Protocol of the Session on January 27, 2000

Auch die Bundesregierung hat entgegen ihrer Ankündigung in der Koalitionsvereinbarung die Mittel nicht erhöht oder gehalten, sondern weiter gesenkt. Leider müssen wir befürchten, dass weitere Einsparungen auf Bundesebene Kürzungen der Mittel auf Landesebene nach sich ziehen.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Wohnungsbaupolitik hat in der rot-grünen Koalition in Berlin keinen Stellenwert. Sorgen Sie jedenfalls dafür, dass die Mittel im Wohnungsbau in Niedersachsen nicht zu einer Restgröße verkommen.

Meine Damen und Herren, es ist meines Erachtens eine riskante Schlussfolgerung, wenn man meint, dass durch das Programm „Soziale Stadt“ die Probleme am Wohnungsmarkt gelöst seien. Dieses Programm ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein, zumal dieses Programm finanziell voll zulasten der Wohnungsbauförderung geht und zusätzliche Mittel dem Wohnungsbau nicht zur Verfügung gestellt werden.

Vergessen Sie dabei nicht, dass durch zahlreiche Veränderungen im steuerlichen Bereich nicht unerhebliche Mittel dem Wohnungsbau entzogen und vom Finanzminister einkassiert worden sind. Ich denke hierbei an die Veränderungen bei der

Vorkostenpauschale und an die Absenkung der Einkommensgrenzen bei der Eigenheimförderung.

Noch immer ist das Wohnungsbauprogramm des Landes Niedersachsen schwerpunktmäßig auf die Förderung des Mietwohnungsbaus ausgerichtet. Es gibt aber nach wie vor einen Nachholbedarf bei der Förderung von so genannten Schwellenhaushalten und Geringverdienern in der Förderung von Eigentumsmaßnahmen. In Niedersachsen sind Familien mit zwei Kindern nicht in die Förderung einbezogen worden.

Bei der Förderung sollte, wie auch in anderen Bundesländern, verstärkt auf die individuelle Einkommenssituation in der Rückzahlungsphase eingegangen werden. Sinkt z. B. das Einkommen durch Arbeitslosigkeit oder durch andere Umstände, sollten auch die Belastungen, also die Zinsen, sinken, und bei steigendem Einkommen könnte dann wieder ein entsprechender Ausgleich herbeigeführt werden. Es wäre sinnvoll, sich insoweit einmal die Wohnungsbauprogramme der anderen Länder anzuschauen, um zu sehen, welche Maßnahmen davon auf unsere Situation übertragbar sind.

(Beifall bei der CDU)

Aber auch eine verstärkte Förderung im Rahmen des Erwerbs von vorhandenem Wohnraum aus dem Bestand ist insbesondere für Schwellenhaushalte von besonderer Bedeutung. Die gegenwärtige Förderung von Mietwohnungsbau ist eher eine Förderung von Leerstand.

Der Bedarf an öffentlich geförderten Wohnungen muss unter Berücksichtigung der regionalen Wohnungsmärkte ermittelt werden. Es macht keinen Sinn, so gut wie ganz Niedersachsen unter das Diktat wohnungswirtschaftlicher und wohnungsrechtlicher Verordnungen zu stellen. Bayern setzt im sozialen Wohnungsbau verstärkt auf die Eigentumsförderung. Seit 1993 ist die Quote dort von 35 % über 52 % im Jahr 1996 auf inzwischen fast 80 % gestiegen. Hier wird nicht wie bei uns am Bedarf vorbei gefördert.

Meine Damen und Herren, wenn die Landesregierung - so heißt es in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage von mir - nicht einmal eine Übersicht über den Leerstand im Mietwohnungsbau hat, ist es auch nicht verwunderlich, wenn am Bedarf vorbei gefördert wird. Es wäre ein Leichtes, durch eine Umfrage bei den großen Wohnungsbaugesellschaften eine Tendenz der Leerstände zu erfahren.

In Hannover - ich will Ihnen jetzt nur zwei Zahlen nennen - sind es bei der GBH 560 Wohnungen, die leer stehen, und in Wolfsburg sind es 2.000. So zieht sich diese Entwicklung durch das ganze Land. Gleichzeitig könnte bei dieser Umfrage aber auch festgestellt werden, welche Auswirkungen die inzwischen völlig überflüssige Fehlbelegungsabgabe auf die Leerstände hat. Die Landesregierung ist nicht bereit, aus den Erfahrungen der Stadt Hannover, die im Frühjahr des letzten Jahres die Fehlbelegungsabgabe drastisch zusammengestrichen hat, Konsequenzen zu ziehen.

Aber auch die mehrfachen Forderungen des Verbandes der Wohnungswirtschaft Niedersachsen/Bremen sind nicht beachtet worden; denn der Verband schreibt Ihnen dazu ins Stammbuch: Derzeit werden noch in 25 niedersächsischen Städten Fehlbeleger mit der Abgabe bestraft. Als das Gesetz 1993 in Kraft trat, umfasste die Gebietskulisse 54 Gemeinden. Es ist ein sicheres Indiz dafür, dass die Abgabe wohnungswirtschaftlich und sozialpolitisch ein Flop war. So Verbandsdirektor Meyer, der Ihnen, meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion, sicherlich hinreichend bekannt ist.

(Beifall bei der CDU - Zurufe von der SPD)

- Deshalb sagt er ja auch die Wahrheit und schreibt Ihnen solche Dinge ins Stammbuch. Das muss Ihnen natürlich wehtun.

In Zeiten von Leerständen und des Überangebotes darf man nicht mit den Instrumenten aus den Zeiten des Wohnungsmangels hantieren. Sorgen Sie dafür, dass die Bauwirtschaft nicht noch tiefer in die Rezession gerät. Gerade nach dem Auslaufen der Sonderfaktoren durch die EXPO ist eine Unterstützung der schwachen Baukonjunktur dringend notwendig.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, es reicht nicht, wenn der Bundeskanzler mit großem öffentlichen Auftritt Holzmann mit Steuermitteln rettet, während viele kleine Holzmänner in Niedersachsen auf Signale der Landesregierung warten.

(Beifall bei der CDU)

Sorgen Sie dafür, dass der Traum vieler junger Familien vom eigenen Heim nicht zum Albtraum wird.

(Beifall bei der CDU)

Sorgen Sie dafür, meine Damen und Herren, dass die Wohnungsbaumittel nicht weiter reduziert werden und dass Niedersachsen ein dem Bedarf angepasstes Wohnungsbauprogramm erhält.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat nun der Kollege Hagenah.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die CDU meldet sich in der Wohnungspolitik zurück. Aber wie, kann ich da nur fragen. Nach dem Motto „Luftschlösser für alle“ verspricht sie allen Wohl, aber keinem Weh. Sie haben zu Beginn völlig richtig analysiert, dass mit den begrenzten Mitteln leider immer weniger getan wird. Mit diesen begrenzten Mitteln wollen Sie anschließend aber alles Mögliche fördern. Ihre Aufzählung, die niemanden auslässt und allen Gutes tun will, entbehrt jeglicher Grundlage, wenn man auf die Finanzen schaut. Wenn Sie am Anfang Ihres Antrages für eine Verstetigung der Mittel im mittelfristigen Zeitraum werben - da sind wir einer Meinung -, dann stehen aber auch Sie, Herr Decker und die CDU-Fraktion insgesamt, anschließend vor der Entscheidung über die Frage, wem sie die begrenzten Mittel, die Sie gerade verstetigt haben, geben wollen. Sie können nicht noch mehr in Eigenheime geben, gleichzeitig aber auch gezielt den Mietwohnungsbau fördern, während Sie vorher beklagen, dass im Bereich des gebundenen sozialen Wohnungsbau zu wenige Wohnungen geschaffen werden. Sie haben gerade gesagt, dass dieser Bereich in Niedersachsen im Vergleich zu anderen Bundesländern zu wenig gefördert werde. Deshalb können Sie hier mit Blick auf die Kommunen, die nicht mehr wissen, wie sie ihre Wohnungsnotstandsfälle versorgen sollen und deshalb mit entsprechenden Verordnungen arbeiten, nicht die Deregulierung fordern, während auf der anderen Seite nicht die Mittel bereit gestellt werden, die erforderlich sind, damit dort für einen entsprechenden Ausgleich gesorgt werden kann. So kann es nicht gehen.

Seriöse Wohnungspolitiker, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der CDU, müssen entweder sagen, wie sie den Riesenkatalog an wunderbaren Wohltaten, den sie für alle aufgestellt haben, fi

nanzieren wollen - das aber sagen sie nicht -, oder sie müssen sich mit den vorhandenen Mitteln bescheiden, wie auch wir das zurzeit leider tun müssen, und Schwerpunkte setzen. Ihr Schwerpunkt scheint mir zurzeit darin zu liegen, die bisher im sozialen Bereich insbesondere für Belegrechtswohnungen und für die Sanierung eingesetzten Mittel zusätzlich in den Bereich der Eigentumsförderung hinüber zu schaffen. Dabei weiß auch die CDU-Fraktion, dass wir in der Bundesrepublik trotz der Veränderungen bezüglich der Einkommensgrenzen bei der Eigenheimförderung immer noch eine völlige Schieflage haben. In Eigentumsmaßnahmen wird immer noch eine Zehnerpotenz mehr investiert als in den sozial gebundenen Wohnraum. Wer hier sagt, dass dies noch nicht genug sei, der stellt die Verhältnisse auf den Kopf.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wenn wir als Landtagsabgeordnete heute noch in der Lage sind, diese Eigentumsförderung auch für uns in Anspruch zu nehmen, wie ich von einer Kollegin eben noch auf dem Flur gehört habe, kann man nicht sagen, dass die Einkommensgrenzen so weit abgesenkt worden sind, dass nur noch diejenigen Fördermittel erhalten, die ohne diese nicht bau- oder investitionsfähig sind.

(Zuruf von Decker [CDU])

- Moment. Sie haben hier kritisiert, dass die Eigentumsförderung von der Bundesregierung zurückgefahren worden sei. Wo ist sie denn reduziert worden? Die Einkommensgrenzen sind reduziert worden.

(Decker [CDU]: Dadurch sind doch finanzielle Vorteile entstanden für den Finanzminister!)

- Aber selbstverständlich. Und zu Recht. Mitnahmeeffekte und Fehlsubventionen sind abgeschafft worden. Das ist sehr gut so.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das waren Steuermittel, die bislang ganz klar an Leute gegangen sind, die wirklich nicht der Hilfe des Staates bedürfen. Ich glaube nicht, dass wir als Abgeordnete beim Sozialminister die Hand aufhalten müssen, damit wir unser Häuschen bauen können. - Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Kollege Wolfkühler hat das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen! Herr Decker, meiner Meinung nach reiht sich dieser Antrag von seiner Strickart, von seiner Machart her in die Reihe mehrerer Anträge ein, über die wir heute schon gesprochen haben. Auch hier müsste es eingangs - wenn man richtig übersetzen würde - eigentlich heißen: „Der Landtag dankt der Landesregierung dafür, dass...“ Nicht aber: „Der Landtag fordert die Landesregierung auf...“ Denn Vieles von dem, was Sie in Ihrem Antrag fordern, ist bereits realisiert worden oder befindet sich zurzeit in der Diskussion. Einiges davon ist - zumindest für uns - aber auch nicht diskutabel. Nun aber der Reihe nach.

Seit 1997 ist der Anteil der Eigentumsmaßnahmen ständig erhöht worden. Im Jahr 1996 betrug er etwa 21 % der Gesamtbelegung. 1998 waren es bereits mehr als 60 %. Konkret bedeutet das 1.465 Eigenheimförderungen.

Ich möchte jetzt gern auch noch etwas zur Förderung des Eigentums aus dem Bestand sagen. Der Erwerb von Eigentum aus dem Bestand wird bereits seit 1998 gefördert. Auch hier können sich die Zahlen durchaus sehen lassen. 1998 waren es 132 und im Jahr 1999 329 Förderzusagen. Darüber hinaus gibt es bereits seit 1999 eine großzügige Förderung des Erwerbs von Eigentum und eine Modernisierungsförderung für ehemalige Mieter und andere Selbstnutzer in Sanierungs- und Unterkunftsgebieten.

Das Wohnungsbauprogramm 2000 wird, wie ich in den letzten Tagen auf Nachtrage hin erfahren habe, die Erwerbsförderung erneut vorsehen. Das fällt umso leichter, da die Bundesregierung dem Wunsch Niedersachsens zugestimmt hat, dass auch Mittel der vereinbarten Förderung von Eigentumserwerb im Bestand verwendet werden dürfen. Wenn die Förderung des Bestanderwerbs im Gesamtprogramm dennoch Ausnahmecharakter erhalten muss, so ist dies zurzeit noch auf die geltenden Verwaltungsvereinbarungen und auf den Haushaltsplan des Bundes zurückzuführen. Diese Beschränkung - so zeichnet sich ab - könnte im Zuge der Reform des Wohnungsbaurechts entfallen. Jedenfalls werden wir versuchen, darauf hinzuwirken.

Im Mietwohnungsbau hat die Modernisierungsförderung nach meinem Kenntnisstand eine größere Bedeutung als die Neubauförderung erlangt. Insofern freue ich mich darüber, dass Sie von der CDU-Fraktion diese Erkenntnis teilen.

Bereits seit 1996 - das ist auch nachweisbar - hat die Landesregierung die Modernisierung von Wohnungen in Unterkunftsgebieten gefördert. Diese Förderung wurde 1999 noch verbessert und auf Sanierungsgebiete ausgedehnt.

Wie ich auf Nachfrage des Weiteren erfahren habe, wird im Wohnungsbauprogramm 2000 allerdings keine Neubauförderung von Mietwohnungen in der bisherigen Art mehr vorgesehen. Stattdessen wird es eine Konzentration der Mittel auf den Neubau von Mietwohnungen für Personen mit besonderen Zugangsschwierigkeiten zum Wohnungsmarkt geben. Dabei soll der Gefahr der Gettobildung vorgebeugt werden, indem immer nur kleine Einheiten gefördert werden - auch das eine Erkenntnis aus der Vergangenheit. Die Investoren werden verpflichtet, die geförderten Wohnungen und die gleiche Anzahl von normalen Wohnungen im Bestand in einen Kooperationsvertrag einzubringen, in dem Investor und Gemeinde gemeinsam entscheiden - die müssen sich also einigen -, wie in diesem Gesamtbestand Belegungsbindung realisiert und gleichzeitig ausgeschlossen werden kann, dass es zu unerwünschten Belegungsschwerpunkten kommt. Die Förderdarlehen werden voraussichtlich 30 Jahre zinsfrei sein, und genauso lange soll der Zeitraum der Belegungsbindung sein.

Damit bekommt das Land ein angemessenes und bedarfsgerechtes Wohnungsbauprogramm - da bin ich sicher -, über dessen Details wir in den Ausschussberatungen sicherlich hinreichend unterrichtet werden.

Meine Damen und Herren, ich kann mir eine Bemerkung nicht verkneifen. Das Stellen von Anträgen mit Forderungen, die zumindest zum Teil schon erfüllt sind - das galt übrigens auch für den zuvor behandelten Antrag -, sichert dem Antragsteller immer eine Erfolgsbeteiligung - das ist klar -, wenn auch häufig nur optischer Art. So ist es auch bei dem vorliegenden Antrag. Bereits Ende letzten Jahres hat die Landesregierung Ihnen, Herr Decker, auf Ihre Anfrage hin mitgeteilt - das konnte jeder von uns nachlesen -, dass eine Überprüfung der Gebietskulisse stattfindet und noch nicht abgeschlossen ist. Inzwischen ist sie abgeschlossen.

(Deckert [CDU]: Es wäre ja schön gewesen, wenn man darüber infor- miert worden wäre!)

- Wenn Sie das Gleiche gemacht hätten wie ich in den letzten Tagen, wenn Sie das also hinterfragt hätten, dann hätten Sie das vielleicht auch erfahren!

(Beifall bei der SPD - Deckert [CDU]: Vielleicht! Vielleicht ja!)