Protocol of the Session on March 30, 2000

Meine Damen und Herren, ich muss zum Schluss kommen.

Nein, Sie sind schon über die Zeit hinaus. Ich würde Ihnen gern noch weiter zuhören, aber das geht leider nicht mehr.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Deswegen der letzte Satz: Seit 1999 - auch das sollten Sie einmal sagen - werden 50 % aller Asylverfahren innerhalb von drei Monaten abgewickelt. Was wir nicht brauchen, ist eine Verschärfung im Asylrecht, sondern wir brauchen eine Vereinfachung und mehr Transparenz. Wenn wir anfingen, im Zuge der Europäisierung und Harmonisierung die Genfer Flüchtlingskonvention in Deutschland anzuerkennen und die Flüchtlinge nach der Genfer

Flüchtlingskonvention gleichzustellen, dann könnten wir uns eine erhebliche Anzahl von Asylverfahren insgesamt sparen. Das sind die sehr differenzierten Gründe für eine Verfahrensverkürzung. All diese Gründe, meine Damen und Herren, - -

Die Gründe können wir heute nicht mehr erörtern, Frau Stokar von Neuforn. Es ist jetzt Feierabend.

(Beifall bei der CDU)

Danke schön!

Jetzt hat Herr Kollege Harden das Wort. - Ich bitte doch darum, die Redezeiten etwas besser einzuhalten.

Oh, hier gibt es eine neue Uhr.

(Frau Stokar von Neuforn [GRÜNE]: Die hat mich auch völlig irritiert!)

Danach kann man sich auch richten.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist ja noch eine ganze Menge von Abgeordneten hier. - Niemand im Haus kann bestreiten, glaube ich, dass viele Asylverfahren insgesamt zu lange dauern.

(Zurufe von der CDU: Richtig! - Sehr richtig!)

Zwar konnte die Dauer der einzelnen Verfahren deutlich reduziert werden - ich kann mich daran erinnern, dass damit schon zu Zeiten von Kanzler Helmut Schmidt angefangen worden ist -, doch es gibt immer noch viele Möglichkeiten, durch trickreiche Ausnutzung der Rechtsstaatlichkeit ungerechtfertigt lange Aufenthalte zu erwirken. Das hängt auch mit der Komplexität des Themas zusammen. Deswegen greift dieser Antrag, den die CDU-Fraktion hier eingebracht hat, zumindest in der Ausformulierung durch Herrn Biallas, auch wenn die Art des Vortrags an manchen Stellen zu Beifall herausgefordert hat, zu kurz.

Besonders häufig sind die Fälle, in denen Ehepaare dann, wenn ihre Asylverfahren negativ beendet sind und Abschiebung droht, Asyl für ihre Kinder beantragen. Damit beginnt das nächste Verfahren mit langer Dauer. Zu vermuten ist in den meisten dieser Fälle, und zwar auch ohne großen juristischen Sachverstand, dass hier in Deutschland geborene Kinder nicht politisch verfolgt sein können, und so enden die allermeisten Verfahren mit der Ablehnung des Asylantrags der Kinder.

Je größer die Anzahl der Kinder ist - das ist hier schon mehrfach ausgeführt worden -, umso länger dauert das Asylverfahren für die gesamte Familie. Wer es darauf anlegt - oft genug passiert dies auf Anraten von findigen Rechtsanwälten -, kann sich durchaus Hoffnungen machen, mit seiner Familie eines Tages in den Genuss einer Altfallregelung zu kommen und geduldet zu werden. Das ist gesetzlich nicht gewollt, auch grundgesetzlich nicht gewollt,

(Frau Stokar von Neuforn [GRÜNE]: Das ist auch ausgeschlossen bei der Altfallregelung!)

kostet im Übrigen die Steuerzahler sehr viel Geld.

Weitere beliebte Möglichkeiten, der Abschiebung zu entkommen, sind - um die Vollständigkeit hier herbeizuführen -: Man unterdrückt die Reisedokumente oder verheimlicht die Staatsangehörigkeit.

Das Problem ist - ich wiederhole es -: Rechtsmittel werden eingesetzt oder sogar instrumentalisiert, um in den Genuss staatlicher Unterstützung zu kommen. - Das ist nicht die Umsetzung dessen, was im Grundgesetzartikel 16 a steht, sondern das ist etwas völlig anderes.

Wenn man diesen Missbrauch beenden möchte, dann gelangt man allerdings, weil vieles schon versucht worden ist, ganz schnell an die juristischen Grenzen des Machbaren. Ich vermute einmal, dass die CDU-Fraktion das in ihrem Antrag ein bisschen zu gering eingeschätzt hat. Ohne weiteres kann man Kindern von abgelehnten Asylbewerbern nicht das Recht auf den Asylantrag nehmen. Zumindest von SPD und Grünen, glaube ich, will das hier niemand. Das Asylrecht ist ein Individualrecht. Es geht darum, praktikable und rechtsstaatlich einwandfreie Lösungen für Kettenasylverfahren zu finden. Die Bestrebungen in diese Richtung unterstützt die SPD-Fraktion nachdrücklich.

Die Mitglieder des Innenausschusses wissen des Weiteren: Das geltende Asylrecht führt nicht nur zu durchaus legalem Missbrauch; das geltende Asylrecht führt auch zu einer Vielzahl von Härtefällen, in denen eine Abschiebung zwar gesetzlich geboten ist, Abgeordnete aller Fraktionen aus humanitären Gründen in Einzelfällen aber gern ein Bleiberecht aussprechen würden. Einer Lösung des Problems steht aber oft genug Artikel 16 a des Grundgesetzes entgegen, und das Grundgesetz ändert man nicht ohne Not.

Deswegen begrüße ich es, dass eine Änderung in beide Richtungen, was die Bekämpfung des Missbrauchs angeht und was das Gestatten von mehr Humanität angeht, auf europäischer Ebene möglich werden kann. Im Vertrag von Amsterdam 1997 haben sich die Staaten der Europäischen Union verpflichtet, ein gemeinsames Asyl- und Ausländerrecht zu schaffen. Die Harmonisierung muss spätestens am 30. April 2004 in Kraft treten. Das gibt die Chance, Ungerechtigkeiten zu beseitigen und ein besseres Asylrecht zu schaffen. Vorrangig muss dabei sicherlich der Missbrauch bekämpft werden. Gleichzeitig aber soll es auch möglich werden, in Einzelfällen humanitäre Aspekte zu berücksichtigen.

Was den Antrag angeht, noch Folgendes: Die Landesregierung ist längst dabei, etwas zu formulieren, das beiden Aspekten gerecht wird, die ich eben benannt habe, nämlich sowohl der Bekämpfung des Missbrauchs als auch der Ermöglichung von mehr Humanität, und die SPD-Landtagsfraktion unterstützt sie darin mit aller Kraft. - Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Bis zu eineinhalb Minuten Redezeit erhält der Kollege Schwarzenholz.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die CDU geht durch diese drei Plenartage nach dem Prinzip: Ich suche mir ein Thema, bei dem ich Vorurteile bedienen kann, bringe einen entsprechenden Antrag ein und versuche, auf dieser Welle zu reiten. - Das haben Sie beim Thema Orientierungsstufe so gemacht. Das haben Sie beim Thema Nationalpark so gemacht. Das machen Sie jetzt beim Thema Flüchtlinge. Wenn ich mir die Rede

von Herrn Biallas vor Augen führe: Die hätte gut in eine Burschenschaftsversammlung gepasst.

(Zustimmung bei der SPD - McAllister [CDU]: Höre mal auf hier! - Unruhe)

Sie ist zutiefst inhuman gewesen. Er hat über Flüchtlinge geredet - -

(McAllister [CDU]: Das sagt ein Kommunist!)

- Sie sollten nicht einen solchen Unsinn reden! Bevor Sie Kollegen diffamieren, sollten Sie überlegen, was Sie sagen!

(McAllister [CDU]: Das sollten Sie sich mal überlegen!)

- Sie sollten einmal überlegen, was Sie hier machen! Es gibt Flüchtlinge, die sind Menschen,

(Behr [CDU]: Das sind alles Men- schen!)

denen in ihren Ländern Verfolgung droht. Es gibt viele Flüchtlinge, die aus Verhältnissen kommen, in die man sie nicht zurückschicken kann. Frau Ogata hat gerade in dieser Woche an die Bundesrepublik appelliert, darauf zu verzichten, die Flüchtlinge in den Kosovo zurückzuschicken, und zwar mit guten Gründen. Warum diskutieren wir nicht darüber?

(Zustimmung von Schröder [GRÜ- NE])

Warum diskutieren wir hier über die Bedienung von Vorurteilen und über die Frage, wie man das Asylrecht noch inhumaner machen kann? Warum diskutieren wir nicht darüber, dass wir eine Humanisierung des Asylrechts brauchen, dass es nicht vorkommen darf, dass z. B., wie auch in Niedersachsen, in Abschiebeverfahren Flüchtlinge ums Leben kommen?

(Biallas [CDU]: Das Gute an der DDR war, dass da überhaupt kein Asylbewerber hingekommen ist, weil da niemand hin wollte!)

Warum diskutieren wir nicht darüber, wie wir es erreichen können, dass Fluchtursachen abgestellt werden? - Weil es in Ihrer Analyse politisch nützlich ist, werden Vorurteile bedient, werden Stimmungen bedient. Sie sind sich auch nicht zu scha

de, auf Stimmungen wie Ausländerfeindlichkeit zu reiten.

(Ontijd [CDU]: Unverschämtheit!)

Auf diese Art und Weise machen Sie hier im Parlament die ganze Zeit Politik!

(McAllister [CDU]: Ab nach Kuba!)

Ich kann nur sagen: Wenn dieser Antrag von der SPD auch noch als sachlich aufgenommen wird, dann wird die SPD erleben, dass sie in diesem Feld weiter an Boden verliert. Ich kann Ihnen nur raten, das noch einmal sehr nachdrücklich zu überlegen.

(Zurufe von der CDU: 0,1%-Partei! - Sonst kriegen Sie noch 0,015 %! - Unruhe)

Das Wort hat nun Herr Innenminister Bartling.

(Frau Stokar von Neuforn [GRÜNE]: Dann dürfen wir auch noch mal! - Heiterkeit)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will gern der Versuchung widerstehen, den Rundumschlag, den Herr Biallas zur gesamten Thematik der Asyl- und Zuwanderungspolitik gemacht hat, im Einzelnen zu beantworten.

(Biallas [CDU]: Das habe ich aber zugegeben!)

Das kann man in einem so kurzen Zeitraum, wie er mir zur Verfügung steht, glaube ich, seriös auch nicht schaffen.