Welchen anderen Sinn soll denn die Aufgabe der Tarifvertragsfreiheit und die Veränderung der Tarifverträge haben, wenn nicht dahintersteckt, dass Sie Löhne und Gehälter absenken wollen?
Wissen Sie, was Sie machen? - Sie versuchen, im Schlafwagen an die Regierung zu kommen: Die Gardinen schön fest zugezogen, die Fenster hoch gemacht, und niemand soll merken, worum es dabei geht.
- Ja, Sie bringen immer schöne Formulierungen wie die Flexibilisierung von Tarifverträgen. Ich sage Ihnen, was wir machen. Ich glaube, dass das im Landtagswahlkampf wichtig ist: Wir werden die Gardinen, die Sie zuhalten, einmal ein bisschen aufziehen und die Fenster aufmachen. - Ich gebe zu, dass es dann gelegentlich etwas stinkt. Aber nicht, weil wir die Fenster aufmachen, sondern weil die Fracht darin verdorben ist. Das wollen wir bis zum 2. Februar noch öfter machen.
Meine Damen und Herren, wie Sie vielleicht gemerkt haben, ist unser Zeitgefüge, das wir vereinbart hatten, arg ins Rutschen gekommen.
Ich habe mit den Fraktionen vereinbart, dass wir aufgrund des sehr aktuellen Anlasses des 2. Februar
die zeitliche Einteilung etwas verschieben. Ich bedaure zwar meinen Nachfolger hier oben, werde das hier aber noch gut zu Ende bringen.
- Nach der Rede kann ich keinem einen Vorwurf machen, den Saal verlassen zu haben. Das können Sie nun wirklich nicht von mir verlangen.
Am Freitag werden in Hannover alle Verbände des Handwerks, alle Verbände der freien Berufe, des Gewerbes, des Handels und des Mittelstandes eine Demonstration durchführen. Diese Demonstration findet vor dem Hintergrund statt, dass wir die größte Wirtschaftskrise seit zehn Jahren haben, dass wir seit drei Jahren sinkende Realeinkommen haben - jedenfalls im Verhältnis zum europäischen Vergleich -, dass wir seit drei Jahren eine Rezession in Deutschland haben, wenn wir die Exportanteile abziehen, und dass wir in allen sozialen Sicherungssystemen wachsende Probleme haben, weil es uns an Wachstum fehlt.
Die Bundesrepublik Deutschland erlebt jetzt, wohin eine solche Politik führt. Die Menschen, die sozial schwach sind, merken es als Allererste. Sie merken, dass allein die Absenkung der Wachstumsrate für das nächste Jahr dazu führt, dass die Rentenversicherungsbeiträge zum 1. Januar nächsten Jahres abermals um 0,6 Prozentpunkte angehoben werden müssen.
Diese Entwicklung aus ständig steigenden Abgaben, ständig steigenden Steuern, immer weniger Betrieben wegen immer mehr Pleiten und immer weniger Arbeitsplätzen führt dazu, dass die Einnahmen der öffentlichen Haushalte immer geringer werden und die Defizite in den sozialen Sicherungssystemen immer größer werden. Diese Spirale werden wir dadurch durchbrechen, dass wir für Wachstum sorgen, wofür Sie die Voraussetzungen nicht schaffen können.
Ich vermute, dass der Ministerpräsident die Lage im Lande wahrgenommen hat und vor dem Hintergrund dieser Lage in die strategische Trickkiste gegriffen hat: Was tut man in einer solchen Situation?
Sie haben den als Wahlkämpfer sehr erfolgreichen und sehr geschätzten Heiner Geißler zitiert, der gesagt hat: Wenn ich mit dem Rücken zur Wand stehe, muss ich Streit anfangen. - Ich bedaure, dass Sigmar Gabriel nicht auch den nächsten Satz zitiert hat. Der lautet nämlich: Streit kann ich aber nur da
Auf dem Feld der Wirtschaftspolitik können Sie den Streit nicht gewinnen. Auf dem Feld der Wirtschaftspolitik sind Sie nach 13 Jahren sozialdemokratischer Landesregierung und nach viereinhalb Jahren rot-grüner Bundesregierung restlos gescheitert.
Wir sind ein Sanierungsfall geworden. Niedersachsen ist finanziell am Ende. Es hat unter den westdeutschen Flächenländern nach Bremen die höchste Arbeitslosigkeit.
Ich sage Ihnen: Es ist gut und wird Zeit, dass gewählt wird, dass die Bürgerinnen und Bürger alle paar Jahre - in diesem Fall alle fünf Jahre - die Chance haben, die Situation und die Ergebnisse zu bewerten. Dazu gehört aber auch, dass die Bürger sagen: Nach dieser Bilanz geben wir den anderen die Chance, zu zeigen, dass sie es besser können und dass sie es besser machen.
Die eigentliche Frage ist von Ihnen nicht reflektiert worden, nämlich dass am 2. Februar auch darüber entschieden wird, ob wir als vernünftige Menschen oder als Idioten behandelt werden. So hat es der Chefredakteur der größten Zeitung des Landes bezeichnet. Wer solche Reden hält, wie wir sie hier eben gehört haben, wer die Demonstrationen und die vorgebrachte Kritik negiert, wer die Situation der fast 400 000 arbeitlosen Menschen in diesem Lande nach dem Motto „Da sind wir gut, da sind wir wunderbar, eigentlich ist alles toll“ negiert, der führt die Menschen auf einen Irrweg und wendet sich nicht der Problemlösung zu.
Wer wie der Ministerpräsident die Unverfrorenheit besitzt, sich hier hinzustellen und Zahlen aus unserer Regierungszeit über den Abstand Niedersachsens zum Bundesdurchschnitt innerhalb der alten Bundesrepublik Deutschland mit Zahlen über den Abstand Niedersachsens zur inzwischen größer gewordenen Bundesrepublik Deutschland zu ver
gleichen, der täuscht die Öffentlichkeit wissentlich über die wahre Lage unseres Landes und führt in die Irre.
Jeder Vergleich von Statistiken, die den Zeitraum zwischen 1991 und 2001 betreffen, sieht jammervoll aus. Der Anteil Niedersachsens am Bruttosozialprodukt ist von 9,1 % auf 8,6 % gefallen. Einen größeren Abstieg hat kein anderes Bundesland in Deutschland erlebt.
Im Hinblick auf die Reformfähigkeit unseres Landes und die Bereitschaft, ernsthaft darüber nachzudenken, was passieren muss, halte ich die Einlassungen zur Rentenreform, zur Gesundheitsreform, zur Bürokratiereform oder zur Steuerreform für besonders unverfroren. Um 13.22 Uhr hat der dpaPressedienst gemeldet, dass das Magazin Stern unter Bezugnahme auf Quellen der Bundesregierung und der Rürup-Kommission bei seiner Darstellung geblieben ist, dass der Kanzler der Bundesrepublik Deutschland der Kommission grünes Licht gegeben habe, an Stelle des bisherigen Systems ein Kopfprämienmodell zu erarbeiten. Schröder wolle in der Krankenversicherung zukünftig auf die paritätische Finanzierung verzichten. - Zitat Ende. Das schreiben Magazine unter Bezugnahme auf Ihre Bundesregierung! Sie aber machen hier Anwürfe gegen diejenigen, die im Land keine Verantwortung tragen, sondern sie erst anstreben, und legen Ihre Pläne zur Gesundheitsreform in diesem Lande vor der Wahl nicht auf den Tisch.
Frau Schmidt, die gewählte und seit mehreren Jahren im Amt befindliche Gesundheitsministerin, von der wir erwarten können, dass sie ihre Vorstellungen präsentiert, hat vor wenigen Tagen öffentlich erklärt, dass sie ihre Pläne bewusst nicht vor der Wahl am 2. Februar auf den Tisch legen, sondern damit bis nach der Wahl warten wolle, obwohl die Pläne fertig seien. Dazu kann ich nur sagen: Ihre Äußerung „Wir warten mal bis nach der Wahl“ und Ihre Antwort nach der Wahl „Die Wahrheit vor der Wahl, das hätten Sie wohl gerne gehabt“ zeigen Ihre Unverfrorenheit in der politischen Auseinandersetzung, die wir Ihnen nicht durchgehen lassen. Das will ich Ihnen einmal sagen.
Vor diesem Hintergrund ist es problematisch, Sie ernst zu nehmen und sich mit Ihnen auseinander zu setzen. Ich möchte von Ihnen einmal hören, wo ich gesagt haben soll, Niedersachsen oder Deutschland seien „DDR light“. Ich habe hier den Artikel aus der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vorliegen. Er ist wie immer ein bisschen weniger einfältig, als Sie sich ausdrücken, und ein bisschen differenzierter, als ich mich ausdrücke, Herr Gabriel. Da steht von Niedersachsen überhaupt nichts. Insofern ist es eine Unverschämtheit, sich hier hinzustellen und zu sagen, ich hätte Niedersachsen als „DDR light“ bezeichnet.
Ich habe dort unter Bezugnahme auf eine Reihe von Volkswirten und Ökonomen ausgeführt: Bei einem Staatsanteil von 50 % am Sozialprodukt die Steuer- und Abgabenbelastung noch weiter in die Höhe zu schrauben, noch mehr Aufgaben für den Staat zu beanspruchen und dies auch noch mit dem Anspruch auf die Lufthoheit über den Kinderbetten auszuschmücken, das ist in bayerischem Sinne in der Tat DDR light. - Das ist eine andere Formulierung, als Niedersachsen zur DDR light zu machen.