Die CDU-Fraktion fordert ein Konzept für die Unterrichtsversorgung an berufsbildenden Schulen ein und setzt den Zusatz hinzu, dass die Unterrichtsversorgung nicht weiter abgesenkt werden dürfe. Das bedeutet, sie will nichts anderes, als dass festgeschrieben ist, was jetzt ist. Das hat die Landesregierung mit ihren Konzepten gemacht, das hat sie erledigt, sodass die CDU-Fraktion die alte Antwort bekommen würde.
Allerdings sind die Vorwürfe, die der Kollege Klare erhebt, zu weiten Teilen richtig. Es wird - das gilt aber nicht nur für den BBS-Bereich, sondern das gilt für den gesamten schulischen Bereich keine Vorsorge für die wachsenden Schülerzahlen getroffen. Es ist keine Vorsorge für die einsetzende Pensionierungswelle getroffen worden. Es ist keine Vorsorge getroffen worden, junge Lehrer und Lehrerinnen in ausreichender Zahl auszubilden, um sie dann, wenn sie aufgrund von Pensionierungen gebraucht werden, an den Schulen auch einstellen zu können. Damit werden wir alle noch riesige Probleme haben.
Der CDU-Antrag ist jedoch nicht geeignet, an all diesen Problemen etwas zu ändern. Er ist überholt. Auch wir werden ihn ablehnen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Als ich die Rede von Herrn Klare gehört habe, habe ich mich schon gewundert. Erst wirft er uns vor, wir interessieren uns nicht für berufsbildenden Schulen, aber dann bezog sich seine Rede zur Hälfte ausschließlich auf die Strukturdebatte. Das zeugt nicht von intellektueller Schärfe, finde ich.
Meine Damen und Herren, wir haben für die berufsbildenden Schulen ein Modernisierungskonzept vorgelegt. Deshalb darf man sich nicht beklagen, dass diese in der Bildungsoffensive nicht vorkamen. Die Bildungsoffensive bezog sich nämlich ausdrücklich auf die allgemein bildenden Schulen. Wir haben die berufsbildenden Schulen nicht vergessen, sondern sie gingen in der Diskussion über ein Modernisierungskonzept sogar voran. Wir haben an der Stelle eine Menge getan und - das fand ich außerordentlich gut - einige Maßnahmen sogar gemeinsam verabschiedet. Wir haben gut aufgestellte modernisierte Berufsschulen, und ich hoffe, dass sich noch mehr auf den von uns gewünschten Weg in Richtung Budgetierung machen.
Schulen gewesen wären, Herr Klare, dann hätten Ihnen die Schulleiter oder deren Stellvertreter vorgetragen, dass die berufsbildenden Schulen, die Teilzeitschulen, aufgrund der Maßnahmen des Modernisierungskonzepts inzwischen 100 % berufsbezogenen Unterricht erteilen. Sie unterhalten sich eher darüber, wie sie den zweiten Berufsschultag vermeiden können. Das ist nämlich ein Problem mit der Wirtschaft; ich spreche das hier ganz deutlich an. Wenn Sie wirklich überblicken würden, was gerade in den berufsbildenden Schulen diskutiert wird, dann hätten Sie das hier entweder anders dargestellt, oder ich muss davon ausgehen, Sie haben es bei Ihren Besuchen nicht vorgetragen bekommen oder nicht verstanden.
Wir haben sehr deutlich gesagt, was wir tun wollen. Ich will das nicht alles wiederholen. Ich will nur noch einen Satz sagen, weil Sie in Ihrer Fraktion jetzt ja doch häufig auf die PISA-Studie abheben. Wenn Sie diese Studie schon zurate ziehen, dann sollten Sie sich einmal den Teil über die Bildungsfinanzierung ansehen. Darin wird sehr deutlich gesagt, dass es eben nicht nur um die Stellenfrage geht, sondern um die Frage der Unterrichtsqualität. Was diskutieren wir hier ständig Stellenfragen?! Das ist in der Bildungsfinanzierung zwar nicht unwichtig. Aber Sie werden in der PISAStudie finden, dass es Länder gibt, die ähnlich viel oder wenig Geld wie Deutschland ausgeben, aber dennoch bessere Leistungen haben. Das hängt mit der Ausrichtung der Schulen auf die Unterrichtsqualität zusammen. Wir müssen uns im Landtag viel mehr darüber unterhalten, wie wir Instrumente weiterentwickeln, mit deren Entwicklung ich bereits begonnen habe, also Vergleichstests oder Leistungsüberprüfungen, um die Unterrichtsqualität zu verbessern.
Ein Satz zum Schluss dazu, wie ernst Sie die berufsbildenden Schulen nehmen und wie ernst Ihr Anliegen dazu ist, Herr Klare: Ich habe in Erinnerung, dass Sie 1 200 Stellen für die berufsbildenden Schulen gefordert haben. Wo ist der Haushaltsantrag dafür? Wo ist er?
Sie haben beim letzten Mal die allgemein bildenden Schulen diskutiert und haben auch dafür nicht genug Geld angesetzt. Aber die berufsbildenden
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es hat eben ein Missverständnis mit der Berichterstattung gegeben.
Frau Ministerin, ich stelle fest: Für 30 000 zusätzliche Schüler steht keine einzige zusätzliche Lehrkraft in der mittelfristigen Finanzplanung. In diesem Schuljahr ist kein zusätzlicher Lehrer eingestellt worden.
Das, was Sie in diesem schönen Modernisierungskonzept für die berufsbildende Schule an Erwartungen geweckt haben, ist gemeinsam mit dem Klassenbildungserlass - das ist nämlich die Grundlage für die Berechnung der Unterrichtsversorgung - nicht umsetzbar. Das wissen Sie, und das haben Ihnen die Schulleiter auch geschrieben. Wenn es umgesetzt würde, dann würde es dazu führen, dass wir gerade in Schulen im ländlichen Bereich keine Angebote für kleine Berufsgruppen mehr machen könnten. Das heißt, dieses Modernisierungskonzept mit dem Klassenbildungserlass führt dazu, dass im ländlichen Bereich Angebote zusammengestrichen werden und damit Ausbildungsplätze nicht zur Verfügung gestellt werden können. Das ist also ein Negativbeispiel dafür, wie man Berufsbildungspolitik macht.
Ich will noch etwas dazu sagen, wie Sie, meine Damen und Herren, die Unterrichtsversorgung organisiert haben. Sie haben einen Statistiktrick angewandt, wie Sie ihn schon bei den allgemein bildenden Schulen angewandt haben. Ohne einen einzigen Lehrer zusätzlich einzustellen und trotz erhöhter Stundenzahl haben Sie es erreicht, dass automatisch die Unterrichtsversorgung um 10 % nach oben gestiegen ist. Das nenne ich Statistikmanipulation.
Das sind Tricks, meine Damen und Herren, mit denen wir Sie nicht durchlaufen lassen. Ich werde das beim allgemein bildenden und beim berufsbildenden Schulwesen immer wieder auf die Tagesordnung bringen. Man verschlechtert die Situation an den Schulen, verschönert aber die statistische Unterrichtsversorgung, indem man nicht mehr 80 % Unterrichtsversorgung hat, sondern 90 %, ohne einen einzigen Lehrer einzustellen.
Meine Damen und Herren, diese Manipulation wirkt sich zulasten der jungen Leute aus, und sie wirkt sich zulasten der Qualität der Schule aus. Das sind statistische Tricks. Wenn man einmal nachschaut, wie Sie das in Ihrem schönen Modernisierungskonzept nennen, dann sieht man, dass es nicht mehr um Statistiken geht, sondern dann geht es um freundliche Begriffe, die „Wir wollen unsere Stundentafel an den KMK-Standards ausrichten“ oder „Wir wollen die Klassenobergrenzen angleichen“ heißen. Das ist eine Politik der schönen Begrifflichkeiten, die die reale Situation aber verschlechtert. Sie werden den jungen Leuten an den berufsbildenden Schulen so nicht gerecht.
Meine Damen und Herren, seien Sie ehrlich zu den Leuten draußen und hören Sie auf, ihnen Sand in die Augen zu streuen! Es muss mit einer Politik der Begrifflichkeiten und der schönen Worte Schluss sein, die uns am Ende überhaupt nichts nützen.
Meine Damen und Herren, ich schließe die Beratung und erbitte Ihre Aufmerksamkeit für die Abstimmung.
Wer der Beschlussempfehlung des Kultusausschusses zustimmen will und damit den Antrag der Fraktion der CDU ablehnen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich frage nach den Gegenstimmen. - Stimmenthaltungen? - Ich stelle fest, dass das Erste die Mehrheit war.
Tagesordnungspunkt 13: Zweite Beratung: Eingreifen statt Wegsehen - Konsequentes Handeln gegen Schulschwänzen - Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 14/1987 - Beschlussempfehlung des Kultusausschusses Drs. 14/3013
- Vielleicht hören Sie einmal zu. Es gibt noch eine kleine Änderung. Die Beschlussempfehlung des Kultusausschusses soll nach übereinstimmender Auffassung der Fraktionen mit einer kleinen redaktionellen Ergänzung beschlossen werden. Der zweite Absatz, der mit den Worten „Deshalb begrüßt der Landtag“ beginnt, wird am Ende um die Worte „zu koordinieren und zu unterstützen“ ergänzt. Ich wollte Ihnen das vorab sagen. Nun treten wir in die Beratung ein. Das Wort hat Frau Kollegin Litfin.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Landtag soll heute einen gemeinsamen Antrag der großen Fraktionen beschließen. Er soll den Antrag beschließen, obwohl sich die Frau Kultusministerin in der Einbringungssitzung darüber sehr echauffiert hat, dass der Antrag der CDU-Fraktion den Titel „Eingreifen statt Wegsehen“ trägt. Sie erinnern sich sicherlich daran, sodass ich dazu nicht weiter ausführen muss. Nun hat die Regierungsfraktion damit wohl kein Problem mehr und behauptet nicht mehr, dass sie bisher nicht weggesehen hätte, sondern trägt das einfach mit. An dieser Stelle ist es bemerkenswert.
Meine Fraktion wird diesen Antrag nicht mittragen. Es ist nicht so, dass einzelne Maßnahmen in diesem Antrag nicht sinnvoll wären.
Es ist auch nicht so, dass wir nicht sehen, dass etwas gegen den zunehmenden Absentismus in den Schulen, gegen das zunehmende Schulschwänzen gemacht werden muss, aber auch gegen die Tatsache, dass es immer jüngere Schüler und Schülerinnen sind, die beginnen, nicht zur Schule zu gehen. Maßnahmen sind dringend erforderlich. Was mir bei diesem Antrag aber fehlt - ich meine, dass das sehr wichtig ist -, ist der präventive Ansatz. Prävention erstreckt sich hier nur auf Andeutungen und Gemeinplätze. Es werden nicht die Fragen
gestellten - übrigens wurden auch in der Beratung des Antrages diese Fragen nicht gestellt -: Warum gehen Kinder so früh nicht mehr in die Schule? Warum ist der Unterricht in der Grundschule, in der das Schulschwänzen bereits beginnt, nicht so, dass die Kinder gern dorthin gehen? Warum ist die Schule nicht so, dass sie ein Zuhause für die Kinder ist? Warum ist sie nicht so, dass das Lernen anregend ist, dass das Lernen an den Interessen der Kinder ansetzt und dass das Lernen die Kinder sich entwickeln, sich bilden lässt? Wenn Sie, meine Damen und Herren von den großen Fraktionen, die Intention dieses Antrages, das Schulschwänzen und den Schulabsentismus zu verhindern, tatsächlich ernst nehmen würden, dann hätten Sie den Mut gehabt, nicht nur diese Fragen zu stellen, sondern dann hätten Sie auch – das passt wunderbar in den Zusammenhang mit PISA - erheben lassen sollen, ob es einen Zusammenhang zwischen Schulschwänzen, Schulabsentismus und Unterrichtsqualität gibt.
Dabei bin ich im Gegensatz zur Ministerin überhaupt nicht der Meinung, dass man Unterrichtsqualität durch Vergleichsarbeiten erheben kann. Ich habe schon einmal gesagt: Kein Schwein wird fett vom Wiegen. Es liegt am Futter. Danach müssen wir gucken. Wir müssen nach dem Futter gucken. Denn spätestens nach PISA wissen wir alle, dass die Arbeit in den Schulen, dass der Unterricht in den Schulen nicht so sind, wie es sein sollte, um die Kinder bei ihren Bildungsprozessen zu unterstützen. Ein bisschen Ernsthaftigkeit an dieser Stelle hätte ich mir gewünscht. Es hätte Geld gekostet, eine wissenschaftliche Studie darüber durchführen zu lassen, ob ein Zusammenhang zwischen Absentismus und Unterrichtsqualität besteht. Aber es hätte sich gelohnt, wenn Sie es mit dem Anliegen ernst meinen, an diesem Problem etwas zu ändern. Meine Fraktion wird Ihren Antrag ablehnen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich wundere mich doch sehr. Frau Litfin gehört dem Kultusausschuss an. Wenn sie gemeint hätte, dass
diese Fragen hätten gestellt werden müssen, dann hätte sie sie stellen können. Wir haben sie nicht gestellt, weil wir darauf Antworten geben, indem wir sagen: Die Lehrkräfte sollen hinsehen, warum die Kinder Schule schwänzen. Dafür gibt es nämlich völlig unterschiedliche Gründe. Was bei dem einen Kind eine einmalige Mutprobe innerhalb des Freundeskreises ist, kann bei dem anderen Kind Signal für die unterschiedlichsten Probleme sein, wie z. B. Angst vor Mitschülerinnen und Mitschülern, Angst vor Versagen, vor schlechten Noten oder Probleme in der Familie. Manchmal schwänzen Kinder auch Schule, weil sie in der Zeit Geld verdienen oder weil die Eltern sie dazu einsetzen, auf ihre jüngeren Geschwister aufzupassen. Manchmal veranlassen die Eltern auch selbst das Schulschwänzen, indem sie vor Ferienbeginn oder nach Ferienende mit den Kindern schon oder noch im Urlaub sind.
Sie sehen also, dass die Ursachen für Schulschwänzen sehr unterschiedlich sein können. So unterschiedlich, wie die Ursachen sind, so unterschiedlich müssen auch die Reaktionen der Lehrkräfte sein. Eines ist allerdings ganz sicher: Es muss eine Reaktion der Lehrkräfte geben. Die Schülerinnen und Schüler müssen merken, dass ihr Fehlen von der Schule bemerkt wird, und zwar aus zwei Gründen. Erstens, weil in dieses Aufpassen auf Schüler und in das Hingucken auch ein Annehmen der Schülerinnen und Schüler eingeschlossen ist. Die Schülerinnen und Schüler merken, dass ihr Fehlen sehr wohl bemerkt wird und dass es den Lehrkräften wichtig ist, dass die Schülerinnen und Schüler in der Schule sind. Zweitens müssen die Ursachen dafür, dass die Kinder die Schule geschwänzt haben, aufgedeckt werden, damit diese Ursachen dann auch beseitigt werden können.