- Herr Kollege Beckmann, es gehört eben auch zur parlamentarischen Demokratie, dass man sich bei aller Gemeinsamkeit die kritischen Argumente der Opposition anhören und man sich überlegen muss, ob nicht auch einmal die anderen Recht haben können. Darauf möchte ich hinweisen.
Ich sage abschließend: Es ist gut, dass wir jetzt diese gemeinsame Entschließung verabschieden werden.
Es muss auch beim MAN-Vorstand in München begriffen werden, dass es hier unbeschadet parteipolitischer Unterschiede eine Niedersachsen-Front gibt, die sich für die Arbeitsplätze in Salzgitter einsetzt. Ich sage das auch als Salzgitteraner. Es geht hier nicht nur um Salzgitter, auch wenn wir zuerst betroffen sind. Es ist ein Problem der gesamten Region Braunschweig, die Gott sei Dank Verkehrskompetenzregion ist. Es ist ein Problem, das ganz Niedersachsen betrifft. Deswegen sollten wir hier gemeinsam handeln. - Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ja, sehr kämpferisch der Kollege Eppers!
Es ist klar - und das macht mich auch so sicher -, dass die Niedersachsen-Front in den Reihen geschlossen ist, was MAN betrifft. Das ist gut, es kann auch nur so sein. Wir müssen deutlich ma
chen, dass wir mit uns auch nicht taktieren lassen. Ganz wichtig ist, dass für den Vorstand dieses deutliche Signal aus dem Landtag, aus Salzgitter, aus der Region Braunschweig kommt.
Ich hätte mir heute, an meinem letzten Tag im Parlament, weiß Gott ein anderes, schöneres Thema als das Thema MAN gewünscht. Das, was letzte Woche deutlich auf den Tisch gelegt worden ist, hat eingeschlagen wie eine Bombe, und zwar nicht nur in Salzgitter, sondern in der gesamten Region.
Dass es die Region betrifft, wird deutlich, wenn man sich die Zahlen ansieht: Von 1995 bis 2000 gab es im MAN-Werk eine gute Entwicklung. Die Umsatzzahlen haben sich erheblich gesteigert. Die Beschäftigtenzahlen sind bei deutlich mehr als 4 000 gewesen. Jetzt geht es aufgrund konjunktureller Einbrüche auf einmal runter. Aber - auch das muss gesagt werden - es sind auch strukturelle Probleme, die sich MAN selber geschaffen hat.
Wenn es durch eine besondere Einkaufspolitik in England, aber auch im Zusammenhang mit Neoplan zu solchen Einbrüchen kommt, dann ist jedenfalls für mich - sicherlich auch für Sie alle - nicht nachvollziehbar, dass diese Suppe speziell am Standort Salzgitter ausgelöffelt werden muss. Das kann so nicht sein.
Es betrifft die Region. 40 % der Beschäftigten im MAN-Werk kommen direkt aus Salzgitter, die restlichen 60 % aus Braunschweig, aus dem Landkreis Wolfenbüttel, ja sogar aus Sachsen-Anhalt. Wir müssen hier zusammenstehen.
Es betrifft aber nicht nur die Menschen, sondern auch die Stadt. Wenn ein Unternehmen nichts mehr verdient, wenn die Ertragslage nicht positiv ist, dann gibt es keine Gewerbesteuer, und dann hat auch die Stadt Salzgitter nichts davon. Das ist die zweite, die schlechte Seite dieser Medaille.
Ich will nicht alles wiederholen, was Hermann Eppers hier gesagt hat. Wir sind uns in der Sache einig. Das Signal an den MAN-Vorstand muss aus Hannover kommen. Ich freue mich ganz besonders darüber, dass durch das gestrige Gespräch, das Gewerkschafter, Betriebsräte und Vorstand in München geführt haben, wieder Bewegung hinein
gekommen ist, dass gesagt worden ist: Alles wird beiseite gepackt; wir verhandeln neu. Wir sind offen für die Ziele. Wir werden es anpacken.
Besonders wichtig für mich ist, dass es nicht zu betriebsbedingten Kündigungen kommen wird. Das ist eine eindeutige Aussage, die gestern gemacht worden ist. Das ist in Ordnung so. Das heißt, die Menschen brauchen keine Angst zu haben, dass sie jetzt auf einmal - wie es Hermann Eppers auch gesagt hat - auf den Müllhaufen dieser Gesellschaft gekippt werden, weil sie nicht mehr renditefähig sind, weil sie nichts mehr für das Unternehmen bringen. Das wird es nicht geben.
Ich habe heute Morgen vom Betriebsrat der Salzgitter-AG das Signal bekommen, dass man zusammenstehen wird, dass man den Kolleginnen und Kollegen bei MAN helfen wird, dass man auch von dieser Seite Gespräche aufnimmt und sich Gedanken darüber macht, wie man Kollegen auffangen und in die Region einbetten kann, damit sie weiterhin Beschäftigung haben.
Besonders hervorheben möchte ich, dass Salzgitter auf dem Ausbildungssektor nicht unbedingt die besten Karten hat. Die Jugendarbeitslosigkeit dort ist sehr hoch. Es kann nicht sein, dass wir unseren Jugendlichen, unseren jungen Menschen in Salzgitter keine Perspektive mehr aufbauen.
Wir brauchen die jungen Menschen in der Stadt. Wir dürfen nicht der Entwicklung Vorschub leisten, dass die jungen Menschen, die für die Stadt Salzgitter die Zukunft sind, abwandern. Anderenfalls ist Salzgitter wirklich nur noch die Stadt der Rentner und Pensionäre. Das kann es nicht sein. In Salzgitter muss wieder Geld verdient werden. Mit Salzgitter muss es wieder bergauf gehen. Lassen Sie uns in diesem Sinne zusammenstehen. Salzgitter, Glückauf!
sich anderswo in Deutschland in den letzten Jahren häufig abgespielt hat: Mit der Begründung, die Konjunkturflaute mache der Nutzfahrzeugsparte der MAN schwer zu schaffen, will das Unternehmen 4 000 Arbeitsplätze abbauen, davon allein bei uns in Salzgitter 850. Gleichzeitig wissen wir alle, dass wegen der Osterweiterung und günstiger Standortbedingungen die Planung für ein neues Unternehmen in Polen läuft.
Der Bremsenhersteller WABCO, der heute mitteilen lässt, dass er 500 Arbeitsplätze in Hannover abbauen wird, sagt es deutlicher: Wegen des hohen Kostendrucks wird nach Polen verlagert, da man dort nur ein Sechstel der hiesigen Löhne zahlen müsse. Das ist der Grund und nicht die Konjunkturschwäche, die sich in diesem Jahr auch bemerkbar macht. Grund ist das insgesamt festzustellende Bemühen von Konzerntöchtern deutscher Unternehmen, in die osteuropäischen Länder, insbesondere nach Polen zu verlagern, weil das Lohnniveau dort günstiger eingeschätzt wird, was es leider auch ist.
Das ist ein Trend, und die Landesregierung muss sich darauf einstellen, dass sich dieser Trend fortsetzen wird. Je näher die EU-Mitgliedschaft Polens rückt, desto stärker beginnen große Unternehmen - es sind insbesondere große und nicht mittelständische Unternehmen -, Filialen in Polen aufzubauen und ihr Potenzial hier zu verringern. Davon ist jetzt auch der Westen Deutschlands betroffen; im Osten hat es dies in der Vergangenheit schon gegeben.
Dieses Problem kann zwar die Landesregierung und bis zu einem gewissen Grade auch die Bundesregierung nicht lösen, sondern es ist eher durch eine EU-Arbeitsmarktpolitik langfristig zu bekämpfen. Aber für Niedersachsen kommt es jetzt konkret darauf an, qualifizierte Arbeitsplätze hier zu behalten.
Damit sind wir wieder bei MAN in Salzgitter. Die Arbeitnehmerseite, Betriebsrat und IG-Metall haben in den Verhandlungen mit dem Vorstand konstruktive Angebote gemacht. Die Belegschaft ist bereit, Teilreduzierungen zuzustimmen und Lohneinbußen hinzunehmen. Sie wollte und sie will jedoch keine betriebsbedingten Kündigungen hinnehmen. Das haben wir unterstützt.
Unternehmerseite - ich formuliere es nicht ganz so dramatisch, wie Herr Eppers es getan hat - Flexibilität und Verantwortungsbewusstsein erwartet werden.
Wir sind auch froh zu hören, dass es aufgrund der gestrigen Verhandlungen eine Zusage der Konzernleitung gibt, auf betriebsbedingte Kündigungen zu verzichten. Zunächst, sage ich einmal; denn meiner Ansicht nach ist es nicht zu unterschätzen, dass sich durch die öffentliche Diskussion, die in den heutigen Antrag gemündet hat, die öffentliche Wahrnehmung verschoben hat und sich auch die Bereitschaft erhöht hat, sich auf erneute Verhandlungen einzulassen.
Auf Drängen der Arbeitnehmerseite soll ein Standortkonzept entwickelt werden. Das ist in der Tat ein Punkt, der zu lösen ist. Mit Sicherheit muss auch die Unternehmensseite flexible und kreative Modelle entwickeln. Das betrifft ebenfalls die Anwendung dessen, was wir z. B. bei VW erlebt haben, neue Arbeitszeitmodelle. Die IG-Metall macht da viele Vorschläge, man muss sich auf Unternehmensseite nur darauf einlassen. Sicherlich muss es auch zu Strukturverbesserungen am Standort Salzgitter kommen. Dass da durchaus Spielraum vorhanden ist, haben wir bei näherer Recherche durchaus feststellen können. Wichtig ist, dass es darauf hinausläuft, die qualifizierten Arbeitskräfte in Salzgitter zu halten. Dazu gehört selbstverständlich, dass man durchsetzt, dass die Ausbildung von Jugendlichen bzw. der Erwerb einer bestimmten Qualifikation möglich sind; denn es würde das Ende des Standortes eingeläutet, wenn jetzt schon gesagt würde: Auszubilden brauchen wir nicht mehr; das machen wir dann in Polen. Der Erhalt der Ausbildungsplätze in Salzgitter wäre ein wichtiges Signal; dadurch würde eine Perspektive eröffnet.
Ich meine, man sollte sich konkret mit den Problemen der Unternehmen in Niedersachsen auseinander setzen. Es ist immer schön - Herr Eppers hat es uns gerade vorexerziert -, wenn die CDU in aller Schärfe die Fahne der sozialen Marktwirtschaft hochhält. Gleichzeitig versäumt sie es allerdings nicht, der Bundesregierung eins drüberzugehen.
kann die Reihe der Firmen fortsetzen. Das ist ein Problem, das im nächsten Jahr noch viel stärker auftauchen wird. Die Landesregierung macht sich dann als Feuerwehr immer sehr gut. Der Ministerpräsident kündigt natürlich gleich Gespräche an. Die Landesregierung wird auch in Zukunft in solchen Fällen versuchen müssen, als Feuerwehr tätig zu werden.
Langfristig muss man jedoch Folgendes sehen: Das Bündnis für Arbeit, das diese Probleme auffangen muss, auf das so hohe Hoffnungen gesetzt worden sind und mit so hohen Erwartungen eingeleitet worden ist, dümpelt zurzeit vor sich hin.
Wir können im Landtag nicht immer jede einzelne Problemsituation, auch wenn es sinnvoll und notwendig ist, dies im Landtag zu diskutieren, durch Anträge zum Thema machen, sondern es ist notwendig, dass das Bündnis für Arbeit konkreter, effektiver und mit viel mehr Dampf vonseiten des Ministerpräsidenten betrieben wird. In diese Richtung wollten wir den Appell an die Landesregierung richten. - Vielen Dank.