Protocol of the Session on September 18, 2001

Dem Niedersächsischen Landtag sind bisher parlamentarische Initiativen des Niedersächsischen Ministerpräsidenten im Bundesrat mit dem Ziel, die niedersächsischen Städte und Gemeinden von Kosten, etwa bei der Sozialhilfe, zu entlasten, nicht bekannt, obwohl der Niedersächsische Ministerpräsident ansonsten öffentlich keine Gelegenheit auslässt, seine „Segensreiche Politik“ für Niedersachsen zu preisen.

Deshalb ist es für das Parlament von hohem Interesse zu wissen, mit welchen echten parlamentarischen Anträgen der Niedersächsische Ministerpräsident mit dem Bund über die Kostenentlastung der niedersächsischen Kommunen kämpft.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welchen Gesetzen und Programmen des Bundes hat die Niedersächsische Landesregierung im Bundesrat zugestimmt, die zu einer Kostenbelastung unserer Städte und Gemeinden geführt haben?

2. Mit welchen parlamentarischen Initiativen der Landesregierung im Bundesrat kämpft der Niedersächsische Ministerpräsident Gabriel gegenüber dem Bund dafür, „dass unsere Städte und Gemeinden von Kosten entlastet werden, etwa der Sozialhilfe“?

Der Abgeordnete Rolfes (CDU) bezieht sich auf einen Artikel der Nordseezeitung vom 16. August 2001. Ministerpräsident Gabriel hatte auf die Frage der Redaktion „Die Gemeinden erwarten von Ihnen mehr finanzielle Unterstützung. Aber die Kassen sind leer und die Verschuldung ist hoch. Da ist also vorläufig gar nichts drin, oder?“ wie folgt geantwortet:

„Wir befinden uns in einer schwierigen Haushaltslage. Selbst wenn wir wollten, könnten wir keine Geschenke verteilen. Was das Land im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs tun kann, leistet es. Gegenüber dem Bund kämpfen wir dafür, dass unsere Städte und Gemeinden von Kosten entlastet werden, etwa bei der Sozialhilfe, die vielerorts den größten Einzelposten im Kommunalhaushalt ausmacht.“

Der Staatsgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 16. Mai 2001 bestätigt, dass das Land den Grundsatz der Verteilungssymmetrie beachtet. Dies soll auch weiterhin Maßstab der Finanzverteilung zwischen Land und Kommunen sein.

Zur neuen Finanzpolitik des Bundes gehören der Schuldenabbau für solide Staatsfinanzen und mehr Generationengerechtigkeit, ein tragfähiges und gerechtes Abgabensystem und eine soziale und finanzierbare Ausgestaltung der Sozialversicherungssysteme. Die Landesregierung lässt keinen Zweifel daran, dass sie diese Politik des Bundes unterstützt und dabei gleichzeitig auch die Interessen der Kommunen und des Lands wahrt.

Mit dem im letzten Jahr – teilweise nach schwierigsten Verhandlungen im Vermittlungsausschuss – verabschiedeten Steuersenkungsgesetz des Bundes werden die Steuerzahler beispielsweise schon im Jahr 2001 gegenüber geltendem Recht um rd. 45 Mrd. DM entlastet. Das Steuersenkungsgesetz ist die größte Steuerentlastung in der Geschichte

der Bundesrepublik Deutschland. Arbeitnehmer, mittelständische Unternehmen und Großindustrie werden ab 2005 jährlich insgesamt rund 65 Mrd. DM weniger Steuern zahlen. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass eine Zustimmung zu den aufgeführten Gesetzen, insbesondere zu den außerordentlich ausfallwirksamen Steuerentlastungs- und Steuersenkungsgesetzen, geboten war, um dringend erforderliche Entlastungen für die deutsche Wirtschaft umzusetzen und so den Standort Deutschland nicht nur zu sichern, sondern wieder attraktiver zu machen. Es darf auch nicht übersehen werden, dass die Entlastungen beim Einkommensteuertarif und auch bei der Körperschaftsteuer zu einem großen Teil - wenn auch in anderer Form – bisherigen Forderungen der CDU entsprechen. Die Zustimmung zu diesen Steuergesetzen war groß.

Auch die kommunalen Spitzenverbände haben die Steuersenkungsgesetze unterstützt. Die Kommunen haben sich auch ausdrücklich dazu bereit erklärt, ihren Anteil an den Finanzierungslasten zu tragen. Denn Steuerentlastungen fallen nicht vom Himmel, sie müssen finanziert werden. Unionspolitiker vergessen das häufig, wenn sie – wie in den letzten Tagen wiederholt – immer niedrigere Steuersätze und größerer Steuerentlastungen fordern. Wenn ein Vorziehen der Einkommensteuertarifstufe 2005 auf das Jahr 2003 oder noch besser auf 2002 angemahnt wird und andererseits die aus solchen Maßnahmen zwangsläufig resultierenden Belastungen für die Kommunalhaushalte beklagt werden, kann solch widersprüchliches Verhalten nur als unseriös bezeichnet werden.

Demgegenüber hat sich Niedersachsen angesichts der schwierigen Haushaltslage von Land und Kommunen dafür eingesetzt, die Einnahmeminderungen der Haushalte in Grenzen zu halten und die Auswirkungen gleichmäßig zu verteilen.

Mit einem Anteil von 8,9 % am Finanzierungsvolumen der Nettoentlastung sind nunmehr die Kommunen im Durchschnitt der Jahre 2001 bis 2006 an der Steuerreform nur unterproportional beteiligt. Der Anteil der Steuereinnahmen der Kommunen an allen Steuereinnahmen betrug im Jahr 2000 rd. 12,2 %. Insgesamt werden die Kommunen trotz erhöhter Gewerbesteuerumlage damit geringer belastet, als es ihrem Anteil am Steueraufkommen entspricht.

Die vom Abgeordneten zitierte Antwort des Niedersächsischen Finanzministeriums vom 2. November 2000 enthält darüber hinaus keine Feststellung, dass die niedersächsischen Kommunen durch eine Vielzahl von Entscheidungen der SPD-geführten Bundesregierung seit 1998, denen Ministerpräsident Gabriel auch im Bundesrat zugestimmt hat, nicht entlastet, sondern massiv belastet wurden.

Ebenso unzutreffend ist die Behauptung, die Anrechenbarkeit des Kindergeldes auf die Sozialhilfe sei weggefallen. Die zum 1. Januar 1999 vorgenommene Kindergelderhöhung für das 1. und 2. Kind von 220 auf 250 DM entlastet die Sozialhaushalte der Kommunen pro Jahr um rd. 360 Mio. DM. Die seit dem 1. Januar 2000 geltende Kindergelderhöhung von 250 DM auf 270 DM ist im Sozialhilferecht anrechnungsfrei gestellt worden und entlastet die Kommunen nicht. Doch die im Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Familienförderung vorgesehene erneute Erhöhung des Kindergeldes auf rd. 300 DM wird die entlastende Wirkung auf dann jährlich insgesamt 720 Mio. DM verdoppeln.

Der Heizkostenzuschuss zur Abfederung von Mehrbelastungen durch gestiegene Ölpreise in Höhe von 1,4 Mrd. DM kann bei den Haushalten von Sozialhilfeempfängern zu Einnahmen von ca. 450 Mio. DM führen, die den Kommunen in voller Höhe als Entlastung zugute kommen.

Hinzu kommt die aktive Arbeitsmarktpolitik des Bundes, die sich positiv auf die Sozialhilfehaushalte der Kommunen auswirkt. So meldet das Landesamt für Statistik gerade rückläufige Zahlen bei den Sozialhilfeempfängern in Niedersachsen. Ende des Jahres 2000 haben demnach 310 400 Personen Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz erhalten und damit 2,5 % weniger als im Vorjahr. Die örtlichen Sozialhilfeträger, die kreisfreien Städte und Landkreise. haben im Jahr 2000 insgesamt 1,793 Mrd. DM Hilfe zum Lebensunterhalt aufgewendet. Dies sind 3,4 % oder 63 Mio. DM weniger als im Vorjahr. Seit 1998 hat sich diese Zahl um 6,7 % vermindert.

Schließlich werden die bislang erzielten Regelungen zur Neugestaltung des Länderfinanzausgleichs zur Einnahmeverbesserung des Landes führen, was mittelbar über den kommunalen Finanzausgleich auch den Kommunen zugute kommen wird. In dieser mehrjährigen und intensiv

geführten Debatte war es gerade die Niedersächsische Landesregierung, die überzogenen wettbewerbsföderalistischen Forderungen einiger Geberländer und ihren absehbaren nachteiligen Folgen auch für die niedersächsischen Kommunen klar entgegentrat. Erst mit dem Treffen der Regierungschefs der Länder Brandenburg, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, RheinlandPfalz, Sachsen–Anhalt, Schleswig-Holstein und Niedersachsen mit dem Bundeskanzler am 5. Mai 2001 konnte die Basis für einen tragfähigen Kompromiss gefunden werden.

Die Auseinandersetzungen um eine Neugestaltung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs haben allerdings keinen Raum für Arbeiten an einer seit Jahren geforderten Gemeindefinanzreform gelassen.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen wie folgt:

Zu 1: Die Landesregierung hat seit 1998 folgenden wesentlichen bzw. größeren Steueränderungsgesetzen des Bundes zugestimmt:

- Steueränderungsgesetz 1998

- Steuerentlastungsgesetz 1999

- Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002

- Steuerbereinigungsgesetz 1999

- Erstes Gesetz zur Familienförderung

- Gesetz zur weiteren Förderung von Stiftungen

- Steuersenkungsgesetz

- Steuersenkungsergänzungsgesetz

- Gesetz zur Änderung des Investitionszulagengesetzes 1999

- Gesetz zur Einführung einer Entfernungspauschale

- Altersvermögensgesetz

- Zweites Gesetz zur Familienförderung

- Neuregelung des Länderfinanzausgleichs

Zu 2: Zur Wahrnehmung niedersächsischer Interessen ist es nicht zwingend erforderlich, dass die Landesregierung auf Bundesebene parlamentarische Initiativen ergreift, denn anders als zu Zeiten der Kohl-Regierung kann sich Niedersachsen

bereits im Vorfeld der Gesetzesverabschiedung mit seinen Vorstellungen einbringen.

Anlage 17

Antwort

des Kultusministeriums auf die Frage 24 der Abg. Frau Vogelsang (CDU):

Ausschreibung von Lehrerstellen, die durch Altersteilzeit frei werden

In Niedersachsen gibt es eine Vielzahl von Lehrkräften, darunter Schulleiter und deren Stellvertreter/innen, die sich entschlossen haben, ihren beruflichen Werdegang durch Altersteilzeit (en bloc) zu beenden. Nunmehr ist von verschiedenen Schulen die Klage laut geworden, dass in den Fällen, wo Schulleiter bzw. deren Stellvertreter im Rahmen der Altersteilzeitarbeit zunächst bestimmte Monate weiterhin voll arbeiten und dann den zweiten Teil des Teilzeitblocks ohne Unterrichtsverpflichtung anhängen, um somit vorzeitig in den Ruhestand gehen, deren Stellen bis zum Beginn des Rentenalters als „besetzt“ geführt und nicht neu ausgeschrieben werden. Bei diesem Hintergrund frage ich die Niedersächsische Landesregierung:

1. Treffen die vorgenannten Aussagen zu, wenn ja, wie viele Fälle sind in den letzten zwei Jahren davon betroffen?

2. Teilt die Landesregierung die Ansicht, dass es den Schülerinnen und Schülern sowie den Schulen selbst gegenüber unverantwortlich ist, eine Stelle als „besetzt“ zu führen, obwohl bekannt ist, dass der bisherige bzw. vorherige Stelleninhaber mit Ablauf der BlockTeilzeitarbeit aus dem Erwerbsleben ausscheidet?

3. Ist die Landesregierung bereit, in solchen Fällen die Ausschreibung von Schulleiterbzw. Stellvertreterpositionen zu einem Zeitpunkt vorzunehmen, der sicherstellt, dass mit Eintritt des zweiten Abschnittes der BlockAltersteilzeit - also dem quasi Eintritt in den Ruhestand - gewährleistet ist, dass die Stelle nicht wieder unbesetzt bleibt?

Die haushaltsrechtliche Umsetzung der Altersteilzeit (einschl. der Wiederbesetzung von Planstellen für Beamtinnen und Beamte) ist in Nr. 6 Abs. 1 der „Allgemeinen Bestimmungen zu den persönlichen Verwaltungsausgaben für das Haushaltsjahr 2001“ (Anlage 2 des Haushaltsgesetzes) geregelt. Danach sind die Planstellen während der Arbeitsphase im Blockmodell zu 50 v. H. gesperrt. Diese während der Arbeitsphase gesperrten Anteile werden den in der Freistellungsphase zur Verfü

gung stehenden Anteilen hinzugerechnet. Gleiches gilt beim Blockmodell für das Beschäftigungsvolumen und das Personalkostenbudget. Der zu gewährende Altersteilzeitzuschlag ist durch personalwirtschaftliche Maßnahmen (z. B. Wie- derbesetzungen/Beförderungen) oder Einsparungen, die sich aus einer Ersatzeinstellung (z. B. geringere Bezüge wegen jüngeren Lebensalters) ergeben, zu kompensieren.

Nach Nr. 2 des Runderlasses des MF vom 20. Juli 2000 (Nds. MBl., Seite 427) zur haushaltsrechtlichen Umsetzung der Altersteilzeit werden im Lehrerbereich Ersatzeinstellungen nur in dem Umfang vorgenommen, wie aus den Bezügeeinsparungen der altersteilzeitbeschäftigten Lehrkräfte Haushaltsmittel bzw. Stellenanteile frei werden. Dies ist im Einzelfall nötigenfalls von den stellenbewirtschaftenden Dienststellen nachzuweisen.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen wie folgt.