Protocol of the Session on January 28, 2000

(Beifall im ganzen Haus)

Vielen Dank, Herr Ministerpräsident. - Das Wort hat jetzt der Kollege Schröder.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hatte mich noch einmal zu Wort gemeldet, um Sie zu bitten, unserem Antrag auf sofortige Abstimmung stattzugeben. Ich glaube, ich kann es nach den Ausführungen des Herrn Ministerpräsidenten, die ich voll teile, relativ kurz machen. Es ist richtig, dass wir uns mit unseren Anträgen vom Juli 1998 verhältnismäßig viel Zeit gelassen haben, weil vieles im Fluss war. Seit Dezember ist eine Zäsur erreicht. Der grundsätzliche Rahmen steht fest. Es geht nun um die Beibringung der Mittel für die Stiftungsinitiative, und es geht um die Regelung der technischen Einzelheiten, die aber nicht Gegenstand unseres Antrages sind. Über die drei Punkte, die dort genannt sind, besteht Konsens zwischen allen Fraktionen. Es ist schon viel zu viel Zeit verstrichen. Ich hoffe, dass noch im Sommer oder im Herbst dieses Jahres die Stiftung wird arbeiten können. Und deshalb kommt unser Appell an die Wirtschaft des Landes Niedersachsen eher zu spät als zu früh. Deshalb wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie unserem Antrag doch noch zustimmen könnten. - Schönen Dank.

(Beifall bei den Grünen)

Vielen Dank. - Herr Kollege Wernstedt, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Da wir, wie wir alle gehört haben, in der Sache keinen Dissens haben und die Irritation lediglich darin bestand, dass wir nach dem Telefonat, Herr Kollege Schröder, glaubten, das noch einmal im Ältestenrat gemeinsam erörtern zu sollen, habe ich für meine Fraktion keine Bedenken, heute über Ihren Antrag abzustimmen, weil der Text - unabhängig von Einzelfragen der Be

gründung - uns in keiner Weise trennt. Insofern akzeptieren wir den Antrag auf sofortige Abstimmung.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren! Zu diesem Thema besteht offensichtlich keine andere Auffassung. Wir werden also sofort in die Abstimmung eintreten. Der Antrag ist hinlänglich bekannt.

Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem vorliegenden Antrag in der Drucksache 1323 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Der Antrag ist einstimmig angenommen. Ich darf mich ganz besonders herzlich bei allen Kolleginnen und Kollegen dafür bedanken.

Meine Damen und Herren, wir kommen nun zu

Tagesordnungspunkt 28: Erste Beratung: Nicht reden, sondern handeln - Bildungsinvestitionen durch Nachtragshaushalt schaffen Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 14/1325

Zur Einbringung dieses Antrages hat der Kollege Busemann das Wort. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach dem ernsten Thema von eben folgt ein anderes ernstes Thema, das man aber, so glaube ich, durchaus mit etwas mehr Leidenschaft diskutieren darf.

Ministerpräsident Gabriel hat in seiner Regierungserklärung vom Dezember schöne Worte über eine notwendige Bildungsoffensive in unserem Bundesland gefunden und einen neuen Aufbruch für Bildung und Erziehung in unserem Lande mit großen Worten angekündigt. Den wie vielten eigentlich?

Nun ist es in der Tat richtig, dass Bildungsinvestitionen Zukunftsinvestitionen zum Wohle und zum Nutzen der Zukunftschancen der jungen Generation in unserem Bundesland sind. Wie viele Hinweise, wie viele Anträge, wie viel Kritik haben wir als Opposition, als CDU-Fraktion, in den letzten Jahren in diesem Parlament eingebracht - Hinweise

vor allem in Richtung mangelhafter Unterrichtsversorgung, Hinweise vor allem auch in Richtung mangelhafter Umsetzung der Kommunikationsund Informationsmittel an den Schulen? Wir hatten immer den Eindruck: Entweder will man das nicht begreifen, oder man will es nicht wahrhaben, weil es von der Opposition kommt. - Irgendwann, meine Damen und Herren von der Regierungsseite, haben Sie dann wohl doch gemerkt, weil der Druck von unten so stark war, dass die Opposition auf diesen Feldern doch nicht so verkehrt lag. Dann haben Sie zumindest versucht, die Notbremse zu ziehen, Herr Ministerpräsident. Unter dem Strich fand ich es richtig, dass Sie im Dezember die Sache an sich gezogen haben - das war zumindest mein Eindruck -, und zwar unabhängig davon, wie man über das Inhaltliche denkt.

(Zustimmung von Frau Litfin [GRÜ- NE])

- Frau Litfin, wir hatten wahrscheinlich miteinander den Eindruck, dass sich in der Vergangenheit der damalige Ministerpräsident und die Kultusministerin die bildungspolitische Welt offenbar immer heil- oder schöngeredet haben: Das kriegen wir schon hin; das ist in Ordnung; das wird schon so laufen.

(Beifall bei der CDU)

Wenn der Druck dann aber groß genug wird, kommt die SPD-Fraktion bzw. der neue Ministerpräsident zu dem Ergebnis: Damit wollen wir die nächsten Jahre nicht auch noch leben. Für uns als Oppositionspolitiker ist es schon eine Genugtuung, dass wir Recht hatten. Es ist vielleicht auch eine gewisse Genugtuung, dass man manche Dinge auch aus der Opposition heraus bewegen kann. Ich sage Ihnen in aller Offenheit: Wir freuen uns über jede zusätzliche Lehrerstelle, die in Niedersachsen geschaffen wird.

(Beifall bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Wenn wir dabei waren, soll das so in Ordnung sein.

Aber Sie müssen ein bisschen aufpassen, Herr Ministerpräsident, dass nicht die Mogelpackungen der Vergangenheit lediglich eine neue Verpackung erhalten und auf höherem Niveau erneut angeboten werden. Sie werden uns an Ihrer Seite haben, wenn wir danach schauen, was denn tatsächlich stattfindet. Wenn man von Bildungsinvestitionen spricht,

darf man nicht nur fordern, sondern dann muss man auch einmal konkret etwas anbieten. Das eine ist das rhetorische Geklingel und Regierungserklärungslyrik, und das andere ist das, was wirklich gemacht wird.

Da hilft nun alles nichts: Es gibt ein Buch der Wahrheit. Das nennt sich Haushalt. Es muss schon der eine oder andere Blick erlaubt sein, was darin steht und was nicht darin steht. Im Doppelhaushalt 1999/2000 steht zu all den Ankündigungen auch aus der Regierungserklärung vom letzten Dezember nichts. Mein lieber Schwan! Man staunt ja immer - so z. B. im September des vergangenen Jahres -: Über 2.000 neue Lehrer eingestellt! Auch in diesen Tagen gab es wieder eine große Meldung: 3.000 neue Lehrer! Die Schlagzeile ist ganz probat, und vielleicht rechnet auch der jeweilige Zeitungsmann nicht genau nach. Was steckt denn dahinter? - Dahinter stecken im Wesentlichen die Neueinstellungen anstelle von pensionierten Kräften.

(Beifall bei der SPD – Fasold [SPD]: Das ist schon eine Leistung!)

- Das ist doch keine politische Leistung, kein Erfolg, wie gestern hier gesagt wurde. Das ist doch wohl das Mindeste dessen, was man erwarten darf.

(Beifall bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Außerdem wird ein bisschen verheimlicht - vier Viertel gehen, und drei Viertel kommen neu -, dass das noch längst nicht das auffängt, was erforderlich ist. Außerdem werden keine zusätzlichen Stellen ausgewiesen.

Meine Damen und Herren, wie ist denn die Lage? Wir haben nach der regierungsamtlichen Schulstatistik – also, wenn Sie so wollen, Herr Kollege, von Ihren Leuten - auch in diesem Jahr wieder steigende Schülerzahlen. Nach Ihren Berechnungen können wir sagen: Das Defizit beträgt in diesem Jahr 3.000 Vollzeitlehrerstellen; 1.500 an allgemein bildenden Schulen und etwa 1.500 an berufsbildenden Schulen. Das wäre erforderlich, um eine statistisch 100-prozentige Unterrichtsversorgung hinzubekommen. Es geht hierbei wohlgemerkt um neue, zusätzliche Stellen. Was haben wir? - Sie erreichen nicht einmal das statistische Maß. De facto können wir sagen - wir kennen ja die Zahlenbeispiele und Berechnungen -: Wir liegen 10 % unter dem, was eigentlich vorhanden sein müsste.

Dabei greifen Sie einen Bereich in einer Weise an, die ich absolut nicht billigen kann. Schwer haben es alle Lehrerinnen und Lehrer sowie alle in der Branche, die damit zu tun haben, aber an den berufsbildenden Schulen müssen die wohl ganz Erhebliches aushalten. Da gehen Sie jetzt schon wieder mit der Trickserei heran: größere Klassen, weniger Unterricht. Sie mogeln sich auf dem Umrechnungswege wieder 1.000 Lehrerstellen zurecht. Sie tun nichts, aber sagen: Eigentlich hat es sich doch verbessert. Das ist rechnerisch, aber auch praktisch nicht in Ordnung. Ich finde das, was man gerade in diesem Bereich des Schulwesens macht, nicht in Ordnung.

(Beifall bei der CDU – Fasold [SPD]: Wovon reden Sie eigentlich?)

Meine Damen und Herren, wir waren bei der Lage dessen, was Sache ist. Im kommenden Schuljahr - im August, oder wann es losgehen wird - kommen noch einmal mindestens 16.000 neue Schülerinnen und Schüler in das System hinein. Wenn Sie sich so wie im letzten Jahr vertan haben - damals lagen Sie bei der Schätzung wohl um 40 % daneben -, dann werden es möglicherweise noch etliche tausend mehr sein. Das bedeutet dann, dass zusätzliche Lehrer kommen müssen. Wenn man eine Bildungsoffensive ernst nehmen würde - das Mindeste dessen, was erforderlich ist; erinnern Sie sich an unsere Haushaltsanträge aus der Haushaltsdebatte vom letzten Jahr -, dann müssten es mindestens 1.000 zusätzliche Lehrer sein, und die müssten Sie gefälligst auch in einem Nachtragshaushalt entsprechend verankern.

Ihre Wunderzahl ist aber gar nicht die Zahl 3.000, sondern eigentlich geht es - das filtert man nach und nach heraus - um 500 zusätzliche Stellen, die zum Schuljahresbeginn bereitgestellt werden sollen. Wir freuen uns über jede Stelle. Aber manchmal lässt man einen Berg kreißen, und dann soll eine Maus dabei herauskommen. Wenn ich in den Haushalt schaue, dann kann ich sagen: Darin ist bislang nichts davon verankert. Ich meine, dass Sie 500 Lehrer nicht aus der Portokasse bezahlen oder die Mittel dafür nicht im Rahmen von überplanmäßigen Ausgaben darstellen können. Dafür müssen Sie sich haushaltsmäßig schon etwas einfallen lassen. Es geht dabei ja um einen Gegenwert von etwa 18 Millionen DM. Das ist schon eine Größenordnung.

Ich will Sie einmal an eine Begebenheit aus den Jahren 1997/98 erinnern. Damals wurde hier im

Parlament eine Anfrage gestellt - das Thema war die Einsparauflage von 710 Lehrerstellen für 1998 trotz steigender Schülerzahlen -, die lautete:

„Hält sie“

- gemeint war die Landesregierung

„es nicht für notwendig, die Ausweisung von 710 zusätzlichen Lehrerplanstellen im Landeshaushalt rechtskonform zu verankern?“

Außerdem hieß es:

„Wie will die Landesregierung diese Maßnahmen ohne den Haushaltsgesetzgeber und ohne einen Nachtragshaushalt verwirklichen?“

Seinerzeit kam die Antwort von Herrn Wernstedt - damals Kultusminister - höchstpersönlich:

„Dem Landtag wird im Zusammenhang mit der Aufstellung eines Nachtragshaushalts 1998 vorgeschlagen werden, § 9 Abs. 2 des Haushaltsgesetzes 1997/98 entsprechend zu ändern.“

An anderer Stelle sagte er:

„Die Landesregierung hat nicht vor, die geschilderten Maßnahmen ohne den Haushaltsgesetzgeber und ohne Nachtragshaushalt zu verwirklichen.“

Ich kann nur sagen: Damals war die Einschätzung absolut richtig. Wenn jetzt im laufenden Jahr neue Lehrerstellen geschaffen werden sollen - ob 500, ob mehr oder ob weniger -, dann gehört das gefälligst in den Haushalt. Das heißt, dass hier ein Nachtragshaushalt fällig ist. Das Gebot von Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit sollte auch in diesem Fall für die Landesregierung gelten. Mit allgemeinen Versprechungen können wir uns dabei nicht abfinden. Das löst eher Misstrauen aus.

(Beifall bei der CDU)

Ich will noch einen anderen Bereich ansprechen. Wir haben immer gefordert - das wurde im Dezember auch in der Regierungserklärung noch einmal herausgestellt -, sich den Herausforderungen an den Schulen in Sachen neue Informationsund Kommunikationstechnologien zu stellen. Ausrüstung muss sein. Die Bundesregierung

- damals noch CDU-geführt -, deren Beschlüsse dazu von der jetzigen Bundesregierung übernommen wurden, nannte als ordentliches Ziel: Bis zum Jahr 2001 sollen alle deutschen Schulen an das Netz angeschlossen werden. - Das ist doch etwas. Aber andere sind schon dabei, und wir fangen damit erst 2001 an, wenn andere Bundesländer wie Bremen, Baden-Württemberg oder NordrheinWestfalen schon damit fertig sein wollen. Warum müssen wir als Land Niedersachsen eigentlich immer auf allen Feldern hinterherhecheln? Das darf doch nicht richtig sein. Warum müssen wir denn immer die Letzten sein?

(Beifall bei der CDU)