Protocol of the Session on January 22, 2003

Die Mehrheit, die Sie zurzeit in den Umfragen haben, ist sehr fragil. Es sind Gott sei Dank noch knapp zehn Tage bis zur Landtagswahl.

(Zuruf von der CDU: Die Werte wer- den noch besser!)

Die Landtagsverwaltung hat zu Recht festgestellt: In diesem Hause ist kein Platz für die FDP.

(Heiterkeit bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Wir wollen diese Raumfrage politisch beantworten. Ich sage Ihnen: Die bleiben draußen, wir kommen rein, und wir kommen auch in die Regierung. - Danke.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Herr Kollege Jahn hat schon zu Recht darauf hingewiesen, dass wir über die vorgesehene Redezeit hinaus sind. Jetzt hat sich der Ministerpräsident

noch einmal gemeldet. Das bedeutet, dass potenziell eine neue Runde eröffnet wird.

(Plaue [SPD]: Der Ministerpräsident redet auf Rechnung der SPD- Fraktion!)

Herr Ministerpräsident!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich finde es ganz gut, dass zum Ende der Legislaturperiode der Landtag noch einmal die Argumente austauscht. Allerdings hatte ich vorhin ein Problem - das war meine erste Frage an Sie, Herr Wulff -: Wo waren denn nun eigentlich Ihre Vorschläge?

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Herr Kollege, nun gucken Sie nicht so ernst. Sonst nimmt die Kamera das noch auf, und dann hat man den Eindruck, Sie hätten doch nicht eine so gute Laune. Sie müssen hier im Landtag - anders als in Broschüren, anders als in einer Talkshow - mit Nachfragen rechnen. Wir haben keine Zeitbegrenzung und haben die Möglichkeit, die Argumente auszutauschen. Ich fordere Sie auf: Kommen Sie doch einmal hierher und sagen, wie Sie das denn nun erreichen wollen, dass Sie gegen die Steuervorschläge sind, gleichzeitig die Staatsquote senken, die Schulden abbauen und auch noch mehr ausgeben wollen! Geben Sie uns mal ein paar Beispiele,

(Zuruf von Möllring [CDU])

und kommen Sie uns nicht mit einer Argumentation, die doch wirklich abenteuerlich ist, indem Sie sagen: Nein, wir wollen die 170 Milliarden Euro ja gar nicht einsparen, sondern wir wollen, dass unsere Wirtschaft so stark wächst, dass der Staatsanteil am Bruttoinlandsprodukt, in absoluten Zahlen, gleich bleibt, er aber, in Prozentzahlen ausgedrückt, auf 40 % sinkt. Das ist ja eine schöne Rechenaufgabe. Wir werden bestimmt jemanden finden, der ausrechnen kann, wie schnell das Wachstum allein durch die Anwesenheit christdemokratischer Ministerkandidaten in Deutschland auf welche Größenordnung kommen muss, sodass man diese 170 Milliarden nicht einsparen muss. Daran merkt man doch, auf welch dünnem Eis Sie sich argumentativ bewegen.

Ich bin sehr dankbar für den Hinweis von Herrn Golibrzuch, dass da, wo es an das Eingemachte geht, wo wir darüber reden, ob wir nicht die ungleiche Verteilung der Lasten in Deutschland einmal angehen müssten, nämlich z. B. beim Bankgeheimnis, etwa dann, wenn Leute Geld illegal ins Ausland bringen, Sie sofort sagen: Nein, da wollen wir nicht mitmachen. Ich sage Ihnen: Das ist ein komisches Verständnis für eine Rechtsstaatspartei, wie es die CDU immer von sich behauptet, also für eine CDU, die sagt, dass Recht und Ordnung angeblich überall gelten müssen. Wir finden, das muss auch für diejenigen gelten, die am Gesetz vorbei Geld ins Ausland bringen.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei den GRÜNEN)

Sie haben relativ wenig zu der Frage gesagt, wie Ihre Alternativen aussehen. Sie haben sich zum Wahlkampfstil geäußert. Ich finde, darauf darf man Ihnen keine Antwort schuldig bleiben. Sie haben in einer RTL-Sendung den Begriff des Lügners über mich in die Öffentlichkeit gebracht. Sie haben auf die Handwerksdemonstration hingewiesen. Ich sage Ihnen einmal, wie man eine Lüge in Deutschland und vor allem in Niedersachsen gut feststellen kann: Nach Auskunft von Herrn Rehkopf demonstrieren die Handwerker nicht gegen die Niedersächsische Landesregierung. Sie hätten aber Grund, gegen Teile der niedersächsischen Politik zu demonstrieren. Ich will Ihnen sagen, gegen welche.

(Zuruf von Möllring [CDU])

Es sind diejenigen, die der Industrie- und Handelskammer einen Brief mit den Worten schreiben „... und wird die CDU dem vorliegenden Entwurf der SPD zum Vergabegesetz und zur Tariftreue zustimmen“.

(Möllring [CDU]: Das hätten wir auch getan!)

In diesem vorliegenden Gesetzentwurf war der öffentliche Nahverkehr enthalten.

(Möllring [CDU]: Nein, war er nicht! - Zurufe von der SPD)

- Natürlich war er drin. - Das, was Sie tun, war das genaue Gegenteil. Im Landtag haben Sie die Bauarbeiter und die Busfahrer im Stich gelassen.

(Zuruf von der SPD: So ist das!)

Jetzt würde ich von Ihnen gerne wissen, ob dieser Brief an die Industrie- und Handelskammer eigentlich eine Lüge von Ihnen gewesen ist.

(Möllring [CDU]: Ich denke, an die Handwerkskammer!)

Haben Sie, um Ihre Sprache zu wählen, den Menschen hinter die Fichte geführt? Herr Wulff, Sie müssen schon gestatten, dass wir Sie gelegentlich hinter der Fichte hervorholen. Kommen Sie nicht und behaupten, wir führten eine Schmuddelkampagne. Wenn es in Niedersachsen schon eine Schmuddelkampagne ist, Ihre Ministerkandidaten zu zitieren, dann weiß ich auch nicht mehr, was wir machen sollen. Der Schmutz war doch dann bei denen.

(Beifall bei der SPD)

Zum Thema DDR-light: Ich dachte, Niedersachsen gehört zu Deutschland.

(Zuruf von der SPD: Richtig!)

Deshalb habe ich an dem Punkt keine Differenzierung gesehen. Wenn Sie der Überzeugung sind, in Niedersachsen sei alles anders, dann ist das auch in Ordnung. Ich sage Ihnen nur eines: Sie können nicht in dieser Art und Weise versuchen, sich vor konkreten Antworten zu drücken. Sie können auch nicht auf die gestiegenen Sozialabgaben verweisen. Diese sind in der Tat so hoch.

Übrigens bin ich der festen Überzeugung, es ist im Interesse des Mittelstandes, nach Wegen zu suchen, um die Sozialversicherungsbeiträge vom Faktor Arbeit abzukoppeln. Ich finde es gut, dass wir in Deutschland darüber reden. Daran gibt es nichts zu dementieren. Das ist der Wunsch des Mittelstandes, weil die Beiträge wie eine Sondersteuer auf Arbeit wirken. Deswegen müssen wir davon herunter. Kommen Sie doch nicht daher und kritisieren die SPD für die hohen Sozialversicherungsbeiträge. Sie haben diese doch bis 1998 auf diese Höhe bekommen, weil Sie nur Arbeiter und Angestellte haben zahlen lassen. Darum geht es doch in Deutschland. Das ist doch Ihr Problem.

(Beifall bei der SPD - Möllring [CDU]: Das ist aber seit 1890 so! Das hat Bismarck so eingeführt!)

Herr Wulff, ich sage Ihnen, dazu gibt es keine Alternativen. Sie haben einmal im Wahlkampf als Ziel Ihrer Politik in der HAZ etwas Kluges gesagt. In dem Punkt stimmen wir Ihnen zu. Sie sagten,

Ihr Ziel sei es, die Menschen sollten „so gut wie bisher leben“. Warum wollen Sie uns dann eigentlich abwählen?

(Beifall bei der SPD)

Wir wollen das auch. Aber dann muss man verhindern, dass Sie an die Regierung kommen. Das ist das Entscheidende.

(Beifall bei der SPD)

Ich habe auch eine Prognose zum Wahltag. Die Menschen werden merken, dass Sie eine geliehene Stärke besitzen, also eine Stärke, die nicht von Ihnen kommt.

(Biestmann [CDU]: Sie aber gar kei- ne!)

Niedersachsen braucht Politikerinnen und Politiker im Regierungsamt, die eine eigene Stärke besitzen. Darum geht es am 2. Februar.

(Starker, anhaltender Beifall der SPD)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

Wir kommen zur Abstimmung zu Punkt 9. Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Haushalt und Finanzen in der Drucksache 3995 zustimmen will und damit den Antrag der Fraktion der CDU in der Drucksache 3777 ablehnen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Das Erste war die Mehrheit.

Wir kommen zur Abstimmung zu Punkt 10. Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Haushalt und Finanzen in der Drucksache 4066 zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Das Erste war die Mehrheit.

Wir kommen zur Ausschussüberweisung zu Punkt 11. Federführend soll der Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr sein - -

(Möhrmann [SPD]: Es ist sofortige Abstimmung beantragt!)

- Wir kommen zur sofortigen Abstimmung über Punkt 11. - Wer dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Das Erste war die Mehrheit.

Die Besprechung der Großen Anfrage ist abgeschlossen.

Herr Abgeordneten Wiesensee möchte nach § 76 der Geschäftsordnung eine persönliche Erklärung abgeben.