Der zweite Punkt. Ich hatte Ihnen schon einmal gesagt, dass es sich bei diesem Antrag um einen gemeinsamen Antrag in fünf Länderparlamenten
handelt. Sie können sich vorstellen, dass die Abstimmung komplizierter war, als wenn wir lediglich in unserer eigenen Fraktion eine Abstimmung hätten herbeiführen müssen. Der Antrag beruhte auf dem Erkenntnisstand des Konventes vom 7. September 2000.
Wir haben die Minimalforderungen der Länderparlamente aufgeschrieben. Wenn sie erfüllt worden sind, dann erfreut uns das natürlich sehr. Das ist aber kein Grund, diese Diskussion nicht zu führen, die Debatte einzustellen und einfach zu sagen: Wir kümmern uns gar nicht um diesen ganzen Komplex.
(Zustimmung bei der SPD – Eveslage [CDU]: Das haben wir nicht gemacht! Wir haben gesagt: Wir wollen es im Ausschuss gründlich behandeln!)
Dritter Punkt. Bis gestern gingen wir davon aus, Herr Eveslage, dass die CDU-Fraktion diesem Antrag zustimmt. Wenn Sie heute muksch sind, dann ist das meines Erachtens ein schlicht kindisches Verhalten, das dieser wichtigen Rechtsmaterie nicht würdig ist.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die gute Botschaft heute lautet: Europa findet hier statt.
Das ist richtig, und deshalb bin ich der SPDFraktion dankbar dafür, dass sie diese beiden Anträge heute im Landtag zur Debatte gestellt hat.
Der erste Antrag „Europa ist das, was wir daraus machen“ unterstützt die Anstrengungen der Landesregierung, sowohl die Wahrnehmung der europäischen Interessen des Landes zu intensivieren – daraus, dass das notwendig ist, habe ich nie einen Hehl gemacht – als auch die europapolitische
Kompetenz der niedersächsischen Landesverwaltung insgesamt zu stärken. Lassen Sie mich aus dem sehr umfangreichen, sehr detaillierten und kenntnisreichen Antrag drei Punkte aufgreifen:
Punkt 1: Qualifizierungsoffensive. – Auf einen gemeinsamen Vorschlag von Innenminister Bartling und mir hin hat die Landesregierung am 11. Juli eine Qualifizierungsoffensive für Europa in der Landesverwaltung beschlossen.
Wir wollen mit diesem Beschluss erreichen, dass niedersächsische Interessen verstärkt in den europäischen Einigungsprozess eingehen und dass die Chancen, die Europa unweigerlich bietet, vom Land intensiver genutzt werden können. Künftig müssen bei der Besetzung von herausgehobenen Führungspositionen in der Landesverwaltung europapolitische Kompetenzen nachgewiesen werden.
- Wenn Sie den Kabinettsbeschluss gelesen hätten, dann wüssten Sie das. Damit haben Sie offenbart, dass Sie es nicht getan haben. Aber ich sage Ihnen das: Das gilt auch für die politische Führungsebene. – Damit habe ich Ihnen wahrscheinlich die Mühe abgenommen, den Kabinettsbeschluss nachzulesen. Vielleicht sollten Sie in Zukunft keine Zwischenrufe zu Sachen machen, von denen Sie keine Ahnung haben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, was die internationalen Erfahrungen angeht, so kommt der Vertretung des Landes bei der EU in Brüssel eine herausragende Bedeutung zu, und zwar sowohl bei den angestrebten Praktika als auch bei den längerfristigen Aufenthalten, die in dem eben genannten Kabinettsbeschluss erwähnt wurden. Wir, d. h. die Landesregierung, die Europaabteilung in der Staatskanzlei und die Ressorts, arbeiten an weiteren Maßnahmen, um diesen zugegebenermaßen sehr schwierigen Prozess einer Qualifizierungsof
Punkt 2 - das wurde heute schon mehrfach angesprochen und angemahnt -: Vertretung des Landes Niedersachsen bei der EU in Brüssel. – In dem vorliegenden Entschließungsantrag wird der Ausbau der Landesvertretung angemahnt – zu Recht angemahnt, meine Damen und Herren.
Angesichts steigender Anforderungen an die Vertretung – Sie erinnern sich an das, was ich zur Qualifizierungsoffensive gesagt habe – rennen Sie damit bei uns offene Türen ein.
Das Gebäude kann nicht erweitert werden. Jeder, der schon einmal in Brüssel getagt hat, der unten in der Garage war, das Glück hatte, mit einem Raucher oder mit zwei Rauchern zusammenzusitzen, der weiß, dass nach einer halben Stunde Konzentrationsübungen notwendig sind, jedenfalls eine vernünftige Diskussion, eine vernünftige Arbeit über einen längeren Zeitraum dort nicht zu machen ist.
Wir planen einen Neukauf, einen Neubau. Was immer uns an vernünftigen und nutzbaren Gebäuden in Brüssel angeboten wird, werden wir einer ordentlichen Prüfung unterziehen und im Zweifelsfall kaufen. Allerdings – ich muss ein wenig Wasser in den Wein gießen – ist die Nachfrage nach repräsentativen Gebäuden in Brüssel ungeahnt groß. Der Markt ist quasi leer gefegt.
Auf diese Art und Weise ist es schwer, zu halbwegs vernünftigen Preisen zum Zuge zu kommen. Wir sind intensiv auf der Suche nach passenden Räumlichkeiten. Ich habe die Hoffnung, dass wir in einem überschaubaren Zeitpunkt zum Erfolg kommen.
Wichtig ist Folgendes: Um jederzeit handlungsfähig zu sein, haben wir Ihnen, dem Parlament, vorgeschlagen, eine Verpflichtungsermächtigung
in Höhe von 18 Millionen DM für eine entsprechende Brüsseler Immobilie auszubringen. Wir als Landesregierung wären Ihnen sehr dankbar, wenn Sie diesem Vorschlag folgen könnten.
Punkt 3: Europahaus. – Wie Sie wissen, beabsichtigt die Landesregierung, eine Anlaufstelle für alle zentralen Fragen der europäischen Politik einzurichten. Kernpunkt ist und bleibt das europäische Informationszentrum für Bürgerinnen und Bürger. Das Zentrum wird an einer gut erreichbaren Stelle in Hannover eingerichtet werden. Die Verhandlungen laufen. Es soll dazu beitragen, den Europagedanken in der Bevölkerung positiv zu verankern.
Themen werden sein z. B. die Osterweiterung, selbstverständlich ein europäisches Grundgesetz. Diese Zentrale wird jedenfalls nicht zu dem deklassiert werden, was hier eben angesprochen wurde. Sie wird kein Büro zum Verteilen von Broschüren sein; jedenfalls wird das nicht die zentrale Aufgabe sein.
Wir werden den zweiten Teil des Europahausgedankens, nämlich den Lotsendienst durch den Förderdschungel, in der Europaabteilung der Staatskanzlei umsetzen. Ein Netzwerk von Experten ist erstellt. Ich werde Ihnen dieses Netzwerk in den nächsten 14 Tagen, drei Wochen zugänglich machen. Ein Workshop, der sich mit den Fragen des Beratungsstandards beschäftigt, ist in Vorbereitung.
Nun zu dem zweiten Entschließungsantrag: EUGrundrechtecharta. – Meine sehr verehrten Damen und Herren, es geht darum, diesen theoretischen Entwurf für 500 Millionen Europäerinnen und Europäer in die Praxis umzusetzen.
Landtags für den Ausbau der Grundrechte auch im europäischen Kontext. Die Charta ist ein beeindruckendes Dokument europäischer Grundrechtsentwicklung und wird inhaltlich, wenn ich das richtig sehe, von allen Bundesländern insgesamt mitgetragen.
Natürlich gibt es Fragen in den Details. Die sind offen. Die müssen geklärt werden. Aber alle diese Fragen sind in der Praxis überwindbar.
Herr Minister Senff, ich darf Sie kurz unterbrechen. - Meine Damen und Herren, es ist hier einfach zu unruhig. Ich bitte Sie, Ihre Gespräche außerhalb des Plenarsaals fortzusetzen. Wir warten so lange, bis es ruhig ist.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir unterstützen deshalb nachdrücklich, dass die Regierungskonferenz in Nizza einen Grundsatzbeschluss zu der Charta vorbereiten und hoffentlich auch fassen wird, also mehr als eine feierliche Deklaration ergehen wird. Das ist zwingend, und das ist notwendig. Mit Nizza – das ist auch in der Debatte heute deutlich geworden; ich unterstreiche das – haben wir unser Ziel nicht erreicht. Offen bleiben Fragen nach dem Status der Charta. Offen bleiben Fragen wie die im Zusammenhang mit der Kompetenzabgrenzung – für uns Länder im Hinblick auf die Bundesregierung eine eminent wichtige Frage. Nach wie vor offen bleibt ebenfalls die Frage der Zusammenfassung und Straffung der bestehenden Verträge.
Pointiert heißt das, was ich eben gesagt habe: Wir wollen, wir müssen und wir werden nach Nizza die Diskussion über ein europäisches Grundgesetz führen. Kanzler Schröder hat für diese Debatte einen Zeitpunkt vorgegeben: eine erneute Regierungskonferenz im Jahr 2004.