Protocol of the Session on January 24, 2002

(Krumfuß [CDU]: In Harburg!)

- Nein, nicht nur in Harburg, sondern im ganzen Lande Niedersachsen. Man muss die Statistik nicht nur angucken, sondern auch lesen.

In den Boom-Jahren, Anfang der 90er Jahre, stieg die Quote von 45,6 % um vier Prozentpunkte an. In diesem Bereich gibt es eigentlich keinen Grund zur Kritik. Die Förderung des Wohneigentums war ausgesprochen erfolgreich, wobei zu bedenken ist, dass es um das selbstgenutzte Wohneigentum und nicht um das zweite, dritte oder vierte Haus eines Eigentümers geht. Auf dem Lande ist die Eigentumsquote selbstverständlich höher - das ist klar -, weil es mehr Möglichkeiten gibt, neu zu bauen und der Baulandpreis nicht so hoch ist. Das ist aber eine Folge der Bodenpolitik, die wir in den letzten 50 Jahren betrieben haben. Ansätze, das zu ändern, sind leider nie zum Durchbruch gekommen. Wir unterstützen den Verkauf an Mieter im Bestand, weil es hilft, die Quartiere zu sichern und weil man sich zum Eigentum häufig anders verhält als zu geliehenen Sachen. Das ist menschlich, zwar nicht bei jedem, aber bei vielen.

Es gibt Unterschiede zwischen Stadt und Land. Auch dazu gibt es einige Statistiken. Man kann also mit einigen Vorurteilen aufräumen, wenn man sich die Antwort aufmerksam durchliest. Sozialwohnungen gibt es schwerpunktmäßig in Städten, und zwar je größer desto mehr. Das korrespondiert mit der Kaufkraft, und zwar nimmt die ab. Die höchsten Einkommen je Haushalt gibt es - das war für mich überraschend - in Gifhorn, nämlich 81 000 DM je Haushalt, gefolgt von Vechta mit 80 000 DM je Haushalt, Harburg mit ebenfalls 80 000 DM je Haushalt und Diepholz mit 78 000 DM je Haushalt. Am Ende liegen Wilhelmshaven mit 51 000 DM je Haushalt, Osnabrück - heute Morgen hochgelobt - mit 52 000 DM je Haushalt und die Landeshauptstadt Hannover mit 56 0000 DM je Haushalt. Die Landkreise liegen also bei der Kaufkraft je Haushalt deutlich über den Städten und bei den Bildungsabschlüssen deutlich darunter. Man sollte einmal darüber nachdenken, woran das liegt.

(Eppers [CDU]: Das sind doch keine politischen Gründe!)

Hieraus kann man ablesen, dass der Wohnungswohlstand auf dem Lande größer ist und die problematischen Haushalte mehrheitlich in den Städten sind. In den Städten gibt es preisgünstigen Wohn

raum, Anschluss an den Nahverkehr, man benötigt kein Auto, und die sozialen Einrichtungen sind in der Regel weitaus stärker vorhanden als auf dem Lande. Wir liegen also mit dem Städtebauförderungsmitteln und insbesondere mit dem Programm „Soziale Stadt“ vom Ansatz her genau richtig, weil hier die Probleme sind, die es zu lösen gilt.

Ein Problem, das ich nicht weiter ansprechen möchte, ist, dass es dem Land bisher nicht gelungen ist, ausländische Mitbürger zu integrieren. In diesem Bereich hätte wesentlich mehr passieren müssen.

Bei aller Zufriedenheit müssen wir feststellen, dass die Lage der Bauwirtschaft uns nicht zufriedenstellen kann. Es ist uns leider nicht gelungen, den „Schweinezyklus“ zu stoppen, der auf einen Boom immer eine Baisse folgen lässt, die dann wieder von einem Boom abgelöst wird; allerdings ist das nicht verlässlich vorhersehbar. Wir haben keine verlässliche Nachfrage schaffen können. Dabei besteht hoher Investitionsbedarf im Bestand zur Modernisierung und Energieeinsparung, denn die CO2-Emission muss reduziert werden.

Leider haben wir keinen exakten Überblick über den Zustand der einzelnen Wohnungen. Die Einführung eines Gebäudepasses - dies wurde in der Vergangenheit vielfach diskutiert - könnte Wohnungen vergleichbarer und Eigentümer empfänglicher machen für die Notwendigkeit ständiger Modernisierung. Jeder Firmeninhaber achtet darauf, dass die Betriebskosten so gering wie möglich sind. Eigenheimbesitzer machen das häufig auch. Vermieter häufig leider nicht.

Zur Zulassung eines Autos benötigt man einen Kfz-Schein. Bei uns werden sogar Häuser verkauft, ohne dass die Baugenehmigung vorgezeigt werden muss. Ich finde das nicht zufriedenstellend. Ich bin eigentlich gegen mehr Bürokratie. In diesem Falle halte ich allerdings den volkswirtschaftlichen und häufig auch privaten Schaden der Unterlassung für größer als den der Einführung eines Gebäudepasses.

Ich möchte zum Schluss kommen. Man kann bei solch einer umfangreichen Antwort sicherlich nicht den ganzen Bereich ansprechen. Wir haben inzwischen - das ist bereits angemerkt worden - einige wohnungspolitische Instrumente geschaffen, um die Hilfen dort einzusetzen, wo sie nötig sind, und um Probleme rechtzeitig zu erkennen und nicht bedrohlich werden zu lassen. - Danke schön.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat der Kollege Beckmann.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Antwort der Landesregierung auf unsere Anfrage zeigt, wie weit sie von der wohnungspolitischen Realität im Lande Niedersachsen entfernt ist und wie wenig sie die Situation vor Ort in den Kommunen kennt.

(Beifall bei der CDU - Zurufe von der SPD)

Jahr für Jahr werden an falscher Stelle Millionen in den Wohnungsbau investiert und gleichzeitig durch wohnungsmarktregulierende Gesetze und Verordnungen, die sich längst überholt haben, Millioneninvestitionen verhindert. Wenn mit wenig überzeugender Begründung in mehreren Großstädten, darunter Hannover, Braunschweig, Oldenburg, Göttingen, Lüneburg, noch immer an einer Verordnung festgehalten wird, die die Zweckentfremdung von Wohnraum verhindern soll, dann zeigt sich,

(Zuruf von der SPD: Olle Kamellen!)

dass diese Regierung nicht nur die Gründung und Ansiedlung von bürgernahen klein- und mittelständischen Betrieben verhindert, sondern sie demonstriert auch, wie unlängst in Hannover geschehen, wie unsinnig, auch ökonomisch gesehen, solche Maßnahmen, die zu früheren Zeiten möglicherweise ihre Berechtigung gehabt haben, heute sind. Wenn z. B. die Existenzgründung eines physikalischen Instituts in einer seit Monaten nicht zu vermietenden leerstehenden Wohnung an einer vielbefahrenen Ausfallstraße Hannovers, nämlich der Podbielskistraße, nur mit der Auflage zugelassen werden kann, dass an anderer Stelle in gleichem Umfang neuer Wohnraum von dieser Existenzgründerin neu geschaffen werden muss, dann zeigt allein dieses Beispiel, wie nicht nur die Existenzgründung verhindert wird, sondern wie, ohne nach Lage und Art der Ansiedlung zu differenzieren, ganze Städte unter eine Käseglocke gestellt werden.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, damit wird die Wohnungsversorgung und die Ansiedlung von Betrieben von der Stadt, in diesem Fall der Stadt Hannover, verhindert. Angaben der Kommunen zum Wohnungsleerstand können überhaupt nicht gemacht werden, weil es zu deren verlässlichen Ermittlung überhaupt keine Instrumente gibt. Da man aber ein Kriterium benötigt, womit die Berechtigung am Festhalten der Wohnraumzweckentfremdungsverordnung nachgewiesen werden kann, und da für Niedersachsen auf Kreisebene keine aktuellen Einkommensstrukturen vorliegen, kommt in der Wohnungsbaubeobachtung der Landestreuhandstelle der Sozialindikator zur Anwendung. Allein der gilt zur Feststellung, ob die Wohnraumzweckentfremdungsverordnung berechtigt ist oder nicht. Nun fragen Sie natürlich, was der Sozialindikator ist. Der Sozialindikator ist definiert als Anteil der Summe von Sozialhilfeempfängern, Leistungsempfänger nach dem Asylbewerberleistungsgesetz und Empfängern von Arbeitslosenhilfe an der Bevölkerung. Weil dieser Personenkreis in den genannten Städten Braunschweig, Hannover, Oldenburg, Lüneburg und Göttingen am höchsten ist, wird diese Verordnung so lange Verwendung finden, wie SPD-Regierungen in diesem Land Verantwortung tragen.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, ich meine, dass das so nicht sein kann. Dieser Indikator kann doch nicht Maßstab dafür sein, ob eine solche Verordnung bestehen bleiben kann. Hier muss doch auf die tatsächlichen Verhältnisse vor Ort abgestellt werden und müssen bei der Analyse des regionalen Wohnungsbestandes stärker die am Markt beteiligten Unternehmen und Interessenvertretungen einbezogen werden, um endlich nachprüfbare Kriterien für den Wohnungsleerstand zu gewinnen.

(Krumfuß [CDU]: Genau so ist es!)

Es ist doch ein Unding und ein erheblicher volkswirtschaftlicher Schaden, wenn keine der 10 000 bis 20 000 allein in der Landeshauptstadt leer stehenden Wohnungen einer vernünftigen Verwendung zugeführt werden kann!

(Beifall bei der CDU)

Die Tatsache, dass mit derselben Begründung wie bei der Zweckentfremdungsverordnung Käufer von Eigentumswohnungen noch immer bis zu zehn Jahre lang keine Eigenbedarfskündigungen durchsetzen können und damit kein selbst genutztes

Eigentum begründen können, zeigt doch deutlich, wie wenig ernst es die Landesregierung mit der Investitionsförderung und der Förderung privater Eigentumsbildung nimmt;

(Beifall bei der CDU)

eine Förderung übrigens, die den Steuerzahler im Gegensatz zu vielen groß angelegten Projekten keinen Pfennig kostet.

Man kann nur von Glück sagen, dass einige Kommunen von sich aus erkannt haben, dass Instrumente wie die Fehlbelegungsabgabe nicht nur Bürokratie und Verwaltungskosten produziert haben, sondern auch zur Verslummung ganzer Stadtteile beigetragen haben.

(Beifall bei der CDU)

Der Schaden, der dadurch entsteht, ist ungleich höher als der Vorteil, den man im Interesse sozial Schwacher zu haben glaubt.

Die Förderung des Mietwohnungsbaus mit öffentlichen Mitteln muss zugunsten einer stärkeren Förderung von Eigentumsbildungsmaßnahmen, insbesondere im Einfamilienhausbereich, aber auch zugunsten einer stärkeren Förderung von Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen im Bestand zurücktreten. Davon profitieren nicht nur Mieter, sondern nebenbei auch noch die Handwerker, was für die ortsansässige Wirtschaft ja nicht schlecht wäre.

(Beifall bei der CDU)

Außerdem wäre das ein aktiver Beitrag zum Erhalt gewachsener Strukturen.

Meine Damen und Herren, hier wurde von Visionen gesprochen. Eine weitere Folgerung, die man aus der Antwort der Landesregierung auf unsere Frage ziehen kann, eigentlich ziehen muss, ist die Umstellung der Förderung auf die Haushalte, die sich bisher am freien Wohnungsmarkt nicht mit Wohnraum haben versorgen können. Ich meine hiermit ganz konkret die Umstellung der Wohnungsbauförderung von der Objekt- auf die Subjektförderung. Seit über 50 Jahren werden in der gleichen Weise diejenigen mit öffentlichen Mitteln versorgt, die heute den größten Leerstand im Lande Niedersachsen aufweisen.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, dieses Verfahren der Objektfinanzierung ist kontraproduktiv, zu teuer und schafft mehr Probleme, als damit gelöst werden. Häuser, Straßenzüge, Quartiere, ja ganze Stadtteile weisen zwischenzeitlich einseitige Bewohnerstrukturen auf, die in den schlimmsten Fällen zu sozialen Brennpunkten verkommen sind. Um hier zu helfen, werden immer wieder neue Programme ersonnen, aufgelegt und mit unglaublich hohen Milliardensummen finanziert.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, in unseren Gemeinden brauchen wir zum gedeihlichen Zusammenleben eine gesunde Durchmischung der Bevölkerung; ich brauche das nicht weiter zu erläutern. Dieses Problem löse ich, indem ich den Bedürftigen die Chance gebe, sich durch ein individuelles Wohngeld auf dem frei finanzierten Wohnungsmarkt selbst versorgen zu können. Diese Wohnungsförderung ist sozialer, weil sie den Menschen auch die Chance gibt, sich da anzusiedeln, wo es ihnen gefällt, und für die öffentliche Hand ist sie preiswerter, weil sie zu einer besseren Durchmischung bzw. Entflechtung problematischer Wohnbereiche führt.

(Glocke des Präsidenten)

- Ich komme zum Schluss, meine Damen und Herren! - Abbrüche von Häusern, um der Gettoisierung vorzubeugen, wie es in Hannover von den Sozialdemokraten im Rat der Stadt Hannover beantragt worden ist, sind die denkbar schlechteste Art der Förderung.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, wenn ich die Ausgaben für Objektfinanzierung mit den Ausgaben für Subjektförderung vergleiche, dann komme ich zu dem Ergebnis, dass wir ungefähr 75 % der heute in Ansatz gebrachten Wohnungsbaumittel einsparen können.

Ich meine, dass die Landesregierung aufgefordert ist, mit derselben Innovationsfähigkeit, wie sie der Ministerpräsident in der Schulkonzeption an den Tag legt oder auch nicht, neue Konzepte vorzulegen, die Lösungen aufzeigen, wie wir nach 50 Jahren unveränderter Förderung zu einer preiswerteren Konstellation gelangen können.

(Beifall bei der CDU)

Mir liegt jetzt die Wortmeldung von Herrn Minister Bartling vor. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich freue mich, dass die Große Anfrage mir Gelegenheit gibt, zu einem Politikfeld zu reden, in dem die Landesregierung im Gegensatz zu dem, was wir eben von Herrn Beckmann gehört haben, aus meiner Sicht erhebliche Erfolge aufzuweisen hat. Das resultiert wahrscheinlich auch aus der Betrachtungsweise, Herr Beckmann: Haus & Grund Hannover ist nicht Baupolitik für Niedersachsen.

(Beifall bei der SPD - Frau Pawelski [CDU]: Die Probleme in Hannover sind andere als die in Schaumburg!)

- Die sind von Bedeutung, Frau Pawelski. Das will ich gar nicht unter den Tisch kehren. Aber wir haben eben Verantwortung für ganz Niedersachsen. Und da muss man eben ein bisschen differenzierter vorgehen.