verstärkt Kurse angeboten werden, die den Kindern den verantwortungsvollen Umgang mit Spielen erleichtern. Denn nicht jedes Spiel ist ein Killerspiel. Aus dem Grund ist es auch ganz besonders wichtig, dass wir auch mit der Landesmedienanstalt und der Landesschutzstelle, die wir fördern, eng zusammenarbeiten. Wir haben Merkblätter entwickelt, die wir an die Schulen verteilen und den Eltern zur Verfügung stellen, um zu informieren und aufzuklären. Das ist, so meine ich, ein ziemlich großer Strauß von Maßnahmen.

Die nächste Frage stellt die Kollegin Merk. Bitte schön, Frau Merk!

Ich glaube, eines muss ganz klar sein: Folter und grausame und unmenschliche Behandlung - ob virtuell oder in der Praxis - ist etwas, was das ganze Haus klar verurteilen muss.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Das wünscht man niemandem, und das darf auch nicht auf virtueller Ebene gespielt werden; denn Spiele sind schnell dicht an der Wirklichkeit dran.

Herr Minister, es gibt Untersuchungen von amnesty international, die sich schon sehr viele Jahre mit dem Thema Folter insgesamt und mit der Frage, wie man dazu kommt, Folter auszuüben, auseinandersetzen. Ich empfehle Ihnen, diese Untersuchungen noch einmal zu lesen.

Frau Ministerin Ross-Luttmann, ich bin der Debatte sehr aufmerksam gefolgt. Sie sprachen von einer Arbeitsgruppe, die eingerichtet worden ist. Ich stelle heute nicht die Frage, was aus der Arbeitsgruppe „Zwangsheirat“ geworden ist, deren Ergebnisse Sie uns schon längst haben vorstellen wollen.

Sie müssen jetzt eine Frage stellen, Frau Merk!

Deshalb frage ich konkret: Welchen Titel hat diese von Ihnen angesprochene Arbeitsgruppe? Welche Ziele hat sie, und wann wollen Sie uns erste Ergebnisse vorlegen? - Ich frage das, damit nicht das Gleiche passiert wie bei der Arbeitsgruppe „Zwangsheirat“.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Das waren mehrere Fragen. Herr Innenminister, Sie haben das Wort. Bitte schön!

Es gibt zwei Arbeitsgruppen. Eine ist im Bereich der Landesmedienanstalt angesiedelt. In dieser Arbeitsgruppe geht es darum, die Medienkompetenz im Land noch weiter zu vertiefen. Sie arbeitet schon seit einiger Zeit. Ich kann nicht genau sagen, seit wann, weil sie in der Staatskanzlei angesiedelt ist.

(Zuruf von der SPD: Seit 1999!)

- Seit 1999 ist sie dort schon angesiedelt. Wir sind weiter dabei, die Ergebnisse umzusetzen.

Eine zweite Arbeitsgruppe ist jetzt unter der Federführung des Innenministeriums eingesetzt worden. In dieser Arbeitsgruppe sind die Sozialministerin, der Kultusminister, die Justizministerin und der Innenminister vertreten. Dort geht es darum, einen Maßnahmenstrauß zu entwickeln. Dazu gehört das Verbot der Killerspiele bzw. das Verbot der Verbreitung von Killerspielen. Dies muss zwischen den Ministerien - insbesondere mit dem Justizministerium - abgestimmt werden.

Im Bereich Kultus geht es um die Untersuchung der Frage, ob die bestehenden Maßnahmen - auch im Bereich der Ausbildung der Lehrer; Stichwort „Medienkompetenz“ - ausreichen. Dort haben wir - das habe ich bereits dargestellt - schon vieles auf den Weg gebracht, gerade mit dem gemeinsamen Erlass. Das ist wichtig. Wir wollen aber auch mit dem Sozialministerium die Maßnahmen verknüpfen, die schon vorher - also im Bereich der frühkindlichen Erziehung - ansetzen.

Die besagte Arbeitsgruppe wird sehr zügig einen großen Strauß von Maßnahmen umsetzen. Wir werden uns nicht so lange mit den Dingen aufhalten, die schon bisher gut gemacht worden sind, sondern wir wollen insgesamt innovative Ansätze für das Land entwickeln. Sie können davon ausgehen, dass wir Ihnen sehr zügig ein Gesamtkonzept vorlegen werden.

Vielen Dank. - Die nächste Frage stellt Herr Klein.

Die Landesregierung hat ja mehrfach auf die qualitativen Unterschiede zwischen Computerspielen und anderen Medien hingewiesen, um den Ver

botsantrag zu begründen. Ich kann - das betone ich - die praktische Bedeutung dieser Argumentation nicht nachvollziehen. Denn sicherlich kann niemand ausschließen, dass eines dieser grässlichen Killerspiele Auslöser - ich betone: Auslöser, nicht Ursache - für Gewalttaten sein kann, ebenso wenig wie irgendjemand ausschließen kann, dass das ein schlechter Film, ein mieses Buch, ein Streit mit den Eltern oder mit den Freunden, eine schlechte Zensur, eine ungerechte Behandlung oder Alkohol sein könnte. Das alles sind Dinge, die Sie sicherlich schlecht verbieten können.

Herr Kollege Briese hat ja darauf hingewiesen, dass unsere Kritik vor allem dahin ging, dass eine Maßnahme quasi als Patentlösung vorgestellt wurde, die weder fachtheoretisch trägt noch praktisch umsetzbar ist. Das wissen wir.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Jetzt müssen Sie fragen, Herr Klein!

Ich komme zu meiner Frage. - Die Gewalttaten sind ja nicht mit dem Joystick ausgeführt worden. Deshalb frage ich noch einmal: Was hat die Landesregierung konkret vor, um im Bereich des Waffenrechtes etwas zu verändern? Wie will sie erreichen, dass Jugendliche nicht so leicht an reale Waffen kommen?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Innenminister, Sie haben das Wort!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe eigentlich kaum noch Neigung, über das Verbot von Killerspielen zu diskutieren und dieses infrage zu stellen. Denn die breite Masse in diesem Hause hat ja erklärt, dass man diese Spiele auf jeden Fall verbieten muss. Zu diesem Schluss kommt man insbesondere dann, wenn man sich anschaut, was das für Spiele sind. Zu dem Verbot gibt es keine Alternative.

Man muss meiner Meinung nach auch nicht irgendwelche Gutachten anführen, in denen darge

stellt wird, dass diese Spiele vielleicht doch nicht zu Gewalttaten führen. Es gibt auch Gutachten, die genau diesen Zusammenhang herstellen. Zum Beispiel hat Dr. Bert te Wildt, Oberarzt an der Medizinischen Hochschule Hannover, Abteilung Klinische Psychiatrie, und Autor einer Studie über die Abhängigkeit von Internet und Computerspielen z. B. am 21. November 2006 in der ARD-Nachrichtensendung Tagesthemen gesagt, dass er für ein Verbot von Killerspielen stimmen würde. Auf den aktuellen Fall angesprochen, machte er die Aussage, dass der 18-Jährige womöglich noch leben könnte, wenn seine Probleme rechtzeitig erkannt worden wären und er diese Spiele nicht konsumiert hätte. Ob ich so weit gehen würde, lasse ich dahingestellt.

Aber, meine Damen und Herren, wir sollten darüber nicht mehr breit diskutieren, sondern wir sollten dieses Verbot umsetzen. Es sollte auch keinen Wettlauf darum geben, wer den besseren Weg geht, sondern wir müssen gemeinsam auf Länderund Bundesebene die richtige Formulierung finden, damit das gerichtsfest ist und wir gegen diese Spiele vorgehen können. Lassen Sie uns wenigstens diesen Konsens einmal feststellen und nicht mehr darüber diskutieren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zustimmung bei der SPD)

Weiter haben Sie das Waffenrecht angesprochen. Ich habe ja schon dargestellt, dass nach dem Vorfall in Erfurt die Altersgrenze für den Erwerb von bestimmten Waffen von 18 auf 21 Jahre heraufgesetzt worden ist. Wir müssen jetzt prüfen, ob der aktuelle Fall überhaupt geeignet ist, nach neuen Waffenrechtsänderungen zu rufen. Ich meine, dass jetzt gerade Nordrhein-Westfalen, das den Fall genau kennt, gefordert ist, den jüngsten Vorfall zu analysieren und sich in den Beratungen entsprechend einzubringen.