Protocol of the Session on June 21, 2000

Einbezogen waren neben den Gemeinden, Städten und Landkreisen die Umwelt- und Naturschutzverbände, die Wirtschaft, die Gewerkschaften, die Landwirtschaft, die Fischerei- und Sportverbände. Das bisher vorliegende Ergebnis, das wir in dem Bericht an den Landtag zusammengefasst haben, zeigt, dass sich für die unterschiedlichen Interessen in vielen Fällen konsensuale Lösungen finden lassen.

Der Vorschlag der Landesregierung sieht einerseits vor, aus dem Geltungsbereich des Nationsparks intensiv genutzte und überformte Bereich zu entlassen. Dazu gehören z. B. Burgenstrände, Campingplätze, Verkehrs- und Parkplatzflächen, Entsorgungseinrichtungen und auch Landeplätze. Damit wollen wir den Wünschen und Interessen der Kommunen Rechnung tragen, die insbesondere ihre touristische Infrastruktur qualitativ voranbringen wollen, aber auch ihre Verkehrs- und Transportinfrastruktur verbessern wollen. Hierzu gehören auch Vorschläge, die eine flexiblere Handhabung bei der Erweiterung von Flugplätzen dann ermöglichen sollen, wenn europarechtliche Regelungen eine Verlängerung der Landebahnen zwingend erforderlich machen.

Andererseits werden Erweiterungen vorgeschlagen, die ökologische Zusammenhänge betonen oder die landschaftliche Vielfalt und Schönheit unterstreichen. Dazu gehören die Einbeziehung des jetzigen Naturschutzgebietes Dollart oder eines Bereichs des Borkumriffs, der mit seinen Kies

gründen für die Reproduktion von Meerestieren große Bedeutung hat.

In der Bilanz empfiehlt damit die Landesregierung eine qualitative Bereicherung und eine quantitative Ausdehnung des Nationalparks.

Auch die innere Gliederung des Nationalparks „Niedersächsisches Wattenmeer“ ist nach dem Vorschlag der Landesregierung in Teilbereichen zu überdenken. Das gilt für die Erholungszonen, in sehr viel größerem Umfang auch für die Ruhezonen. Die einzelnen Vorschläge liegen Ihnen schriftlich vor. Wir nehmen mit diesen Vorschlägen die Herausforderung an, die sich aus den Anforderungen des europäischen Rechts der Meldung als FFH-Gebiet und als EU-Vogelschutzgebiet ergeben. Wir meinen aber auch, dass es notwendig ist, den Anforderungen des § 14 des Bundesnaturschutzgesetzes genauso Rechnung zu tragen wie § 28 a des Niedersächsischen Naturschutzgesetzes. Dieses gehört in das Nationalparkgesetz integriert.

In die Richtung „mehr Verantwortung für die Kommunen“ gehen die Empfehlungen, die Erholungszonen erheblich zu erweitern und den von den Gemeinden mit Misstrauen begegneten Zustimmungsvorbehalt der Nationalparkverwaltung in den Erholungszonen zu streichen.

Für den Nationalpark „Harz“ mit seinen wesentlich neueren und moderneren rechtlichen Regelungen haben sich erheblich weniger Änderungsvorschläge ergeben. Sie sind das Ergebnis von sieben Gesprächsrunden vor Ort. Konkret zu nennen sind die Anregungen zur Herausnahme intensiv genutzter und überformter Flächen im Erholungsbereich Torfhaus, entsprechend vergleichbaren Situationen im Nationalpark „Niedersächsisches Wattenmeer“.

Meine Damen und Herren, insgesamt kann mit Befriedigung festgestellt werden, dass mein Ansatz, Naturschutz mit den Bürgerinnen und Bürgern zu machen, für viele Seiten positive Effekte bringen wird. Dazu gehören Kommunalentwicklung, Wirtschaftsentwicklung, Tourismus und nicht zuletzt der Naturschutz. Die Ergebnisse, die im Bericht der Landesregierung dargelegt werden, lohnen aufgegriffen zu werden, um einen hochwertigen Nationalpark mit großer Akzeptanz in der Region zu gestalten.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön, Herr Minister. - Meine Damen und Herren, Frau Kollegin Pruin hat jetzt ums Wort gebeten.

(Biel [SPD]: Hat sie nicht ihre Wort- meldung zurückgezogen?)

Das hättest du wohl gerne, wie?

Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! „Ein seltsamer Gesetzgebungsprozess geht in die letzte Runde“. Das schrieb in der vergangenen Woche die „Ostfriesen-Zeitung“. Recht hat der Journalist, der diese Formulierung wählte, wobei das Wort „seltsam“ durchaus durch das Wort „skandalös“ hätte ersetzt werden können,

(Beifall bei der CDU - Zurufe von der SPD)

nicht unbedingt wegen der Inhalte, sondern wegen des Verfahrensablaufs. Hier muss ich Ihnen widersprechen, Herr Inselmann. Wenn Sie sagen, wir hätten im Internet surfen können, dann kann ich nur sagen: Wir können nicht surfen, wenn Sie es nicht bekannt geben.

(Bontjer [SPD]: Können Sie das über- haupt?)

- Ich kann das im Gegensatz zu Ihnen, Herr Bontjer; hier müssen Sie sich schon ein wenig anstrengen. - Sie haben behauptet, am 5. Juni hätten wir das haben können. Bereits am 29. Mai stand in der „Ostfriesen-Zeitung“, dass die SPD-Fraktion am letzten Maiwochenende informiert hat. Ich frage Sie: Wie sollen wir denn informieren, wenn nur Sie die Informationen haben?

(Frau Pawelski [CDU]: So ist es! - Zuruf von der SPD)

Uns liegt heute ein Antrag der SPD-Fraktion zur Diskussion vor, den man getrost mit „Hurra Landesregierung“ überschreiben kann. Das ist passend zu dem, was mir der Kollege Inselmann in der Plenarsitzung im Mai gesagt hat. Er hat gesagt: Wir können nur noch Hurra schreien und nur noch klatschen.

(Inselmann [SPD]: Ja!)

- Nein, Herr Inselmann. - Zum Hurra schreien besteht nun wirklich überhaupt kein Anlass, zu

mindest nicht zum jetzigen Zeitpunkt, denn noch liegt das Gesetz nicht vor. Was Sie bejubeln möchten, ist eine Absichtserklärung der Regierung. Wir wissen ja alle: Absichtserklärungen sind nur Absichtserklärungen. Sie sind Wunschdenken, und im besten Falle werden die darin angesprochenen Wünsche umgesetzt, aber soweit sind wir noch nicht. Ein wenig Lob will ich durchaus gelten lassen:

(Zurufe von der SPD)

Lob für die zahlreichen Gespräche - hören Sie doch zu, wenn ich Sie schon einmal lobe -, die Vertreter des Umweltministeriums in den vergangenen Monaten mit den Kommunen auf den Inseln und dem Festland geführt haben. Man kann sicherlich nicht jede Forderung erfüllen, aber man kann sich bemühen, einen möglichst breiten Konsens zu schaffen. Der Nationalpark „Niedersächsisches Wattenmeer“ steht und fällt mit der Akzeptanz der Bevölkerung vor Ort. Die CDU hat stets vor einer unnötigen Eile gewarnt. Wir haben gefordert, dass mit den Betroffenen konstruktiv gearbeitet wird. Insofern erkennen wir es durchaus an, dass Umweltminister Jüttner unsere Forderungen erfüllt hat und sein Mitarbeiter Herrn Davidsohn - ich erwähne ihn noch einmal, damit ich die Wette noch einmal gewinne - verloren gegangenes Vertrauen wieder zurückerobern kann. Aber die Menschen vor Ort sind skeptisch, sehr skeptisch sogar. Sie trauen Ihnen nicht mehr. Wie sonst erklären Sie sich, dass sechs Inselgemeinden den Beschluss gefasst haben, gegen das bestehende Gesetz zu klagen? Sie befürchten, dass die Klagefrist abläuft und ihnen damit jede Möglichkeit genommen wird, Einfluss auf das seit Mitte des vergangenen Jahres geltende Gesetz zu nehmen. Nein, so lobenswert die Bemühungen auch waren, die Skepsis und auch die Angst, von der Regierung unfair behandelt zu werden, sind geblieben.

Wer den Antrag der SPD-Fraktion genau ließt, muss den Eindruck gewinnen, als seien die Gespräche erfolgreich gewesen, als gebe es nur zufriedene Kommunen. Dem ist aber keineswegs so. Auf die Klageankündigung der Inseln habe ich bereits hingewiesen. Nach dem derzeitigen Stand der Dinge lässt sich feststellen, dass sich bislang nur die Nordseeinseln Norderney, Spiekeroog und Wangerooge mit den Vorschlägen des Umweltministeriums möglicherweise einverstanden erklären.

(Zuruf von der SPD: Na, na, na!)

- Doch. - Juist und Langeoog hingegen sehen ihre Hauptforderungen als nicht erfüllt an. Ich erinnere nur an das Vernachlässigen der Hellerpflege auf Juist. Hier von einem erreichten Konsens zu sprechen, ist ja wohl wirklich am Sachverhalt vorbei. Die Insel Baltrum ist mit den Absichtserklärungen überhaupt nicht zufrieden. Warum sonst hat die Kommune den Beschluss gefasst, sich aus dem Nationalpark herauszuklagen? Unzufrieden sind auch die Borkumer, denn die eingerichtete Erholungszone westlich des Flughafens ist nicht ausreichend bemessen. Hier ist noch Handlungsbedarf. Das weiß Herr Davidsohn auch schon. Hinzu kommt, dass naturschutzfachliche Begründungen für eine Ausweitung der Ruhezonen nicht vorliegen. Das gilt im Übrigen auch für die schon bereits bestehenden Ruhezonen.

Besonders besorgt sind die Inseln aber darüber, dass eine Änderung des § 14 des Bundesnaturschutzgesetzes die Entwicklungschancen beeinträchtigen oder den erreichten Stand infrage stellen kann. Auf Seite 9 der Drucksache 1645 steht im sechsten Absatz hierzu:

„Diesen Befürchtungen sollte bei einer eventuell anstehenden Novellierung auf Bundesebene Rechnung getragen werden.“

Schwammiger hätte das wohl kaum formuliert werden können. Was die Inseln brauchen und von uns Politiker erwarten, sind klare Zusagen für die weiteren Entwicklungsmöglichkeiten. Nicht nur für den Nationalpark brauchen wir eine eindeutige Zukunftsperspektive, sondern gerade auch für die Menschen in den betroffenen Regionen.

Der Landesregierung droht aber noch weiteres Ungemach. Der Dollart soll plötzlich Bestandteil des Nationalparkes werden. Bislang ist das Gebiet Naturschutzgebiet. Es in den Nationalpark einzubeziehen, stößt bei den Betroffenen auf große Kritik. Betroffen sind in diesem Fall die Gemeinden Jemgum und Bunde im Landkreis Leer. Keine dieser Kommunen ist für die Einbeziehung des Dollarts, und das, obwohl alle Kommunen – nebenbei erwähnt - von der SPD regiert werden. Also, Herr Inselmann, zum Hurra schreien sind auch die eigenen Parteifreunde nicht bereit. Der Pressesprecher des Landkreises Leer hat das in der vergangenen Woche auf den Punkt gebracht, nämlich als er sagte: Der Dollart steht unter Naturschutz, und das reicht. - Warum eigentlich, lieber Herr Jüttner, ist bislang dieser wichtige Punkt nicht mit den Anrainergemeinden bespro

nergemeinden bespro-chen worden? Nun hören Sie gut zu. Am 29. Juni gibt es im Ministerium eine Anhörung, zu der die Gemeindevertreter aus dem Rheiderland einge-laden werden. Zwei Tage vorher geht der Arbeits-kreis Umwelt der SPDLandtagsfraktion vor Ort. Warum eigentlich so spät, wenn sie in der Presse schon erklären, dass sei alles gelaufen, und der Dollart werde mit hineingenommen?

Was den Dollart selbst abgeht, kann ich es mir ganz einfach machen. Hier möchte ich aus dem Protokoll der Landtagssitzung vom 9. Mai 1996 zitieren. Dort habe ich Folgendes gesagt:

„Auf Anfrage einer hiesigen Zeitung lieferte das Umweltministerium vorige Woche schon folgende Meldung: Der Nationalpark Wattenmeer soll in zwei Jahren in Richtung Dollart erweitert werden...

(Zuruf von der SPD: Was spricht dagegen?)

... Wie die Pressesprecherin des Ministeriums erklärte, ist das größte Problem für die Unterschutzstellung des Dollarts im Rahmen des Nationalparks nach wie vor die Unklarheit über den Verlauf der Grenze zwischen Deutschland und den Niederlanden. Wenn die Grenzfrage geklärt sei, werde das Ministerium umgehend das notwendige Verfahren unter Einbeziehung zahlreicher Behörden und der betroffenen Gemeinden einleiten.“

(Vizepräsidentin Litfin übernimmt den Vorsitz)

Wohlgemerkt: Das war im Mai 1996. Und Sie tun so, als ob das alles im Jahre 2000 noch besprochen werden kann. Wann ist eigentlich die Grenze im Dollart festgelegt worden, oder gilt das Argument, dass die Ministerin Griefahn hier gebracht hat, heute nicht mehr? Vor allem frage ich mich, was mit dem holländischen Teil des Dollart ist. Mir ist nicht bekannt, dass die Niederländer hier etwas unternehmen. Wäre es nicht sinnvoll, das Problem zumindest gemeinsam mit unserem Nachbarn anzugehen?

(Beifall bei der CDU)

Wenn der Dollart zum Nationalpark gehört, dann können sich die Rheiderländer ihren Wunsch nach Ausbau des Fremdenverkehrs und des Tourismus schlicht abschminken, und diese Besorgnis haben sie auch schon. Der Landkreis Leer hat das ganz offiziell in einer großen Schlagzeile in der „Ostfriesen-Zeitung“ mitgeteilt, Herr Inselmann. Deshalb fahren Sie ja auch jetzt hin.

Ich möchte einmal wissen, was Ihr Parteikollege, der jetzige Bürgermeister aus Emden, Herr Brinkmann, dazu sagt. Ich kann mir vorstellen, dass er darüber nicht begeistert ist.

Meine Damen und Herren, noch ist nichts entschieden, noch liegt nicht einmal ein Gesetzentwurf zur Änderung des Nationalparkgesetzes vor. Wir reden, wie schon gesagt, ausschließlich über Absichtserklärungen und über das vorgezogene Lob durch die SPD-Fraktion. Warten wir es doch ab, was in dem Gesetzentwurf letztlich stehen wird und was vor allem die noch zu führenden sehr wichtigen Gespräche mit den Betroffenen ergeben werden! Es gibt noch jede Menge Konfliktpotential mit den Kommunen im Landkreis Leer - ich habe das aufgeführt -, aber auch z. B. mit dem Seglerverband Niedersachsen und mit den Inseljägerschaften, die die allmähliche Aushöhlung der Jagd über die Nationalparkgesetzgebung hinaus erfahren.

Die SPD feiert heute ihr zehnjähriges Regierungsjubiläum.

(Schack [SPD]: Sehr gut!)

Zehn Jahre SPD-Regierung bedeuten zehn Jahre Konflikte mit dem Nationalpark „Niedersächsisches Wattenmeer“.

(Starker Beifall bei der CDU)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht die Kollegin Steiner.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die SPD-Fraktion hat uns mit diesem Antrag eine Perle unter den Anträgen dieses Jahres vorgelegt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Man könnte den Antrag in Anlehnung an Ludwig Thoma aber kürzer fassen. Sie erinnern sich an die