(Zuruf von der CDU: Wir wollen eine inhaltliche Aussprache! – Eppers [CDU]: Das hat doch keinen Sinn!)
- Die CDU-Fraktion möchte keine weiteren Fragen stellen. – Gibt es von anderer Seite Wortmeldungen? – Das ist nicht der Fall. Dann müssen wir in der Tagesordnung fortfahren.
Tagesordnungspunkt 17: Zweite Beratung: Neuauflage der Produktionsaufgaberente in der Landwirtschaft - Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 14/1321 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - Drs. 14/1873
Der Antrag der Fraktion der CDU in der Drucksache 1321 wurde in der 42. Sitzung am 27. Januar 2000 zur Beratung und Berichterstattung an den Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten überwiesen. Berichterstatterin ist die Frau Abgeordnete Hansen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit der Beschlussempfehlung in der Drucksache 1873 empfiehlt Ihnen der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, den Antrag abzulehnen.
Ziel des Antrages ist es, die Bundesregierung zu einer Neuauflage des Gesetzes zur Förderung der Einstellung der landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit zu veranlassen.
Die antragstellende CDU-Fraktion begründet die Notwendigkeit eines Vorruhestandsprogramms mit der Situation der Landwirtschaft, die durch die Steuerreform, die Ökosteuer, Sparmaßnahmen des Bundes und die Agenda 2000 besonderen Wettbewerbsnachteilen ausgesetzt sei. In dieser Lage solle - über das Programm PROLAND hinaus - mit dem notwendigen Strukturwandel offensiv umgegangen werden, indem der Bund für einen mittelfristigen Zeitraum und unter Einsatz von Mitteln der Europäischen Union das mit dem Antrag angestrebte Vorruhestandsprogamm schaffe.
Die CDU-Fraktion wies darauf hin, dass sie vom deutschen Bauernverband, dem niedersächsischen Landvolkvorsitzenden, der Landberatung und namhaften Agrarökonomen sowie aus anderen Bundesländern Zustimmung zu diesem Anliegen erhalten habe.
Vonseiten der SPD-Fraktion wurde die Auffassung geteilt, dass die Landwirtschaft vor besonderen Herausforderungen stehe. Zugleich wurde darauf hingewiesen, dass bei der derzeitigen Haushaltslage - auch unter Berücksichtigung der Möglichkeit einer Kofinanzierung durch die EU - weder das
Seiner Pflicht, im Rahmen seiner Möglichkeiten die zukunftsträchtigen Anpassungs- und Umstellungsprozesse zu begleiten, komme das Land auf andere Weise nach, u. a. durch das Programm PROLAND, das in der vorgesehenen Weise bestehe und nicht für das von der CDU gewünschte Vorhaben wieder infrage gestellt werden solle. Der Sprecher der SPD-Fraktion legte Wert darauf, nicht nur diejenigen zu unterstützen, die aus der landwirtschaftlichen Produktion aussteigen wollten, sondern auch die Belange derjenigen zu berücksichtigen, die weiter produzieren wollten.
Der Vertreter der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen widersprach der Auffassung, dass es in der EU generelle Wettbewerbsnachteile für die deutschen und niedersächsischen Landwirte gebe. Er forderte, die Landwirtschaft weiter den anderen Wirtschaftszweigen anzugleichen und nicht wieder neue Sonderregelungen für diesen Bereich zu schaffen.
Der Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen legte insbesondere Wert darauf, nicht den Ausstieg „zu versüßen“ bzw. den übernehmenden Betrieben die Übernahme zu erleichtern, sondern die vorhandenen Mittel dafür auszugeben, die Landwirtschaft und den ländlichen Raum zu stärken. Als Beispiele dafür nannte er die Förderung der Kunden- und Marktorientierung, die Stärkung des Qualitätssegments, regionale Konzepte, die Nutzung regenerativer Energien, die Nutzung von Bioschmier- und -treibstoffen sowie touristische Aktivitäten.
Der Landwirtschaftsminister betonte, Arbeitsplätze und Wirtschaftskraft im ländlichen Raum schaffen und die landwirtschaftlichen Betriebe und Einrichtungen der Vermarktung und Absatzförderung bei den notwendigen Anpassungsprozessen unterstützen zu wollen. Er betrachtete die durch den Strukturwandel gegebene Situation jedoch als weniger dramatisch als die antragstellende Fraktion.
Der Minister machte auch darauf aufmerksam, dass das Thema Vorruhestand auf der BundLänder-Ebene ausführlich erörtert worden sei. Da die Kassenlage des Bundes eine solche soziale Fördermaßnahme nicht zulasse, hätten sich lediglich die neuen Bundesländer, für die eine höhere Förderung aus EU-Mitteln möglich sei, der Idee eines solchen Programms angenähert.
In einer zweiten Beratungsrunde erörterte der Ausschuss die Frage der für eine Neuauflage der Produktionsaufgaberente erforderlichen Mittel und ihrer möglichen Herkunft im Detail.
Aber auch in einem dritten Beratungsdurchgang zeigte sich keine Annäherung der verschiedenen Positionen. Der Ausschuss beendete die Beratung mit der von den Abgeordneten der Fraktion der SPD gegen die Stimmen der Abgeordneten der Fraktion der CDU bei Abwesenheit des Vertreters der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen beschlossenen Empfehlung an den Landtag, den Antrag abzulehnen.
Der mitberatende Ausschuss für Haushalt und Finanzen schloss sich dieser Empfehlung bei gleichem Abstimmungsverhalten an.
Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten bittet Sie, der vorliegenden Beschlussempfehlung in der Drucksache 1873 zuzustimmen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Schon bei der Einbringung des Antrages in den Landtag habe ich ausgeführt, dass meines Erachtens Lebenshilfe gefragt ist und nicht Sterbehilfe oder gar - wenn man es ganz bösartig ausdrücken will Aufforderung zum Selbstmord. Diese Auffassung - das muss ich gestehen - besteht auch nach den Ergebnissen der Ausschussberatung fort. Die CDU-Fraktion hat nicht deutlich machen können, dass ihr Vorschlag mehr wäre als ein relativ konzeptionsloses Öffnen eines weiteren Subventionsventils. Das wäre eine Subvention, die vor allem Mitnahmeeffekte produzierte, das Höfesterben weiter beschleunigte und damit auch zu einem weiteren Abbau von Arbeitsplätzen im ländlichen Raum führte.
Auch konkrete Finanzierungsvorschläge blieben aus, weil man natürlich nicht riskieren wollte, durch Umschichtungen wieder andere Gruppen vor den Kopf zu stoßen.
Bei der Diskussion um die EU-Mitfinanzierung wurde verdrängt, dass die Auflagen und Hürden für ein solches Verfahren derartig enorm sind, dass das nahezu ausgeschlossen ist.
Die soziale Frage im Zusammenhang mit dem Strukturwandel in der Landwirtschaft ist sicherlich ein Problem. Was ich dabei allerdings vermisse, ist im Grunde genommen die Solidarität des Berufsstandes selbst, der sich bis jetzt darauf beschränkt, nur nach staatlichen Hilfen zu rufen. Ist es denn sozial, wenn Menschen signalisiert wird „Gib auf, du bringst es nicht mehr, lass die Starken weitermachen, und stehe ihnen nicht im Weg“? Hinzu kommt, dass ihnen dabei auch noch zu verstehen gegeben wird: Wenn du jetzt zusätzlich Geld vom Staat bekommst, dann kannst du es ja für die starken aufnehmenden Betriebe noch ein bisschen billiger machen, damit die es noch ein bisschen einfacher haben. - Das ist, glaube ich, keine soziale Politik.
Insgesamt muss man diesen Vorschlag auch vor dem Hintergrund sehen, denke ich, dass die so hoch gelobte frühere Regelung, die, wie ich glaube, 1997 ausgelaufen ist, inzwischen durchaus kritisch gesehen wird, da sie nicht die Ergebnisse gebracht hat, die sie eigentlich hätte erbringen sollen. Man muss auch sehen, dass die landwirtschaftliche Sozialversicherung insgesamt dringend einer Durchforstung und Runderneuerung bedarf. Nicht erst die Berichte des Bundesrechnungshofes haben gezeigt, dass hier Handlungsbedarf besteht. Von daher halte ich es für wenig sinnvoll, in dieser Situation diesem Flickenteppich einen weiteren Flicken hinzuzufügen.
Es bleibt die Erkenntnis: Man kann die Mark nur einmal ausgeben. Wer ein multifunktionales europäisches Landwirtschaftsmodell preist, der muss auch etwas dafür tun, dass es erhalten bleibt, und speziell dafür das Geld ausgeben. Alles andere ist weder kreativ noch hilfreich, sondern nur neues Futter für das „Wachse und weiche“-Monster.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist so, wie es immer ist: Zu Anfang werden Positionen markiert, und dann - lieber Herr Klein, das muss ich einfach einmal so sagen bewegt man sich kaum mehr. In der Sache haben
Ich erinnere noch einmal an den Ausgangspunkt des Antrags. Der Antrag ist vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Struktur zu sehen. Wir haben es mit ständigen Veränderungen in der sozialen Gruppe der in der Landwirtschaft Tätigen zu tun. Wir haben es aus vielerlei Gründen, die ich nicht alle darlegen kann, im Moment mit einem enormen strukturellen Umbruch zu tun, der - das unterscheidet ihn von seinen Vorläufern - auch politisch gewollt ist.
Es gibt immer noch Leute, die mit dem Begriff des Höfesterbens Stimmung machen. Die Verwendung dieses Begriffs stellt aber insofern einen Missbrauch dar, als sie einfach ein Etikett an eine Entwicklung kleben, die sich aus vielen Ursachen speist. Maßgeblich sind ja nicht nur die politischen Entscheidungen - da sind wir gelegentlich unterschiedlicher Meinung -, sondern zuallererst ist das die enorme ökonomische und soziale Umwälzung. Ich habe das unlängst einmal wie folgt formuliert: Wenn aufgrund technischen Fortschritts immer weniger Aktive immer mehr erzeugen können, dann ist in dem Segment nur noch für weniger Aktive Platz. - Das kann man vielleicht zum Teil kaschieren, aber es ist so. - Das ist das eine.
Zweitens. Zur Zeit müssen wir auch feststellen, dass es die bisherige Agrarpolitik, die - bei allem guten Wollen - auch voller Wirrungen ist, nicht hat verhindern können, dass die innerlandwirtschaftliche Disparität - so nennt man das ja heute auf Neuhochdeutsch - größer geworden ist. Infolge dieser Entwicklung sind für eine ganze Reihe von selbständigen landwirtschaftlichen Existenzen trotz allem Bemühen und trotz der Rahmenbedingungen, die sich - das muss man ja auch einmal sagen dürfen - global verschlechtert haben, zwei Faktoren maßgeblich. Sie sind wirtschaftlich in Nöten. Zum Teil speist sich die Existenz ausschließlich aus Vermögensverlusten. Das kann man beklagen, aber das ist so. Das hat zur Folge gehabt, dass in vielen Fällen die Generationennachfolge - auch aus ganz unterschiedlichen Gründen - nicht mehr gegeben ist. Nur um diese Gruppe geht es bei dem Antrag. Wenn Sie diesen Menschen angesichts ihrer Situation keine zusätzliche Orientierung und Hilfe geben - das ist von den Ablehnern ja auch so gewollt -, dann wirtschaften die weiter - unter zum Teil wirtschaftlich kümmerlichen Verhältnissen und auch zum Teil sozial unzuträglichen Verhältnissen. Genau vor diesem Hintergrund sollte das
von uns vorgeschlagene Instrument - das war ja auch damals bei FELEG der Ansatz - eine Hilfe bieten.
In einem muss ich Ihnen auch widersprechen, Herr Klein. Das führt nicht zwingend dazu, wie Sie es vereinfacht gesagt haben, dass die Kleinen hinausgedrängt werden und die Großen immer größer werden. Unser Problem ist doch, dass es unbeschadet der sicherlich auch vorhandenen größeren und leistungsstarken Betriebe in diesen 400.000, die wir in der Republik haben, eine große Gruppe von Betrieben gibt, die - das werden Sie sicherlich nicht ernsthaft bestreiten wollen - aufgrund ihrer gegenwärtigen Faktorausstattung keine reale Überlebenschance haben, wenn sie nicht Produktionskapazitäten mit aufnehmen können, ohne dass man sie deswegen diskreditiert. Es sind also zwei Wirkungen.
(Klein [GRÜNE]: Das ist aber nicht gottbestimmt, sondern auch politikbe- stimmt! - Gegenrufe von Ehlen [CDU] und Wojahn [CDU]: Aber die Politik macht doch ihr!)
- Verehrtester Kollege, wenn wir dem lieben Gott nicht gelegentlich mit vernünftiger Politik ein bisschen helfen würden - das ist jetzt nicht anmaßend gemeint -, dann hätten wir bei unseren Zeitläufen noch ganz andere Probleme.
Dann haben Sie gesagt, dass da auch ein bisschen berufsständische Solidarität gefragt sei. Darin will ich Ihnen gar nicht widersprechen, aber das, was Sie dann als Instrument dafür genannt haben, nämlich die sozialen Sicherungssysteme und deren Organisation, ist nun wirklich, mit Verlaub gesagt, eine Randfrage.
Bei der Einbringung unseres Antrags hatte ich nicht den Eindruck, dass die Mehrheitsfraktion unisono gegen den Gedanken war, der dem Antrag zugrunde liegt. Sie haben nur gefragt - das billige ich der SPD-Fraktion auch zu -: Wie wollt ihr es finanzieren? - Das ist ja immer die berühmte Totschlagargumentation: Die einen wollen etwas, und die anderen fragen, wie es finanziert werden soll, und damit ist es weg.
Wir haben damals ausdrücklich gesagt: Wenn es dieses Programm gibt, dann kann es nur durch eine Umschichtung innerhalb des bestehenden Topfs finanziert werden, also keine Ausweitung.
Wenn man den Inhalten dieses Antrags folgen will, dann gibt es durchaus Bereiche, über die man nachdenken kann.
(Klein [GRÜNE]: Sie hatten zwei Be- ratungen lang Zeit, das zu konkretisie- ren, aber Sie haben es nicht getan!)