Protocol of the Session on December 6, 2006

Herr Bode, können Sie mir eigentlich sagen, warum wir auf unsere Frage, ob dieser Verkauf im Vergleich zu einer entsprechenden Kreditaufnahme wirtschaftlich gewesen ist, bis heute keine Antwort erhalten haben? - Rufen Sie doch einmal bei der NORD/LB an und fragen Sie nach, zu welchen Bedingungen das Land zu diesem Zeitpunkt einen Kredit mit einer Laufzeit von 30 Jahren bekommen hätte. Ich sage Ihnen: Der Kredit wäre zu diesem Zeitpunkt wirtschaftlicher gewesen.

(Bernd Althusmann [CDU]: Das sagen Sie! - Dr. Philipp Rösler [FDP]: Immer munter neue Schulden machen!)

Aber das ist nicht mein Hauptthema. Es ist eigentlich selbstverständlich, dass ein verantwortungsvoller Finanzminister so etwas prüft. Mein Hauptthema ist ein anderes. Sie haben gesagt, dieser Verkauf sei für das Land keine Darlehensaufnahme. Nun hat der Landesrechnungshof im Haushaltsausschuss eindeutig festgestellt, dass dieser Verkauf der Rückflüsse aus Darlehen der NORD/LB nicht den Charakter einer Vermögensveräußerung besitzt, sondern im Kern eine Kreditaufnahme ist.

(Bernd Althusmann [CDU]: Das haben wir widerlegt! Selbst die Grünen ha- ben dieses Argument nicht getragen! Selbst die Grünen haben das be- zweifelt!)

Der Verkaufserlös von 960 Millionen Euro sei daher zu der offiziellen Kreditaufnahme zu addieren. Meine Damen und Herren, im Ergebnis beträgt die Nettokreditaufnahme dann nicht 1,3 Milliarden Euro, sondern 2,4 Milliarden Euro. Damit ist sie höher als im Jahre 2005. So viel zu der Rückführung der Nettokreditaufnahme.

(Beifall bei der SPD)

Ich ziehe eine Bilanz. In der 14. Wahlperiode hat das Land 9,6 Milliarden Euro neue Schulden aufgenommen. Unter der Regierung Wulff sind es einschließlich der Schattenhaushalte 12,3 Milliarden Euro. Meine Damen und Herren, die Aussage von Herrn Thielbeer

(Bernd Althusmann [CDU]: Ein aus- gewiesener Finanzexperte! - Gegen- ruf von Wolfgang Jüttner [SPD]: Der kann Zahlen lesen!)

in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 13. April 2005, Herr Wulff sei der größte Schuldenmacher aller Zeiten, ist also nach wie vor richtig.

(Lebhafter Beifall bei der SPD - Zu- stimmung bei den GRÜNEN)

„Die fatalste Weichenstellung ist, dass von diesem Haushalt keine Impulse für Wachstum und Beschäftigung ausgehen. Die Investitionen sind zu gering. Die Kommunen bleiben ruiniert.“

Meine Damen und Herren, das ist ein Zitat des damaligen Oppositionsführers Christian Wulff vom 12. März 1999. Damals betrug die Investitionsquote des Haushaltes ohne Sondereffekte 10 %. Heute sind wir bei 7 %. Und damals war der kommunale Finanzausgleich von Ihnen noch nicht um zusätzliche 165 Millionen Euro gekürzt worden. Herr Wulff, nach welchen Maßstäben beurteilen Sie Politik? Legen Sie doch einmal den gleichen Maßstab, den Sie an andere angelegt haben, auch an sich selber an! Dann kommen wir schon ein ganzes Stück weiter. Dann bliebe es in manchem nicht bei der Hoffärtigkeit, mit der Sie hier an das Rednerpult treten. Sie sind nämlich in diesem Punkt nicht besser, sondern erheblich schlechter als Vorgängerregierung.

(Beifall bei der SPD)

Sie werden sich wahrscheinlich daran erinnern, was der Landesrechnungshof dazu sagt.

(Bernd Althusmann [CDU]: Er hat uns ausführlich für unseren Kurs gelobt!)

Er hat den Zustand der Hochbauten dokumentiert. Ich will hinzufügen: Es geht auch um die Auftragslage unserer heimischen Bauwirtschaft. Aus diesem Bereich haben Sie sich über Jahre völlig zurückgezogen. Das wird, wenn Ihr Haushalt so be

schlossen wird, weitergehen. Das ist genau das Gegenteil dessen, was Herr Wulff seinerzeit eingefordert hat. Von daher ist das, was Sie heute an den Tag legen, nicht glaubwürdig.

(Beifall bei der SPD)

Ihr eigenes Landesamt für Statistik hat Ihnen vor wenigen Tagen ins Stammbuch geschrieben:

„Die Entwicklungen des Jahres 2005 waren für das Land Niedersachsen alles in allem nicht... günstig.“

Es geht noch weiter: Niedersachsen hat im vergangenen Jahr ebenso wie schon 2004 im Standortwettbewerb der Länder an Boden verloren.

Meine Damen und Herren, wenn Sie eine solche Beurteilung Ihrer Politik von Ihrer eigenen Behörde geliefert bekommen, müssen bei Ihnen doch die Alarmglocken läuten. Es hat nichts mit Sparen zu tun, wenn man die Hände in den Schoß legt und das Land sich selbst überlässt. Es hat nichts mit Sparen zu tun, wenn man die Immobilien des Landes verfallen lässt und die Schere zwischen Investitionsbedarf und Instandhaltungsaufwendungen der Landesstraßen von Jahr zu Jahr weiter auseinandergeht. Das ist Substanzverzehr und eine Verschleuderung von Landesvermögen.

Meine Damen und Herren, wie noch weiter getrickst wird, will ich an einem Beispiel zeigen. Da gibt es eine globale Minderausgabe von 1 %, die eigentlich jede Landesregierung einsetzt. Es gibt nur einen Unterschied. Sie setzen eine globale Minderausgabe ein, wo Haushaltsanträge der Koalitionsfraktionen dazu geführt haben, dass Ansätze erhöht wurden. Wenn dann das Jahr vorbei ist, sagt die Landesregierung zu den eigenen Fraktionen: Es tut uns leid, wir konnten das Geld nicht ausgeben; es hat keiner nachgefragt. - Wie lange wollen Sie sich eigentlich so etwas gefallen lassen? Sie beschließen einen Haushalt, und die Landesregierung macht, was sie will. Das kann doch wohl nicht Politik in diesem Lande sein.

(Beifall bei der SPD)

Wenn das dann auch noch bei einem Beispiel passiert, über das wir heute Morgen schon diskutiert haben, nämlich im Bereich der Jugendarbeitslosigkeit, dann ist das nicht nur befremdlich. Dann ist es unverantwortlich, was Sie in dieser Frage anstellen.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, wir haben heute auch über einen Antrag unserer Fraktion zu beraten, in dem wir die Landesregierung auffordern, die Nettokreditaufnahme des Jahres 2006 um 551 Millionen Euro abzusenken. Diese Kreditermächtigung - das hat Herr Möllring der Öffentlichkeit in seiner Pressekonferenz mitgeteilt - benötigt das Land im Jahre 2006 nicht, um den Haushalt auszugleichen. Was würde jeder normal denkende Bürger tun? Er würde sich darüber freuen, dass er weniger Schulden machen muss.

Und was machen diese Koalitionsfraktionen und dieser Finanzminister? - Sie buchen das nicht aus, sondern lassen das stehen. Meine Damen und Herren, wissen Sie, wofür sie das stehen lassen? Sie lassen das stehen, weil sie es im Jahr 2008 als Rücklage verwenden können, obwohl dann dafür neue Schulden gemacht werden müssen. Das ist die unseriöseste Politik, die man in diesem Fall machen kann, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Das ist genau das Gleiche, was Sie in diesem Jahr mit den 138 Millionen Euro aus dem Jahre 2005 tun. Das ist ein weiteres Indiz dafür, dass Ihre Finanzpolitik nicht seriös ist.

Meine Damen und Herren, Ihr Ziel scheint es zu sein, möglichst hohe Rücklagen für den Wahlkampfhaushalt 2008 zu bilden und dann gleichzeitig als Wohltäter und als Sanierer dastehen zu können.

(Christian Dürr [FDP]: Das sind 27 Tage!)

Das wird Ihnen nicht gelingen.

Lassen Sie mich noch ein Wort zu einem Thema sagen, über das wir alle, die wir hier jetzt in der Opposition sind, mit Ihnen im Wahlkampf 2003 engagiert gestritten haben. Es geht um die Einstellung von 2 500 zusätzlichen Lehrern.

(Jörg Bode [FDP]: Da war die SPD übrigens dagegen!)

- Das sage ich ja.

(Dr. Philipp Rösler [FDP]: Kein Grund, stolz zu sein!)

Herr Bode, weil Sie immer so freundlich gucken, muss ich Sie ansprechen.

(Jörg Bode [FDP]: Ich bin ein netter Mensch! - Dr. Philipp Rösler [FDP]: Sie gucken ganz traurig!)

- Machen Sie sich da mal keine Sorgen! - Was ist aus den 2 500 Lehrerinnen und Lehrern geworden? - Unterm Strich stehen bis Ende der Wahlperiode 379 Lehrerstellen weniger zur Verbesserung der Unterrichtsversorgung zur Verfügung als im Jahre 2002. Insgesamt sind 2 879 Lehrerstellen im System versickert, durch Abordnung oder Umwandlung verloren gegangen oder ganz einfach gestrichen worden.

Ich finde es verwunderlich, wenn nicht verwerflich, dass der Kultusminister nachhaltig über 100 Lehrerinnen und Lehrer zum Aufbau seiner Schulbürokratie benutzt, statt diese Kolleginnen und Kollegen in die Schulen zu schicken und dort unterrichten zu lassen und beim Finanzminister Stellen zu beantragen, um das entsprechende Verwaltungspersonal zu bekommen. Auch das ist nicht seriös, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD - Karl-Heinz Klare [CDU]: Das ist nachweislich falsch! Sie wissen, dass das falsch ist!)

Diese SPD-Fraktion hat sich intensiv darüber Gedanken gemacht, was man den Ansätzen dieser Koalitionsfraktionen entgegensetzen kann.

(Bernd Althusmann [CDU]: Das haben wir gelesen! - David McAllister [CDU]: Von der CDU-Fraktion abgeschrie- ben!)

- Herr McAllister, da wäre ich sehr zurückhaltend. Wenn Sie sich einmal angucken, was nach den Überschriften an tatsächlichen finanziellen Beiträgen kommt, die Sie dafür ausgeben wollen, dann ist das nicht so toll. Das merkt auch die Öffentlichkeit. Die Presse schreibt in der Regel die Überschrift. Aber wenn das Jahr 2007 läuft, wird man sehen, wie viele Familienhebammen mit 70 000 Euro zu bezahlen sind.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Anderthalb!)

Das ist nicht der Bedarf, den dieses Land in diesem Bereich hat.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, die SPD-Fraktion will Konsolidierung, ohne kaputtzusparen. Wir wollen Akzente setzen und nicht nur mit symbolischen

Kleinstbeträgen Themenfelder besetzen. Wir wollen eine Haushalts- und Finanzpolitik, die sich an den Anforderungen unseres Landes orientiert. Wir wollen eine Politik, die niedersachsengerechter ist als die einfallslose und nur auf Effekthascherei abzielende Haushaltspolitik der gegenwärtigen Landesregierung.

Meine Damen und Herren, das erste Thema, das ich dazu nennen will, ist das Thema Kindergesundheit. Die Förderung der Kindergesundheit - ich glaube, da sind wir uns sogar einig - ist eine Pflicht jeder Regierung. In einer Gesellschaft, die immer mehr in Arm und Reich zerfällt, sind es gerade die Kinder aus den armen Familien, die sich gegen ihr Schicksal am wenigsten wehren können. Die alarmierenden Fälle von verwahrlosten Kindern in Familien, die sogar bis hin zur Kindestötung gehen, sind, glaube ich, ein deutliches Signal dafür, dass wir mehr tun müssen.