Protocol of the Session on February 21, 2001

schlossen wurde, gibt es einen Bestandsschutz für die Bettenzahl, die Patientenklientel, die Fallzahl und die Ertragssituation der MHH. Durch die Förderung des INI dürfe all dies nicht gefährdet werden. - Und dann wird innerhalb von Minuten in einer Pressekonferenz die Schließung der gesamten Neurochirurgie der MHH im Umfang von 76 Betten verkündet. Es ist ein unglaublicher Vorgang in diesem Land, wie hier die Krankenhausplanung vorgenommen wird.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, es stellen sich auch Fragen im Zusammenhang mit der Verlässlichkeit der Landesregierung hinsichtlich der Bürgschaftsvergabe. Die Beteiligten bei der MHH, die diese Vereinbarung abgeschlossen haben, können wieder einmal feststellen: Wer sich auf Sie verlässt, ist verlassen, und es ist ein großer Unterschied, ob Sie etwas versprochen haben oder ob es sich nur mehr um einen Versprecher gehandelt hat.

Wir als CDU-Landtagsfraktion sehen gigantischen Aufklärungsbedarf. Wir sehen einen nachhaltigen Rettungsbedarf für das INI, aber auch für die MHH und die Bürgschaft, und wir sehen Gerechtigkeitsbedarf. Denn Sie spalten das Land. Sie spalten den Ballungsraum vom Land, Sie spalten die MHH vom INI, und Sie spalten Therapie, Diagnose und Forschung, wenn Sie sich mit Ihren wirren Vorstellungen auf diesem Feld durchsetzen.

(Beifall bei der CDU)

Es ist unverantwortlich, bei einem Investitionsstau von 2 Milliarden DM im Krankenhausbau so mit 83,2 Millionen DM umzugehen. Es gibt Aufklärungsbedarf zur Machbarkeitsstudie, zur Bürgschaftsvergabe, ob diese Bürgschaft, so streitbefangen, so risikobehaftet, wie sie ist, überhaupt ohne Beteiligung des Landtages gegeben werden durfte. Ich bezweifle das nachhaltig. Es gibt Fragen zur Beteiligung der Ministerien, zum Versagen der Aufsicht des Landes und der Leitung des INI. Sie haben sich auf einen Pfad begeben, der nur in dieses Ergebnis führen konnte.

Beim Rettungs- und Handlungsbedarf für das Land sehen wir Folgendes als notwendig an:

Zunächst gilt es, einen Status festzustellen. Wie ist die Auslastung? Wie viele internationale Patienten sind dort? Werden die möglicherweise gar nicht hirnchirurgisch behandelt, sondern plastisch operiert? Oder wird dort Fett abgesaugt, wie uns Bür

ger mitteilten? Das mache im Moment die Auslastung aus.

Dann stellt sich die Frage an die Gesellschafter, was die denn in dieser problematischen Lage bereit sind zu zahlen. Das ist doch der erste Akt, wenn ein Risiko auftritt, wenn ein Problem auftritt, die Gesellschafter zu fragen. Wenn jemand nicht einmal bereit ist, drei oder vier Monatsgehälter mit einer selbstschuldnerischen Bürgschaft zu riskieren, dann müsste man schon nachdenklich werden.

Die nächste Frage stellt sich zur Sicherung der MHH, die eine funktionierende, weltweit anerkannte Einrichtung ist. Wir wollen die Unterstützung in Berlin für einen Forschungsschwerpunkt Neurobionik. Da wird es noch schwer genug sein, dass keine Forschungsflächen im INI vorgesehen sind. Und wir wollen die internationale Werbung für diese Einrichtung.

Wir wollen vor allem, dass Sie mit dieser unglaublichen Hektik, mit dieser gigantischen Vernebelung der Öffentlichkeit und des Parlaments mit ständig neuen Informationen und Angaben aufhören. Wir wollen, dass jetzt mit dem Landtag ein Konzept erarbeitet wird, das den Schaden, der für das Land entstehen wird, begrenzt. Sonst würde dem Standort Hannover nachhaltig geschadet.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat der Abgeordnete Golibrzuch.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Geschichte des INI ist die Chronik eines angekündigten Skandals. Der Zusammenbruch eines angeblich hochprofitablen Wirtschaftsplans, das mögliche Fälligwerden einer millionenschweren Landesbürgschaft sind nicht überraschend, sondern sind logische Folge einer beispiellosen Ignoranz dieser Landesregierung.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Bereits im Vorfeld dieser Bürgschaft verwiesen die Krankenkassen auf den fehlenden Bedarf an neurochirurgischen Betten. Der Landesrechnungshof hat die neue medizinische Qualität dieser Einrichtung bestritten. Meine Fraktion hat darauf hingewiesen, dass sich das Land erpressbar machen

werde, das INI entweder in den Krankenhausplan aufnehmen oder aber das Fälligwerden der Bürgschaft in Kauf nehmen zu müssen.

Jetzt habe ich sogar gelesen, es gab auch Warner aus der SPD-Fraktion, die Herrn Oppermann oder damals noch Herrn Ebisch darauf hingewiesen haben, um Gottes willen diesen Fehler nicht zu begehen. Wenn das so war, dann sitzen in dem Fall aber mit Sicherheit die Flaschen nicht in der SPDFraktion, sondern in dieser Landesregierung, Herr Oppermann.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der CDU)

- Da grinst sogar Herr Plaue.

(Heiterkeit bei der CDU)

Die Landesregierung hat diese Warnungen ignoriert. Was noch viel schlimmer ist, es ging von Anfang an ausschließlich um das Interesse einer Privatklinik, sich auf einem gesättigten Markt gegen die Interessen öffentlicher Betriebe des Landes und der Stadt Hannover durchzusetzen. Der eigentliche Skandal dabei ist, dass das Land durch die Bürgschaft die Interessen dieses privaten Investors und nicht die der öffentlichen Einrichtungen unterstützt hat.

(Frau Elsner-Solar [SPD]: Das glaubt ihr aber alleine!)

Meine Damen und Herren, eine Privatklinik wäre uns willkommen gewesen als Ergänzung des medizinischen Angebotes am Standort Hannover. Nur müsste dann unter diesen Voraussetzungen das wirtschaftliche Risiko natürlich vom Betreiber getragen werden und nicht von der Landesregierung über eine solche Bürgschaft. Die Landesregierung hat ihr Engagement mit dem Hinweis begründet, in diesem Institut würde Spitzenforschung - sogar weltweit einmalig - betrieben. Spitzenforschung!

Da ist es doch kurios, dass das MWK, also ein Teil dieser Landesregierung, bei der Begutachtung der Anträge des INI festgestellt hat, dass im Geschäftsplan des INI weder Personal noch Flächen für Forschung in dieser Einrichtung vorgesehen sind. Das heißt mit anderen Worten, dass natürlich eine Forschung, wenn sie denn in Kooperation mit dem INI stattfinden soll, ausschließlich durch Beschäftigte der Medizinischen Hochschule Hannover betrieben werden kann. Wenn dafür Geräte

im INI benutzt werden sollen, dann muss dafür natürlich ein entsprechendes Entgelt gezahlt werden.

Wer bei diesem Leistungsaustausch zwischen Medizinischer Hochschule und Privatklinik letztendlich profitiert, kann dann von niemandem mehr kontrolliert werden, jedenfalls nicht mehr vom Landesrechnungshof, weil Sie durch Ihre Novelle des Hochschulgesetzes im letzten Herbst dafür gesorgt haben, dass dem Rechnungshof die Prüfungskompetenz für solche Einrichtungen entzogen worden ist.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU - Frau Elsner- Solar [SPD]: Das wussten Sie alles schon 1998!)

Meine Damen und Herren, Universitätskliniken haben aus unserer Sicht die Pflicht, das medizinische Wissen in allen Bereichen der Medizin zu erweitern und dieses Wissen an die Studierenden der Medizin und an die Ärzte in der Weiterbildung weiterzugeben. Dies erfordert, dass die Basisversorgung neben medizinischer Maximalversorgung stattfinden muss. Mit Ihrer Politik, Herr Oppermann, sorgen Sie dafür, dass die notwendige Mischkalkulation dieser öffentlichen Einrichtung zusammenbricht. Die hinsichtlich der Kosten risikoarm zu betreibende Medizin wird privatwirtschaftlich durchgeführt, nämlich im INI, und die kostenträchtigen Bereiche wie die Notfallversorgung und die Behandlung von Patienten mit komplizierten medizinischen Problemen finden in den öffentlich betriebenen Krankenhäusern statt. Die lassen sich damit im Ergebnis nur noch defizitär betreiben.

Nun haben Sie vorgeschlagen, um den Zusammenbruch des INI abzuwenden, die neurochirurgische Abteilung der MHH komplett in diese Privatklinik zu verlegen. Abgesehen davon, dass Sie sich dann belehren lassen mussten, damit auch die Unfallversorgung in der MHH zu gefährden, macht dieser Vorschlag aus unserer Sicht keinen Sinn, weil die Unterbringungs- und Behandlungskosten im INI nahezu dem doppelten Satz der Medizinischen Hochschule entsprechen und aus dem bisherigen Budget dieser Einrichtung nach dem, was mit den Kassen vereinbart worden ist, nicht finanzierbar sind.

Vor allem aber wären mit einem solchen Modell zusätzliche Kosten verbunden. Diese Einrichtun

gen sind räumlich voneinander getrennt. Das heißt, sie hätten einen Bedarf von mindestens einem Dutzend neuer, zusätzlicher Assistenzärzte. Sie bräuchten zusätzliche Bereitschaftsdienste, parallel in beiden Einrichtungen, Nachtdienste. Sie müssten Laboreinrichtungen, Diagnoseeinrichtungen, die alle im INI nicht vorhanden sind, zusätzlich schaffen. Das führt unter dem Strich nicht dazu, dass durch diese Kooperation zwischen MHH und INI Synergieeffekte entstehen können. Das kann im Ergebnis überhaupt nur dazu führen, dass es zu erheblichen Mehrkosten kommt. Deswegen ist dieser Vorschlag überhaupt keine Lösung.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, je absurder die Vorschläge für eine Rettung des INI werden, umso mehr wird auf das behauptete Interesse der Patienten abgestellt. Mich beschleichen Zweifel, ob es um das Wohl von Patienten ging, als das INI in den letzten Monaten mehrfach operierte Privatpatienten mit Komplikationen in die MHH zurückverlegt hat, weil, wie es ein Krankenpfleger formulierte, an diesen Patienten kein Geld zu verdienen ist.

Mich beschleichen auch Zweifel, ob es eigentlich um das Wohl der Patienten geht, wenn Herr Samii von seinen Kunden im Vorfeld einer Operation die Unterschrift unter eine Erklärung verlangt, mit der sie anerkennen, dass die Operation nur dann stattfindet, wenn weit mehr als der sonst übliche Abrechnungssatz kassiert werden darf.

Ich halte das Argument des Patientenwohls also für an den Haaren herbeigezogen. Die Landesregierung muss sich entscheiden, ob sie erstmals die Interessen der Medizinischen Hochschule und damit des Landes vertreten möchte oder ob sie sich hier weiterhin zum Büttel eines privatwirtschaftlichen Interesses machen will.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das waren großzügig gerechnete fünf Minuten. Herr Groth!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich stelle fest, dass CDU und Grüne die Diskussion mit völlig unterschiedlichen Schwerpunkten führen. Daraus ergibt sich eine komplizierte Allianz,

die ich für gefährlich halte. Die einen - die Grünen - reden gegen Samii und seine Initiative. Die anderen - die CDU - sind mehr darauf ausgerichtet, ein exzellentes Zentrum in Niedersachsen zu halten; sie wollen viel darüber erfahren und korrigierend eingreifen, aber insgesamt wollen sie das INI nicht kaputt reden. - Also: eine unglückselige Allianz aus völlig unterschiedlichen Zielsetzungen.

(Zurufe von der CDU)

Meine Damen und Herren, es wird Ihnen nicht gelingen, einen Keil zwischen Landesregierung und sozialdemokratische Fraktion zu treiben. Wir sind uns alle darin einig - in diese Richtung gingen auch die Vorträge in den Fachausschusssitzungen der letzten Tage -, dass das INI kein zusätzliches Krankenhaus in Hannover sein kann, sein soll und sein darf. In dieser Aussage stimmen Krankenkassen, Landesregierung und SPD-Fraktion überein, und das war in den vergangenen Jahren auch immer die Stoßrichtung der Diskussionen in den verschiedenen Ausschüssen: Ein zusätzliches Krankenhaus im Sektor Hirnchirurgie hat Hannover nicht nötig.

Herr Golibrzuch, Sie haben nicht Recht, wenn Sie sagen, hier habe jemand seine Geschäftsidee, Privatpatienten nach Hannover zu ziehen, ohne die Bedarfsdeckung im Sinne der Krankenhausplanung im Blick zu haben, in einen gesättigten Markt platziert. Sie wissen auch, dass das nicht stimmt.

(Zuruf von Golibrzuch [GRÜNE])

Ich nenne ein Beispiel. In der „Ärztezeitung“ vom Mittwoch, dem 7. Februar, stellt sich BadenWürttemberg vor, das es das INI kopieren und in großer Eile bei sich platzieren will. Wörtlich heißt es dort: „Hirnforschung wird eines der beherrschenden Themen des neuen Jahrhunderts sein.“

Also, dass dieser Markt gesättigt sei, schätzen wohl nur Sie so ein. In der Wissenschaftslandschaft der anderen Bundesländer wird das deutlich anders eingeschätzt.

(Frau Pothmer [GRÜNE]: Aber nicht mit diesem Konzept!)

Sie sagen, diese Bürgschaft sei hochgradig risikobehaftet; so oder so ähnlich haben Sie es formuliert. Dabei lassen Sie aber unerwähnt, dass die Geschäftsidee, am Standort Hannover eine Hirnklinik zu errichten, nicht nur von Samii selbst, sondern auch von namhaften Wirtschaftsunter

nehmen - z. B. der Firma Siemens - und von namhaften Forschern getragen wurde, die sich daran auch mit eigenem Geld und auf eigenes Risiko beteiligt haben. Diese Geschäftsidee wurde in der Gründungsphase des INI von 1994 bis 1998 von Roland Berger und von drei weiteren Gutachtern bewertet. Erst danach hat der Landeskreditausschuss die Bürgschaft gewährt. - Also: Was Sie hier berichtet haben, ist unzutreffend.

Herr Wulff, auch das, was Sie - bei aller Zurückhaltung, die Sie geübt haben - gesagt haben, trifft nicht zu: Das Problem war eben nicht seit Jahren bekannt. Die Landesregierung hat in der Ausschusssitzung heute Morgen berichtet - Sie haben mit am Tisch gesessen -, dass sie Ende November vergangenen Jahres von den Problemen, die sich wahrscheinlich Mitte 2001 einstellen werden, unterrichtet worden sei und dass es insofern einer Nachsteuerung bei der Geschäftsidee bedürfe, als namhafte Persönlichkeiten, von denen man in der Gründungsphase noch annahm, dass sie nach Hannover berufen werden könnten, letztlich nicht nach Hannover berufen werden konnten, zum Teil deshalb, weil das INI deutlich später fertig gestellt worden ist, als es ursprünglich geplant gewesen sei. - Also: Auch Sie, Herr Wulff, haben die Öffentlichkeit unzutreffend informiert. - Die Landesregierung hat dies zur Kenntnis bekommen und sich unverzüglich darum bemüht, tragfähige Konzepte für die Zukunft zu entwickeln. Dabei hat sie sogar ihre Rolle als Bürgschaftsgeber verlassen und bringt sich fast so ein, als wenn sie Kreditgeber wäre.