Protocol of the Session on January 23, 2002

Mir wäre es lieber, Frau Trauernicht, wenn Sie den Mut hätten, Ihr Postulat zu wiederholen und deutlich zu machen, dass Sie an dieser Stelle nicht kürzen wollen, wenn es nicht unbedingt notwendig ist. Sie haben die Eltern eingebunden. Die Beunruhigung der Eltern stelle ich auch nach Ihren heutigen Ausführungen fest.

(Beifall bei der CDU)

Herr Kollege Groth, Sie sind der nächste Redner.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst der Ministerin Frau Dr. Trauernicht Dank sagen. Ich glaube, Herr Koch, Sie hat, anders als Sie es dargestellt haben, präzise Antworten gegeben. Wir stehen mit Mitarbeitern, Personalräten und Eltern in einem ständigen Dialog.

Ich habe nicht den Eindruck, dass die Unruhe besteht, die Sie beschreiben.

(Frau Pothmer [GRÜNE]: Doch, die besteht!)

Ich möchte auch Frau Pothmer herzlichen Dank sagen. Sie hat ein bisschen die konstruktive Stimmung anklingen lassen, die zwischen den Fraktionen zu diesem Thema im Ausschuss herrschte. Nur darum geht es mir. Unsere Auffassungen waren in der Debatte nicht so gegensätzlich, wie die Ausführungen von Frau Jahns und Herrn Koch es haben annehmen lassen.

Meine Damen und Herren, ich möchte es noch einmal in Schlagworten deutlich machen; die Ministerin hat das teilweise schon ausgeführt. Die Angebote für die Hörgeschädigten - die Blinden sind heute nicht das Thema; sie gehören aber bei den Landesbildungszentren dazu - bleiben an den vier Standorten erhalten. Obwohl vom Landesrechnungshof das Outsourcing einiger Angebote angeregt wurde, werden das vorschulische Angebot, das Beratungsangebot und das Kita-Angebot aufgrund der fachspezifischen Anforderungen an den vier Standorten erhalten bleiben. Dies ist die Anforderung der Fachleute, der Angestellten des Landes, aber auch der Eltern gewesen. Die vier Standorte und damit die regionalisierte Versorgung der Schwerhörigen und der Gehörlosen bleiben in Niedersachsen künftig gewährleistet.

Ich möchte des Weiteren dem Eindruck entgegentreten, es würde zum Nachteil der Hörgeschädigten gespart. Die Ministerin hat nur die Zahlen für zwei Jahre genannt. Wir haben die Landeszuschüsse für die Schwerhörigen und die Gehörlosen von 2000 auf 2003 von 17 Millionen Euro auf 21,9 Millionen Euro erhöht. Das ist auf dem Gebiet der Behindertenhilfe mit die deutlichste Steigerung. Ich halte es für anmaßend, wenn jemand hier auftritt und sagt, an dieser Stelle würden Mittel gekürzt, oder es würde gespart.

(Beifall bei der SPD)

Diese Steigerung ist noch bedeutsamer, weil die Fallzahlen per se, wenn auch nur geringfügig, zurückgehen.

Auch Ihre Überschrift ist falsch. Denn sie erweckt den Eindruck, in der Behindertenhilfe im Lande würde gespart. Auch das können Sie im Landeshaushalt bei keiner einzigen Ziffer nachweisen. Sie stellen hier also Behauptungen in den Raum, von

denen Sie wissen, dass sie faktisch nicht belegbar sind, auch nicht in diesem Doppelhaushalt 2002/2003.

(Frau Elsner-Solar [SPD]: Sehr durch- sichtig!)

Ihre Fragen lassen erkennen, dass Sie ein wichtiges fachpolitisches Thema, das der Landesrechnungshof viel klüger wahrgenommen hat, eigentlich nur so diskutieren können, dass Sie Strukturen so erhalten möchten, wie sie immer waren, bis hin zu den einzelnen Dotierungen von Planstellen. Meine Damen und Herren, das ist nicht mein Verständnis von moderner Sozialpolitik. Ich will Ihnen auch sagen, dass der Landesrechnungshof in seiner Denkschrift deutlich klüger und differenzierter argumentiert hat. Der Bereich Gehörlosenpädagogik und Schwerhörigenpädagogik ist doch derjenige fachpolitische Bereich in der Behindertenhilfe, der aus vielerlei Gründen unter den deutlichsten Veränderungen steht. Ich will das nur kurz skizzieren. Auf der einen Seite - Herr Koch, das haben Sie richtig gesagt - stehen die Initiativen auch von Eltern, die das selbstbestimmte Leben haben wollen, die ihre Kinder nicht in Einrichtungen der stationären Hilfe wissen möchten, die die Unterrichtung in der Schule unter einem Dach haben wollen und manchmal ihr Kind mit den dortigen Angeboten vielleicht auch überfordern. Das ist aber fast eine Volksbewegung, die wir nicht ignorieren können. Es gibt ja einen Trend heraus aus den institutionellen Angeboten hin zu den ambulanten und schulischen Angeboten.

(Frau Pothmer [GRÜNE]: Die sind ja gerade das Problem, dass die Qualität nicht in Ordnung ist!)

- Ich glaube, dass wir uns da fachlich gar nicht groß unterscheiden.

Auf der anderen Seite haben sich die Methoden der Behandlung in diesem Sektor dramatisch verändert. Die Antwort gibt Ihnen darüber Auskunft. Fast 400 junge Menschen in den Einrichtungen mit Cochlear-Implantaten werden heute nicht mehr als Gehörlose, sondern als Schwerhörige behandelt und lassen viel eher annehmen, dass sie in integrative Angebote hinüberwechseln können, wenn sie bestimmte Behandlungen erfahren haben. Sie klammern völlig aus, dass sich aufgrund solcher Entwicklungen für den Landesrechnungshof die Frage gestellt hat, ob wir mit diesen seit vielen Jahrzehnten bestehenden stationären Angeboten

für diese Gruppen der Behinderten immer so fortfahren müssen wie bisher. Er hat Fragen aufgeworfen. Die passen auch fachpolitisch in die Landschaft. Wir alle im Ausschuss sind bemüht, das Gehörlosen-Screening - in Niedersachsen läuft ein Modell - zu einer Vorsorgeuntersuchung zu machen. Herr Lenarz ist der führende Mann in der Bundesrepublik. Wir arbeiten doch gemeinsam an diesem Thema, dass wir diese Behinderten durch frühzeitige Erkennung und Behandlung von ihren Lebensläufen als Behinderte wegbringen.

(Zustimmung von Frau Elsner-Solar [SPD])

Hier wird also erstmalig erkennbar, dass eine bisherige Behinderung im Grunde immer mehr zur Krankheit mutiert, behandelbar wird mit der Folge, dass dieser Mensch nicht ein Leben als Behinderter führen muss.

Sie hätten in Ihrer Anfrage eigentlich ganz andere Fragen aufwerfen müssen, nämlich ob eine mögliche Behandlung nicht weg von der Eingliederungshilfe führt, ob nicht weit mehr Krankenkassen- und Rehabilitationsträger auch angesichts des SGB IX, z. B. § 13, zukünftig zuständig sind für die Behandlung Hörgeschädigter.

(Frau Jahns [CDU]: Das haben wir überhaupt nicht in Frage gestellt!)

- Sie haben bestimmte Fragen ausgelassen, die aber in diesem Fachbereich eigentlich viel wichtiger als die Frage nach A 14 oder nach einem Leitungsteam sind. Ich lade Sie ein, dass Sie sich diesem Thema fachlich etwas verständiger öffnen und hier nicht einen Vortrag wählen, der an den wichtigen Inhalten völlig vorbeigeht. Das wissen Sie auch.

(Frau Jahns [CDU]: Sie haben die Fragen nicht gelesen!)

Meine Damen und Herren, es hat also sehr gute Gründe für den Landesrechnungshof gegeben, die LBZ fachlich-politisch zu thematisieren. Ich finde, die Landesregierung hat klar und gut Antwort gegeben.

Zum Abschluss nun zu einigen Detailfragen. Frau Jahns, Sie haben die skurrile Konstruktion gezeigt, dass die Familie mit drei im Leitungsteam reden müsse. Verzeihen Sie, aber das ist nun wirklich an der Praxis vorbei. Wir brauchen mittelfristig andere Leitungsstrukturen. Wenn wir die Ressourcenverantwortung, die jetzt teilweise beim Landesamt

liegt, in die Einrichtungen verlagern und kaufmännische Prinzipien wie die Kosten- und Leistungsrechnung in den Einrichtungen realisieren, dann brauchen wir doch neben dem Gehörlosenpädagogen den gleichberechtigten Verwaltungsleiter, und dann brauchen wir außerhalb der Gehörlosenpädagogik - weil in einer solchen Einrichtung natürlich viele soziale Probleme entstehen - auch den Fachmann für das soziale Miteinander in der Einrichtung. Wir brauchen also meines Erachtens aufgrund der stattfindenden Umstrukturierung dringend ein Leitungsteam, wie es der Landesrechnungshof empfohlen hat. Ich finde es klug, dass die Ministerin sagt: Das brechen wir nicht, sondern das erproben wir; dann werden wir mal sehen, was sich da anbietet. - Das, was Sie einfordern, ist doch in keiner sozialen Einrichtung, in keinem Krankenhaus, in keinem Landeskrankenhaus, im Grunde nirgendwo mehr vorfindbar. Sie beschreiben hier eine Lage des vorigen Jahrhunderts.

Wir müssen meines Erachtens an den Leitungsstrukturen in den LBZ arbeiten. Der gewählte Weg ist klug. Dass in den LBZ bei der Bezahlung nicht besser gestellt werden darf - Frau Pothmer hat das schon deutlich gemacht und unterstützt - als in anderen Einrichtungen - da gibt es sehr wohl vergleichbare Einrichtungen und Dienstleistungen -, ist Konsens zwischen Land und Wohlfahrtspflege, seit Schnipkoweit den Vertrag über die Pflegesatzvereinbarungen gemacht hat. Darin steht ausdrücklich, dass Niedersachsen dasselbe Tun nicht besser entlohnt als die freien Wohlfahrtsverbände in ihren Angeboten. Dieses Besserstellungsverbot müssen wir hier natürlich auch durchhalten. Das sind aber Randfragen. Da machen Sie sich zum Streiter von Damen und Herren, die im Grunde genommen eine etwas modernere, zeitgemäße Führungsstruktur und Aufgabenverteilung in den Einrichtungen nicht haben möchten, um den Status quo sichergestellt zu sehen. Lassen Sie sich doch nicht in diesem Maße politisch instrumentalisieren! Widmen Sie sich mehr den wirklich dringenden Fachfragen in diesem Bereich!

Ich habe den Eindruck, dass wir sowohl mit den Eltern als auch mit den Personalräten und mit den führenden Fachleuten in diesen Einrichtungen sehr wohl in einem guten Gespräch sind. Ich finde es sehr konstruktiv, dass man nun bezüglich der Beschulung der Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe 1 - also von der 7. Klasse an -, die dann weiter fahren und vielleicht häufiger im Internat sein müssten, überlegt, dass, wenn dies fachlich vertretbar ist, die Schwerhörigen mit den Gehörlo

sen zukünftig gemeinsam beschult werden. Die Möglichkeit müssen die Fachleute beurteilen. Sollte die Prüfung die gemeinsame Beschulung als möglich ansehen, so wäre Beschulung für den Bereich der Sekundarstufe I an allen vier Standorten weiter möglich, solange sich die Schulen mit ihren integrativen Angeboten nicht verstärkt auf sich konzentrieren, also die Schülerzahl in den LZB wiederum erheblich reduzieren. Solange könnte dann eventuell gewährleist werden, dass an vier Standorten die Unterrichtungsangebote für die Sekundarstufe I aufrechterhalten werden. Es ist konstruktiv, wenn hier vorgetragen wird, dass sich die Fachleute dazu äußern sollen. Wenn das fachlich funktioniert und didaktisch möglich ist, dann soll es das Sekundarstufe-I-Angebot in jedem LBZ geben.

Ich fasse zusammen: Meine Damen und Herren, ich lade Sie ein, dass Sie dieses Thema etwas fachlicher anfassen, dass Sie sich wirklich den Themen stellen, dass Sie die Veränderungen in diesem Sektor wahrnehmen.

(Frau Jahns [CDU]: Dass vernünftige Antworten gegeben werden, aus de- nen wir etwas ablesen können!)

Das waren gute Antworten der Landesregierung zu einem sicherlich komplizierten Thema. Wir Sozialdemokraten sind der Ministerin ausgesprochen dankbar, dass sie das so klar und schlüssig geregelt hat.

(Beifall bei der SPD - Klare [CDU]: Gut geredet, aber nur über die Prob- leme hinweg!)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Daher stelle ich fest, dass die Besprechung dieser Großen Anfrage abgeschlossen ist.

Wir kommen jetzt zu dem

Tagesordnungspunkt 11: Einzige (abschließende) Beratung: Vertrag über die Änderung des Vertrages zur Bereinigung der kulturellen und wirtschaftlichen Beteiligungsverhältnisse und zur Sicherung des kulturellen Angebots Antrag der Landesregierung - Drs. 14/2868 Beschlussempfehlung des Ausschusses für Haushalt und Finanzen - Drs. 14/3011

Der Antrag der Landesregierung in der Drucksache 2868 wurde am 13. November 2001 an den Ausschuss für Haushalt und Finanzen zur Beratung und Berichterstattung überwiesen.

Meine Damen und Herren, eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen. Wir kommen somit zur Beratung. Zu Wort gemeldet hat sich zunächst Herr Minister Aller. Bitte schön, Herr Minister!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dieser Antrag ist dreimal im Haushaltsausschuss und einmal im Innenausschuss beraten worden.

(Möllring [CDU]: Man hört nichts!)

Herr Minister, bitte stellen Sie das Pult etwas höher ein.

Herr, Möllring, es lag offensichtlich nicht an Ihnen, dass Sie nichts verstehen konnten.

Die verzögerte Einbringung lag aber nicht an dem federführenden Ministerium, sondern war offensichtlich in den Abläufen der Beratung begründet.

Mit dem Ende 1992 zwischen dem Land Niedersachsen und der Landeshauptstadt Hannover geschlossenen so genannten Kulturvertrag sollte die Finanznot der Landeshauptstadt Hannover gemildert werden, um im gemeinsamen Interesse von Stadt und Land liegende Kultureinrichtungen finanziell zu sichern und Wirtschaftsunternehmen wie die Messe und den Flughafen zu fördern und mit dem erforderlichen Eigenkapital auszustatten. Hierbei war eine nachhaltige Haushaltsentlastung der Landeshauptstadt Hannover von jährlich 50 Millionen DM beabsichtigt. Die Entlastung sollte insbesondere durch die Übernahme der städ

tischen Anteile an der Niedersächsischen Staatstheater GmbH, aber auch beim kommunalen Finanzausgleich sowie im Bereich der Wohnungsbaufinanzierung erreicht werden. Die seinerzeitigen Berechnungen für diese Maßnahmen ergaben eine Gesamtentlastung von rund 55 Millionen DM. Dieser Betrag überstieg die landesseitig politisch gewollte finanzielle Entlastung um 5 Millionen DM. Daher wurde im so genannten Kulturvertrag für die nächsten fünf Jahre eine von der Landeshauptstadt Hannover an das Land jährlich zu entrichtende Interessenquote von 5 Millionen DM festgeschrieben. Dieser Betrag sollte u. a. auch als pauschale Abgeltung der bevorstehenden Investitionslasten für die Sanierung der Bühnentechnik im Opernhaus sowie zur Absicherung eines Spielbetriebs im Ballhofkomplex dienen.

Ich möchte an dieser Stelle ganz besonders herausstellen, dass es sich bei der Interessenquote nicht um einen kulturpolitisch begründeten anteiligen Finanzierungsbetrag Hannovers zur Niedersächsischen Staatstheater GmbH handelt, sondern lediglich um einen „schlichten“ Ausgleichsbetrag, der von der Landeshauptstadt Hannover gezahlt werden sollte, um die politisch gewollte Gesamtentlastung von 50 Millionen DM jährlich nicht zu überschreiten.

Die Landeshauptstadt Hannover hat im Jahr 1998 von der Vertragsklausel über Neuverhandlungen zur Höhe dieser Ausgleichszahlungen Gebrauch gemacht und den Wegfall der Interessenquote verlangt. Die Landesregierung hat nach langen Verhandlungen im Ergebnis diesem Anliegen entsprochen, da die ab 1993 unterstellte jährliche Entlastung des städtischen Haushalts unzweifelhaft nicht in dem vorgesehenen Umfang eingetreten ist. Das Ergebnis der Verhandlungen ergibt sich aus dem zur Entscheidung vorliegenden Vertragsentwurf. Die Landesregierung hat dem Verhandlungsergebnis zugestimmt. Kernpunkt der Vertragsänderung ist der Wegfall der Interessenquote rückwirkend ab 2001.

(Möllring [CDU]: Das ist der Skan- dal!)

Entscheidend dafür waren zum einen das Engagement der Landeshauptstadt Hannover im Bereich Multimedia und Medienberufsschule und zum anderen die Stellung Hannovers als Landeshauptstadt.