Protocol of the Session on October 25, 2001

Ich möchte zu dem Beitrag des Kollegen Biestmann nur einen Satz sagen: Ich finde es gut, dass mit der neuen Hennenhaltungsverordnung die Käfighaltung abgeschafft worden ist.

(Beifall von Frau Harms [GRÜNE] - Ehlen [CDU]: In Deutschland!)

Nun zum Antrag der SPD. Ich gebe zu, auf den ersten Blick - das hat auch der Beitrag des Kollegen Biestmann gezeigt - ist es gar nicht so einfach zu erkennen, welches eigentlich das Ziel dieses Antrages ist. Die Frage ist doch diese: Geht es wirklich um mehr Tierschutz, oder geht es vielleicht doch darum, rechtzeitig vorzubeugen und, nachdem man bei der Hennenhaltungsverordnung seine Vorstellungen nicht hat durchsetzen können, für die niedersächsische Geflügelwirtschaft Gräben gegen weitere Tierschutzverbesserungen auszuheben? Wir müssen uns diesen Antrag deshalb, wie ich glaube, einmal genau ansehen.

In Ziffer 1 werden die neuen Bundesplanungen zur Erweiterung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung begrüßt. Dagegen ist nichts zu sagen. Das ist okay. Das unterstützen wir.

In Ziffer 2 werden die freiwilligen Vereinbarungen in diesem Bereich in Niedersachsen gelobt. Das ist insoweit okay, als natürlich auch wir sagen: Freiwillige Vereinbarungen sind besser als Wildwestmethoden. Meine Damen und Herren, das kann aber nicht bedeuten, dass die niedersächsischen Regelungen optimal oder auch nur ausreichend sind. Ich erinnere hier an die Historie des Hähnchenerlasses. 1992 erstickten eine Million Hähnchen in Niedersachsen. Daraufhin gab es eine Empfehlung der Arbeitsgemeinschaft Mastgeflügel, nicht mehr als 24 kg pro Quadratmeter einzustallen. 1993 kam der Funke-Erlass, der 30 kg vorsah. Das Problem war, dass sich niemand in der Praxis darum geschert hat. In der Praxis wurden 40 bis 42 kg pro Quadratmeter eingestallt. 1997 kam dann die jetzt als Erfolg verkaufte Vereinbarung mit 35 kg pro Quadratmeter Fläche. Das EU-Ziel beläuft sich übrigens auf 25 kg.

Bei dieser Tierhaltung werden die Hähnchen in 35 Tagen auf das Vierzigfache ihres Geburtsgewichts gebracht. Herz und Knochengerüst können einfach nicht so schnell wachsen wie das Fleisch. Das führt zu Kreislaufstörungen, zu Verkrüppelungen und natürlich auch zu dem für die Mäster vorteilhaften Zustand, dass sich die Tiere kaum noch bewegen können. Bewegung ist bei dieser Mast bekanntlich nur nutzloser Energieverbrauch, der durch zusätzliches Futter ausgeglichen werden muss.

Schauen wir uns auch einmal die Vereinbarung zur Putenhaltung an. Danach dürfen immerhin auch noch bis zu 58 kg pro Quadratmeter in der Endmast eingestallt werden.

(Oestmann [CDU]: „Ausgestallt“ heißt das!)

Erinnern wir uns an die Greenpeace-Kampagne, die nachgewiesen hat, dass nur intensive Versorgung mit Antibiotika die schlechten Haltungsbedingungen in den Putenställen überhaupt möglich macht. Von daher halte ich es natürlich für äußerst fragwürdig, Herr Kollege Groth, wenn Sie in Ihren Antrag hineinschreiben, dass diese Vereinbarungen bundesrechtlich abgesichert werden sollen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Einen dauerhaften Bestandsschutz dafür darf und kann es nicht geben.

Die dritte Forderung geht in Richtung EU-weite Regelungen. Natürlich ist auch das okay. Auch wir wollen EU-weite, möglichst weltweite Regelungen in diesem Bereich. Wir warnen aber davor, eine solche Argumentation dafür zu benutzen, möglicherweise für den Verzicht auf nationale Regelungen zu plädieren.

(Beifall bei den GRÜNEN)

In diese Falle werden wir uns nicht locken lassen.

Was Ziffer 4 angeht, so sind wir uns, wie ich glaube, wieder einig. Natürlich sind vermehrte Forschung, Verzicht auf Schnabelkürzungen, eine Verbesserung der freiwilligen Vereinbarungen und die Verbesserung der EU-Bestimmungen auch mit uns zu machen. Dazu gibt es unsere volle Zustimmung.

Mein Fazit bis zu diesem Zeitpunkt: Zumindest nach meinem zweiten Eindruck scheint es hier doch darum zu gehen, dass - relativ geschickt verpackt - die niedersächsische Geflügelwirtschaft vor weiteren Tierschutzaktivitäten des Bundesverbraucherministeriums geschützt werden soll. Ich bin gern bereit, mich in den Ausschussberatungen vom Gegenteil überzeugen zu lassen, und hoffe, dass das auch noch geschieht. - Danke sehr.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Minister Bartels!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich hatte vermutet, dass es die CDU nicht lassen kann, das Thema Hennenhaltungsordnung doch noch auf dem Umweg anzusprechen, nachdem es heute Morgen nicht so ganz geklappt hatte. Herr Wojahn, Sie hatten ja nur nach dem Namen der einen Henne gefragt, die dieses salmonellenbelastete Ei gelegt hatte. Aber ich bin gerne bereit, Herr Biestmann, Ihnen insoweit ein bisschen Nachhilfe zu geben. Es tut mir Leid, dass ich das so sagen muss.

(Frau Harms [GRÜNE]: Sie haben auch dazu gelernt! - Oestmann [CDU]: Sie müssen zur Sache reden!)

- Herr Oestmann, lassen Sie mich doch einmal Folgendes feststellen: Das Thema ist Ihnen so viel wert gewesen, dass Sie bisher noch keinen einzigen Antrag zur Hennenhaltungsverordnung in diesem Landtag vorgelegt haben.

(Beifall bei der SPD - Biestmann [CDU]: Wir haben einen gemeinsa- men Antrag! Da waren Sie selbst da- bei!)

- Ach, Leute! Es gibt zwei Anträge. Das sind der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Antrag der SPD-Fraktion. Beide Anträge sind vor zwei Sitzungsperioden eingebracht worden. Sie sind in der letzten Sitzung - drei Tage vor der Bundesratssitzung - mit einem Änderungsantrag aufgesprungen. Nichts anderes haben Sie gemacht.

(Beifall bei der SPD - Widerspruch bei der CDU - Frau Hansen [CDU]: Reicht das nicht? - Ehlen [CDU]: Wie reden Sie mit Abgeordneten!)

- Lieber Herr Ehlen, wenn Sie sich jetzt hier hinstellen und sagen, dass das das wichtigste Thema für die Landwirtschaft in Niedersachsen sei, dann haben Sie es verpennt.

(Frau Hansen [CDU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

Herr Minister, die Kollegin Hansen möchte Ihnen eine Frage stellen.

Nein. Frau Hansen, Entschuldigung.

(Frau Hansen [CDU]: Bleiben Sie bei der Wahrheit!)

Jetzt zur Sache, zu der Hennenhaltungsverordnung. Meine Damen und Herren, ich bin nicht erst seit der Agrarwende, nicht erst seit einem Jahr, sondern seit Anbeginn meiner politischen Laufbahn ein eindeutiger Gegner der Käfighaltung und habe schon im Jahre 1978 deutlich gesagt, dass ich sie für ethisch nicht verantwortbar halte und dass sie abgeschafft werden muss.

(Frau Harms [GRÜNE]: Das ist bisher aber nicht deutlich rübergekommen!)

Deshalb haben wir auf den unterschiedlichsten Ebenen Aktivitäten gegen die Käfighaltung entwickelt. Ich habe der Bundesregierung als Vertreter Niedersachsens - auch darüber wird hier eine Mär erzählt - bis in den Agrarausschuss hinein - das ist das übliche Verfahren im Bundesrat - Verbesserungsvorschläge zur Legehennenverordnung vorgelegt, denen Sie zustimmen.

(Oestmann [CDU]: Und warum ma- chen Sie uns dann an?)

Das haben im Übrigen auch andere Bundesländer gemacht. Ich habe von den Bundesländern BadenWürttemberg, Bayern und dem Saarland

(Groth [SPD]: Hört, hört!)

in der entscheidenden und letzten Abstimmung im Agrarausschuss keine Zustimmung bekommen. Diese drei Länder haben der Künast-Verordnung zugestimmt.

(Biestmann [CDU]: Übergangszeit: 2009!)

- Herr Biestmann, ein paar Fakten müssen wir doch zur Kenntnis nehmen. Sie haben zugestimmt.

(Zuruf von Oestmann [CDU])

- Herr Oestmann, wenn er das anspricht, dann muss das beantwortet werden. Wenn Bayern und Baden-Württemberg in der Schlussabstimmung Nein gesagt haben, dann haben sie letztlich ihre Stimmen verschenkt, denn sie hätten mit ihrer Stimme erreichen können, dass die auch von ihnen gewollten Änderungsanträge, die Niedersachsen eingebracht hatte, eine Mehrheit bekommen hätten. So einfach ist das.

(Beifall bei der SPD - Kethorn [CDU]: Wir waren einsichtig, und Sie sind abgesprungen! - Biestmann [CDU]: Sie sagen mir jetzt, warum Niedersachsen für 2006 ist!)

Deshalb, Herr Biestmann, müssen Sie zur Kenntnis nehmen, dass es die CDU-Länder waren, die einen guten Entwurf der Hennenhaltungsverordnung verhindert haben.

(Beifall bei der SPD - Kethorn [CDU]: Nein, Sie waren es! - Ehlen [CDU]: Sie schimpfen auf die Feuer- wehr! Sie sollten sich um die Brand- stifter kümmern! - Coenen [CDU]: Das war die Spitze der Heuchelei! - Frau Harms [GRÜNE]: Sie haben heute viel geheuchelt! Das muss ich auch sagen!)

Meine Damen und Herren, wir können auch noch weiter darüber diskutieren. Aber ich will hier den Antrag der SPD-Fraktion erörtern.

Unser Ziel und auch das Ziel des Antrags der SPDFraktion ist es, den Tierschutz in der Nutztierhaltung zu verbessern. Das ist eine ganz klare Position. Niedersachsen - das stellt der Antrag heraus hat in dieser Frage eine gute Vergangenheit.

(Frau Harms [GRÜNE]: Niedersach- sen hat große Probleme damit!)

Wir haben seit 1990 - beginnend mit Karl-Heinz Funke - durchgehend den Weg der Vereinbarung mit den niedersächsischen Tierhaltern gesucht. Das haben Sie nicht gemacht, sondern das richtet sich mehr in die Richtung von Herrn Klein. Die Erfolge, die wir mit den Vereinbarungen erzielt haben, sukzessive Verbesserungen im Bereich der Tierhaltung, ohne dass gesetzliche Anforderungen bestanden haben, können Sie nicht leugnen. Ich sage Ihnen ganz deutlich: Mir ist ein konkreter, ein realer Tierschutz, der heute und morgen etwas für die Tiere bewirkt, lieber als ein virtueller, der vielleicht in sechs, acht oder zehn Jahren stattfindet. Ich will keine Symbolpolitik in der Tierhaltung, sondern tatsächliche Verbesserungen. Das ist der Weg, der von uns unterstützt wird, weshalb wir auffordern, diesen Weg weiter zu gehen.

Herr Klein, Ihre Annahme, dass eine Vereinbarung gleichzusetzen ist mit Stillstand, ist unzutreffend. Da ist vielmehr Dynamik drin; denn die Vereinbarung enthält die Aussage, dass wir gemeinsam mit den Tierhaltern eine Weiterentwicklung betreiben. Das ist keine statische Einrichtung, sondern wir schauen nach, ob es neue Erkenntnisse gibt. Deshalb gibt es die Zusammenkünfte. Wir prüfen, ob es neue wissenschaftliche Erkenntnisse gibt, die uns veranlassen sollten, die Vereinbarung zu ändern. Es gibt Beispiele für solche Änderungen, die vorgenommen worden sind. Ich habe im Zusammenhang mit der Putenhaltung die Mäster, aber auch die Verarbeiter gerade wieder eingeladen, um gemeinsam mit ihnen an Verbesserungen zu arbeiten.

Ich habe nichts dagegen, mich darüber mit Frau Künast zu unterhalten, wenn sie übermorgen die Nutztierhaltungsverordnung in diesen Punkten aufgreifen sollte. Wir stehen dem offen gegenüber. Ich sage ganz deutlich: Es ist mein Ziel - das fordert auch die Fraktion -, den Inhalt der niedersächsischen Vereinbarungen in der Fortschreibung zunächst bundesweit zu verankern, damit die anderen Bundesländer den gleichen Standard haben, den wir haben, und ihn danach europaweit zu verankern, weil wir uns nun einmal im internationalen Wettbewerb befinden.

Wir wollen Tierschutzprobleme nicht auf andere Länder abschieben,

(Kethorn [CDU]: Damit tun Sie es aber!)