Frau Abgeordnete, das, was ich hier vorgetragen habe, ist die Position der Landesregierung. Das heißt, Frau Dr. Knorre und ich sind uns in der Beurteilung des Sachverhalts und auch in der Vorgehensweise absolut einig.
Herr Minister, die SPD-Fraktion spricht in ihrer Dringlichen Anfrage von Schlupflöchern in den gesetzlichen Vorgaben - ohne diese zu konkretisieren -, die manche Beteiligten der Wertschöpfungskette zu ihren Gunsten nutzen. Ich frage Sie: Können Sie eventuell diese Schlupflöcher benennen, die den Verbraucherschutz gefährden, und was haben Sie getan, um diese Schlupflöcher zu schließen?
Meine zweite Frage. Glauben Sie, diese Defizite mit einem Verbraucherinformationsgesetz beheben zu können?
Herr Abgeordneter Kethorn, wir sind natürlich auch auf diesem Felde nicht davor gefeit, dass kriminelle Energie entsprechende Verstöße verursacht. Diese Verstöße können wir aber durch unsere Lebensmittelüberwachung in den meisten Fällen Gott sei Dank aufdecken. Jedenfalls zeugt unser Bericht, den wir dazu veröffentlichen, davon, dass solche Verstöße bemerkt werden und dass unsere Überwachung gut funktioniert. – So viel dazu.
Sie fragten nach einem konkreten Fall eines Verstoßes. Ich erinnere mich sehr lebhaft an die Situation zu Anfang des Jahres unmittelbar nach dem ersten BSE-Fall hier bei uns, nachdem uns Untersuchungen über Zutaten in Wurstwaren vorgelegt worden waren. Einige Unternehmen, die auf ihren Etiketten ausdrücklich ausgewiesen hatten, dass kein Rindfleisch verwendet wurde, hatten gleichwohl Rindfleisch verwendet. Dies ist zum Beispiel ein solcher Fall, in dem unsere Überwachung sofort funktioniert hat und wir diese Dinge aufdecken konnten. Um solche Schlupflöcher zu stopfen, braucht man nicht ein neues Recht zu statuieren.
- Es geht um Täuschung! Herr Kethorn, wenn wir über Verbraucherschutz reden, dann reden wir natürlich über unterschiedliche Rechtsverstöße in diesem Bereich. Dazu gehört auch die Täuschung. Diese Diskussion hatten wir ja zu Anfang dieses Jahres. Da hat uns die Öffentlichkeit zu Recht gesagt, dass auch solche Unternehmen genannt werden müssen und dass Ross und Reiter benannt werden müssen, die den Verbraucher täuschen. Der Verbraucher hat Anspruch darauf, dass das, was ausgedruckt wird, auch stimmt, dass wir als Staat dafür sorgen, dass entsprechende Kontrollen stattfinden und diejenigen, die dagegen verstoßen, auch auffallen. Das ist nur ein Beispiel. Es gibt eine Fülle von Beispielen. Sie brauchen sich nur die entsprechenden Veröffentlichungen unserer Ämter anzuschauen. Sie können die Beispiele daraus entnehmen.
Herr Minister, vor dem Hintergrund, dass ich grundsätzlich begrüße, wenn Niedersachsen mit eigenen Initiativen Projekte aus dem Arbeitsplan des Bundesministeriums für Verbraucherschutz zur Herstellung einer nachhaltigen Landwirtschaft unterstützt, interessiert mich, ob wir diesmal davon ausgehen können, dass Sie in dieser Frage mit dem Bundesministerium an einem Strang ziehen, oder lassen die Eckpunkte, die inzwischen im Bundesministerium erarbeitet worden sind, die Aussage zu, dass es möglicherweise wieder zu einem Gegeneinander statt zu einem Miteinander kommt?
Herr Abgeordneter Klein, ich habe mich bei dem Vortrag über dieses Thema eben sehr koalitionsfreundlich ausgedrückt.
Ich hätte es auch anders darstellen können. Die Verbraucherschutzminister haben über dieses Thema in Bremen auf unseren Wunsch hin diskutiert und haben vom BMVEL die Antwort bekommen, man habe noch kein Gesetz in Vorbereitung, sondern man sei allenfalls dabei, Eckpunkte zu benennen. Ihre Einleitungsbemerkung, wir hätten sozusagen aus dem Arbeitsplan des Ministeriums etwas herausgegriffen, ist also falsch. Auch ausweislich meiner Darstellungen, die ich hier gemacht habe, befassen wir uns seit einigen Jahren mit diesem Thema und versuchen wir, die Bundesebene dazu zu bewegen, hier mitzumachen. Wir haben unsere Eckpunkte genannt und werden, wenn in absehbarer Zeit kein Gesetzentwurf vorgelegt wird, einen eigenen Gesetzentwurf im Bundesrat einbringen.
Herr Klein, ich bin für eine konstruktive Diskussion immer absolut offen. Ich meine, auch die SPDFraktion ist dafür immer offen. Wir werden diesen Prozess konstruktiv begleiten, weil wir klare Vorstellungen über dieses Gesetz und seine Inhalte haben. Ich hoffe, dass wir hier darüber auch Einigkeit erzielen. Jedenfalls haben die Agrarministerkonferenz und auch die Verbraucherschutzministerkonferenz meine Eckpunkte für ein Verbrau
cherinformationsgesetz einstimmig gebilligt. Insofern sind wir wohl, glaube ich, auf einem guten Weg.
Herr Minister Bartels, wie beurteilt die Landesregierung den von Greenpeace vorgelegten Entwurf eines Verbraucherinformationsgesetzes?
Ich will die Frage gerne beantworten. Im Grundsatz stimme ich den Vorstellungen, die Greenpeace entwickelt hat, durchaus zu. Diese Vorstellungen gehen aber nicht weit genug. Die Vertreter von Greenpeace wollen, dass den Verbraucherinnen und Verbrauchern nur die Behördeninformationen vorgelegt werden. Das halte ich für absolut unzureichend. Ich habe ja deutlich gemacht: Wir wollen auch die betrieblichen Produktionsinformationen, soweit sie nicht Betriebsgeheimnissen unterliegen, der Öffentlichkeit zugänglich machen. Wir gehen an dieser Stelle also wesentlich weiter und öffnen uns den Wünschen und dem Informationsbedarf der Verbraucherinnen und Verbraucher viel, viel weiter, als Greenpeace dies tut. Ich finde die Anregung, die Greenpeace gegeben hat, aber schon ganz ordentlich. Greenpeace arbeitet schließlich auch schon eine gewisse Zeit an diesem Thema und hat auf Bundesebene entsprechenden Druck ausgelöst.
Herr Minister, heute geht es um das, was Sie in den letzten Monaten schon getan haben. Sie haben an dieser Stelle geäußert, der Verbraucher sei nicht in der Lage, die Etikettierung zu erkennen, zu analysieren oder für sich persönlich umzusetzen. Meine Frage geht dahin: Sind Sie nicht auch der Meinung, dass man Ernährungslehre, Ernährungsberatung und Verbraucherberatung - soweit Letztere die Ernährung betrifft - in Ihrem Hause bündeln sollte und damit entsprechend die Etikettierung beeinflussen könnte, damit die Verbraucher in der Lage sind, sie zu erkennen und für sich selbst zu analysieren?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe das Problem eben beschrieben. Sie haben es gerade noch einmal wiederholt. Man löst dieses Problem nicht mit einer Bündelung von Aufgaben. Es gibt außerdem eine umfassende Kompetenz für den Verbraucherschutz bei uns im Hause. Wichtig ist in der Tat, den Verbraucher sozusagen zu qualifizieren, ihm die Möglichkeit zu geben, die Dinge, die in der Werbung herüberkommen oder die auf den Beipackzetteln oder Etiketten stehen, überhaupt verarbeiten, richtig einordnen und bewerten zu können.
Die Erkenntnis, die ich hier vorgetragen habe, ist - um es einmal ganz salopp zu sagen - ja nicht auf meinem eigenen Mist gewachsen. Die FührKommission hat sich zu diesem Sachverhalt umfassend schlau gemacht und hat sich auch beraten lassen, zum Beispiel von Professor Pudel, der auf diesem Sektor wirklich ein sehr kundiger Mensch ist. Wir haben aber auch schon vorher in unserem Hause gemeinsam mit der Verbraucherzentrale, mit der Verbraucherberatung gesagt: Wir müssen die Kompetenzen der Verbraucherinnen und Verbraucher ausweiten. Wir müssen auch in besonderen Bevölkerungsschichten und -gruppen Informationen anbieten. Wir brauchen Multiplikatoren auf den unterschiedlichsten Ebenen - von der Kindergärtnerin über die Lehrerschaft bis hin zu
den Ärzten und Diätassistentinnen usw. -, die die Informationen weitergeben und sozusagen Meinungsbildner sein können. Das alleine reicht aber auch nicht aus. Wir haben auch über ein Konzept nachgedacht, wie wir die Kompetenz der Verbraucherinnen und Verbraucher in der Zukunft stärken können. Davon hängt ab, ob das, was die Wirtschaft jetzt auch aus eigener Kraft anbietet, aufgenommen, zur Kenntnis genommen und richtig bewertet wird oder ob es ins Leere stößt. Das wird eine wichtige Aufgabe für die Zukunft sein.
Herr Präsident, ich frage die Landesregierung vor dem Hintergrund der aufgeregten Diskussion über die Hennenhaltungsverordnung und des Verbraucherschutzberichtes - in dem ausgeführt wird, dass in einer Eiprobe 3 Millionen Salmonellen pro Gramm Eiklar festgestellt worden sind - erstens: Kann der Minister die Frage beantworten, aus welchem Haltungssystem diese Eiprobe kommt? Zweitens: Wird er diese Frage beantworten können, wenn wir das neue Verbraucherschutzgesetz haben werden?
Auf die Idee, das Thema Hennenhaltung auf diesem Weg in das Plenum zu bringen, wäre ich nicht gekommen. Herr Abgeordneter Wojahn, Sie überfordern mich nun in der Tat, wenn Sie fragen, ob ich diese Probe und deren Ergebnis einer einzelnen Haltungsform zuordnen könne. Das kann ich nicht.
Aber ich erwarte, dass in Zukunft in Umsetzung der Hennenhaltungsverordnung eine umfassende Kennzeichnung hoffentlich auch der Eiprodukte stattfinden wird. Ein hoher Prozentsatz der Eier, die erzeugt werden, landet schließlich bei uns auf dem Tisch. Das wird eine wichtige Maßnahme
sein. Frau Künast hat das angekündigt. Ich bin außerordentlich gespannt darauf, ob sich das umsetzen lässt.
Herr Minister, wenn die Landesregierung, wie Sie dargestellt haben, in der Lage ist, kurzfristig einen entsprechenden Gesetzesvorschlag vorzulegen, dann können Sie doch sicherlich auch darstellen, wie Sie in diesem Gesetzesvorschlag die sehr schwierigen juristischen Fragen gelöst haben, um in Zukunft zu verhindern, dass auf der Grundlage des Grundgesetzes weiterhin Schadenersatzforderungen gestellt werden.
Herr Abgeordneter Klein, ich habe eben deutlich gemacht, dass wir uns mit dieser Frage schon sehr lange auseinander gesetzt und die Inhalte und deren Auswirkungen mit vielen Beteiligten erörtert haben. Der Entwurf, der vorliegt, ist also nicht etwa aus dem hohlen Bauch heraus erarbeitet worden. Vielmehr haben wir diese Frage mit der Wirtschaft, mit den Verbraucherinnen und Verbrauchern, mit Greenpeace, aber auch mit Juristen sehr umfangreich diskutiert und haben uns in dieser Frage auch auf europäischer Ebene sehr umfangreich schlau gemacht, sodass Sie davon ausgehen können, dass wir dem Bundesrat alsbald einen auf der Grundlage des deutschen, aber auch des europäischen Rechts abgesicherten Gesetzentwurf werden zuleiten können, es sei denn, die Bundesministerin schafft es, einen eigenen Entwurf auf den Weg zu bringen; dann muss ich das nicht tun.
Herr Minister, wie wir heute vernommen haben, legen Sie Wert auf vollständige Information der Verbraucher. Können wir damit rechnen, dass der nächste Jahresbericht, also der Jahresbericht 2001, auch zwischen konventioneller und biologischer Erzeugung differenziert - denn das gehört zur Klarheit und Wahrheit auch dazu - und gegebenenfalls auch Aussagen zu den wissenschaftlichen Hintergründen der Belastung oder Nichtbelastung der Produkte enthält?
Frau Abgeordnete Hansen, soweit das möglich ist und auch Niederschlag in den Untersuchungsergebnissen findet, werden dazu natürlich Aussagen getroffen. Es wird nichts hinter dem Berg gehalten.