Protocol of the Session on November 9, 2006

Dies ist kein Aufruf, nichts zu tun. Wir müssen weitermachen: Energieeffizienz erhöhen, regenerative Energien gewinnen, Spitzen in der Stromproduktion speichern und Abgaswerte reduzieren. Dabei wird uns ein Rat für Klimafragen nicht helfen.

Die zweite Aufgabe, die Sie den Sachverständigen zuordnen wollen, ist die Anpassung an die Folgen des Klimawandels. Sie führen richtigerweise den Hochwasserschutz an: Deiche, Schutzmauern, Rückhaltebecken - alles Dinge, die wir auch ohne diesen Rat machen. Bei einem Klimawandel wird es natürlich auch Veränderungen in unserer Landund Forstwirtschaft geben. Es gibt aber heute schon, liebe Frau Steiner, längst Einzeluntersuchungen, die sich darum kümmern, wie unsere Pflanzen auf längere Vegetationsperioden reagieren, mit welchen unterschiedlichen Veränderungen einzelner Pflanzen bei unterschiedlichen Wasserhaushalten zu rechnen ist. Das sind noch Einzeluntersuchungen. Aber, meine Damen, meine Her

ren, wir sind fest überzeugt, dass es überhaupt keinen Sinn machen würde, die gesamte Flora auf einmal zu untersuchen.

Zu einem Punkt allerdings haben wir wirklich eine andere Ansicht als Sie. Sie führen in der Begründung aus, Sie wollten nicht erst einmal das Konzept zur Anpassung an den Klimawandel, das auf Bundesebene erarbeitet wird, abwarten. Wir sind anderer Meinung. Lassen Sie uns die Ergebnisse der Bundesebene abwarten, dann die Ergebnisse herunterbrechen und regional ausdifferenzieren! Das spart viel Geld, ist somit nachhaltig und entspricht voll der Nachhaltigkeitsstrategie dieser Landesregierung. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Jetzt hat die Kollegin Somfleth für die SPDFraktion das Wort.

Ich muss noch bekannt geben, dass die Fraktionen sich geeinigt haben, die Tagesordnungspunkte 18 und 19 auf den Nachmittag zu verschieben. Wir fangen also nach der Mittagspause mit dem Tagesordnungspunkt 18 an.

Bitte schön, Frau Somfleth, jetzt haben Sie das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Jüngst titelte eine Hannoveraner Zeitung „Gefahren des Klima-Dramas“ und veröffentlichte eine Grafik, auf der weite Teile Norddeutschlands überflutet waren.

(Hans-Dieter Haase [SPD]: Vor allen Dingen Ostfriesland!)

Experten prognostizierten, so konnte nachgelesen werden, dass der Anstieg des Meeresspiegels, vorrangig verursacht durch das Schmelzen der Polkappen im Zuge der Erderwärmung, in einigen Jahrzehnten gravierende Auswirkungen auf weite Teile Deutschlands haben wird.

Diese Erkenntnis ist nicht neu. Aber die Dramatik, die in dem beschleunigten Klimawandel liegt, hat sogar hartnäckigste Klimawandelignoranten z. B. in den USA aufgerüttelt. Dort hat z. B. der konservative kalifornische Gouverneur Arnold Schwarzenegger den Klimaschutz jüngst als Wahlkampfthema erkannt und mit Umwelt- und Klimaschutz

aktivitäten gepunktet und sogar gewonnen. Er und weitere Gouverneure aus dem Nordosten der USA planen konzertierte Aktionen zur Reduzierung von Treibhausgasen und können hoffentlich bald den Präsidenten George W. Bush zum Umsteuern bewegen.

Zwar hat Bush auf dem letzten G-8-Gipfel - man möge das beachten - erstmals eingeräumt, dass die wissenschaftliche Evidenz für den Klimawandel überwältigend ist, aber er hat das KyotoAbkommen zum Klimaschutz immer noch nicht unterzeichnet, da es nach seiner Ansicht der wirtschaftlichen Entwicklung der USA entgegenstehen würde.

Dass dies mitnichten so ist, hat der frühere Weltbankökonom Sir Nicholas Stern in seiner 700seitigen Studie für die britische Regierung nachgewiesen. Dort resümiert er, dass der Klimawandel die Welt in die schwerste Rezession der neuen Geschichte stürzen könne, dass sie mehr kosten könne als beide Weltkriege zusammen und dass sie Hunderte von Millionen Menschen zu Flüchtlinge machen könne. Nur ein geschlossenes, globales Aktions- und Investitionsprogramm könne die Auswirkungen und somit die Kosten des Klimawandels dramatisch reduzieren.

In der Auftaktveranstaltung zum Weltklimagipfel in Nairobi vor einigen Tagen nannte der kenianische Umweltminister den Klimawandel eine der schwersten Bedrohungen für die Menschheit. Ich denke, er hat recht.

Diese Erkenntnis setzt sich jetzt langsam, aber stetig durch. Die EU will ihre Bemühungen, die in den vergangenen Jahren nicht allzu erfolgreich waren, verstärken. EU-Kommissionspräsident Barroso erklärt z. B., dass der Klimawandel eine neue Energiestrategie dringend erforderlich mache. Auch die Bundesregierung war sich nach dem jüngsten Energiegipfel einig: Deutschland muss handeln, und zwar national ebenso wie im Rahmen seiner EU-Präsidentschaft und im Kreis der G-8-Staaten. Vorrangige Ziele sollten die weltweite Steigerung der Energieeffizienz und ein erstmals völkerrechtlich verbindliches internationales Klimaschutzabkommen für die Zeit nach 2012 unter Einbeziehung aller großen Treibhausgasemittenten sein.

Für Niedersachsen ist festzustellen, dass das Problem des Klimaschutzes für die SPD schon seit Langem im Fokus steht. Das NLÖ hat maßgeblich

- auch auf Bundesebene - an der Entwicklung von Indikatoren mitgearbeitet, die den Zustand und die Veränderung unserer Umweltbedingungen aufzeigen. Hieran ausgerichtet, sind für unsere Zukunft Ziele gesetzt worden. Für den Klimaschutz spielten da die CO2-Emissionen bekanntermaßen eine bedeutende Rolle. So wurde noch zu SPD-Zeiten erkannt, dass man hier wirksame Maßnahmen ergreifen muss, und hat sich für das Jahr 2005 eine Reduktion um 25 % zum Ziel gesetzt.

Von diesem Ziel ist man bei der jetzigen Landesregierung weit entfernt. Davon ist keine Rede mehr. Es ist nicht zu erkennen, was sich daran substanziell ändern soll. Auch Teile der Wirtschaft nehmen offensichtlich das Thema „Klimaschutz in Niedersachsen“ nicht genügend ernst. Die Financial Times Deutschland berichtete Ende Oktober von einer EU-Studie, wonach die deutschen Autohersteller - VW gehört dort zu einer Spitzengruppe - weit hinter der freiwilligen Selbstverpflichtung zur CO2-Reduzierung hinterherhinken. Das ist nicht nur beschämend, sondern auch ökonomisch unvernünftig.

Ein anderes Beispiel aus dem Bereich Energieeffizienz ist kennzeichnend für das Klimaschutzbewusstsein der Regierung. Unter der SPDRegierung wurden die Indikatoren zur Energieeffizienz und auch zur Energieproduktivität insbesondere im Bereich der erneuerbaren Energien erarbeitet, an denen sich umwelt- und klimaschutzpolitisches Handeln ausrichten sollte. Diese Landesregierung hat diese Kennnormen kurzerhand abgeschafft, obwohl sie auf der Umweltministerkonferenz im Mai 2004 noch Zustimmung gefunden haben.

Die aktuelle Berichterstattung in den Medien, die bekannte Situation in Niedersachsen und die spürbaren Veränderungen in unseren Ökosystemen und auch beim Wetter lassen keine Verzögerungen der verantwortlichen Politik zu. Deshalb gehen wir auch mit dem konform, was die Grünen in der Begründung zu ihrem Antrag geschrieben haben. Ihre Schlussfolgerung, dass wir für Norddeutschland einen Rat für Klimafragen brauchen, können wir aber nicht teilen. Es gibt zum einen schon den Weltzukunftsrat mit Sitz in Hamburg. Es gibt weiterhin den von der Bundesregierung eingesetzten Rat für nachhaltige Entwicklung. Frau Zachow hat auch bereits kurz dargestellt, dass es seit Oktober 2005 das Kompetenzzentrum Klimafolgen und Anpassung - KomPass - im Umweltbundesamt gibt. Angesichts des dringlichen Handlungsbedarfes

wurde dort beschlossen, ein nachhaltiges Konzept zur Anpassung an den Klimawandel zu entwickeln. Ziele sind dabei die Festlegung prioritärer Handlungsfelder sowie die Koordinierung von Maßnahmen auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene. Ich denke, noch mehr Räte brauchen wir nicht. Wir müssen handeln. Das ist das Entscheidende.

Wir müssen die Landesregierung auffordern - darin gehen wir mit den Grünen konform -, in ihrem ureigensten Kompetenzbereich gerade im Bereich des Klima- und Umweltschutzes zu handeln, um nicht die Zukunftsfähigkeit unseres Landes aufs Spiel zu setzen. Das ist natürlich nicht ganz einfach, nachdem die neue Regierung das NLÖ abgeschafft hat. Man hatte die Versäumnisse bei den Kernindikatoren schon katalogisiert, aber jetzt ist niemand mehr da, der die Landesregierung darauf hinweist, wo es bei ihr Versäumnisse gibt. Wenn die jetzige Landesregierung es nicht schafft, diese Versäumnisse zu beseitigen, müssen wir bis 2008 warten. Nach dem Regierungswechsel müssen wir dieses Thema dann verstärkt angehen.

(Beifall bei der SPD)

Wir werden uns dieser Herausforderung mit Tatendrang stellen. Es geht um die Zukunft Niedersachsens und um die Bewahrung einer gesunden und lebensfähigen Umwelt, aber auch um eine in Zukunftstechnologien wettbewerbsfähige Wirtschaft. Angesichts dessen müssen dringend Aktivitäten ergriffen werden. Wenn diese Regierung das nicht schafft, muss die neue Regierung diese Aktivitäten ab 2008 mit verstärktem Tempo ergreifen. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

Für die FDP-Fraktion hat jetzt der Kollege Dürr das Wort.

(Walter Meinhold [SPD]: Es ist alles gesagt, Herr Dürr!)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor der Rede von Frau Kollegin Steiner hatte ich mir eigentlich ernsthaft vorgenommen - ich bitte, mir das zu glauben -, die Grünen durchaus ein Stück weit für diesen Antrag zu loben, denn er ist ausreichend global und allgemein formuliert, um nicht allzu moralisch zu wirken. Leider

haben Sie dann aber doch wieder den moralischen Zeigefinger gehoben. Insofern scheint sich an der Einstellung der Grünen zum Thema Klima doch relativ wenig geändert zu haben.

Eines ist mir in den Beiträgen aller Redner aufgefallen - das bedeutet vielleicht doch einen Schritt in die richtige Richtung -, nämlich dass wir endlich nicht nur über das Thema Klimaschutz, sondern vor allen Dingen über das Thema der Anpassung an Klimaveränderungen diskutieren müssen. Ich glaube, das wäre ein richtiger Schritt. Dabei geht es jedenfalls für mich in erster Linie darum, das Thema der Anpassung an Klimaveränderungen auch an der Effizienz auszurichten. Man sollte dann nicht auf alte heilige Kühe wie beispielsweise das Erneuerbare-Energien-Gesetz abstellen, das nachweislich keinen Beitrag zum Klimaschutz leistet.

(Widerspruch bei der SPD und bei den GRÜNEN - Walter Meinhold [SPD]: So ein Unsinn! - Weitere Zu- rufe von der SPD)

- Entschuldigung, ganz langsam! Herr Kollege Haase, fragen Sie doch zu diesem Thema einfach einmal Wolfgang Clement. Er ist meines Wissens Mitglied der SPD.

(Hans-Dieter Haase [SPD]: Fragen Sie doch einmal Hermann Scheer o- der andere Leute, die wirklich Ahnung haben!)

- War das jetzt eine Beschimpfung von Herrn Clement? Das nehmen wir gerne auf. Ich glaube auch nicht, dass er eine gute Wirtschaftspolitik in Deutschland gemacht hat. In diesem Punkt sind wir sofort beieinander.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich will nur darauf hinweisen, dass sein Sachverständigenrat im ehemaligen Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit selbst gesagt hat, dass das EEG überhaupt nichts bringt. Insofern hat es auch keinen Zweck, an dieser heiligen Kuh festzuhalten.

Wir müssen akzeptieren, dass es Klimaveränderungen gibt. Wir müssen vor allen Dingen akzeptieren, dass diese Klimaveränderungen in den unterschiedlichsten Regionen der Erde sehr unterschiedlich ausfallen.

Frau Steiner, was das Thema Grönland angeht, so will ich nur ganz kurz an den Wortstamm erinnern.

Grönland kommt von Grünland. Das hängt damit zusammen, dass es dort tatsächlich einmal grün war, weil es auf der Erde einmal wärmer war. Bei allen Anstrengungen zum Klimaschutz muss man bedenken, dass es natürlich auch nicht vom Menschen bewirkte Veränderungen des Klimas gibt. Das darf man nicht beiseiteschieben, wenn man das Thema ernsthaft behandeln will und wenn man nicht immer nur die Moralkeule hochhalten will.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zuruf von der SPD: Es geht doch nicht um Moral! Es geht um die Zu- kunft der Erde!)

Darüber, ob am Ende ein Klimarat die richtige Antwort ist, können wir, wie ich denke, im Ausschuss noch ausreichend diskutieren. Im Übrigen ist vollkommen richtig, was Frau Steiner hier gesagt hat. Die Landesregierung leistet bereits einen Beitrag.

(Zuruf von den GRÜNEN)

- Entschuldigung, ich meine Frau Zachow und nicht Frau Steiner. Frau Steiner hätte es richtigerweise aber auch sagen können. Wir bringen es ihr im Ausschuss noch bei.

Ich will hier nur ein Beispiel nennen, nämlich das Beispiel des Deichschutzes. Trotz der Kürzung der Mittel für die Gemeinschaftsaufgabe durch die Große Koalition in Berlin hat diese Landesregierung Anstrengungen unternommen, um auch für das Haushaltsjahr 2007 ausreichende Mittel für den Deichschutz bereitzustellen. Das sind wichtige und ganz konkrete Dinge, die wir meines Erachtens auch in Niedersachsen tun können. Ich glaube, es gibt bereits sehr viele grundlegende wissenschaftliche Erkenntnisse, was die Auswirkungen einer Temperaturerhöhung betrifft. Wir müssen diese - darin gebe ich Ihnen recht - ganz konkret auf Niedersachsen herunterbrechen. Wir müssen aber eben auch aufpassen, dass wir mit einem Klimarat nicht einen neuen Diskussionszirkel aufmachen, der am Ende gar keine neuen Fakten herausfinden kann. Die Ausschussdiskussion wird sicherlich noch ausreichend Gelegenheit bieten, über die Einzelheiten zu sprechen. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zuruf von der SPD: Das war dürr!)

Für die Landesregierung hat jetzt Herr Minister Sander das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das einzige Konstante in der Natur ist der Wandel. Dieser bedeutende Lehrsatz aus dem Standardwerk „Prinzipien der Ökologie“ von Odum ist eben nicht nur auf die Natur, sondern auch auf das Klima anzuwenden. Wir sind uns hier im Hause eigentlich alle einig, dass wir, jeder an seiner Stelle - die Landesregierung, die Bundesregierung, jeder Einzelne in seinem Bereich -, etwas mehr dafür tun müssen, damit wir den Klimawandel in den Griff bekommen.

Herr Kollege Meinhold, Sie haben gesagt, seit 14 Tagen, drei Wochen oder vier Wochen gebe es in den unterschiedlichen Ländern eine besondere Begeisterung für dieses Thema. Frau Kollegin Somfleth hat hier Herrn Schwarzenegger zitiert. Auch Herr Blair hat dieses Thema in den Vordergrund gestellt. Im Gegensatz zu Schwarzenegger wird ihm das bei seiner Wiederwahl oder der Wiederwahl von Labour aber wahrscheinlich nichts nützen.

(Zurufe von der SPD: Warten wir mal ab! - Reden Sie doch einmal zur Sa- che!)