Protocol of the Session on October 11, 2000

Für unsere Hochschulen heißt dies, dass die vorhandenen Schwerpunktsetzungen noch stärker akzentuiert werden müssen und dass hier ein eindeutiger, nachhaltiger Schwerpunkt der Landesförderung gesetzt werden muss.

Aus der Sicht von Forschung, Lehre und Wissenschaft gibt es dabei vielfältige Anknüpfungspunkte. Da geht es um die Sicherung der Ausbildungskapazitäten und Studiengänge, um die Verbesserung der Studienbedingungen, um die Verknüpfung der Biotechnologiestudiengänge mit betriebswirtschaftlichen Lerninhalten und auch um das verstärkte Einwerben von Fördermitteln beispielsweise des Bundes und der Europäischen Union für den niedersächsischen Standort.

Besonders liegt mir die frühzeitige und bedarfsgerechte Ausbildung von Nachwuchskräften am Herzen. Die Hochschulen und Forschungsinstitutionen stehen im scharfen Wettbewerb mit den biotechnologischen Unternehmen, und wir als Niedersachsen sind gefordert, die Ausstattung der Forschungsinstitutionen zu verbessern und dazu durch gezielte Förderung und Zuweisung weiterer Stellen beizutragen.

Die Spitzenforscher dieser Institutionen müssen bei uns gehalten werden, und man muss eben auch dafür sorgen, dass hoch qualifizierte Nachwuchskräfte nicht bereits im Studium abgeworben werden, weil sie in anderen Ländern erheblich bessere Bedingungen vorfinden. Deshalb sind gezielte Leistungsanreize und Schwerpunktsetzungen erforderlich, um eben qualifiziertes Personal zu halten und zu motivieren.

Sie werden es mir als Braunschweigerin auch nicht nachtragen, wenn ich mich gerade vor dem Hintergrund der hervorragenden Kompetenz für eine verbesserte Förderung der Gesellschaft für Biotechnologische Forschung einsetze.

(Zuruf von Frau Lau [SPD])

Es ist für mich unverständlich, wie auch diese Großforschungseinrichtung nach dem Rasenmäherprinzip vom Stellenabbau betroffen ist. Wenn man wirklich eine Schwerpunktsetzung in diesem

Bereich will, dann bedarf es zusätzlicher Investitionen und keiner pauschalen Kürzung. Hilfe braucht die GBF hier insbesondere dabei, nationales Zentrum für die Koordination der deutschen Impfstoffforschung zu werden. Wenn dies gelingt, stellt es einen wichtigen Schritt zur Profilierung und Bündelung der biotechnologischen Kompetenz in Niedersachsen dar. Vor allen Dingen sollten wir auch einmal sehen, dass es ein Forscher aus Niedersachsen war, der die Abfolge der Erbinformationen des Chromosoms 21 vollständig entschlüsselt hat. Ich frage mich, wann das von der Landesregierung entsprechend gewertet und auch international vermarktet wird.

(Zurufe von der SPD)

Denn es ist für solche Dinge eben doch schon die nachdrückliche politische Unterstützung erforderlich, die wir seitens unserer Fraktion durchaus zusichern wollen.

(Frau Lau [SPD]: Sie wissen ja auch gar nicht, was alles abläuft!)

Wichtig scheint mir auch die Verknüpfung der Biotechnologiestudiengänge mit betriebswirtschaftlichen Lerninhalten zu sein. Wir fordern auch, dass die Landesregierung bei der Gründung und Entwicklung von Unternehmen mehr Hilfestellung leistet. Wir brauchen Ausbau, Unterstützung und Entwicklung von biotechnologischen Gründer- und Technologiezentren, wir brauchen die Fortschreibung und Ausweitung individueller Fördermaßnahmen für Existenzgründer in diesem Bereich durch Gründerzuschüsse, Landesbürgschaften, Beteiligungen sowie Seed- and Venturecapital; wir brauchen die Erleichterung und Beschleunigung der behördlichen Genehmigungsverfahren.

Auf Netzwerkstrukturen habe ich bereits hingewiesen, will aber doch noch einmal betonen, dass auch eine Gründerberatung im Bereich der Biotechnologie bei Patenten und Innovationsgesellschaften der Universitäten und Kommunen durchaus wünschenswert und hilfreich wäre.

Ich will abschließend durchaus noch einmal eine Kompetenzbündelung auch innerhalb der Ministerien der Landesregierung einfordern, weil wir wissen, dass Biotechnologie zu Teilen im Umweltbereich, bei Wissenschaft und Kultur oder auch im Wirtschaftsministerium angesiedelt ist. Vielleicht sollte man, um die Dinge zu erleichtern, dort einmal einen Ansprechpartner für den gesamten Be

reich benennen, damit auch für die Leute, die hier Hilfe brauchen, die Wege kürzer werden und man auch zielgerichteter helfen kann.

Lassen Sie mich abschließend darauf hinweisen, dass die biotechnologische Diskussion selbstverständlich und nachdrücklich auch noch eine andere Dimension hat, nämlich eine tiefgreifende ethische. Es gibt nun einmal keine einfachen Antworten auf die komplexen wissenschaftlichen, rechtlichen, wirtschaftlichen und eben auch ethischen Fragen der Biotechnologie. Wir können die Menschen, die das heute erleben und in den Medien lesen, nur dann ohne Ängste in diese Zeit mitnehmen, wenn wir auch offen darlegen, worum es geht, wenn wir immer wieder mit ihnen sprechen und Transparenz schaffen. Es genügt sicherlich nicht, wenn das nur in der Fachpresse stattfindet, sondern das Ganze muss auch von der Politik mit angeschoben und aufgegriffen werden. Außerdem müssen die Wissenschaft, die Wirtschaft und die Bürger gemeinsam an einem Tisch sitzen. Wir müssen dabei die Grenzen der verantwortbaren Forschung und Nutzung aufzeigen, diskutieren und auch definieren. Wir brauchen einen fundierten gesellschaftspolitischen und wissenschaftlichen Dialog, der auf blinden Fortschrittsoptimismus ebenso verzichtet wie auf irrationale Technikfeindlichkeit und unsachliche Stimmungsmache.

(Zuruf von Frau Lau [SPD])

Deshalb würde ich es außerordentlich begrüßen, wenn wir uns gemeinsam dahin gehend verständigen könnten, dass zur Verbesserung der gesellschaftlichen Akzeptanz der Biotechnologie, Frau Lau, und vor dem Hintergrund einer notwendigen ethischen Einbindung breite öffentliche Diskussionen über Chancen und Risiken bio- und gentechnischer Entwicklungen stattfinden. Dabei muss - wie ich es eben gerade schon sagte - auch die fachkompetente Wirtschaft und Wissenschaft mit einbezogen werden. Die Biotechnologie - wenn sie mit dem notwendigen Augenmaß betrieben wird bietet enorme Chancen zur Zukunftssicherung unseres Bundeslandes. Diese Chancen sollten wir nutzen und nicht ungenutzt verstreichen lassen. Dazu gehört dann aber auch, dass das Land Niedersachsen einen nachhaltigen und deutlich sichtbaren Forschungs- und Entwicklungsschwerpunkt setzt. Dazu wollen wir heute mit unserer Initiative einen Beitrag leisten. Ich würde mich sehr freuen, wenn jetzt nicht wieder nur die übliche Antwort kommt: Machen wir alles schon, haben wir alles schon, kriegen wir alles schon. Stattdessen sollten

wir zum Wohle unseres Landes konstruktiv versuchen, die Dinge gemeinsam zu bewegen, damit wir von anderen Bundesländern, die zur Zeit einfach auch über mehr Geld verfügen, nicht abgehängt werden. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Für die SPD-Fraktion spricht jetzt die Kollegin Frau Goede.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Frau Kollegin Mundlos, ich muss Sie, was Ihren Wunsch anbelangt, etwas enttäuschen. Ich bin nämlich auch nach Ihren Ausführungen der Meinung, dass Sie mit diesem Antrag auf einen fahrenden Zug aufspringen wollen.

(Zurufe von der CDU)

Wenn damit denn verbunden ist, dass Sie in diesem wichtigen Politikbereich Anschluss bekommen wollen, dann haben wir dagegen nichts einzuwenden.

Ich möchte im Folgenden aber darlegen, wie die von der SPD-Fraktion profilierte BiotechnologiePolitik bisher aussieht. Wir sind uns darin einig, meine Damen und Herren, dass die Biotechnologie eine der zukunftsträchtigsten und wichtigsten Querschnitttechnologien der nächsten Jahrzehnte ist.

(Ontijd [CDU]: Na also!)

Dank der bedeutenden Initiativen unserer Landesregierung, sehr geehrter Herr Kollege Ontijd, hat die Biotechnologie in den letzten Jahren gewaltig aufgeholt. - Ich sehe, dass Sie noch einen gewissen Nachholbedarf haben, was Informationen über diesen Bereich anbelangt.

(Ontijd [CDU]: Nein, wir sind Ihnen hier eine ganz Ecke voraus!)

Ich bitte Sie um etwas Geduld. Vielleicht können Sie noch etwas lernen. - Obwohl Niedersachsen, meine sehr verehrten Damen und Herren, vergleichsweise ungünstige strukturelle Voraussetzungen hat, können sich unsere niedersächsischen Erfolge in diesem Bereich wahrhaft sehen lassen.

(Beifall bei der SPD - Frau Pruin [CDU]: Deshalb beschweren sich auch alle!)

So sind unsere Forschungsinstitute ausgebaut, neue Institute errichtet, Sonderforschungsbereiche etabliert und neue Professuren geschaffen worden. Fachspezifische Sonderforschungsprogramme, die Bereitstellung von zusätzlichen Laborflächen in Technologiezentren, Kooperationen von Wissenschaft und Wirtschaft und vor allen Dingen, meine sehr verehrten Damen und Herren, umfangreiche Akquisitionen von Fördergeldern haben die Biotechnologie vorangebracht.

(Beifall bei der SPD - Frau Lau [SPD]: So ist es!)

Rund 24 Millionen DM an Forschungs- und Entwicklungsfördermitteln sind seit 1998 durch gezielte Antragstellung über die BioRegioN nach Niedersachsen geholt worden. Vier Ansiedlungen neuer Unternehmen, mehr als 50 Existenzgründungen mit mehr als 400 neuen Arbeitsplätzen in den letzten fünf Jahren sind doch ein wahrhaft stolzes Ergebnis.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, Niedersachsen verfügt über biotechnologische Kompetenzzentren in der Agrarbiotechnologie, in der Medizin-, Pharmaund Umwelttechnologie sowie in der Ernährungswirtschaft.

Erwähnenswert ist, dass niedersächsische biotechnologische Unternehmen diverse Gründerwettbewerbe gewonnen haben. Ich erinnere z. B. an start up. Hier wurde 1998 Landessieger die BioVision GmbH. In diesem Jahr war es die Adnagen GmbH. Im Rahmen des biochance-Wettbewerbes des Bundesministeriums für Bildung und Forschung wird auch ein Unternehmen aus Niedersachsen gefördert. Anzumerken ist weiterhin, dass die Forscher Gruss und Jäckle aus Göttingen 1999 den Innovationspreis des Bundespräsidenten erhielten.

Folgende bisherige technologiepolitische Aktivitäten haben weiterhin im Zusammenhang mit dem BioRegio-Wettbewerb eine dynamische Entwicklung möglich gemacht: Der gezielte Ausbau der Forschungsinfrastruktur durch die Bündelung und Verstärkung von Einrichtungen der Biotechnologie und Medizin an den Standorten Hannover, Göttingen und Braunschweig, eine aktive Unternehmerschaft und gezielter Einsatz von Wirtschafts- und

Technologieförderinstrumenten. Für diesen Bereich möchte ich besonders die Forschungs- und Entwicklungsförderung, die Maßnahmen im Rahmen des Aktionsprogramms Wissenschaft und Wirtschaft für neue Arbeitsplätze, den Ausbau der Erfinderberatung und die Beratungsangebote für Existenzgründer und -gründerinnen erwähnen.

Ein weiterer Grund für unsere erfolgreiche Biotechnologiepolitik ist die Tatsache, dass Wirtschaftsminister Dr. Fischer den Bau von BiotechGründerzentren gefördert hat. Herzlichen Dank dafür, Herr Minister.

Meine Damen und Herren, die Fachkoordinierungsstelle für Biotechnologie ist bereits 1991 eingerichtet worden.

(Frau Lau [SPD]: 1991, Frau Mund- los!)

Fachliche Beratung von Einrichtungen der öffentlichen Hand und die Beratung von Unternehmen gehören ebenso zu den Kernaufgaben dieser Einrichtung wie die Betreuung von Existenzgründerinnen und -gründern. Die beiden regionalen Netzwerke BioRegioN und BioRegio Nordwestniedersachsen garantieren hohe Synergieeffekte. Der kontinuierliche Informations- und Kommunikationsfluss trägt zu einem dynamischen Innovationsklima bei, von dem alle Partner im Netzwerk profitieren. Diese Netzwerke stärken die fachliche Kompetenz der Beteiligten und die Fachkompetenz der Region.

Meine Damen und Herren, in den vergangenen Jahren - das habe ich deutlich gemacht - haben wir viel erreicht. Aber nichtsdestotrotz gilt, dass diese Technologie bundesweit erst am Anfang ihrer Entwicklung steht. Vor allen Dingen muss die Bundesrepublik den Anschluss an die weltweite Entwicklung insbesondere in den USA und in Japan bekommen. Da in Niedersachsen keine Großkonzerne vorhanden sind und der Besatz an Großforschungseinrichtungen im Bundesvergleich gering ist, möchten wir besonders die Potenziale der mittelständisch geprägten Wirtschaft und der vorhandenen Forschungseinrichtungen durch eine Weiterführung des Beratungsangebotes unterstützen. Wir begrüßen daher sehr, sehr geehrter Herr Minister Dr. Fischer, dass die Netzwerke BioRegioN und BioRegio Nordwestniedersachsen zu einem neuen Projekt „BioRegio-Niedersachsen“ fortentwickelt werden und dieses auch finanziell abgesichert ist.

Sie sehen, meine Damen und Herren, dass besonders Niedersachsen in diesem Politikbereich auf einem sehr erfolgreichen Weg ist. Ich denke, wir werden in den Fachausschüssen intensiv weiter darüber diskutieren. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht die Kollegin Frau Steiner.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ein solcher Antrag war schon lange fällig. Wir alle wollten uns schon lange einmal dazu äußern können, dass Biotechnologie die Zukunftstechnologie des dritten Jahrtausends ist. Darüber muss einfach einmal diskutiert werden, und ein jeder muss das auch einmal sagen dürfen. Das ist einfach eine schöne Gelegenheit.

Unbestreitbar ist natürlich, dass Niedersachsen neben der Autoindustrie mehrere zusätzliche Standbeine braucht, um die Wirtschaftsentwicklung in Zukunft auf dem Niveau der anderen Bundesländer halten zu können. Wir mussten ja gerade konstatieren, dass Niedersachsen beim Wirtschaftswachstum in der zweiten Hälfte 1999 und der ersten Hälfte 2000 den anderen Bundesländern hinterherhinkt. Von daher ist es natürlich schon richtig, in anderen Bereichen eine Profilbildung zu forcieren, damit man nicht nur von der Konjunktur in der Autoindustrie - in der Mobilitätsindustrie abhängig ist. Da kann Biotechnologie eine Rolle spielen, und deswegen ist es richtig zu prüfen, wie sich die Bedingungen für Unternehmen und die Gründung und Entwicklung von Unternehmen mit biotechnologischem Profil in Niedersachsen ge stalten.

Nun muss man sich allerdings fragen, ob der Antrag dem gerecht wird. Wenn man ihn liest, hat man den Eindruck, es steht alles drin, was die Kolleginnen und Kollegen von der CDU schon immer zu diesem Thema sagen wollten oder auch bereits gesagt haben: zum Thema Forschung und Entwicklung, zum Thema Gründung von Unternehmen - nicht nur von biotechnologischen - und zum Thema Netzwerke.

Ich möchte jetzt nicht alle Forderungen im Einzelnen durchgehen. Aber wenn man sich ansieht, was

in Sachen Forschung und Entwicklung aufgelistet und auch gerade noch einmal vorgetragen worden ist, muss man feststellen, dass zum Teil Sachen gefordert werden, die gar nicht in der Kompetenz der Landesregierung liegen, sondern die von den Hochschulen in Eigenregie zu gestalten sind: z. B. die Sicherung der Ausbildungskapazitäten und Studiengänge in der Biotechnologie. Auch die Ausbildung von Nachwuchskräften obliegt eigentlich eher der entsprechenden Industrie als der Landesregierung. Außerdem sind unternehmensbezogene Forderungen aufgeführt, die eigentlich immer gelten. Natürlich muss man die Studienbedingungen für alle verbessern, und natürlich muss man - um auf den zweiten Punkt zu kommen - die Situation für Gründer verbessern, insbesondere die Fördermaßnahmen und die Kapitalbeschaffung. Aber darüber diskutieren wir auch in anderen Zusammenhängen. Das ist kein spezielles Problem von Biotechnologieunternehmen.