Protocol of the Session on December 6, 2006

Es hat noch nie eine Landesregierung gegeben, die so hemmungslos Schattenhaushalte aufgebaut hat wie diese Landesregierung.

(Beifall bei der SPD - Lachen bei der CDU und bei der FDP)

Ein Drittes kommt hinzu: Wenn Sie in der Öffentlichkeit dann anfangen, zu vergleichen, warum Sie möglicherweise besser sind als Vorgängerregierungen, suchen Sie sich ein Haushaltsjahr heraus, das überhaupt nicht mit dem Haushaltsjahr 2007 vergleichbar ist, über das wir jetzt sprechen. Ich will damit beginnen, das zu beweisen.

Als Sie 2003 die Regierung übernommen haben, hätten Sie die Möglichkeit gehabt, den Haushalt völlig neu zu gestalten. Sie haben den Haushalt nicht neu gestaltet, sondern Sie haben gesagt: Es bleibt uns gar nichts anderes übrig, als die Nettoneuverschuldung noch einmal um 195 Millionen Euro zu erhöhen.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Hört! Hört! Das ist ja interessant!)

Einen besseren Beweis für Ihre Ratlosigkeit in dieser Frage als diese Tatsache gibt es nicht.

(Beifall bei der SPD)

Man muss einmal überlegen, was die Jahre von 2001 bis 2003 denn für Jahre waren.

(David McAllister [CDU]: Schlimme Jahre unter Gabriel!)

Ich will hier an die Steuerreform erinnern. Herr McAllister und Herr Althusmann, Sie konnten damals gar nicht genug davon kriegen. Wenn es nach Ihnen gegangen wäre, wären die Steuern noch viel weiter heruntergegangen, als es dann im Bundesrat beschlossen worden ist. Was das für Niedersachsen bedeutet hätte, können Sie sich an fünf Fingern abzählen.

(David McAllister [CDU]: Gabriel hat das Geld verbrannt!)

Wie war die Situation? - Es gab Finanzämter, die gar nicht mehr zur Körperschaftsteuer veranlagt haben, sondern die Körperschaftsteuer nur noch erstattet haben. Das hat sich natürlich auch im Landeshaushalt niedergeschlagen. Darüber, dass die Konjunktur in jenem Jahr nach dem 11. September eingebrochen ist, brauchen wir uns hier wohl nicht weiter zu streiten. Ich will die Zahlen wiederholen: Im Jahre 2001 betrugen die Steuermindereinnahmen in Niedersachsen 730 Millionen Euro. Im Jahre 2002 gab es einen massiven Einbruch um 1,3 Milliarden Euro.

(Ernst-August Hoppenbrock [CDU]: Schröder war das!)

Es gibt dann noch eine Altlast, die auf der rechten Seite des politischen Spektrums zu suchen ist. Diese Altlast sind die Rückzahlungen an die BEB, weil Herr Albrecht Summen für Förderzins vereinnahmt hat, die ihm gar nicht zugestanden haben und die den Haushalt im Jahre 2001 mit sage und schreibe 615 Millionen Euro belastet haben.

Man darf auch nicht aussparen, dass es in dem gleichen Jahr die Abrechnung der Expo gab, die wir alle - bis auf die Grünen - gewollt haben. Die Expo hat das Land Niedersachsen nach dem Vermittlungsverfahren mit dem Bundesrat und dem Bund immerhin noch zusätzlich 358 Millionen Euro gekostet. Wie ratlos die Opposition damals gewesen ist, können Sie daran sehen, dass der damalige finanzpolitische Sprecher, Herr Möllring, keinen anderen Ausweg mehr wusste, als den Haushaltsnotstand für Niedersachsen zu erklären und uns dazu aufzufordern, gegenüber dem Bund sozusagen den Offenbarungseid zu leisten.

Meine Damen und Herren, so war die Lage. Mit diesen Jahren vergleichen Sie jetzt die heutige Zeit. Das ist unzulässig, das ist nicht in Ordnung, und das lassen wir Ihnen auch nicht durchgehen.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, alles das konnte man übrigens in den ersten mittelfristigen Finanzplanungen dieser Landesregierung noch nachlesen. Ich zitiere:

„Zur Finanzierung von Landesaufgaben standen im Jahre 2002 rund 2 Milliarden Euro weniger Steuerein

nahmen zur Verfügung als noch im Jahre 2000.“

Meine Damen und Herren, natürlich haben wir diesen Text immer wieder zitiert. In der neuen Mipla ist er aber plötzlich nicht mehr enthalten. Ein Zufall? - Ihnen, meine Damen und Herren, geht es doch nur darum, sagen zu können: Wir sind viel besser als die anderen. Aber jeder objektive Beobachter wird bestätigen, dass man jene Jahre nicht mit der heutigen Zeit vergleichen darf. Wir wollen uns gerne einem Vergleich stellen, meine Damen und Herren, aber wenn, dann vergleichen Sie bitte unsere Arbeit mit einem Normaljahr, z. B. dem Jahr, in dem das Institut der Deutschen Wirtschaft die Bundesländer einem Ranking unterworfen hat. In diesem Ranking ist Niedersachsen auf den zweiten Platz gekommen, und das trotz der von Ihnen immer als so hoch angesehenen Personalkosten. Das war im Übrigen nicht zu der Zeit von Albrecht, sondern zu der Zeit von Schröder, damit das hier klar ist, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD - Norbert Böhlke [CDU]: Wann schauen Sie denn ein- mal nach vorne?)

Ich stelle also fest: Wenn man objektiv vergleichen will, muss man mit einem Normaljahr vergleichen. Das aber tun Sie nicht. Sie beziehen sich immer auf das Ausnahmejahr, in dem Sie selbst ratlos gewesen sind.

Meine Damen und Herren, folgt man Ihrer eigenen Begründung, hätten Sie die Nettoneuverschuldung eigentlich noch viel stärker zurückführen können. Aber was haben sie stattdessen getan? Sie haben die Verschuldung der Hannoverschen Beteiligungsgesellschaft - übrigens ein Kind von Frau Breuel - um 1 Milliarde Euro angehoben. Diese Schulden rechnen Sie sich freundlicherweise gar nicht an, meine Damen und Herren. Aber glauben Sie bitte nicht, dass Sie damit in der Öffentlichkeit durchkommen. Die Öffentlichkeit hat längst erkannt, dass man Ihnen auch diese Schulden, die Sie bei der HanBG aufgenommen haben, um sie nicht im Haushalt ausweisen zu müssen, zurechnen muss. - Das werden wir auch immer wieder sagen.

(Beifall bei der SPD)

Ich darf aber auch noch ein Weiteres feststellen. Um den schönen Schein der Senkung der Nettokreditaufnahme in der Öffentlichkeit weiterhin zu

wahren, haben Sie alles verkauft, was sich irgendwie herbeisuchen ließ. Dabei haben Sie sogar Verkaufserlöse in den Haushalt eingestellt, die bis heute nicht realisiert sind. Seinerzeit wollten Sie die Domänen an den Klosterfonds verkaufen, doch der hat dankend abgelehnt.

Sie haben also alles in die Hand genommen, was sich irgendwie verkaufen ließ. Zum Beispiel die niedersächsischen Spielbanken. Wir sehen gerade, was das bedeutet und welche Rückzahlungen Herr Möllring möglicherweise leisten muss, weil er so schlecht verhandelt hat.

(Beifall bei der SPD - Widerspruch bei der CDU)

Sie haben Teile der Norddeutschen Landesbank verkauft, Sie verkaufen die OHE, Sie verkaufen die Landeskrankenhäuser, und Sie verkaufen das LTS-Vermögen. Meine Damen und Herren, viel mehr ist bald nicht mehr da. Ich bin gespannt, wann Sie auf die Idee kommen - der FDP traue ich das ohne Weiteres zu -, sich von Anteilen von VW zu trennen.

(Bernd Althusmann [CDU]: Als Nächstes vielleicht vom Flughafen Hannover!)

Ich bin wirklich sehr gespannt. Im letzten Jahr wollten die Grünen noch die Anteile an der Salzgitter AG verkaufen. Davon höre ich jetzt nichts mehr.

Ich kann Ihnen nur sagen: Wenn wir in diesem Lande Strukturen behalten wollen, dann dürfen wir an diese Besitzstände des Landes nicht herangehen. Die SPD wird dafür stehen, dass sie sakrosankt bleiben.

(Beifall bei der SPD)

Unter dem Strich kann man sagen, dass das strukturelle Defizit in den Jahren 2003, 2004 und 2005 nicht wesentlich gesenkt werden konnte. Mit dieser Meinung stehe ich im Übrigen nicht allein: Der Landesrechnungshof ist bei seinen Prüfungen zu dem gleichen Ergebnis gekommen.

Erst mit dem Haushalt 2006 gelingt es Ihnen, die Schere zwischen Einnahmen und Ausgaben langsam wieder zu schließen. Erst jetzt sind Sie bei einem Haushalt angekommen, den man früher als Normalhaushalt bezeichnet hätte.

(Zurufe von der CDU: Aha!)

Meine Damen und Herren, ich will mich nun mit der Frage beschäftigen, was eigentlich aus dem K-Potenzial geworden ist.

(Klaus Krumfuß [CDU]: Das lassen Sie mal lieber!)

Der Begriff „K-Potenzial“ wurde erfunden, um gegenüber der Öffentlichkeit den Eindruck zu erwecken, dass der Landeshaushalt noch Aufgaben bzw. Ausgaben enthält, bei denen gekürzt werden kann. Sie haben so getan, als ob Sie wirklich bis ans Eingemachte gingen, weil sie in der Öffentlichkeit als seriöse Finanzpolitiker dastehen wollten.

Ich habe es vorhin schon gesagt: Da waren Sie sehr mutig. Aber als im Bundesrat das Steuervergünstigungsabbaugesetz beschlossen werden sollte und es damit um Ihre Klientel ging, haben Sie zurückgezuckt, weil die Bundestagswahl 2006 vor der Tür stand. - Auch das werden wir immer wieder sagen.

(Beifall bei der SPD)

Der aktuelle Haushaltsplan 2007 ist vom warmen Regen zusätzlicher Steuereinnahmen geprägt. Echtes Sparen scheint nicht mehr notwendig zu sein. Aber jeder, der etwas davon versteht, weiß auch ganz genau, warum das so ist: In 14 Monaten ist nämlich Landtagswahl. Die Sparsymbole der Vergangenheit müssen ausreichen, um in der Öffentlichkeit als der große Sparer dazustehen.

Meine Damen und Herren, natürlich hat diese Landesregierung auch echte Einsparungen vorgenommen; mein Fraktionsvorsitzender hat das vor diesem Plenum schon dargestellt. Wir wissen auch, dass es zur Konsolidierungspolitik keine Alternative gibt. Die Sparbemühungen haben insbesondere die Gruppen getroffen, die sich nicht dagegen wehren können, während die Vorschläge der Bundesregierung zum Abbau der Steuervergünstigungen und damit für ein gerechtes Sparen stets abgelehnt wurden.

Ein Beispiel für Ihre Sparpolitik ist die faktische Abschaffung des Weihnachtsgeldes für Beamte ohne wirkliche soziale Komponente. Jetzt stehen wir 14 Monate vor der Landtagswahl, und was passiert? - Sie rudern langsam zurück, weil Sie merken, dass es vielleicht doch schiefgehen könnte, wenn man in Niedersachsen nicht an diese Klientel denkt.

In dem Zusammenhang, meine Damen und Herren, Frau Vockert, muss ich auf einen Punkt zurückkommen, über den wir hier sehr erbittert gestritten haben: die Abschaffung des Landesblindengelds.

(Reinhold Coenen [CDU]: Ich wusste, dass das kommt! - Gegenruf von Er- hard Wolfkühler [SPD]: Na klar, das musste auch kommen!)

Wir haben Ihnen damals gesagt, wie wir Ihr Vorhaben einschätzen. Wir haben Ihnen damals gesagt, dass Sie die Einsparungen, die Sie damit erzielen wollten, nicht erreichen würden.

Mittlerweile, meine Damen und Herren, haben Sie sich glücklicherweise mit dem Blindenverband geeinigt und gibt es eine neue Zahlung. Lassen Sie mich an dieser Stelle aber Folgendes sehr deutlich sagen: Ich möchte nicht in der Haut der Abgeordneten von CDU und FDP stecken, die diese Kehrtwende jetzt in ihren Wahlkreisen verkaufen müssen.

(Ernst-August Hoppenbrock [CDU]: Das ist doch längst erledigt!)

Denn worum ging es? - Sie brauchten ein Sparsymbol, um sagen zu können: Es geht dem Land Niedersachsen so schlecht, dass wir sogar bei den Ärmsten der Armen Leistungen kürzen müssen. Und daran haben nicht wir Schuld, sondern die anderen.