Protocol of the Session on June 15, 2001

2. In welcher Form werden die durch stark verspätete Umsetzung entstandenen Schädigungen des Naturhaushalts ausgeglichen?

3. In wie vielen und welchen weiteren Fällen wurden Kompensationsmaßnahmen im Zuge von Autobahnbauten 5, 10 und 15 Jahre nach Baubeginn in Niedersachsen nicht oder nur teilweise umgesetzt?

Bei der Kompensationsmaßnahme „Marienchor“ nahe der Ortschaft Jemgum im Rheiderland handelt es sich um eine „Sammelmaßnahme“ für verschiedene Bauabschnitte der Bundesautobahnen A 280 und A 31 vom Emstunnel bis Neuschanz an der niederländischen Grenze aus den Jahren 1985 bis 1993. Grundlage ist – wie von Frau JanssenKucz korrekt dargestellt – der Planfeststellungsbeschluss aus dem Jahr 1982, der die noch durchzuführenden Kompensationsmaßnahmen dem Grunde nach anerkennt, deren Konkretisierung aber einem ergänzenden Planfeststellungsverfahren überlässt. Wesentlicher Grund für diese – in Bezug auf den kompensationsauslösenden Bau der Bundesautobahnabschnitte zeitversetzte - Planung und Realisierung der Ersatzmaßnahmen war seinerzeit die mangelnde wissenschaftliche Grundlage für die Bemessung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen in Feuchtgrünlandlebensräumen von Wiesenvögeln. Nach intensiven Abstimmungen waren die

Fachbehörden einig, dass eine großflächige Ersatzmaßnahme mit eigenständigem Wassermanagement bessere Erfolgsaussichten hinsichtlich der vorrangig gewünschten Optimierung des Lebensraumes für Wiesenvögel und der Verbesserung der Gänseäsung erwarten lässt.

Nach

- intensiver Abstimmung mit den beteiligten Behörden und insbesondere den betroffenen Landwirten etc.,

- Erstellung verschiedener Gutachten insbesondere zur Betroffenheit der Landwirtschaft,

- Erstellung des Landschaftspflegerischen Begleitplans mit Aktualisierung der Bestandsaufnahme,

- Durchführung des vorzeitigen Grunderwerbs im Umfang von ca. zwei Dritteln der erforderlichen Gesamtfläche

erfolgte im Januar 1997 die Einleitung der ergänzenden Planfeststellung. Der Erörterungstermin fand im Januar 1999 statt. Die Bezirksregierung Weser-Ems wird den Planfeststellungsbeschluss voraussichtlich noch in diesem Jahr erlassen.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Einzelfragen wie folgt:

Zu 1: Umfang und Details sowie die zeitliche Umsetzung der Kompensation werden letztendlich rechtsverbindlich in dem bestandskräftigen, ergänzenden Planfeststellungsbeschluss geregelt sein.

Zu 2: Ein allgemein anerkanntes, fachlich fundiertes Verfahren zur Berücksichtigung einer zeitverzögerten Umsetzung von Kompensationsmaßnahmen existiert nicht. Dies ist auch nicht erforderlich, da heute in dieser Frage Rechtssicherheit gegeben ist. Bei aktuellen Planungen sind Eingriff und Kompensation zeitlich aufeinander abgestimmt, und dies kommt auch eindeutig in den Planfeststellungsunterlagen zum Ausdruck. Das heißt, durch den rechtskräftigen Planfeststellungsbeschluss werden Kompensationsmaßnahmen Bestandteil des Baurechts.

Im vorliegenden Fall wurden bereits rund zwei Drittel der Kompensationsflächen erworben. Diese Flächen werden schon seit längerem entsprechend dem späteren Bestimmungszweck genutzt. Eine Schädigung des Naturhaushaltes durch verspätete Umsetzung der Kompensationsmaßnahmen sieht

die Landesregierung deshalb nicht. Nach übereinstimmender Auffassung der Fachbehörden ist aufgrund der zusammenhängenden Größe und der ausgereiften Konzeption dieser Ersatzmaßnahme mit einem überdurchschnittlichen Erfolg zu rechnen.

Zu 3: Über den Zeitpunkt der Umsetzung von Kompensationsmaßnahmen lassen sich in der Kürze der Zeit keine abgesicherten Aussagen machen. Wie unter Ziffer 2 dargestellt, ist das Problem zwischenzeitlich sachgerecht aufgearbeitet. Handlungsbedarf ist somit nach Auffassung der Landesregierung nicht gegeben.

Anlage 22

Antwort

des Umweltministeriums auf die Frage 30 der Abg. Frau Vockert (CDU):

Aktualisierung der Vogelschutzgebiete gemäß EU-Vogelschutzrichtlinie (79/409 EWG) in Niedersachsen; hier: Erweiterung des Gebietsvorschlages V 27 „Unterweser“

Wie der Niedersächsische Umweltminister Wolfgang Jüttner mit Schreiben vom 16. März 2001 mitteilte, hat das Umweltministerium in Abstimmung mit den Bezirksregierungen und dem Niedersächsischen Landesamt für Ökologie sieben Neuvorschläge bzw. Gebietserweiterungen zur Aufnahme in die Vogelschutzgebiete gemäß EUVogelschutzrichtlinie in Niedersachsen in das Beteiligungsverfahren bei den Bezirksregierungen gegeben. Darunter fällt auch die Erweiterung des Gebietsvorschlages V 27 „Unterweser“. Das geplante Vogelschutzgebiet grenzt hier zum Teil an Flächen, die für die gewerbliche Nutzung auf der Luneplate vorgesehen sind. Während noch vor zehn Jahren die gesamte Luneplate mit ihren 1 200 ha Land für Großindustrie und hafenorientiertes Gewerbe vorgesehen waren, sind es heute ohnehin nur noch 225 ha, die dafür zur Verfügung stehen.

Sollte die Erweiterung des Gebietsvorschlages V 27 „Unterweser“ so umgesetzt werden, wird befürchtet, dass es bei der Realisierung des vereinbarten hafenorientierten Industrie- Gewerbegebietes zu einem Nutzungskonflikt zwischen der wirtschaftlichen Nutzung einerseits und dem Vogelschutz andererseits kommt, der letztlich dazu führen kann, dass die gewerbliche Nutzung zugunsten des Vogelschutzes einzuschränken sein würde.

Ferner sind in dem Gebietsvorschlag Flächen aufgenommen, die sich zum Teil in Privatbesitz befinden. Es handelt sich hierbei um hofnahe, intensiv bewirtschaftete Nutzflächen von vier Vollerwerbsbetrieben aus Overwarfersiel. Die Betriebe sind auf die uneingeschränkte Nutzung der Flächen angewiesen, da der Flächendruck in der Region unverhältnismäßig hoch ist. Es besteht keine andere Möglichkeit für die betroffenen Betriebe, sich an anderer Stelle gleichwertige Ersatzflächen zu beschaffen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Teilt sie die Einschätzung, dass bei der Umsetzung der Erweiterung des Gebietsvorschlages V 27 „Unterweser“ die gewerbliche Nutzung eingeschränkt werden könnte und damit die Aussicht auf die Ansiedlung weiterer Betriebe im Süden der Seestadt Bremerhaven als Oberzentrum für den Landkreis Cuxhaven noch weiter eingeschränkt werden würde?

2. Welche Maßnahmen wird sie einleiten, um bei bereits eingeplanten 909 ha Ausgleichsfläche auf der Luneplate die noch zur Verfügung stehenden 225 ha uneingeschränkt und in vollem Umfang für die Ansiedlung von Betrieben und damit für die Schaffung von Arbeitsplätzen in der strukturschwachen Region zu sorgen?

3. Wird sie die hofnahen, intensiv bewirtschafteten Nutzflächen von vier Vollerwerbsbetrieben aus Overwarfersiel aus dem vorgesehenen Gebietsvorschlag herausnehmen, um die uneingeschränkte Nutzung dieser Flächen für die Betriebsinhaber weiterhin zu ermöglichen? Wenn nein: Warum nicht?

Die Entscheidung, welche Gebiete gemäß Artikel 4 der EU-Vogelschutzrichtlinie als „geeignetste“ Gebiete zu EU-Vogelschutzgebieten zu erklären sind, muss ausschließlich nach den naturschutzfachlichen Auswahlkriterien der EU-Vogelschutzrichtlinie getroffen werden. Eine Abwägung mit anderen (z. B. wirtschaftlichen) Belangen ist nach EU-Recht bei der Gebietsauswahl und -ausweisung nicht gestattet.

Die Landesregierung schätzt die in Rede stehenden Flächen der Luneplate als ein so genanntes „faktisches Vogelschutzgebiet“ ein. Ein solches liegt dann vor, wenn die naturschutzfachlichen Erkenntnisse über das Gebiet seine Ausweisung als EU-Vogelschutzgebiet erfordern, dieses aber (noch) nicht geschehen ist.

Bei faktischen Vogelschutzgebieten gilt gemäß Urteil des EuGH vom 7. Dezember 2000 das in Artikel 4 Abs. 4 der EU-Vogelschutzrichtlinie enthaltene absolute Verschlechterungsverbot so

lange, bis der EU-Mitgliedstaat (in Deutschland die Länder) das Gebiet zu einem EUVogelschutzgebiet erklärt hat. Erst danach ergibt sich beispielsweise die Möglichkeit, über die Anwendung der Vorschriften zur FFH-Verträglichkeitsprüfung (Artikel 6 Abs. 3 und 4 der FFH- Richtlinie) eine vorhabenbezogene Abwägung vorzunehmen und mit Hilfe von Kompensationsmaßnahmen für die betroffenen Vogelarten das Vorhaben zu verwirklichen, obwohl dieses die Erhaltungsziele des EU-Vogelschutzgebiets erheblich beeinträchtigt. Ein solcher Weg ist demzufolge bei faktischen Vogelschutzgebieten verbaut.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen wie folgt:

Zu 1 und 2: Nein. Die Landesregierungen von Bremen und Niedersachsen haben in ihrer gemeinsamen Kabinettssitzung am 16. Mai 2000 die Änderung des Rahmenplanes Luneplate/Luneort beschlossen, mit dem u. a. die im Nordosten der Luneplate gelegenen Fläche für die Entwicklung hafenorientierten Industrie- und Gewerbegebietes von ursprünglich rd. 110 auf rd. 225 ha erweitert worden ist. Um langfristig möglichen Nutzungskonflikten zwischen dieser Fläche und den Schutzgebieten der EU-Vogelschutz Richtlinie beim Gebietsvorschlag V 27 „Unterweser“ entgegenzuwirken, ist zwischen den beiden Gebietskategorien ein ausreichend breiter Schutzstreifen vorhanden, der entsprechend der Legende des Rahmenplanes zur Entwicklung von Feuchtgrünland genutzt werden soll.

Spätere Probleme mit dem so genannten Umgebungsschutz bzw. die Notwendigkeit einer Verträglichkeitsprüfung gem. EU-Vogelschutzrichtlinie dürften in Bezug auf mögliche Industrie- und Gewerbevorhaben auf den dafür vorgesehenen Flächen damit auszuschließen sein.

Zu 3:Nein. Für eine solches Vorhaben ist der erforderliche naturschutzfachliche Handlungsspielraum nicht vorhanden. Wie eingangs ausgeführt, ist die Gebietsabgrenzung allein nach naturschutzfachlichen Maßstäben vorzunehmen und erfordert die Einbeziehung der Luneplate in den Gebietsvorschlag V 27.

Im Hinblick auf die landwirtschaftliche Nutzbarkeit der genannten Flächen ist darüber hinaus anzumerken, dass durch eine Erklärung zum EUVogelschutzgebiet Dritte in ihren Rechten nicht eingeschränkt werden.

Wie auch bisher schon bei Schutzgebietsverfahren gängige Praxis werden die Betroffenen bei der nachfolgenden Planung der erforderlichen Sicherungsmaßnahmen beteiligt und berechtigte Belange berücksichtigt.

Im Übrigen hat die Landesregierung auch aus Gründen des Vogelschutzes ein Interesse an der Aufrechterhaltung der landwirtschaftlichen Nutzung auf der Luneplate.

Anlage 23

Antwort

des Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten auf die Frage 31 des Abg. Schröder (GRÜNE) :

Konsequenzen aus der Entscheidung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts zur Teilnichtigkeit der Gefahrtierverordnung

Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hat am 30. Mai 2001 die Gefahrtierverordnung vom 5. Juli 2000 (GefTVO - häufig auch Kampfhundeverordnung genannt -) in wesentlichen Teilen für rechtswidrig und nichtig erklärt:

1. Rechtswidrig ist das in § 1 Abs. 1 für Hunde der 1. Kategorie vorgesehene strikte Haltungs, Zucht- und Vermehrungsverbot ohne Zulassung eines Nachweises der individuellen Ungefährlichkeit des jeweiligen Hundes.

2. Nichtig ist die Maulkorbpflicht für Hunde mit bestandenem Wesenstest (§ 1 Abs. 6 Satz 2).

3. Die vorgeschriebene Tötung von Hunden der 1. Kategorie, die den Wesenstest nicht bestanden haben, verstößt gegen den allgemeinen Gleichheitssatz, weil eine derartige Maßnahme für Hunde der 2. Kategorie in derselben Situation nicht vorgesehen ist, diese vielmehr nur einem Maulkorb- und Leinenzwang unterliegen.

4. Eine weitere nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung ist darin zu erblicken, dass in den Katalog der Hunderassen der 2. Kategorie neben sog. klassischen Kampfhunden von den sog. Schutzhunden nur die Rassen Rottweiler und Dobermann, insbesondere aber nicht die Deutschen Schäferhunde aufgenommen wurden. Das entscheidende Kriterium der Schadensauffälligkeit treffe nach den dem Gericht vorliegenden Beißstatistiken und wissenschaftlichen Stellungnah

men ebenso für Schäferhunde, aber auch für Doggen und Boxer zu.

Am Vortag hatte bereits das OVG Schleswig das Kriterium der Rasse für die Einstufung der Gefährlichkeit eines Hundes für ungeeignet befunden und wesentliche Teile der Verordnung von Schleswig-Holstein für nichtig erklärt.

Ich frage die Landesregierung: