Protocol of the Session on June 21, 2000

einer noch sein, der weiter mit dem Mann redet, damit auch die Alten in Niedersachsen noch einigermaßen mit Sicherheit bei der Altersversorgung leben können und junge Leute bei den Beiträgen und den Steuerzahlungen nicht überfordert werden.

(Beifall bei der CDU - Plaue [SPD] lacht)

- Ach, wissen Sie: Manchmal dauert es ein bisschen länger, und manchmal geht es ein bisschen schneller. Bei der Rente sind Sie schon Tage nach der Bundestagswahl voll erwischt und eingeholt worden. Bei anderen Themen hat es halt länger gedauert. Aber eingeholt werden Sie von der Wirklichkeit immer, weil man jede Mark nur einmal ausgeben kann

(Plaue [SPD]: Ach?!)

eine bittere Erfahrung, die Sie machen mussten.

(Beifall bei der CDU - Zurufe von der SPD)

Deswegen geht eine Rentenreform eben nur gemeinsam oder gar nicht; das werden sie noch leidvoll erleben.

Der Ministerpräsident sollte sich heute Nachmittag mit der holländischen Königin Mühe geben, meine ich, und dort das Kulturprojekt in der Grafschaft Bentheim einweihen.

Wir brauchen mehr Einfluss im Bundesrat. Wir brauchen mehr Einfluss auf der Bundesebene. Wenn wir uns etwas vornehmen, dann müssen wir dieses auch durchsetzen. Stattdessen haben wir uns mit dem berühmten teuren Gutachten zu 630-DMJobs der Lächerlichkeit preisgegeben. Davon haben wir nie wieder etwas gehört, obwohl die Bürokratie die Sportvereine erdrückt. Das Gutachten ist in Auftrag gegeben worden. Die Steuerzahler haben es bezahlt. Das Thema ist verpufft. Jetzt hören wir zur Ökosteuer alle möglichen Ankündigungen, ebenso zur Steuerreform. Wie damals bei den Polen-Verträgen, wie damals bei den Strukturhilfemitteln, wie damals bei den boat people, wie damals bei vielen anderen Themen braucht Niedersachsen wieder eine Stimme in der Hauptstadt, in Berlin, und nicht einen Ministerpräsidenten, der, wie mir die Ministerpräsidenten geschildert haben, seit er gewählt wurde, noch so gut wie kein Mal im Bundesrat gewesen ist.

(Beifall bei der CDU)

Es ist einfach wahr - es ist meine fünfte Erwiderung im sechsten Jahr meiner Landtagszugehörigkeit -: Es ist wieder die Chance zum Neuanfang verpasst worden.

(Vizepräsident Gansäuer über- nimmt den Vorsitz)

Wieder ist eine Regierungserklärung abgegeben worden, die enttäuscht und zu der man nur sagen kann: Chance vertan.

Für Leute, die noch ein bisschen Feeling für Sprache haben, ist es spannend, dass Sie nach zehn Jahren zu den zehn Jahren eigentlich nichts sagen, dass Sie in ihrer Einladung zur Feier sogar einen Ministerpräsidenten vergessen oder unterschlagen und dass Sie jetzt das Ziel verkünden, ein neues Niedersachsen zu kreieren. Es grenzt schon an Zynismus gegenüber der eigenen Arbeit und den eigenen Genossen in den letzten zehn Jahren, wenn man jetzt nach zehn Jahren ein neues Niedersachsen kreieren will, weil man das Niedersachsen, das man zehn Jahre regiert hat, dann doch nicht für so sinnvoll hält.

Ankündigungen in Regierungserklärungen hat es wahrlich genug gegeben. Wir als Opposition erwarten von Ihnen zu Recht Taten. Nach Ihren Ausflügen durch die globale und europäische Welt sagen wir Ihnen sehr deutlich: Zu Hause fängt die Zukunft an.

(Beifall bei der CDU)

Wir werden über Ihre Frosch- und Adlerperspektive noch häufiger zu reden haben. Denn eigentlich ist man erfolgreich in der Politik nur, wenn man beides hat: den Respekt vor der kommunalen, der gemeindlichen Ebene und den Respekt vor der UNO. – Eigentlich hat nur noch gefehlt, dass die UNO für die Probleme hier in Niedersachsen zuständig ist, nachdem für alle Probleme in Niedersachsen Europa verantwortlich gemacht wurde.

Wir widersprechen der Grundthese Ihrer Regierungserklärung vom heutigen Tage, nämlich der These, Nationen und Bundesländer ständen nicht mehr untereinander in Konkurrenz und Wettbewerb. Das Gegenteil ist nach unserer Überzeugung richtig: Die Bundesländer, die Nationen stehen in Zeiten der Globalisierung, der Europäisierung, der Abnahme der Bedeutung von Grenzen in einem viel rapideren, viel dramatischeren Wettlauf, um die mobilen Standortfaktoren zu buhlen, die wir in Niedersachsen dringend brauchen.

(Zuruf von der SPD)

Der Ministerpräsident hat gesagt, die Länder und Nationen konkurrieren nicht mehr untereinander, sondern seien nur noch einen Mausklick im Internet voneinander entfernt.

(Zuruf von Ministerpräsident Gabriel – Frau Seeler [SPD]: Zuhören kann er auch nicht!)

- Das war nun wirklich ein Konvolut. Sie haben uns gestern Abend über E-Mail ein solches Ding geschickt, zu dem alle sagten: Das kann es nicht sein. Wir fragen noch einmal nach.

(Ministerpräsident Gabriel: Können Sie damit nicht umgehen?)

- Wir haben uns das im Einzelnen angeschaut und den Kernsatz gefunden: Die Länder und Nationen stehen nicht mehr im Wettbewerb zueinander, sondern konkurrieren einen Mausklick voneinander entfernt im Internet. – Diese Philosophie teilen wir nicht. Wir glauben, dass sich der Wettstreit der Ideen, der Wettbewerb der Immobilien, der Regionen, der Länder, der Nationen und der Gebiete um die mobilen Faktoren verschärft. Da wollen wir erfolgreicher buhlen, als dies Ihnen in den vergangenen zehn Jahren gelungen ist. – Vielen Dank.

(Starker, nicht enden wollender Bei- fall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, der Kollege Plaue hat jetzt das Wort. Bitte sehr!

(Frau Pawelski [CDU]: Oh, oh, oh! – Heinemann [CDU]: 0:1!)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich gestehe freimütig, Herr Kollege Wulff, dass ich von Ihnen nicht mehr unbedingt den großen Wurf erwarte. Dazu kenne ich Sie nun schon zu lange. Dazu sind Sie auch viel zu berechenbar geworden.

(Wulff (Osnabrück) [CDU]: Sie kennen mich nicht, erwarten aber auch nie etwas!)

Für einen Politiker, der vor zwei Tagen 41 Jahre alt geworden ist, ist das ein beeindruckendes Mittelmaß an Kontinuität, das Sie hier vorführen.

(Lachen bei der CDU)

Sie hatten als junger Wilder angefangen.

(Zurufe von der CDU)

Dass Sie nun so sehr, Herr Kollege Wulff, im Bereich des Althergebrachten, des Kalkulierbaren geblieben sind, wie dies der Fall war, hat selbst mich überrascht.

(Beifall bei der SPD)

Nichts von dem, was Sie hier gesagt haben, war neu, Herr Kollege Wulff! Das war die gleiche Rhetorik, das war die gleiche Interpunktion, das war die gleiche Betonung, mit der Sie schon auf Ihren Landesparteitagen auf den Bauch gefallen sind, mit der Sie in Ihrer Fraktion abstimmungsmäßig auf den Bauch gefallen sind, mit der Sie auch Ihre Bundespartei wieder nach Hause geschickt hat. Nichts ist neu gewesen, Herr Kollege Wulff!

(Beifall bei der SPD)

Sie, Herr Kollege Wulff, stellen sich tatsächlich hier hin und wollen der Herausforderer von Sigmar Gabriel werden.

(Heiterkeit bei der CDU)

Weshalb eigentlich, Herr Kollege Wulff? Können Sie mir einmal begreiflich machen, warum Sie das wollen? Womit, Herr Kollege Wulff, wollen Sie denn eigentlich diese Landesregierung herausfordern?

(Zuruf von Möllring [CDU])

Was ist eigentlich Ihr Politikentwurf, Ihr Politikkonzept, das Sie der Politik der Landesregierung gegenüberstellen, Herr Kollege Wulff? Außer blumigen Reden nichts, meine sehr verehrten Damen und Herren!

(Beifall bei der SPD)

Anscheinend – so habe ich das Gefühl, Herr Kollege Wulff - lässt Sie auch Ihr Erinnerungsvermögen im Stich. Es kann natürlich auch sein, dass Sie sich Ende der 80er- und Anfang der 90er-Jahre nicht so sehr um die Politik in Niedersachsen

gekümmert haben, jedenfalls nicht um die, die hier in Hannover gemacht wird.

Da lese ich in einem Brief, den Sie mit „Liebe Niedersachsen“ überschrieben haben, das sei etwas ganz Schlimmes, dass in Hannover die EXPO mit einer Volksbefragung durchgesetzt worden sei. Abgefragt worden ist bei den Bürgerinnen und Bürgern, ob sie das denn wollen. Übrigens wurde bei den Bürgerinnen und Bürgern dafür geworben, dass sie mit Ja stimmen. Dann steht da, die CDU hätte das mit Informationsständen sozusagen herbeidiskutiert. Meine Damen und Herren, wer damals dabei war, weiß: Die waren in den Löchern, in denen sie immer sind, wenn in Niedersachsen und in Hannover Zukunftspolitik diskutiert wird. Keine Antwort, meine sehr verehrten Damen und Herren!

(Beifall bei der SPD – Lachen bei der CDU)

Genauso verhält es sich mit Ihrer Behauptung – lassen Sie sich das einmal von Frau Pawelski erzählen -, Rot und Grün hätten damals in Bonn gemauert, während die CDU für die EXPO gekämpft habe.

(Wulff (Osnabrück) [CDU]: Trittin?)

Damals war es Herr Waigel, damals war es Herr Kohl, die gebremst haben. Nur die Initiative von Gerhard Schröder hat dazu geführt, dass letzten Endes das EXPO-Projekt nach Hannover gekommen und bezahlt worden ist, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der SPD – Dr. Schultze [SPD]: Beim Geld haben die gespart!)