Der Anlass der Aktuellen Stunde ist das bereits mehrfach zitierte Papier des Bundes der Steuerzahler. Ich will für die CDU-Fraktion deutlich sagen, dass die Haltung des Bundes der Steuerzahler nicht unsere Haltung ist. Kommunale Strukturen unterliegen immer einem Wandel. Das ist doch völlig unbestritten, wenn man sich die Entwicklung in anderen Ländern anschaut, wenn man sich anschaut, was auf niedersächsischem Gebiet in den letzten Jahrzehnten passiert ist. Aber es gibt einen entscheidenden Unterschied in der Wahrnehmung zwischen dieser Hälfte des Hauses und dem kommunalen Flügel der SPD auf der einen Seite und einigen Grünen und SPD-Linken auf der anderen Seite. Wir sagen: Veränderungen müssen von unten nach oben wachsen.
Der Wunsch nach Veränderung muss von unten nach oben hochkommen. Natürlich gibt es solche Prozesse. Wenn sich beispielsweise Morsum und Thedinghausen im Landkreis Verden zu einer Gemeinde zusammenschließen, wenn Samtgemeinden Anträge auf Umwandlung in Einheitsgemein
den stellen oder wenn, wie in Lüchow-Dannenberg, Samtgemeinden zusammengehen, dann waren das immer Entscheidungsprozesse mit Ratsmehrheiten, die von unten nach oben gewachsen sind.
Meine Damen und Herren, allein schon der Respekt vor der kommunalen Selbstverwaltung gebietet es, dass man eine solche Position vertritt.
Vielleicht ist Ihre Position darin begründet, Herr Jüttner und Herr Lennartz, dass Sie selbst nicht Kommunalpolitik machen. Wer täglich Kommunalpolitik macht, weiß doch, dass man sich jeden Tag bemüht, Verwaltungsgrenzen zu überwinden. Wir alle, die wir kommunalpolitisch engagiert sind, wissen doch, was interkommunale Zusammenarbeit bedeutet:
in einzelnen Zweckverbänden, in der Zusammenarbeit mit Landkreisen, themenbezogen in Gesellschaften, in den drei Metropolregionen, in den Landschaften - um nur einige Beispiele zu nennen.
Was wir ausdrücklich ablehnen, sind Konzepte zur Zwangsbeglückung von oben herab. Ich sage ganz bewusst in Richtung grüne Fraktion: Wir sind gegen diese Vorschläge vom grünen Tisch, weil sie mit der kommunalpolitischen Realität nun einmal nichts zu tun haben.
Der Steuerzahlerbund bezeichnet die Gebietsreform als die Möglichkeit, zu Einsparungen zu kommen. Herr Bartling, den wir auf der christlichdemokratischen Seite normalerweise selten in diesem Hause zitieren, hat dazu am 3. November in den Schaumburger Nachrichten kommentiert: „Was vom Steuerzahlerbund kommt, nehme ich sowieso nicht ernst.“
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Lachen bei der CDU - Heiner Bartling [SPD]: Das bleibt auch so!)
Herr Bartling, diese pauschale Bewertung mache ich mir ausdrücklich nicht zu eigen. Ich kann natürlich verstehen, dass manche Untersuchungen des Bundes der Steuerzahler, insbesondere zur Fi
nanzpolitik in den Jahren 1990 bis 2003, bei Ihnen zu dieser fälschlichen Einschätzung geführt haben.
Inhaltlich will ich noch einmal herausstellen: Landkreise darf man nicht nur aus verwaltungsökonomischer Sicht betrachten. Unsere Landkreise und unsere kreisfreien Städte - ich schließe auch, auf der kommunalen Ebene, die Gemeinden mit ein sind mehr als Verwaltung. Sie bedeuten für viele Menschen ein Stück Identität. Sie sind kein abstraktes Gebilde, das man mit einem Federstrich von oben herab verändern kann. Das ist nicht unsere Haltung.
Die Region Hannover ist bereits angesprochen worden. Ich wünschte der Region Hannover, die Versprechungen der SPD wären Realität geworden. Zitieren möchte ich stattdessen den Präsidenten des Städte- und Gemeindebundes, Rainer Timmermann, der im Weserkurier am 3. November erklärt hat:
„Wenn das wirtschaftliche Vorteile mit sich brächte, müsste die Region Hannover im Geld ersticken, statt von Jahr zu Jahr hunderte Millionen Defizite zu fahren.“
Meine Damen und Herren, Herr Jüttner hat gesagt, wir müssten uns entscheiden - Herr Wulff oder Herr Rolfes. Wir entscheiden uns selbstverständlich für beide. Aber Sie müssen sich entscheiden: Sind Sie für Herrn Bartling, oder sind Sie für Herrn Jüttner? - Herr Bartling hat sich klar distanziert,
Herr Jüttner nicht. Herr Jüttner hat in seiner Pressemitteilung vom 2. November gesagt, der Vorschlag des Bundes der Steuerzahler sei diskussionswürdig, er bringe Bewegung in die Diskussion um den Verwaltungsaufbau. Herr Jüttner, ein Dementi sieht anders aus!
Aber wir sind beruhigt bei Ihnen. Sie sind nicht nur in dieser Frage mittlerweile auch in Ihrer eigenen Partei isoliert. Ich zitiere abschließend drei prominente Sozialdemokraten. Landrat Schöttelndreier in den Schaumburger Nachrichten vom 3. November:
Sie sehen, Herr Jüttner: Sie sind isoliert. Wir freuen uns, dass wir die Position auch vieler engagierter SPD-Landräte aufrechten Ganges hier verfolgen und weiterhin vertreten werden. - Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch ich möchte die Schaumburger Nachrichten zitieren; denn Herr Bartling ist da noch häufiger zitiert worden, nicht nur am 3. November, als er etwas zum Bund der Steuerzahler gesagt hat. Er hat sogar zum Modell insgesamt etwas gesagt, und zwar am 6. November in den Schaumburger Nachrichten: „Solche Überlegungen haben keinerlei Aussicht auf Erfolg.“ Insofern hat er noch einmal bestätigt, dass das, was hier teilweise auch von Herrn Jüttner angedeutet worden ist, nicht seine Billigung findet.
Meine Damen und Herren, diese Debatte, aber auch das Konzept des Bundes der Steuerzahler hat zumindest eines dargelegt, dass nämlich niemand hier im Hause genau dieses Konzept umsetzen will. Das ist ja schon eine vernünftige Botschaft.
Die zweite interessante Feststellung ist meiner Ansicht nach: Wir müssen klar sagen, dass wir auf dieser Basis nicht diskutieren können, sondern dass der Weg, den die Landesregierung seit mittlerweile anderthalb Jahren mit Nachdruck verfolgt, der richtige Weg ist, nämlich von unten eine interkommunale Zusammenarbeit zu fördern und zu betreiben. Das ist meiner Ansicht nach genau die richtige Antwort auf dieses Papier.
Ich möchte einfach mit der Mär aufräumen, die Sie, Herr Jüttner, hier wieder auf den Tisch gelegt haben, dass als Folge der Abschaffung der Bezirksregierungen - die Bezirksregierungen sind immerhin schon zwei Jahre weg - zwangsläufig eine Gebietsreform kommen muss. Insgesamt 78 Aufgaben sind kommunalisiert worden, 182 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter waren betroffen. Diese Reform wird von der kommunalen Ebene hervorragend umgesetzt.
An keiner Stelle, von keinem Landrat und von keinem Oberbürgermeister wird kritisiert und behauptet, dass diese Kommunalisierung nicht bewältigt werden kann. Im Gegenteil: Die Kommunen sind froh, dass ihnen die Aufgaben übertragen wurden und dass sie dafür das Geld auch bekommen haben; denn das hat diese Landesregierung strikt nach dem Konnexitätsprinzip umgesetzt. Sie sollten diese Mär nicht mehr durchs Dorf treiben, weil sie absolut nicht gerechtfertigt ist.
Die Bezirksregierungen sind weg, und die Kommunen können besser arbeiten als jemals zuvor, weil die Bezirksregierungen nicht mehr da sind, meine Damen und Herren.
Was haben wir bereits gemacht? - Wir haben die Fälle interkommunaler Zusammenarbeit im Lande erhoben. Einiges, was sehr positiv ist, wird schon längst gemacht - keine Frage. Aber im Vergleich mit anderen Bundesländern sind wir noch nicht führend. Deshalb ist es sinnvoll, dass man mit den kommunalen Spitzenverbänden und mit den Kommunen selber im Gespräch ist und Möglichkeiten aufzeigt, wo wir hierbei effizientere Struktu
ren vor Ort umsetzen können. Dabei müssen wir wahrscheinlich noch mutiger sein, als wir das in der Vergangenheit gewesen sind.
Bisher war es rechtlich nur machbar, etwas landkreisübergreifend zu organisieren. Allerdings ist es sehr schwierig, auch eine vertikale Zusammenarbeit zu organisieren. Das heißt, dass z. B. auch Städte und Gemeinden Aufgaben für die Landkreise umsetzen, die Verwaltung also noch bürgernäher organisieren. Das ist etwas, was wir in der Vergangenheit so noch nicht gemacht haben.
Das haben wir jetzt übrigens in Lüchow-Dannenberg ermöglicht. Der neu gewählte Landrat wird seine Verantwortung dort sicherlich übernehmen und genau dies jetzt auch als Chance begreifen und vor Ort versuchen, so etwas zu organisieren. Es muss nicht alles auf der Landkreisebene gemacht werden. Es kann auch auf der unteren Ebene umgesetzt werden.