Ich möchte Ihnen dazu nur einige Beispiele nennen. So haben z. B. die Evangelische Kirche und andere Träger zusätzliche Mittel dafür aufgebracht,
an einem Modellprogramm des Bundesbildungsministeriums teilgenommen, das sich speziell der Frage widmet, wie die Qualität in Kindergärten mit Blick auf den Bildungsauftrag und den Übergang von Jugendhilfe und Schule gesichert werden kann. Das sind nur einige wenige Beispiele.
(Frau Vockert [CDU]: Das läuft noch, Frau Ministerin - Weiterer Zuruf von der CDU: Und was hat das Ministeri- um gemacht?)
- Darauf komme ich noch. - Ich habe in den vergangenen Wochen mit vielen Akteuren der Jugendhilfe in Niedersachsen gemeinsam die Frage beraten, wie es mit der Umsetzung des Bildungsauftrages steht und was das Land zusätzlich tun kann, um die Erfüllung des Bildungsauftrages der Kindergärten in Niedersachsen zu unterstützen.
Ich glaube, dass Sie eine sehr fruchtbare Anhörung haben werden. Denn wenn diese Akteure Ihnen berichten, was sie zurzeit mit Blick auf den Bildungsauftrag des Kindergartens tun, dann werden wir, denke ich, alle miteinander sagen können: Wir haben eine gute Basis. Deswegen sind die Träger, die Einrichtungen, die Erzieherinnen ausdrücklich dafür zu loben, dass sie das immer im Blick gehabt haben.
Natürlich ist es richtig, dass unter dem Eindruck des erforderlichen Ausbaus der Kindertagesbetreuung und der Bedeutung des Themas „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ der Bildungsauftrag in den letzten zehn Jahren fachpolitisch, politisch und möglicherweise auch im Einzelnen tatsächlich etwas in den Hintergrund geraten ist,
und zwar in allen Bundesländern. Deswegen ist es richtig, dass dieses Thema wieder stärker auf die politische Agenda gehört.
Bereits vor einem Jahr haben die Jugendminister aller Bundesländer beschlossen, sich um das Thema „Bildungsauftrag des Kindergartens“ besonders zu kümmern, und zurzeit befindet sich ein entsprechendes Konzeptpapier in der Umlaufabstimmung.
Meine Damen und Herren! Dieses Thema eignet sich eigentlich nicht für eine politische Auseinandersetzung der Parteien. Alle Bundesländer sind in der gleichen Situation, und es gibt ein breites Bestreben, das Thema „Bildungsauftrag des Kindergartens“ zu einem bedeutenden politischen Thema zu machen und, soweit das möglich ist - die PISA-Studie hat den Kindergarten nicht mit untersucht -, auch Rückschlüsse aus den Konsequenzen von PISA zu ziehen, um diesen Prozess voranzutreiben.
Im Einzelnen: „Frühes Lernen von Kindern im Kindergartenalter fördern“ ist das gemeinsame Thema der Entschließungsanträge. Die Landesregierung - das habe ich deutlich gemacht - ist sich bewusst, dass die Förderung der Lernbereitschaft und Lernfreude gerade der jüngsten Kinder das beste Fundament für gleiche Bildungschancen und Zukunftssicherung ist. Deshalb gehört für uns das Thema der sprachlichen Entwicklung aller Kinder zu einem der zentralen politischen Themen. Das gilt übrigens für deutsche Kinder genauso wie für Kinder ausländischer Herkunft oder Aussiedlerkinder.
Unser Ziel ist es, dass jedes Kind im schulfähigen Alter über die für den Schulbesuch erforderlichen deutschen Sprach- und Sprechkompetenzen verfügt. Dafür werden wir den vorschulischen mit dem schulischen Bereich enger verzahnen und sicherstellen müssen, dass wir alle Kinder frühzeitig vor der Einschulung erreichen. Nur so können wir feststellen, ob alle Kinder im schulpflichtigen Alter die für die Einschulung notwendigen Kompetenzen, insbesondere die erforderliche Sprachund Sprechkompetenz, mitbringen.
Gemeinsam mit dem Kultusministerium arbeitet mein Haus deshalb zurzeit an einem entsprechenden Konzept zur Sprachförderung. Dieses wird mit
Ich möchte diesen Gedanken noch ausführen. Dann lasse ich sie zu. - Wir erarbeiten ein Konzept. Dieses Konzept wird zu Mehrkosten führen, die deutlich über die 250 000 DM hinausgehen. Diese Summe bezog sich auf andere Aktivitäten meines Hauses zur Förderung des Bildungsauftrages des Kindergartens; denn Sprach- und Sprechförderung ist zentral, aber der Bildungsauftrag ist mehr als Sprach- und Sprechförderung. Vor diesem Hintergrund muss es auch noch andere Kompetenzen und andere Unterstützungen geben.
Frau Ministerin, warum haben Sie, wenn Ihnen diese Studie, wie Sie angedeutet haben, seit etwa einem Jahr bekannt ist, nicht die Haushaltsmittel eingesetzt, und warum wird dann heute dazu von Herrn Mühe ein Nachtragshaushalt angekündigt?
(Heiterkeit bei der CDU - Frau Litfin [GRÜNE] - zu Mühe [SPD] - : Du hast gesagt: Wir brauchen mehr Geld!)
Sehr geehrter Herr Abgeordneter, ich hatte deutlich gemacht, dass der Bildungsauftrag impliziter Auftrag jedes Kindergartens ist und dass die Landesregierung 20 % - das wissen Sie - zur Förderung jedes Kindertagesstättenplatzes dazugibt.
- Zu den Personalkosten! Das ist korrekt. - Ich habe deutlich gemacht, dass die Tatsache, dass die Weiterentwicklung der Bildung auf die Agenda gehört, längst vor der PISA-Studie bekannt gewesen ist; sonst gäbe es nicht entsprechende Modellprogramme des Bundes, sonst gäbe es nicht entsprechende Fortbildungsaktivitäten meines Hauses und des Landesjugendamtes und viele Aktivitäten mehr. Die Tatsache, dass die Unterstützung der Sprach- und Sprechförderung jetzt noch einmal einen neuen Schub bekommen soll, beruht nicht auf niedersächsischen Besonderheiten. Ich erinnere Sie daran, dass in Bayern bereits vor einigen Wochen oder Monaten eine Debatte darüber geführt worden ist und Herr Stoiber die beiden zuständigen Ministerinnen gebeten hat, ein ganzheitliches Sprachkonzept vorzulegen. Das Konzept liegt bis heute nicht vor.
Ich nehme an, dass es die Debatte beruhigt und unnötige Polarisierungen verhindert, wenn deutlich wird, dass wir insoweit bundesweit vor einer Herausforderung stehen.
Das ist auch in der PISA-Studie aufgezeigt worden. Ich glaube, dass es gut ist, den Blick auch einmal über Niedersachsen hinaus zu richten. Wenn die Bayern gute Ideen haben, werde ich sie ohne Weiteres übernehmen, und die Bayern können auch unsere Ideen übernehmen. Das ist unsere Vorstellung der Zusammenarbeit in der Jugendministerkonferenz.
Nein. Ich möchte jetzt gerne fortfahren, weil ich aufgrund der Kürze der Redezeit sonst meine Ausführungen nicht zu Ende bringen kann.
(Biallas [CDU]: Das war ja auch der Grund für meine Frage! - Heiterkeit bei der CDU - Gegenruf von Adam [SPD]: Ein sehr hohes Niveau, Herr Biallas, ein sehr hohles Niveau, Herr Biallas!)
Ja. - Ich wende mich jetzt der Forderung der Grünen nach einem Bildungsjahr vor der Einschulung zu. Natürlich weiß ich, dass das nicht so plakativ gemeint ist, dass Sie nicht auch schon im ersten oder zweiten Kindergartenjahr Bildungsprozesse fördern wollen. Dennoch halte ich die Orientierung auf ein Bildungsjahr nicht für richtig, weil unser gemeinsamer politischer Ansatz lauten muss: Bildung von Anfang an und unbegrenzt!
(Busemann [CDU]: Was ist das denn nun? Und wer bezahlt das? Denn Kinder, die nur ein Kindergartenjahr durch- laufen, haben einen Bildungsnachteil gegenüber anderen Kindern, die den Kindergarten drei Jahre besuchen. Deshalb möchten wir allen Kindern einen dreijährigen Kindergartenbesuch ermögli- chen. Darüber muss natürlich mit den im Bereich der Migrationsarbeit tätigen Institutionen - z. B. auch dem Verband von Roma und Sinti usw. - gesprochen werden, weil die Kompetenzen der sozialen Infrastruktur und die Interessenvertretun- gen, die in Niedersachsen bereits bestehen, zum Erreichen dieses Ziels genutzt werden müssen. Meine Damen und Herren, im Unterschied zu der Debatte kann ich in meinen vielen Gesprächen mit den Verantwortungsträgern im Bereich der Ju- gendhilfe feststellen, dass die geteilte Verantwor- tung als politisches Prinzip ernsthaft überall veran- kert ist. Wir fragen uns, was jeder in seiner Rolle tun kann, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen, anstatt ständig die Verantwortungen hin und herzu- schieben und nach dem Staat zu rufen, er solle es richten. Zum Glück finde ich dieses Niveau in der niedersächsischen Jugendhilfe nicht vor. Sondern dort überlegt jeder, welcher Baustein dazu beizu- tragen ist. Ich hatte schon einige Beispiele angeführt, um zu verdeutlichen, dass dieser Prozess schon in vollem Gange ist. Ich nenne die Beteiligung Niedersach- sens mit mehreren Einrichtungen und Schulen an dem Modellvorhaben des Bundes zur Neubestim- mung von Bildungsqualität in Tageseinrichtungen. Es hat sich jemand an uns gewandt, der gerne ein Modellprojekt zur Sprachförderung von Kindern aus zugewanderten Familien unter Berücksichti- gung von Sprachkursen für Eltern gefördert be- kommen möchte, was ich entsprechend unterstüt- zen werde. Das ist ein interessantes Projekt, aus dem Erkenntnisse für die Fläche zu gewinnen sind. Das liegt meines Erachtens auch im Interesse der Verfasser des Entschließungsantrages. Es hat sich ein weiterer kommunaler Träger an mich gewandt mit der Bitte um Unterstützung eines Projektes zur flächendeckenden Qualitätssicherung von Kinder- tageseinrichtungen unter besonderer Berücksichti- gung des Bildungsauftrages. Auch dies werde ich unterstützen. Es ist der Wunsch formuliert worden, dass wir Informationsmaterial für Eltern in ver- schiedenen Sprachen vorhalten, um für einen drei- jährigen Kindergartenbesuch zu werben; (Möllring [CDU]: Das wird doch vor Ort schon überall gemacht!)
und zwar so sensibel zu werben, dass Hemmschwellen abgebaut werden. Auch diesem Wunsch werden wir entsprechen. Sie sehen daran, dass es eine Reihe von Vorstellungen der Träger gibt, wie diese Ziele erreicht werden können. Es ist die Aufgabe der Landesregierung, diesen Prozess im Rahmen ihrer Möglichkeiten zu unterstützen.
(Frau Ernst [CDU]: Wie wollen Sie ihn denn unterstützen? - Möllring [CDU]: Nennen Sie doch einmal eine Lösung und nicht immer nur Proble- me, Probleme, Probleme!)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir verfolgen das Ziel, erstens ausreichende deutsche Sprachkompetenz aller Kinder im schulpflichtigen Alter sicherzustellen, zweitens drei Jahre Kindergartenbesuch für alle Jungen und Mädchen zu erreichen und drittens alle Kinder - auch die, die nicht im Kindergarten sind - frühzeitig zu errei
Das sind die zentralen Zielsetzungen, die den aktuellen Anforderungen an eine chancengerechte Bildung im Kindergarten gerecht werden.
Ich hoffe, dass wir in der Beratung dieses ernsthaften Themas zu einem Klima zurückfinden, das den Ausschuss für Jugend und Sport im Allgemeinen prägt. Damit meine ich die Kooperation und das gemeinsame Arbeiten an einem Ziel.