Protocol of the Session on November 14, 2001

Wir brauchen Tiere, die unter artgerechten Haltungsbedingungen gesund und robust sind. Das muss wieder in den Mittelpunkt unserer Züchtungsbemühungen treten.

Daneben sind auch direkte Maßnahmen erforderlich. Die antibiotischen Leistungsförderer sind so schnell wie möglich zu verbieten. Ich fordere auch hier die Futtermittelindustrie auf, neben dem bisherigen Verzicht bei den Standardfuttermitteln auf die weitere Verwendung freiwillig zu verzichten. Dazu fordere ich auch die Mäster auf; denn sie sind es, die durch ihr Verhalten erst die Nachfrage schaffen.

Wir brauchen ganz dringend eine Reform des tierärztlichen Dispensierrechts. Dazu gehört eine an Auflagen gebundene widerrufbare amtliche Anerkennung der tierärztlichen Hausapotheke. Dazu gehört die Abschaffung des Herstellungsauftrages und das Verbot der so genannten Hofmischungen.

Wir brauchen eine Beschränkung des Abgabezeitraums von Tierarzneimitteln durch die Tierärzte an die Landwirte und eine erweiterte Kennzeichnung der Arzneimittel. Wir brauchen schärfere Regeln bei der Umwidmung von Arzneimitteln, um die häufig gebrauchte Generalausrede des Therapienotstandes endlich enger fassen zu können. Wir brauchen auch, wie im Antrag angesprochen, die Verbindlichmachung der Leitlinien für den sorgfältigen Umgang mit antimikrobiell wirksamen Tierarzneimitteln. Das Ganze muss durch eine stärkere Überwachung und Dokumentation der

tierärztlichen Betreuung ergänzt werden. Frau Künast hat durch die Stallbuch-Verordnung eine ganze Reihe dieser Dinge inzwischen zum Teil umgesetzt.

(Vizepräsidentin Litfin übernimmt den Vorsitz)

Wer dabei schon wieder über zusätzliche Belastungen nörgelt, Herr Kethorn, der will aus der Vergangenheit nicht lernen und hat immer noch nicht begriffen, was Verbraucherorientierung eigentlich heißt. - Danke schön.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Minister Bartels, bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich begrüße außerordentlich den Antrag, den die SPD-Fraktion hier zur Beratung vorgelegt hat. Das ist ein Antrag, der Teile - -

(Zurufe: Lauter!)

- Ich schreie bereits in das Mikrofon. Vielleicht kann man es etwas höher aussteuern, sodass es etwas lauter bei Ihnen ankommt.

(Frau Pawelski [CDU]: Höher stellen! - Weitere Zurufe)

- Wenn ich es herunter mache, dann bin ich wahrscheinlich weiter davon ab.

(Frau Pawelski [CDU]: Höher! - Plaue [SPD] - zur CDU gewandt - : Seid doch einfach leiser!)

Wir können das natürlich ausprobieren. Ich habe das eben bei den Kolleginnen und Kollegen mitverfolgt. Der eine ist etwas weiter weg davon; der andere ist ein bisschen zu dicht dran, aber es gelingt ganz gut, gehört zu werden, wenn Sie alle zuhören. Vielleicht gelingt uns das jetzt, meine Damen und Herren.

(Zustimmung von Plaue [SPD])

Herzlichen Dank zunächst einmal für den Entschließungsantrag, meine Damen und Herren. Er ist wichtig für den Verbraucherschutz, für den Tierschutz; er ist aber auch für die Unternehmen

bzw. für die Wirtschaft wichtig, weil - das ist wohl auch eine Erkenntnis der Diskussion der letzten Monate, im Übrigen keine neue Erkenntnis für uns, aber eine in der breiten Mehrheit - die Öffentlichkeit im Herstellungsprozess von Nahrungsmitteln Transparenz will. Sie will z. B. beim Fleisch nachvollziehen können, in welcher Art und Weise die Tiere gehalten worden sind.

In der Öffentlichkeit ist der starke Wunsch vorhanden, dass unsere Tiere tierschutzgerecht gehalten werden. Das heißt aber auch, dass auf unnötigen Medikamenteneinsatz verzichtet wird und dass das, was dann noch eingesetzt wird, transparent sein muss. Deshalb ist es gut, meine Damen und Herren, dass wir es hinbekommen haben, sozusagen ein Bestandsbuch zu führen, das im Übrigen, Herr Kethorn, von der Landwirtschaft mit unterstützt worden ist und auch gewollt wurde, weil auch sie ein Interesse daran hat, die notwendige Transparenz herzustellen. Wenn wir schon von einer gläsernen Kette sprechen, dann gehört natürlich die Führung des Bestandsbuchs als wichtiges Instrument dazu und ist damit ein sehr wichtiger Baustein.

Meine Damen und Herren, Gott sei Dank ist auch im Bereich der am Herstellungsprozess von Nahrungsmitteln Beteiligten in der Wirtschaft die Bereitschaft gewachsen, an der Dokumentation und der Transparenz mitzuwirken, weil natürlich auch die Wirtschaft gespürt hat, dass Skandale oder angebliche Skandale und Erschütterungen des Vertrauens in Nahrungsmittel gewaltige wirtschaftliche Einbußen zur Folge haben können. Deshalb ist die Wirtschaft nachhaltig daran interessiert, dass es zu Verbesserungen kommt, dass es eine durchgehende Kette von Verantwortlichkeiten über die einzelnen Produktionsstufen hinweg gibt und damit der Verbraucher sicher sein kann, dass das, was er später als Endprodukt bekommt, auch qualitativ hochwertig ist.

Gott sei Dank ist die Wirtschaft soweit und entwickelt eigene Vorstellungen in diesem Bereich. Die Kommission "Zukunft der Landwirtschaft in Niedersachsen“ hat gerade auf diese Vorschläge, die in der Wirtschaft erarbeitet worden sind, abgestellt. Sie geht noch ein Stück weiter und macht weitere Verbesserungsvorschläge zum Qualitäts- und Sicherungssystem. Ich halte die Vorschläge durchaus für interessant und überprüfbar. Wir werden uns in der Zukunft damit auseinandersetzen.

Nun noch einige kurze Anmerkungen zu dem, was in der Zwischenzeit bereits geschehen ist, um deutlich zu machen: Wir reden nicht nur, sondern wir handeln auch. Zum einen geht es dabei um die am 24. September 2001 in Kraft getretene Verordnung zur Änderung der Verordnung über Nachweispflichten für Arzneimittel, die zur Anwendung bei Tieren bestimmt sind, und zur Änderung der Verordnung über tierärztliche Hausapotheken - ich habe es eben schon genannt -, das Bestandsbuch. Ich halte das für wichtig und notwendig.

Es geht um die Tierarzneimittelneuordnung, dessen Gesetzentwurf von einer niedersächsischen Bundesratsinitiative ausgeht, und wir werden demnächst dem Bundesrat einen Ländergesetzentwurf vorlegen, in dem wir alle unsere Forderungen zum Arzneimittelrecht zusammengefasst haben und damit wohl auch die Anregungen, die uns der Landtag mitgegeben hat, umsetzen werden. Wir werden die Verbindlichkeit der im Entschließungsantrag angesprochenen Leitlinien für den sorgfältigen Umgang mit antimikrobiell wirksamen Tierarzneimitteln festschreiben.

Ich will auch erwähnen, dass das im Mai dieses Jahres vom Niedersächsischen Rückstandskontrolldienst zum Abschluss gebrachte Handbuch für die Vor-Ort-Veterinärbehörden zur Durchführung der Rückstandsüberwachung in Niedersachsen im Rahmen der Gewinnung von Lebensmitteln tierischer Herkunft bereits den Maßnahmenkatalog enthält, der bei positiver Rückstandsuntersuchung pharmakologisch wirksamer Substanzen sozusagen erarbeitet worden ist. Dieses Handbuch ist nach unserer Auffassung auch eine geeignete Grundlage für eine allgemeine Verwaltungsvorschrift des Bundes zur Vereinheitlichung des Behördenhandelns in den Ländern.

Ich meine also, dass uns die genannten Entwicklungen, die wir im Bundesrat bereits auf den Weg gebracht haben, im Sinne des Antrags weiterbringen und mehr Lebensmittelsicherheit, Verbraucherschutz und auch mehr Tierschutz bringen. Ich meine, das ist es, worauf wir abzielen müssen. Wir müssen sehen, dass durch die Veränderung von Haltungsformen der Medikamenteneinsatz überflüssig oder stark eingegrenzt wird und dass die Dinge, die wir nicht in der Nahrungskette haben wollen, wie Antibiotika, auch tatsächlich herausgehalten werden, meine Damen und Herren, auch wenn dazu ein nationaler Alleingang notwendig ist. Ich unterstütze ihn auf jeden Fall. An dieser Stelle sollten wir eine Vorreiterrolle einnehmen.

Im Übrigen sind auch Ihre Länderkollegen meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, auf Bundesratsebene der Auffassung, dass in diesem Bereich schneller vorangegangen werden kann, als dies bisher der Fall gewesen ist. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Die CDU-Fraktion hat nach § 71 Abs. 2 unserer Geschäftsordnung um zusätzliche Redezeit für den Kollegen Kethorn gebeten. Ich erteile ihm bis zu zwei Minuten Redezeit.

(Plaue [SPD]: Herr Kollege, Sie verbrauchen hier meine Lebenszeit!)

- Das ist allerdings nicht meine Absicht, Herr Plaue.

(Plaue [SPD]: Dann sollten Sie sich auch daran halten.)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe mich noch einmal zu Wort gemeldet, um deutlich zu machen: Auch wir wollen - das ist auch in unserem Änderungsantrag deutlich geworden - eine am Verbraucherschutz orientierte Agrarpolitik.

Wenn hier von allen Rednern vorgetragen wird, dass Transparenz gegeben sein müsse, dass es eine durchgehende Kette geben müsse, dass wir den Einsatz von Arzneimitteln dokumentiert und eine tierartgerechtere Haltungsform haben wollten, können wir dies alles unterstützen und dies haben wir in unserem Änderungsantrag auch getan. Wir wollen aber gleichzeitig auch den Standort als Agrarland Nr. 1 festigen.

(Beifall bei der CDU)

Aber mit dem, was Sie mit Ihrem Antrag und Ihrer Beschlussempfehlung machen, meine Damen und Herren, wird die Entwicklung der bäuerlich geprägten Landwirtschaft nachhaltig beeinträchtigt.

(Zuruf von Frau Elsner-Solar [SPD])

Dies wollen wir nicht, und das haben wir deutlich gemacht.

(Beifall bei der CDU - Zuruf von Klein [GRÜNE])

Meine Damen und Herren, wir haben den Fachminister, aber Herr Gabriel, der Ministerpräsident, hat auch einen Europaminister ins Kabinett berufen. Der Europaminister hat doch die Aufgabe, eine Harmonisierung aller Regelungen auf EU-Ebene herbeizuführen. Ob es das Verbleiben der Ferkel beim Muttertier, die Regelungen hinsichtlich der Transportbedingungen oder der Ferkeltourismus ist - das alles haben wir in unserem Änderungsantrag angesprochen. Von dem Europaminister haben wir bislang kein Wort gehört

(Biestmann [CDU]: Der ist überfor- dert!)

Seine Initiative in diesen Fragen ist gleich Null. Ich würde gern hören, welche Initiativen er unternommen hat bzw. welche Gespräche eigentlich der Fachminister mit dem Europaminister führt und umgekehrt, damit diese Dinge auf den Weg gebracht werden. Hier sind, jedenfalls bislang, die Initiativen und Aktivitäten der Landesregierung gleich null.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, ich fordere die Regierungsfraktion noch einmal auf und bitte sehr herzlich darum, unserem Änderungsantrag doch die Zustimmung zu geben. Er beinhaltet eine am Verbraucherschutz orientierte Agrarpolitik, sichert aber auch die Zukunftsentwicklung der Landwirtschaft in Niedersachsen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU - Frau Elsner- Solar [SPD]: Ich bin gegen Ferkeltou- rismus!) )

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Wir kommen zur Abstimmung. Wir stimmen zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion der CU in der Drucksache 2880 ab und, falls dieser abgelehnt wird, über die Beschlussempfehlung des Ausschusses.

Wer dem Änderungsantrag der Fraktion der CDU zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Das Zweite war die Mehrheit. Damit ist der Antrag der CDU-Fraktion abgelehnt.

Wer der Ausschussempfehlung in der Drucksache 2829 zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Das Erste war die Mehrheit.

Damit können wir diesen Tagesordnungspunkt abschließen.

Ich rufe auf