Protocol of the Session on November 14, 2001

Das Lebensmittelrecht ist zu überarbeiten, und Vorschläge zu einem EU-Weißbuch Lebensmittelsicherheit sind zu machen. Die gesetzlichen Bestimmungen zur Lebensmittelverarbeitung und -kennzeichnung einschließlich der Kennzeichnung gentechnisch veränderte Lebensmittel müssen im Hinblick auf eine lückenlose Etikettierung und Kontrolle über die gesamte Lebensmittelerzeugungskette hinweg vom Stall bis zur Ladentheke und in Bezug auf Lebensmittelinhalts- und –zusatzstoffe sowie Rückstände verbessert werden. Auch die Koordination mit EU, Bund und Bundesländern in allen Fragen des Verbraucherschutzes muss verbessert werden. Bund und Länder müssen sich über die Verbesserung und die Überwachung von Lebensmitteln und Futtermitteln sowie des Veterinärwesens verständigen.

Meine Damen und Herren, ein weiterer wichtiger Baustein sind die artgerechte Tierhaltung und die umweltgerechte Produktion sowie die nachhaltige Entwicklung ländlicher Räume. Diese wollen wir noch mehr fördern und stärken. Die „Agenda 2000“ gibt hierfür Möglichkeiten und bietet eine Reihe von Instrumenten, die es ermöglichen, Schritte in die richtige Richtung zu gehen.

Zu den einzelnen Bausteinen gehört auch der ökologische Landbau. Der Auf- und Ausbau einer leistungsfähigen ökologischen Landwirtschaft ist erforderlich. Ziel muss es sein, den Anteil ökologischer Produkte zu erhöhen.

Meine Damen und Herren, das darf aber nicht dazu führen, konventionelle Landwirtschaft und ökologischen Landbau gegeneinander auszuspielen. Beide Wirtschaftsformen werden sich ergänzen, für von beiden erzeugte landwirtschaftliche Produkte wird es auch gute Märkte geben.

In dem einen Jahr seit dem Auftreten des ersten BSE-Falles in Deutschland ist im Bereich der Agrarpolitik auf EU-, Bundes- und Landesebene viel in Bewegung gekommen, um die Agrarpolitik neu auszurichten.

(Wojahn [CDU]: Aber manchmal rückwärts! Das ist der Punkt!)

Es ist viel diskutiert, kritisiert und weiterentwickelt worden. Wir befinden uns auf dem richtigen Weg. Die Einrichtung des Verbraucherschutzamtes in Oldenburg, die verstärkte Förderung des ökologischen Landbaus, die Einrichtung eines Kompetenzzentrums für ökologischen Landbau sind einzelne Beispiele dafür, was bisher auf den Weg gebracht worden ist.

(Möllring [CDU]: Wir reden doch zu BSE, oder nicht?)

Nun liegt das Gutachten der Regierungskommission „Zukunft der Landwirtschaft - Verbraucherorientierung“ vor. Die Kommission, die aus Experten aus der Wissenschaft, der Landwirtschaft, dem Handel und dem Gewerbe zusammengesetzt ist, hat die Umsetzung einer neuen Landwirtschaftsund Verbraucherschutzpolitik gefordert, die eine Veränderung der landwirtschaftlichen Lebensmittelerzeugung bedeutet. Wir sind nun alle gemeinsam gefordert, das Gutachten umzusetzen. Wir haben den Landwirten und den Fleisch verarbeitenden Betrieben, die durch die BSE-Krise in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten waren, gehol

fen. Für die Landwirtschaft wurden 10 Millionen DM zur Verfügung gestellt, und für die Betriebe wurden Bürgschaften übernommen. Diese Hilfen haben dazu beigetragen, dass die Landwirte und Betriebe über schwierige Zeiten hinweg gekommen sind. Dafür sind wir der Landesregierung sehr dankbar.

Meine Damen und Herren, in Anbetracht der knappen Zeit konnte ich nur einige Ansätze des gesamten Themas ansprechen. Man kann zu diesem Thema nicht nur über Geld reden und fordern, sondern man muss auch über Inhalte sprechen. Wir schaffen Vertrauen durch Veränderung.

Im Namen meiner Fraktion bitte ich, die Beschlussempfehlung, die heute vorliegt, anzunehmen. - Danke schön.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Brauns. - Jetzt hat Herr Kollege Ehlen das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als ich hier vor zwei Jahren zum ersten Mal das Wort BSE, bovine spongiforme Enzophalopathie,

(Beifall)

gebraucht habe, haben Sie genauso geklatscht wie eben. Sie haben damals nicht geglaubt, dass uns dieses Kürzel jetzt aus den Ohren heraushängen würde, dass wir es nicht mehr hören mögen.

(Zuruf von der SPD: Weil Sie es nicht aussprechen konnten!)

Wir haben die Katastrophe, die unsere Ernährungswirtschaft bezüglich der Lebensmittelproduktion hat hinnehmen müssen, im letzten Jahr - es ist fast genau ein Jahr her, dass der erste BSE-Fall auftrat - mit einer Reihe von Anträgen hier im Hause begleitet. Ich meine, dass diese Anträge zu dem Zeitpunkt genau richtig waren. Das zeigt sich auch daran, dass auch die Kolleginnen und Kollegen von der SPD-Fraktion aktiv geworden sind. Vielem von dem ist durch Zeitablauf, durch Veränderungen, ein bisschen auch - das gebe ich gern zu - durch Handeln die Brisanz genommen worden.

Es gab eine große Verwirrung bei den Verbrauchern. Es gab Kaufenthaltung. Rindfleisch wurde nicht mehr gekauft. Es gab große Verwirrung bei den Produzenten. Man wusste nicht mehr, wohin mit dem Vieh. Es wurde nicht mehr geschlachtet. Die größte Verwirrung aber gab es bei der Politik.

(Beifall bei der CDU)

Ich meine, dass man das nicht so stehen lassen kann. Ich finde auch, dass wir von der CDUFraktion unseren Finger in die richtige Wunde gelegt haben.

Wenn man sich dann vor Augen führt, dass das dazu geführt hat, dass die Gesundheitsministerin und der Landwirtschaftsminister in Berlin abgesetzt wurden, dass die Ministerien neu besetzt wurden, dass umgesteuert wurde, dann zeigt das, dass unsere Regierung letzten Endes nicht auf derartige Fälle vorbereitet war.

(Beifall bei der CDU)

Es hat dann Reaktionen gegeben, teilweise richtige, teilweise auch Überreaktionen. Wir haben das Tiermehlverbot bekommen. Das war eine richtige Reaktion. Es hat dann aber auch eine Reaktion gegeben, die völlig falsch war. Dabei gucke ich den Kollegen Klein ein bisschen an. Die Umsteuerung erweckt den Eindruck, als sei in der Vergangenheit alles falsch gemacht worden. Ich meine, dass das den Kern nicht trifft. Wir hatten doch auch in der Vergangenheit Programme, die in die Zukunft gerichtet waren. Letztendlich sind das jetzt die Vorbilder für das, was man seitens der Regierung neu auf den Weg bringen will.

Wir haben uns auch schon in der Vergangenheit dafür ausgesprochen, Qualitätssicherung zu betreiben. Das sind keine neuen Erfindungen der Frau Künast. Das sind Dinge, die in der Praxis schon sehr lange Fuß gefasst hatten, die auch in Niedersachsen praktiziert worden sind. Ich erwähne hier nur beispielhaft das Premiumfleisch.

Meine Damen und Herren, dann sind gewaltige Auflagen dafür gemacht worden, beim Rindfleisch die Kette zu begleiten. Untersuchungen vor Rindern im Alter von mehr als 20 Monaten gibt es in keinem anderen EU-Land. Dieses Alter von 20 Monaten ist so niedrig nur in Deutschland. Das hat höhere Kosten für die Produkte zur Folge, die in anderen EU-Länder nicht bezahlt zu werden brauchen. Wir haben dann des Weiteren die Kosten im Hinblick auf das Tiermehl zu tragen. Das wurde

zu Sondermüll gemacht. Das hat dazu geführt, dass die Landwirte rund 300 DM Mehrkosten haben. Schließlich ist auch noch eine neue Dokumentation hinzugekommen, sodass letztendlich bei den Landwirten 500 bis 600 DM weniger ankommen.

Meine Damen und Herren, wir haben unsere Verbesserungsvorschläge hierzu in Anträge gekleidet. Wir haben vorgeschlagen, diesen Betrieben zu helfen. Unser großes Vorbild sind, was landwirtschaftliche Unterstützung anbelangt, die Bayern. Die haben ein 600-Millionen-Programm aufgelegt.

(Beifall bei der CDU)

Das Land Niedersachsen hat ein 10-Millionen-Programm aufgelegt.

(Brauns [SPD]: Und damit haben wir gut geholfen!)

- Kollege Brauns, damit wollte man helfen! - Aber man hat gleichzeitig die Messlatte, um an diese Hilfe heranzukommen, so hoch angelegt, dass kaum Anträge gestellt worden sind. Wenn man die Zugangskriterien so verkompliziert und so hoch ansetzt, kann man sich natürlich leicht darauf zurückziehen, dass kaum Anträge gestellt worden sind.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, in diesem Hause ist die Einsetzung eines Unterausschusses für Verbraucherschutz beschlossen worden. Ich arbeite in diesem Ausschuss mit und finde, dass er ein Behinderungsausschuss ist. Dieser Ausschuss hat bisher nicht eine einzige Sache geregelt. Vielmehr sind Dinge aus dem Agrarausschuss in den Unterausschuss verwiesen worden und dann wieder in den Agrarausschuss zurücküberwiesen worden.

(Brauns [SPD]: Weil wir gute Arbeit leisten!)

Damit haben wir in Wirklichkeit nichts erreicht. Ich meine, dass wir dadurch nicht nur unsere Arbeit behindert haben, sondern auch unnötig Kosten produziert haben. Meine Damen und Herren, wir haben jetzt den Bericht der Kommission über die Zukunft der Landwirtschaft erhalten, die der Niedersächsische Ministerpräsident eingesetzt hat. Wir sind gerade dabei, diese Unterlagen aufzuarbeiten. Ich finde es gut, Herr Kollege Brauns, dass Sie darauf in Ihrem Änderungsantrag ein wenig eingegangen sind, um die Aktualität dieses Themas heute ein wenig in den Vordergrund zu rücken.

Aber sicherlich werden wir uns mit diesem Thema noch längere Zeit beschäftigen müssen.

Ich möchte noch etwas zu den anderen Anträgen sagen. Zunächst einmal zitiere ich den Kollegen Klein, der gesagt hat, dass die SPD Grußanträge gestellt hat: Wir begrüßen, wir begrüßen, wir begrüßen. Meine Damen und Herren, mit diesem Grüßen hilft man nicht einem einzigen Landwirt, nicht einem Schlachter, niemandem!

(Beifall bei der CDU)

Das war reine Lobhudelei.

(Lindhorst [CDU]: Seitdem heißen die auch Jubelperser! - Heiterkeit bei der CDU)

Wir werden diesem Antrag, auch wenn er nun verändert worden ist, aus folgendem Grunde nicht zustimmen: Wir haben beim Studium der Anträge der SPD wiederholt festgestellt, dass Niedersachsen auf Bundesebene Alleingänge beabsichtigt. Diese Alleingänge werden nicht dazu beitragen, dass die Wettbewerbsfähigkeit unserer Nahrungsmittelproduzenten verbessert wird. Sie werden vielmehr bewirken, dass unsere Nahrungsmittelproduzenten im Vergleich zu den Mitbewerbern in anderen Bundesländern und anderen EU-Ländern mit sehr viel mehr Auflagen und Dokumentationspflichten als bisher konfrontiert werden. Ich weiß, dass auf das Land Niedersachsen diesbezüglich große Veränderungen zukommen werden. Ich erinnere nur an die Legehennenhaltungsverordnung. Ich glaube, dass den Kolleginnen und Kollegen der Grünen und der SPD noch gar nicht bewusst ist, was diesbezüglich auf Bundesebene entschieden worden ist und welche Einschnitte das für die Produktionsschiene unseres Raumes zur Folge haben wird.

Meine Damen und Herren, wir werden im Rahmen dieser Überlegungen weiterhin gute Vorschläge unterbreiten. Zu einer Zustimmung zu diesem Antrag können wir uns aber nicht durchringen. Ich glaube, dass wir es als Agrarland Nr. 1 der niedersächsischen Landwirtschaft, der Ernährungswirtschaft, schuldig sind, zukunftsgerichtet nach vorne zu schauen und dabei insbesondere die Interessen des Landes Niedersachsen zu vertreten.

(Beifall bei der CDU)

Wir haben manchmal den Eindruck, dass hier die Auffassung vertreten wird, dass uns die Entwick

lungen in der Landwirtschaft nicht betreffen werden. Ich finde aber, dass in diesem Hause die Weichen dafür gestellt werden müssen, dass unsere Ernährungswirtschaft auch künftig die Nr. 1 in Deutschland bleiben wird. - Danke schön.

(Beifall bei der CDU - Ontijd [CDU]: Bravo! - Plaue [SPD]: Das war der gescheiterte Stellvertreter! - Gegenruf von Möllring [CDU]: Ihr schafft es ja noch nicht einmal, einen Stellvertreter zu wählen!)

Meine Damen und Herren, nächster Redner ist der Kollege Klein.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben unsere eigenen Anträge zu diesem Komplex zugunsten der letzten Fassung der SPD-Anträge zurückgezogen. Wir finden unser Anliegen inzwischen dort wieder; nicht immer in der gewünschten Konkretion und Verbindlichkeit - der Kollege Ehlen hat angesprochen, wie wir es uns gewünscht hätten -, aber im Grundsatz beschreiben sie richtig den künftigen Handlungsbedarf.

Ich kann hier nicht in vier Minuten die Diskussion nachzeichnen, die sich auf rund 30 Antragsseiten niedergeschlagen hat, und will mich deswegen auf drei kurze Botschaften beschränken.