Protocol of the Session on May 16, 2001

Eine kleine sachliche Korrektur, die notwendig ist. Im Urteil über Herrn Heinz wird ausdrücklich gesagt, dass er kein sadistischer Täter sei, sondern dass seine Gewalt zweckorientiert gewesen sei, also nicht überschießend. Das ist für die Sachverständigen bei der Frage wichtig, wie er als Persönlichkeit einzuschätzen ist. Sie trennen deutlich zwischen den Vergewaltigern, die ihre Gewalt instrumentell einsetzen, und den Sadisten. Zu den Zweiten gehört er nicht.

Sie haben behauptet, ich sei im Kabinett abgebürstet worden. Dem muss ich widersprechen. Das stand auch in der Presse so nicht. Das war eine sehr sachliche und für mich ausgesprochen hilfreiche Vorbereitung auf die Sitzung des Rechtsausschusses. Ich danke den Kollegen noch einmal, die im Kabinett sehr sachliche Fragen gestellt haben.

(Wulff (Osnabrück) [CDU]: Und die Kolleginnen?)

Zum Fall Heinz selber. Ausgangspunkt war doch, dass die Kammer am 30. April 1999 gesagt hat, zur Erreichung des Vollzugsziels sollte bei dem Verurteilten in der nächsten Zeit mit unbegleiteten Ausgängen begonnen werden. Es sollte ihm die Möglichkeit eingeräumt werden, seine Zuverlässigkeit unter Beweis zu stellen, um ihn damit zu weiteren rehabilitativen Schritten zu ermutigen.

Das heißt, die Kammer hat eine Vorlage gegeben, der die Anstalt dann gefolgt ist. Sie hat gemeinsam mit einem Gutachter, einem unabhängigen, externen Gutachter, eine Entlassung für das Jahr 2003, vier Jahre nach Antritt der Haft, ins Auge gefasst. Der behandelnde Therapeut hat bestätigt, dass aus seiner Sicht dieser Kurs eingehalten werden sollte.

Von daher kommen wir zu dem Ergebnis: Die Entscheidung über die Vollzugslockerungen waren rechtlich nicht zu beanstanden. Ich weise darauf hin: In Bayern, in Baden-Württemberg und auch in anderen Bundesländern gibt es in solchen Fällen Vollzugslockerungen zur Vorbereitung.

(Möllring [CDU]: Das gibt es überall, weil das im Gesetz so steht! Die Frage ist, wie man das anwendet!)

- Völlig richtig. Von daher ist in dieser Hinsicht nichts falsch gelaufen.

(Möllring [CDU]: Da ist nichts falsch gelaufen?)

Aber wir fragen, ob es wirklich richtig war, den Gefangenen am 24. April rauszulassen, denn zu dem Zeitpunkt lag ein ärztliches Gutachten bzw. eine Stellungnahme des Anstaltsarztes vor, wonach Herr Heinz im Augenblick sehr labil sei, wonach er perspektivlos und suizidgefährdet sei. Es gibt einen weiteren Hinweis eines Sicherheitsdienstleiters, der auf die Suizidgefahr sowie darauf hingewiesen hat, dass dort Probleme bestanden haben. Von daher haben wir, abgesehen von dem, was Herr Schröder bereits angemahnt hat, folgende Folgerungen aus dem Ganzen gezogen:

Erstens. Das Informationssystem muss verbessert werden.

Zweitens. Es müssen Duplikate der Akten angefertigt werden.

Drittens. Es muss klargestellt sein, dass ein Analyseteam zu allen diesen offenen Fragen nachprüft, ob es wirklich richtig war, dass er am 24. April trotz einer gewissen psychischen Krise, in der er sich befunden hat, raus durfte.

Viertens. Wir wollen eine Richtlinie zur entlassungsnahen Lockerungsgewährung erarbeiten. Zu diesem Zweck lassen wir gerade alle Vollzugslockerungen überprüfen, die es bei Sicherungsverwahrten gibt.

Fünftens. Wir - das ist schon angedeutet worden werden in Zukunft, bevor es zu Lockerungen kommt, zwei Gutachten einholen. Wenn sich diese widersprechen, wird aus der Fachlichkeit des befürwortenden Gutachtens ein drittes Gutachten eingeholt. Von daher meinen wir, dass wir unserer Verantwortung gerecht werden. Die aus diesem Fall zu ziehenden Folgerungen haben wir gezogen. - Ich danke Ihnen.

Jetzt hat sich Frau Kollegin Bockmann zu Wort gemeldet.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieses Thema stand zweimal auf der Tagesordnung, nämlich zum einen im Rechtsausschuss und zum anderen heute hier im Plenum. Bei aller Fairness, Herr Busemann, kommt es mir doch so vor, als stünden hier Original und Fälschung auf der Tagesordnung. Das Original hat im Rechtsausschuss stattgefunden; und heute kommen Sie mit der Fälschung.

Ich möchte das am Beispiel Salinenmoor erläutern. Sie haben von Schlampigkeit gesprochen.

(Möllring [CDU]: Der Minister auch!)

Sie haben im Rechtsausschuss, so sage ich einmal, billigend in Kauf genommen, dass 100 begleitete und sieben unbegleitete Ausgänge stattgefunden haben. Bei dem achten unbegleiteten ist es dann passiert.

(Vizepräsident Gansäuer über- nimmt den Vorsitz)

Wenn Sie der Auffassung sind, dass in Salinenmoor eine gewisse Schlampigkeit vorherrsche, dann möchte ich entgegenhalten, dass uns seit Dezember letzten Jahres Masseneingaben aus Salinenmoor, nämlich 50 Stück an der Zahl, vorliegen. Wir haben Salinenmoor besucht und haben festgestellt, dass diese Vorwürfe unhaltbar sind. Unhaltbar ist der Vorwurf, dass in dieser JVA schlampig gearbeitet werde.

(Beifall bei der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Rechtsausschuss haben wir ungewöhnlich viel Zeit - das ist diesem Fall auch angemessen - auf die

Diskussion verwandt. Die CDU-Fraktion war auch mit den Antworten zufrieden. Sie war zufrieden damit, dass der Herr Minister ganz klar und deutlich zum Ausdruck gebracht hat, dass Herr Heinz in der Öffentlichkeit eine Gefährdung für die Frauen darstellt und dass aufgrund der Informationen der JVA, wie es Herr Schröder angeführt hat, Fehleinschätzungen zustande gekommen sind.

(Zuruf von Wulff (Osnabrück) [CDU])

Die Fehler in diesem Verantwortungsbereich sind bedauert worden. Wir alle waren uns einig, dass es nur eine Konsequenz geben könne, nämlich die doppelte Aktenführung. Es kann nicht angehen, dass Akten bei einer Behörde liegen und das MJ die notwendigen Informationen nicht ad hoc bekommen kann.

Die Rahmenbedingungen für die Sicherungsverwahrung - das ist der Knackpunkt in der öffentlichen Diskussion - haben wir ebenfalls noch einmal hinterfragt. Für alle Nichtinformierten ist eines nicht verständlich: auf der einen Seite Sicherungsverwahrung und auf der anderen Seite freier Ausgang. Für einen Nichtinformierten passt das nicht zusammen.

Wir haben uns gefragt, ob diese Institution überhaupt sinnvoll ist. Andere Länder blicken auf Deutschland und hätten dieses System gerne. In den Niederlanden z. B. ist es so, dass lediglich bei gefährlichen Tätern der Ein-Drittel-Straferlass nicht gewährt wird. Eine Sicherungsverwahrung gibt es nicht. Schweden und Großbritannien wollen uns nacheifern.

Wir sind froh, dass wir diese Notmaßnahme in der Kriminalpolitik haben, denn nur dadurch können wir die Allgemeinheit schützen. Aber hier ist es so gewesen, dass die Strafvollzugskammer vorgeschlagen hat, sozusagen wohl dosierte Vollzugslockerungen zu gewähren, und zwar auch in Form unbegleiteter Ausgänge. Die Entlassung - das ist das Problem - wurde auf etwa 2003/2004 terminiert. Das wurde vorgeschlagen. Irgendwann kommt er also, wie Herr Schröder dies ausgedrückt hat, raus. Müssen wir ihm bis dahin nicht die Möglichkeit geben, sich gemeinschaftskonform zu verhalten? Anderenfalls hätten wir nämlich tickende Zeitbomben in unseren JVAs.

(Möllring [CDU]: Jetzt haben wir eine freie!)

Im Fall Heinz besteht das Problem darin, dass die Prognoseentscheidung falsch gewesen ist.

(Busemann [CDU]: Ja!)

Die Prognose wollen wir durch ein doppeltes Sicherheitsnetz auffangen, und zwar nicht nur durch die Einschaltung von zwei Gutachtern, sondern auch von Gutachtern unterschiedlicher Fachrichtungen, nämlich durch einen Psychiater und einen Psychologen. Dadurch ist nach unserer Auffassung das Risiko zu minimieren. Genau so wird der Minister handeln. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat der Kollege Busemann. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vielleicht noch ganz kurz. Frau Kollegin, dass die CDU-Fraktion im Rechtsausschuss irgendetwas billigend in Kauf genommen hätte und dergleichen mehr, haben wir nicht feststellen können. Das möchte ich in diesem Zusammenhang einmal deutlich machen. Von daher möchte ich auf Ihren Beitrag auch nicht weiter eingehen.

Wenn man die Entwicklung vom Ergebnis her betrachtet, dann ist ja wohl etwas falsch gelaufen; denn der, der jetzt eigentlich in Salinenmoor sitzen müsste, wird irgendwo im Lande gesucht, ist nicht auffindbar, und die Bevölkerung ist verunsichert. Das müssen wir hier einmal feststellen.

Herr Schröder, wir sind uns ja einig: Sicherungsverwahrung hat auch etwas mit Vollzugslockerung, Vorbereitung und anderem mehr zu tun. Ich bleibe aber bei meinem Vorhalt, dass die Gesetzesregelung zumindest zu kompliziert ist, sodass darin Fehlerquellen angelegt sind. Also lassen Sie uns hier über ein Eingreifen nachdenken. Wenn man sich die entscheidenden Paragrafen noch einmal anguckt, so möchte ich darauf hinweisen, dass in den letzten Jahren auch das Bundesverfassungsgericht ein paar Mal hat eingreifen müssen, sodass nun viele - auch Praktiker - gar nicht mehr wissen, wie die §§ 61 ff. zu handhaben sind. Deshalb muss die Aufmerksamkeit auch einmal auf diesen Aspekt gelenkt werden.

Sie, Frau Kollegin, haben ja Prognosefehler zugestanden. Die Frage ist nun, ob er unter den Bedingungen des 24. April wirklich als Freigänger hätte rausgelassen werden dürfen. Ich möchte hier noch einmal Folgendes in Erinnerung rufen: Bis 1998 haben die Gutachter gesagt, dass der gute Mann noch nicht einmal therapiewillig sei. Er hat im Jahr 1979 die erste Tat begangen. Erst im Jahr 1999 ist bei den Gutachtern ein Sinneswandel eingetreten: Freigang, zunächst mit Begleitung, dann unbegleitet. - Ich will hier einmal sagen - das muss dann vor allem auch die Anstalt einmal bemerken -: Wenn es zutrifft, dass der Mann bis Hildesheim gebracht wurde - zunächst begleitet -, um dort sozusagen in die Obhut der Familie gegeben zu werden, er die Familie seit Monaten aber nicht aufgesucht hat, sondern irgendwo ins Milieu oder sonst wohin abgetaucht ist, dann ist mit den guten Absichten offensichtlich etwas nicht ganz richtig gelaufen. Das muss die Anstalt doch bemerken. Es muss doch eine Rückkopplung auslösen, und man muss sich diesen Herrn doch einmal etwas näher angucken. Ich will einmal sagen und betrachte dies wieder einmal vom Ergebnis her: Hier liegt offenbar eine Fehlentscheidung vor. Es ist nun ein Auftrag aller, solche Fehler in Zukunft zu vermeiden. Danke.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht mehr vor. Damit ist die Aktuelle Stunde beendet.

Bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, darf ich zwei Damen begrüßen, die aus den USA zu uns gekommen sind. Es handelt sich dabei - sie sitzen von mir aus gesehen in der linken Loge - um Frau Anne Derber und um Nancy Biersack. Sie sind Vertreterinnen des YMCA und kommen vom Camp Manito-wish. Diese Verbindung besteht seit 1947. Sie besuchen jetzt Deutschland. Ich begrüße sie herzlich und hoffe, dass sie bei uns interessante Tage verbringen werden.

(Beifall)

Meine Damen und Herren, ich rufe jetzt auf den

Tagesordnungspunkt 2: 32. Übersicht über Beschlussempfehlungen der ständigen Ausschüsse zu Eingaben Drs. 14/2410 – Änderungsantrag der Fraktion der CDU – Drs. 14/2474 – Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen – Drs. 14/2480

Ihnen ist seit langer Zeit bekannt, dass wir an dieser Stelle nur über die unstrittigen Eingaben abstimmen. Dies soll auch heute so geschehen. Gibt es dazu Wortmeldungen? - Das ist nicht der Fall.

Dann lasse ich jetzt über die Ausschussempfehlungen zu den Eingaben in der Drucksache 2410 abstimmen, zu denen - wie gesagt - keine Änderungsanträge vorliegen. Dabei ist die in der Eingabenübersicht aufgeführte Eingabe 3347 zu streichen. Sie ist noch nicht abschließend beraten. Wer insoweit den Ausschussempfehlungen zustimmen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Stimmenthaltungen? Bei einer Neinstimme sind die Empfehlungen ansonsten mit großer Mehrheit so beschlossen worden.

Meine Damen und Herren, ich rufe jetzt auf den

Tagesordnungspunkt 3: Zweite Beratung: a) Entwurf eines Gesetzes über die Region Hannover - Gesetzentwurf der Landesregierung - Drs. 14/1880 b) Chancen der Region Hannover nutzen Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drs. 14/54 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für innere Verwaltung - Drs. 14/2464