Protocol of the Session on January 23, 2002

Vor diesem Hintergrund sind wir mit der Landesregierung der Meinung, dass wir mit der kleinlichen Erbsenzählerei der Opposition aufhören

(Widerspruch bei der CDU - Rolfes [CDU]: Was? Bauzaunexperte!)

und das Relikt der Ausgleichszahlungen beseitigen sollten.

(Beifall bei der SPD - Meinhold [SPD] - zur CDU -: Erbsenzähler!)

- Genau. Ihr seid die Erbsenzähler! - Dabei gehen wir davon aus, dass Niedersachsen seine Landeshauptstadt nicht besser behandelt als andere Bundesländer. Vielleicht wäre es sogar sinnvoll, wenn der Landesrechnungshof einmal eine vergleichende Untersuchung hierzu vornehmen würde.

(Meinhold [SPD]: Jawohl!)

Die erfolgreiche Entwicklung unserer Landeshauptstadt liegt jedenfalls im Interesse des gesamten Landes. Deshalb stimmen wir dem Änderungsantrag zu.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Rolfes, bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will einmal versuchen, etwas Klarheit in diesen seltsamen Kulturvertrag zu bringen.

(Lachen bei der SPD)

Das erfordert allerdings konzentriertes Zuhören. Wenn der Kulturvertrag 1992 mit der Absicht abgeschlossen worden ist, dass der Stadt Hannover daraus in jedem Jahr ein Vorteil in Höhe von 50 Millionen DM erwächst, dann ist der Landeshauptstadt aus diesem Vertrag von 1992 bis 2002 mittlerweile ein finanzieller Vorteil von ca. 500 Millionen DM erwachsen.

(Meinhold [SPD]: Das stimmt doch gar nicht!)

Nun kann man über die Aufgaben der Landeshauptstadt lange diskutieren. Nur das, was in diesem Vertrag drinsteht, hat mit speziellen Aufgaben der Landeshauptstadt nichts zu tun.

(Plaue [SPD]: Doch!)

Ich sage Ihnen einmal, was damals gefordert wurde. Hier steht: Die Übernahme der Anteile des Staatstheaters durch das Land. Dann steht hier: Vorteile durch die Berechnung im kommunalen Finanzausgleich in Höhe von 22,5 Millionen DM. Außerdem erwächst der Stadt Hannover ein geldwerter Vorteil bei der Wohnungsbaufinanzierung in Höhe von 3,9 Millionen DM.

(Frau Elsner-Solar [SPD]: Und haben Sie dagegengerechnet, was wir abfüh- ren?)

Im Ergebnis waren dies 55 Millionen DM, von denen die Stadt Hannover eine Interessenquote von 5 Millionen zahlen sollte, damit man wieder auf 50 Millionen DM kam. Das steht alles in der Vorlage, die Herr Hoffmeister verteilt hat.

Die Stadt Hannover sollte also 5 Millionen DM zahlen, um in den Genuss der 50 Millionen DM zu kommen. Die Investitionen für die Bühnentechnik, die das Land alleine getragen hat, haben 60 Millionen DM betragen, mit Zinsen sogar 85 Millionen DM. Auch hierfür sind diese 5 Millionen DM als Begründung herangezogen worden, nach dem

Motto: Wenn das eine als Begründung nicht reicht, nehmen wir das nächste.

Ein weiterer Punkt betrifft die Änderung des Kulturvertrages im Zusammenhang mit der Beteiligung der Stadt Hannover am Flughafen und an der Messegesellschaft. Anders als früher, als das Geld wieder investiert wurde, kann die Stadt Hannover jetzt über das Geld frei verfügen.

Gipfel dieser klein karierten Auseinandersetzung war der so genannte Bauzaunstreit. Die Stadt Hannover forderte 260 000 DM Sondernutzungsgebühren, obwohl das Land die Anteile des Staatstheaters und die Investitionen ganz übernommen hatte. Herr Wegner, Sie haben auf das Beispiel Bayern verwiesen. Ich denke, dass dies eher ein Fall für das Königlich Bayrische Amtsgericht gewesen wäre.

(Beifall bei der CDU)

In den letzten beiden Jahren wurde der Versuch, die Landeshauptstadt Hannover um 5 Millionen DM besser zu stellen, immer im Zuge der Haushaltsberatungen unternommen, weil man wohl das Licht der öffentlichen Debatte gescheut hat.

Es handelt sich bei diesem Kulturvertrag um ein völlig unübersichtliches Vorteilsgefeilsche, es handelt sich um einen Täusch- und Tarnvertrag. Ich sage Ihnen auch, warum das ein Täusch- und Tarnvertrag ist: Die Kulturförderung des Landes fließt ohnehin zu 50 % in die Landeshauptstadt. Das ist keine Erfindung von mir, sondern eine Aussage der ehemaligen Ministerin Schuchardt. Hier wird überhaupt nicht die spezielle Leistung Hannovers als Landeshauptstadt deutlich, sondern man muss das mit anderen Orten vergleichen, an denen es Landestheater gibt. Herr Glogowski kennt sich doch in Braunschweig bestens aus. Oldenburg wird sich auch angesprochen fühlen. Dort haben wir Eigeninteressenquoten von 25 und 35 %. Das sind die Interessenquoten der jeweiligen Kommunen. Dass Hannover bei aller speziellen Bedeutung als Landeshauptstadt überhaupt kein Interesse an dem Staatstheater hat, kann doch wohl nicht wahr sein.

(Beifall bei der CDU)

Wenn nämlich ein entsprechendes Interesse vorhanden wäre, müsste auch eine entsprechende Interessenquote festgelegt werden. Das Karo, in dem sich die Politik der niedersächsischen Landes

hauptstadt und der Landesregierung in diesem Bereich abspielt, ist nun wirklich zu klein. Diese Politik ist in der Sache, was die Hauptstadt betrifft, unbegründet und in der Außenwirkung verheerend. Daher greifen wir gerne den Vorschlag von Herrn Möhrmann auf, der angeregt hat, einen Hauptstadtvertrag abzuschließen. Ich weiß nicht, wie er dazu kommt, das auf die nächste Wahlperiode zu vertagen. Das könnte ein leeres Versprechen sein, denn wer weiß schon, Herr Möhrmann, wo Sie dann sitzen werden.

(Möhrmann [SPD]: Hauptsache Sie wissen, wo Sie dann sitzen!)

Warum schließen wir den Hauptstadtvertrag nicht sofort? Warum verhandeln wir nicht mit der Landeshauptstadt Hannover sehr genau und präzise darüber, welcher Ausgleich für Hannover als Landeshauptstadt notwendig ist? – Offen, transparent und für jedermann erkennbar.

(Beifall bei der CDU)

Im Haushaltsausschuss hat Herr Möhrmann darauf hingewiesen, wie das in Bayern mit München sei. Bayern und München – nicht nur Bayern München, sondern auch Bayern und München – spielen in der Champions League. Bei uns ist es so, dass Niedersachsen und Hannover in der zweiten Liga spielen. Genau das muss geändert werden.

(Beifall bei der CDU - Möhrmann [SPD]: Schauen Sie einmal nach Franken! – Zuruf von Plaue [SPD])

- Herr Plaue, das bekommen Sie nicht hin, das bekommt man aber auch mit der kleinkarierten Politik von Herrn Schmalstieg in diesem kleinen Karo nicht hin.

(Plaue [SPD]: Machen Sie doch keine Wählerbeschimpfung!)

- Ich meine nicht die Wähler, sondern Herrn Schmalstieg!

(Plaue [SPD]: Ja! Das haben die Wähler doch entschieden!)

Machen Sie das doch einmal anders. Verbessern Sie doch einmal die Position Hannovers, indem Sie sich auf die Stärken besinnen. Ich nenne: CeBIT, die Hannover-Messe, die EXPO. Die EXPO war das gigantischste Investitionsprogramm für Hannover.

(Beifall bei der CDU)

Was haben Sie hier in Hannover damals gemacht? – Eine Bürgerbefragung, ob die EXPO überhaupt durchgeführt werden solle. Das ist die Dynamik, mit der in Hannover Politik betrieben wird. Wer so seine Chancen sucht, verspielt die Möglichkeit, als Hauptstadt anerkannt zu werden.

(Zuruf von Adam [SPD])

- Wilhelmshaven wird das allerdings auch nicht. Von Portugal bis Estland weiß jeder, dass München, die Hauptstadt Bayerns, eine Weltstadt in der Bundesrepublik Deutschland ist.

(Zuruf von der SPD: Dann geh doch dorthin! – Heiterkeit und Beifall bei der SPD - Unruhe)

- Dummes Zeug!

Herr Kollege Rolfes, ich darf Sie kurz unterbrechen. - Meine Damen und Herren, der Geräuschpegel ist so hoch, dass man kein Wort verstehen kann. Ich bitte um etwas mehr Disziplin.

Es wäre ja auch schlimm, wenn die das verstehen würden.

Ich möchte, dass Hannover durch eine dynamische Politik Niedersachsens und der Landeshauptstadt und durch Ausnutzen der Chancen eine Stadt von internationalem Ruf wird. Der Diskussion über einen Hauptstadtvertrag stehen wir offen gegenüber. Das erfordert allerdings auch Transparenz. Wenn Leistung vorgezeigt wird, kann man für Hannover etwas tun. Aber mit so kleinkarierter Politik kann man für Hannover nichts erreichen.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, nächster Redner ist der Kollege Schwarzenholz. – Herr Kollege Schwarzenholz, ich erteile Ihnen zwei Minuten Redezeit.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Was CDU und Grüne hier abziehen, ist eine Provinzposse. Ich verweise auf das Berliner Beispiel. Wir

haben eine Debatte über die Hauptstadtfunktion. Natürlich muss die Hauptstadtfunktion auch in Niedersachsen gefüllt werden. Für mich als jemanden, der im Braunschweiger Land aufgewachsen ist, ist das keine Selbstverständlichkeit. Aber Hannover ist nun einmal die Landeshauptstadt. Und wenn Hannover – und nicht mehr Braunschweig – Landeshauptstadt ist, haben wir die Konsequenzen daraus zu ziehen. Das heißt, Hannover hat eine herausragende Rolle zu spielen. Das gilt natürlich auch für den kulturellen Bereich. Hannover ist das Vorzeigefenster und bedarf einer besonderen Ausstattung. Hannover hat natürlich auch eine Motorfunktion.