Vom Kollegen Knebel ist vorgetragen worden, dass man von über 50 % auf 45 % absenke, wobei der Solizuschlag ja bei Ihnen auf Dauer erhalten bleiben soll, also auf knapp 50 %. Aber genau diese Entlastungswirkung für Leistungsträger in unserer Gesellschaft - das ist sehr geschickt gemacht, aber vom Ergebnis her verheerend - wird
dadurch erreicht, dass man den Spitzensteuersatz bereits bei 98.000 DM Jahreseinkommen beginnen lässt und nicht erst, wie es heute und auch für die Zukunft vorgesehen ist, bei 115.000 DM. Diese Absenkung des Eingangssatzes für den Spitzensteuersatz führt zum Aufzehren der steuerlichen Entlastung und nimmt denen die Luft zum Investieren, die gerade Arbeitsplätze schaffen sollen.
Wir haben hier einmal deutlich dazu festzuhalten, dass gerade der Mittelstand bei Ihnen schon mit dem ersten Steuerbelastungsgesetz erheblich getroffen wurde und jetzt bei der Frage der Abschreibungen erheblich getroffen wird. Sie wollen die Steuerreform durch Verschlechterung der Abschreibungssätze, durch Veränderung der Zeiten im Umfang von 14,5 Milliarden DM gegenfinanzieren.
Wenn ein Lastkraftwagen in Zukunft nicht mehr nach sieben, sondern erst nach elf Jahren abgeschrieben werden darf, ein Personalcomputer nicht mehr nach vier, sondern nach sechs Jahren, eine Druckmaschine, eine Presse, nicht mehr nach zehn, sondern nach 25 Jahren, dann hätten wir am Ende einen Kapitalstock, wie wir ihn zu Zeiten der DDR in den dortigen Unternehmen erlebt haben, und das wollen wir nicht.
Wir beobachten in der wirtschaftspolitischen Landschaft, dass gerade die Produktzyklen kürzer werden, dass gerade die Innovation notwendiger wird und der technische Fortschrift gefördert werden muss. In dieser Situation Unternehmen zu zwingen, Personalcomputer auf sechs Jahre statt auf vier Jahre abzuschreiben, ist genau das falsche Signal.
Sie treffen mit diesen Entscheidungen in der Steuerpolitik die Facharbeiter, die Schichtdienst machen. Sie treffen die Ingenieure, die Forscher. Sie müssen sich einmal vor dem Hintergrund der gestrigen Debatte über Informatiker darüber klar werden, dass deshalb viele nach Amerika, England und anderswohin gehen, weil sie dort eine ganz andere, viel gerechtere, fairere und transparentere Besteuerung als in Deutschland erleben; und statt das System zu vereinfachen und die Steuern zu senken, machen sie es trickreicher, komplizierter und bürokratischer. Das ist die Wahrheit zu ihrer Steuerreform.
Meine Damen und Herren von SPD und Grünen, der falsche Ansatz ihrer Großbetriebssteuerreform wird auch bei der Besteuerung der Veräußerungserlöse, wie es die Grünen hier ansprechen, überdeutlich. Der Allianz, der Deutschen Bank 7 Milliarden DM an Steuerentlastungen beim Verkauf von Beteiligungen und bei deren Erlösen zu ermöglichen und dagegen den Bäckermeister, der in seinem Betrieb, in seiner Bäckerei, seine Alterssicherung hat, voll zu besteuern und ihm allenfalls noch die Chance zu geben, das auf fünf Jahre zu verteilen, das ist nun wirklich eine Politik gegen die, die Arbeitsplätze erhalten und zusätzlich neue schaffen sollen.
Wir müssen eben weg von ihrer Unterscheidung zwischen guten Unternehmensgewinnen und schlechten Unternehmergewinnen. Das ist ja die Philosophie des Neides, die hinter dem steckt, was sie vorschlagen.
Sie müssen endlich begreifen, dass man denen eine Risikoprämie zubilligen muss, die bereit sind, ein Risiko einzugehen und in Arbeitsplätze zu investieren, statt die zu belohnen und zu begünstigen, die einfach auf Aktienmärkten operieren.
(Plaue [SPD]: Das haben Sie 16 Jahre lang gemacht! Sie haben 16 Jahre lang ein Steuersystem gemacht, das kaputt gemacht hat! Sie sind dafür verant- wortlich!)
Hätten wir das gemacht, was Sie, Herr Plaue, jetzt vorhaben, nämlich diese Shareholder-value-Politik, dann hätten Sie Demonstrationszüge mit AWOPlakaten angeführt. Ich möchte mir gar keine Vorstellung davon machen, was Sie um die Bundeshauptstadt herum veranstaltet hätten.
Wir müssen Einigkeit darüber haben, dass das Steuerrecht in Deutschland gerechter, fairer und mit niedrigeren Sätzen weniger kompliziert werden muss. Sie verkomplizieren aber. Ihr eigener Finanzminister, Herr Aller, hat darauf hingewiesen, dass der bürokratische Aufwand bezüglich des Optionsrechts weder in den Finanzbehörden noch
(Möhrmann [SPD]: Dann lesen Sie doch unseren Antrag! Was schimpfen Sie denn? Das steht doch im Antrag, dass das überprüft werden soll!)
Der Verband der freien Berufe hat Ihnen geschrieben, dass die Bundesregierung erneut deutlich mache, dass sie das Beschäftigungspotential im Mittelstand und in freien Berufen nicht erkennen wolle. Ich zitiere: Die Bundesregierung verharrt in klassischen, industriell orientierten, großbetrieblich fixierten Denkstrukturen und Handlungsmustern.
Der Zentralverband des Handwerks, die niedersächsischen Handwerkskammern haben Ihnen ins Stammbuch geschrieben, bisher sei eine steuerliche Entlastung des Handwerks nicht erkennbar.
Wir wollen eine Gleichbehandlung von Unternehmern und Unternehmen, eine wirkliche Reform der Einkommensteuer mit niedrigen Sätzen vom Eingangssteuersatz - 15 % - bis zum Spitzensteuersatz - 35 % -, und zwar bereits im Jahre 2003 und nicht erst im Jahre 2005. Sie haben Ihre Versprechungen, die Sie der vermeintlichen neuen Mitte abgegeben haben, gebrochen und konzentrieren sich auf die Steuerbefreiung für die Großen und lassen die Zeche die Kleinen bezahlen.
Wir legen Wert darauf, dass die Messlatte die Äußerung des Niedersächsischen Ministerpräsidenten in der „Hildesheimer Allgemeinen Zeitung“ vom 4. März 2000 ist, die ich am Anfang angesprochen habe, nämlich „den Mittelstand steuerlich mit den gleichen Rabatten auszustatten wie Kapitalgesellschaften“. Insofern sollten Sie Ihren Änderungsantrag nochmals überdenken, bevor Sie hier wiederum erst durch eine kluge Äußerung auffallen und dann, wenn Sie sie umsetzen könnten, umfallen. - Vielen Dank.
Sie hilft in der aktuellen Diskussion aber nicht weiter, weil Sie längst zugeben mussten - das bestätigen auch die Finanzminister der Länder, die nachrechnen können -, dass Ihre Steuerreformalternative, die Sie vorgelegt haben, derzeit und auch auf mittlere Sicht nicht finanzierbar ist und damit der eine wichtige Baustein der Steuerreform ad absurdum geführt ist.
Derjenige, der sich wie Sie so apodiktisch gegen eine steuerliche Entlastung im Unternehmensbereich der Kapitalgesellschaften ausspricht, verkennt, dass sich die Welt verändert hat und dass Deutschland im globalen Wettbewerb, den Sie sonst immer als Alibi heranführen, insbesondere mit den Unternehmen steht, die global, international oder nur europäisch tätig sind. Das heißt, der Ansatz der Steuerreform, so wie wir ihn fahren, ist ein doppelter:
Erstens. Er macht die Bedingungen, die wir benötigen, da transparenter und effektiver, wo Deutschland als Standort, Wirtschaftsstandort und Arbeitsmarktstandort im internationalen und globalen Wettbewerb steht. Wer das verkennt, der schneidet den einen Ast ab, auf dem wir sitzen.
Der zweite Aspekt, der in unseren Überlegungen eine wichtige Rolle spielt, trifft sich dann mit Ihren Ansätzen, dass wir durchaus zur Kenntnis nehmen und wissen, dass 85 % der Unternehmen in Deutschland Personengesellschaften, kleine und mittelständische Strukturen sind, und wir diese bei der Steuerreform auch entsprechend entlasten werden.
Es funktioniert nun nicht so, wie Sie es gerne hätten, dass Sie alle Kritikpunkte an einer Steuerreform aneinander reihen und sagen können, dass sich daraus ein neues Konzept ergibt. Das ist der falsche Ansatz. Im Gegenteil! Das, was Eichel, die Bundesregierung unter Beteiligung der Grünen, Herr Golibrzuch, auf den Tisch gelegt haben, ist ein in sich konsistentes Modell, das in mehreren Phasen unter Berücksichtigung der Verkraftbarkeit für die öffentlichen Haushalte - Bund, Länder und Gemeinden - drei Kernpunkte verfolgt: erstens Standortsicherung für den Wirtschaftsstandort Deutschland und damit auch bessere Bedingungen für die Kapitalgesellschaften und die von uns so hoch eingeschätzten mittelständischen und kleinen Unternehmen, zweitens Belebung des Arbeitsmarktes und drittens Gegenfinanzierbarkeit auf der mittleren Zeitschiene auch für die öffentlichen Haushalte. - Wer diesen Dreiklang außer Kraft setzen will, der gefährdet das gesamte Steuerreformmodell und erweist Deutschland damit einen Bärendienst.
Ich sage das so deutlich, Herr Golibrzuch, weil ein Teil der Steuerreform natürlich auf den konjunkturellen Aufschwung baut, den wir durch die Steuerreform einleiten, und weil dadurch nicht sofort, aber in den Folgejahren die Finanz- und Steuerkraft steigen wird.
Der Zielkonflikt, vor dem wir stehen, muss natürlich auch in Auseinandersetzung mit den am Wirtschaftsprozess beteiligten Gruppen geführt werden. Die erste wichtige Erkenntnis ist, dass derjenige, der ständig über den Spitzensteuersatz redet, nicht vergessen darf, dass der Eingangssteuersatz das entscheidende Plus für alle am Steuersystem Beteiligten ist. Der ist von dieser Regierung abgesenkt worden, wird auf der Zeitschiene auch weiter in Richtung 15 % abgesenkt werden und wird damit für alle, auch für die kleinen und mittelständischen Unternehmer, die entsprechenden Vorteile bringen.
(Beifall bei der SPD - Möllring [CDU]: Und wo ist er jetzt? Wie weit ist er noch weg von 15 %? - Gegenruf von Plaue [SPD]: Ihr führt doch wie- der nur die Debatte für die Zahnärz- te!)
Was die Masseneinkommen und die Massenkaufkraft angeht, so haben wir mit der Ausgestaltung der Gewährung des Kindergeldes einen weiteren Eckpunkt gesetzt, den Sie unterschlagen. Dieser Eckpunkt gehört aber auf der Zeitschiene mit zu der Diskussion. Dieser Eckpunkt muss auch finanziert werden.
Ich sage in aller Deutlichkeit, dass die Änderung des § 34, des bekannten Abschreibungsparagrafen, eine der Gegenfinanzierungsmaßnahmen gewesen ist, weil wir ein Steuerschlupfloch ersten Ranges geschlossen haben. Sonst wäre überhaupt nicht daran zu denken, das Gesamtkonzept vernünftig gegenzufinanzieren. - Dies als Klarstellung zu Ihren Äußerungen.
Lassen Sie mich nun zu der Frage Stellung nehmen, ob ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Kapitalgesellschaften und den kleinen und mittelständischen Personengesellschaften besteht. Ich bin der Meinung, dass insoweit Nachbesserungsbedarf besteht. Der Ministerpräsident hat das in aller Deutlichkeit gesagt. Die Frage, wie das ausgestaltet wird, wird diskutiert. Aber es macht wenig Sinn, jeden zweiten Tag eine neue Sau durch das Dorf zu treiben. Sie wissen genau, dass Ihre Leute in Bonn mit unseren Leuten aus dem Bundesfinanzministerium und den Ländern verhandeln.
Mit großer Sicherheit werden wir uns im Vermittlungsausschuss damit auseinander setzen, um einen Kompromiss zu erzielen. Wir Niedersachsen haben zu dem Zukunftsprogramm 2000 Positionen entwickelt, die in das Zukunftsprogramm eingebracht worden sind, und haben unter dem Strich festgestellt, dass wir das, was wir in Niedersachsen mit Unterstützung des Ministerpräsidenten auf den Weg gebracht haben, durchgesetzt haben, und zwar über die Parteigrenzen hinweg, Herr Wulff. Ich bin den Kolleginnen und Kollegen, die die Länderseite und die kommunale Seite vertreten haben, dafür ausgesprochen dankbar.
Auch in diesem Vermittlungsverfahren ist völlig unstrittig, dass wir uns über die Frage unterhalten werden, wie und ob Gewinne aus der Veräußerung von Kapitalbeteiligungen zu besteuern sind. Ich sage Ihnen: Die Frage ist so hoppladihopp nicht zu entscheiden. Wer die Grenze falsch zieht, wird