Protocol of the Session on February 21, 2001

Ich stelle gleich zu Beginn die Beschlussfähigkeit des Hauses fest.

Die Einladung und die Tagesordnung für diesen Tagungsabschnitt liegen Ihnen gedruckt vor.

Für die Aktuelle Stunde liegen drei Beratungsgegenstände vor. Es liegen zwei Dringliche Anfragen vor, die morgen früh ab 9 Uhr beantwortet werden.

Die Fraktion der CDU hat mit Schreiben vom 20. Februar 2001 gemäß § 66 Abs. 1 Nr. 4 unserer Geschäftsordnung beantragt, die unter Tagesordnungspunkt 16 vorgesehene zweite Beratung des Antrages „Ministeranklage - Antrag auf Entscheidung des Staatsgerichtshofs über die vorsätzliche Verletzung von Verfassung oder Gesetz durch die Mitglieder der Landesregierung Ministerpräsident Gabriel und Minister Bartling gemäß Artikel 40 der Niedersächsischen Verfassung vor dem Staatsgerichtshof“ von der Tagesordnung abzusetzen und zur erneuten Beratung in den Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen zurückzuverweisen, weil sie im Hinblick auf eine Veröffentlichung in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ vom gestrigen Tage erneuten Beratungsbedarf sieht.

Das Wort dazu hat zunächst der Abgeordnete Möllring!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir hatten im Fall Minnier seit letztem Montag die Möglichkeit, Akteneinsicht zu nehmen. Der Rechtsausschuss hatte diese Möglichkeit nicht, weil die Akteneinsicht auf den Ausschuss für Verwaltungsreform und öffentliches Dienstrecht beschränkt war.

In den Ausschüssen ist uns erklärt worden, dass es keine schriftlichen Unterlagen über die Gründe bzw. Begründungen für die Versetzung von Herrn Minnier in den Ruhestand gebe.

Wir konnten gestern der „FAZ“ entnehmen, dass dies nicht der Fall ist. Wie die Landesregierung

inzwischen erklärt hat, hätte man das auch den Akten entnehmen können, die letzte Woche von Teilen unserer Fraktion eingesehen worden sind. Da die für vertraulich erklärt worden sind, haben diese Mitglieder der Fraktion gemäß unserer Geschäftsordnung aber nicht das Recht, den anderen Fraktionsmitgliedern mitzuteilen, was sie in diesen Akten gelesen haben. Das ist hinsichtlich unseres Akteneinsichtsrechts ein wenig widersinnig, aber das ist nun einmal die Folge, wenn man seitens der Landesregierung verlangt, dass diese Akten nur vertraulich eingesehen werden dürfen.

Unabhängig davon halten wir es für nicht hinnehmbar, dass uns der Innenminister in den Fachausschüssen, in denen wir diese Frage diskutieren, informiert und nicht auf diese Vermerke hinweist, sondern uns sagt, es habe nichts Schriftliches vorgelegen.

Zweitens hat Herr Unger in diesem Vermerk - dabei handelt es sich ja nicht um irgendeine hirnlose Oberschützenmeldung, sondern Herr Unger ist immerhin Vertrauter des Ministers darauf hingewiesen, dass die Urkunde Herrn Minnier nunmehr dringend auszuhändigen sei, weil er damit drohe, die wirklichen Gründe für seinen Entlassungsantrag vorzutragen. Das ist eine Sache, die im Rahmen der Beratung im Rechtsausschuss geprüft gehört und hätte geprüft werden müssen.

(Zustimmung von Eppers [CDU])

Heute steht in der „Nordwest-Zeitung“, Herr Unger habe erklärt, Herr Minnier

„habe erklärt, er werde seine Zurückhaltung aufgeben, falls das Gezerre um seine Pensionierung nicht beendet werde. Dann werde er ‚die wahren Gründe‘ für seinen Wunsch nach frühzeitigem Ausscheiden nennen.“

Das heißt, dass Herr Unger gestern, nachdem unser Antrag bekannt war, noch einmal bestätigt hat, dass Herr Minnier erklärt hat, dass er, wenn seine Entlassung nicht bald „in die Strümpfe“ käme, die wahren Gründe für seine Entlassung bekannt geben werde.

Die zwei Fragen, die im Ausschuss geklärt werden müssen, sind zum einen „Hat es wahre Gründe gegeben?“ - dann sind die bisher genannten Gründe nämlich nicht wahr; das hat Herr Unger der „NWZ“ gestern noch einmal bestätigt -, und zum anderen „Welches sind die wahren Gründe“. Dann

kann über unseren Antrag zu Tagesordnungspunkt 16 entschieden werden.

(Beifall bei der CDU)

Deshalb beantragen wir, ihn in den Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen zurückzuverweisen, damit dort unter Einbeziehung sämtlicher Unterlagen, die vorliegen, erneut beraten werden kann. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat der Abgeordnete Möhrmann.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Möllring, es fällt nicht schwer, die Dramaturgie für diese Plenarsitzungswoche zu durchschauen. Es hat zwei Gutachten zu dieser Frage gegeben, und zwar ein Gutachten vom Gesetzgebungs- und Beratungsdienst und ein Gutachten des Landesrechnungshofes. Beide Gutachten sind unter Berücksichtigung der vorliegenden Vermerke - auch des Vermerks, der in der „FAZ“ wiedergegeben worden ist - erstellt worden und kommen zu dem Ergebnis, dass die Gründe für die Landesregierung, Herrn Minnier in den vorzeitigen Ruhestand zu versetzen, tragend seien und das Ganze damit nicht zu beanstanden sei.

Von daher sehen wir, meine sehr verehrten Damen und Herren, überhaupt keinen Grund, den Ausschuss erneut mit dieser Frage zu beschäftigen, weil eine erneute Beschäftigung des Ausschusses zu keinen weiteren Ergebnissen führen wird. Deshalb, Herr Möllring, weisen wir Ihren Antrag zurück.

(Beifall bei der SPD)

Da Sie schon in der Sache geredet haben, möchte auch ich gerne noch eines hinzufügen: Es hätte die Möglichkeit gegeben, auf diesen Vermerk einzugehen, weil die Akten in der Tat vorgelegen haben. Wie zufällig die Veröffentlichung in der „FAZ“ gewesen ist und wie zufällig das heute zum Thema wird, mag jemand anderes untersuchen. Ich will jedenfalls nicht mit meiner Meinung hinter dem Berg halten, dass das für mich nicht alles Zufälle sind.

Wir werden nachher ausreichend Gelegenheit haben, Herr Möllring, im Rahmen der Tagesordnung Ihre möglicherweise zusätzlichen Gründe zu erörtern. Wir bleiben dabei, dass das heute auf der Tagesordnung bleiben soll.

(Beifall bei der SPD)

Für die Grünen spricht die Abgeordnete Frau Pothmer.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Möhrmann, das ist in der Tat ein völlig neuer Umgang mit diesem Parlament.

(Oh! bei der SPD - Beifall bei den GRÜNEN - Plaue [SPD]: Ich glaube, mein Hamster bohnert!)

In der Vergangenheit - ich will das einmal einschränkend für die Zeit sagen, in der ich hier dabei war - war es noch nie strittig, dass, wenn eine Fraktion, die hier einen Antrag gestellt hat, erneut Beratungsbedarf anmeldet, diesem Antrag dann auch stattgegeben wird.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der CDU - Zuruf von Plaue [SPD])

Dass Sie der Fraktion der CDU absprechen, dass sie erneuten Beratungsbedarf hat, und dass Sie dies nicht zulassen wollen, ist in der Tat eine neue Qualität, wie ich meine, und zeigt nur, dass Sie tatsächlich die Befürchtung haben, dass dabei etwas herauskommen könnte, das Ihnen nicht in den Kram passt.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der CDU – Plaue [SPD]: Lächerlich, was Sie hier abreißen!)

Meine Damen und Herren, wir sind in der Beratung des Falls Minnier im Ausschuss nie den Zweifel darüber losgeworden, dass der Hergang nicht so war, wie er uns geschildert worden ist. Nun treten hier neue Argumente ans Tageslicht. Ich finde es völlig selbstverständlich, dass die beraten werden können.

(Plaue [SPD]: Welche denn? Welche neuen Argumente? Versuchen Sie doch mal, bei den Fakten zu bleiben, Frau Pothmer!)

- Wenn es aus Ihrer Sicht keine sind, Herr Plaue, dann haben Sie jede - schlicht jede – Gelegenheit, das in der Ausschussberatung darzulegen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der CDU – Zuruf von Plaue [SPD])

Das trauen Sie sich offensichtlich nicht zu.

(Plaue [SPD]: Das ist doch wohl lä- cherlich!)

Ich sage für meine Fraktion: Wir werden dem Antrag der CDU-Fraktion auf Rücküberweisung zustimmen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der CDU - Plaue [SPD]: There is no busi- ness like show business!)

Der Abgeordnete Möllring hat noch einmal zur Geschäftsordnung um das Wort gebeten.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein Argument, das Herr Möhrmann noch vorgebracht hat, habe ich vergessen. Sicherlich liegt uns ein Gutachten des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes vor. Aber das ging von ganz anderen Voraussetzungen aus. Die hatten nämlich nicht die Personalakte und auch nicht diesen Vermerk.

(Plaue [SPD]: Falsch! Das ist definitiv falsch, was Sie da sagen!)

Erst wenn wir im Ausschuss ermitteln, welches die wahren Gründe für die Rücktrittsgesuche - -

(Zuruf von der SPD: Das ist falsch!)

- Das ist nicht falsch. Dem Gesetzgebungs- und Beratungsdienst hat die Personalakte nicht vorgelegen, sondern er hat sein Gutachten auf der Basis der Ausführungen des Innenministers erstellt, und der Innenminister hat diesen Vermerk schlicht verschwiegen.

(Plaue [SPD]: Das ist falsch, was Sie da sagen! Sie belügen hier die Öffent- lichkeit!)

Es muss doch möglich sein, herauszukriegen, welches die wahren Gründe sind, die nicht an die Öffentlichkeit gelangen dürfen.

(Plaue [SPD]: Sie gehen liederlich mit der Wahrheit um, Herr Möllring!)