Protocol of the Session on December 12, 2002

Ich finde, das ist für die Politik für Frauen und auch im Hinblick auf die Gleichstellung der Frauen im Arbeitsleben eine wichtige Erfahrung.

Dankbar bin ich auch dafür, dass hier einmal zusammengetragen wurde, mit welchen Instituten sich Arbeitnehmer in der letzten Phase ihrer Berufstätigkeit vorzeitig und allmählich in den Ruhe

stand verabschieden. Sie haben das alle gelesen. Es gibt vier Institute: Altersteilzeit für Beamte und Richter, Altersteilzeit für andere, dann das Altersteilzeitgesetz und die Quasi-Altersteilzeit durch Lohnersatzleistungen nach dem SGB III. In der Antwort ist dargestellt, dass an den Stichtagen 36 000 Menschen unter diesen Vorgaben vorzeitig in den Ruhestand getreten sind. Ich will hier auch meine Ambivalenz nicht verschweigen. Das mag ja für die Einzelnen wichtig und richtig sein, und für die Anstellungsträger vielleicht auch. Es hat ja auch hier und da geklappt, dass Leute vom Arbeitsmarkt oder aus der Ausbildung die frei gewordenen Stellen besetzt haben. Diese Mechanismen scheinen zu funktionieren. Die Zahlen können Sie alle selbst nachlesen.

Aber wer angesichts solcher Entwicklungen über längere Arbeitszeit diskutiert und erörtert, ob die Arbeitnehmer nicht eventuell bis zu 67 oder gar bis zu 70 Jahren im Erwerbsleben bleiben sollen, der muss hier deutlich erkennen: Wir haben an sich ein ganz anderes Problem, nämlich dass viel zu viele weit vor Erreichen des 60. Lebensjahres ausscheiden, den Solidarsystemen mehr Fälle, höhere und längerfristigere Ausgaben bringen, und die Beitragszahler müssen das im Grunde wuppen. Manche Firma entlastet sich hier auch über die Abschiebung ihrer älteren Mitarbeiter in Sozialsysteme und löst so ihre firmeninternen Probleme. Die solidarische Verpflichtung der Aktiven wird hier in hohem Maße beansprucht. Wir müssten erst einmal intensiv an dieser Stellschraube im Sinne des Vorschlages von Frau Pothmer arbeiten, damit weit mehr Arbeitnehmer im Erwerbsleben das gesetzlich vorgesehene Renteneintrittsalter erreichen. Ich meine, dass wir auf diesem Wege in eine kritische Debatte einsteigen müssen. Die Unterlagen der Landesregierung haben uns dazu sicherlich eine wichtige Hilfe geliefert.

Meine Damen und Herren, zur Pflege in Niedersachsen: Ich habe auch aufgrund dieser Antworten den Eindruck, dass das Landespflegegesetz, das wir vor Jahren diskutiert haben, zu greifen beginnt. Wir haben damals beklagt, dass es kaum Angebote zwischen der häuslichen und der stationären Pflege gab. Diese haben sich im Land aufgebaut. Es gibt jetzt 1 080 Tagespflegeplätze. Vor fünf, sechs, sieben Jahren war da fast noch nichts. Es gibt jetzt 571 separate und 3 178 eingestreute Kurzzeitpflegeplätze. Ich meine, dass sich diese Entwicklung unbedingt fortsetzen muss. Das Land hat maßgeblich mitgeholfen, damit sich dieses differenzierte Angebot aufbauen konnte. Durch die DRG-Ein

führung müssen sich die Krankenhäuser per Vertrag noch besser mit den pflegerischen Angeboten abstimmen, damit das Behandeln und Pflegen koordiniert werden kann. Ich bin der Meinung, dass hier ein wichtiger und richtiger Weg beschritten wird, der unbedingt weitergegangen werden muss.

Ich möchte einen weiteren Aspekt unterstreichen: die Geriatrie. Meine Damen und Herren, geriatrische Behandlungen hatten sich Anfang der 90erJahre fast nur auf den Raum Hannover konzentriert. Mit einem von der SPD initiierten Sonderprogramm wollten wir in den Regionen im Land geriatrische Angebote an den Kliniken und Reha-Einrichtungen entwickeln und darüber hinaus die Krankenhäuser geriatrisieren. Wir müssen eine höhere Reha-Quote unter somatisch kranken Älteren erreichen, weil das sonst alles Pflegefälle werden. In der Antwort der Landesregierung steht eindeutig, dass es heute 426 Krankenhausbetten für Geriatrie gibt

(Glocke des Präsidenten)

- noch zwei Sätze, dann komme ich zum Schluss, Herr Präsident -, also mehr als 400 Reha-Betten und 150 teilstationäre Angebote. Die Rehabilitation für geriatrisch Kranke ist in Niedersachsen in den letzten Jahren einen wesentlichen Schritt vorangekommen. Die Antwort auf die Große Anfrage belegt das. Wir haben eine moderne, an den Problemen orientierte Politik für die Senioren im Land gemacht. Ich bedanke mich bei der Landesregierung für diese Ausarbeitung.

(Beifall bei der SPD)

Damit ist die Besprechung der Großen Anfrage beendet.

Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 36: Erste Beratung: Konsequentes Vorgehen gegen GraffitiSchmierereien - Rot-Grün verhindert Graffitibekämpfung - Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 14/ 3949

Die Redezeiten betragen für die SPD-Frakton bis zu zehn Minuten, für die CDU-Fraktion bis zu fünfzehn Minuten, für die Fraktion der Grünen bis

zu fünf Minuten und für die Landesregierung ebenfalls bis zu fünf Minuten.

Der Kollege Stratmann bringt den Antrag ein.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kann es relativ kurz machen, weil wir in diesem hohen Haus schon öfter über das Thema Graffiti gesprochen haben. Eigentlich waren wir der Meinung, dass es mittlerweile einen gemeinsamen Weg geben könnte, den wir zusammen beschreiten. Wir haben uns aber wohl getäuscht. Das Thema ist im Deutschen Bundestag seitens der CDU/CSU-Fraktion viermal als Antrag eingebracht worden. Jedes Mal hat sich die rot-grüne Bundesregierung geweigert, entsprechende Veränderungen des Strafgesetzbuches in den §§ 303 und 304 vorzunehmen, mit denen völlig klar und unmissverständlich deutlich gemacht wird, dass jemand, der Häuserwände, Waggons usw. beschmiert, im Sinne des StGB eindeutig eine strafbare Handlung begeht.

Es ist lange überfällig, dass wir handeln. Das haben schließlich auch die SPD-Fraktion und die Niedersächsische Landesregierung erkannt. Die Landesregierung ist ja einer Bundesratsinitiative Baden-Württembergs, die auch in diese Richtung zielt, beigetreten.

Wir hatten einen ähnlich formulierten Antrag im Rechtsausschuss und waren der Meinung, dass vor diesem Hintergrund im Rechtsausschuss abschließend darüber beraten und abgestimmt werden kann, damit wir dieses Thema insgesamt im Plenum abschließen können. Dann mussten wir aber feststellen, dass die SPD-Fraktion dazu nicht bereit war, sondern erneut auf Vertagung plädiert hat. Das ist vor dem Hintergrund der Einlassung, die wir u. a. von Frau Kollegin Bockmann gehört haben, nicht nachzuvollziehen. Deshalb waren wir der Meinung, dass wir dieses Thema noch einmal in erster Beratung in den Landtag einbringen müssen, um deutlich zu machen, dass auch die uns vorliegende Koalitionsvereinbarung der neuen rot-grünen Bundesregierung dieses Thema wiederum nicht aufgreift und es somit in diesem Bereich nicht zu konkreten Ergebnissen kommt.

Wir wissen alle - auch die Kollegen von der SPD und von Bündnis 90/Die Grünen -, dass die Menschen in unserem Land - ich formuliere das etwas salopp, Herr Präsident - wirklich die Schnauze voll

haben, mit ansehen zu müssen, wie Wände, schöne Häuser etc., oft kurz nachdem sie saniert oder errichtet worden sind, beschmiert werden. Sie erwarten von uns, dass wir in diesem Bereich endlich etwas tun. Nichts anderes versuchen wir seit längerer Zeit.

(Zuruf von Schwarzenholz [frakti- onslos])

- Herr Schwarzenholz, Sie müssen etwas lauter sprechen oder ans Mikrofon gehen, weil ich Sie sonst nicht verstehen kann. Sie sitzen ja immer in der letzten Reihe.

(Zuruf von der CDU: Das ist auch besser so!)

Wir suchen mit diesem Antrag erneut eine Mehrheit, um selber eine Bundesratsinitiative zu initiieren. Wir wissen, dass die Baden-Württemberger nach Beendigung der alten und mit Beginn der neuen Legislaturperiode ihre alte Bundesratsinitiative, der Sie zugestimmt haben, noch nicht wieder eingebracht haben. Ich sage ganz ehrlich: Ich weiß nicht, warum. Das hat uns aber in Niedersachsen auch nicht zu interessieren, denn wir können selber aktiv werden. Ich fände es auch gut, Herr Minister, wenn wir bei diesem Thema selber aktiv werden würden, um den Menschen in Niedersachsen deutlich zu machen: Wir wollen hier etwas tun. Ich halte das für ein ganz wichtiges Signal.

Liebe Kollegin Bockmann, eines möchte ich noch deutlich sagen: Ich habe Ihre Presseerklärung zu diesem Thema gelesen, die mit der Überschrift versehen wurde, wir würden ein politisches Schmierentheater betreiben, indem wir dieses Thema noch einmal auf die Tagesordnung setzen. Ich kann diese Formulierung überhaupt nicht nachvollziehen. Ich würde auch fast unterstellen, dass sie Ihnen aufgeschrieben wurde. Aber sei es drum. Sie haben sie schließlich unterzeichnet. Ich kann nicht nachvollziehen, wie man von politischem Schmierentheater sprechen kann, wenn man selber an der einen oder anderen Stelle gesagt hat: Wir finden das gut, wir sind auch der Meinung, dass wir in diesem Bereich initiativ werden müssen. - Wenn Sie völlig anderer Meinung wären, würden wir über die eine oder andere Vokabel, die im Vorwahlkampf fällt, nicht streiten. Aber da Sie immer wieder signalisiert haben und auch durch Ihr Verhalten im Bundesrat bei der Initiative der Baden-Württemberger deutlich gemacht haben, dass Sie dort Handlungsbedarf sehen, kann ich die

Verwendung solcher Vokabeln nicht nachvollziehen und halte sie im Gegenteil für unglaubwürdig. Offensichtlich müssen Sie - ich weiß nicht, warum - immer wieder deutlich machen, dass alles, was von der Opposition kommt, nicht gut sein kann, sondern per se schlecht ist.

Wir sind der Meinung, dass wir so nicht weiter machen sollten, und hoffen sehr darauf, Herr Minister, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD-Fraktion, dass wir bei diesem Thema nun endlich zu Ergebnissen kommen und als Niedersachsen selber initiativ werden. Wir hoffen auch, dass Ihr Einfluss gegenüber Ihren Parteigenossen in Berlin ausreicht. Jetzt haben wir ja eine neue Bundesjustizministerin, die vielleicht Anlass zur Hoffnung gibt. Ich hoffe, dass wir dann endlich beim fünften Versuch, nachdem wir es in Berlin viermal erfolglos versucht haben, die Ergänzung des Strafgesetzbuches erreichen, um eine weitere Möglichkeit zu schaffen, diesen schrecklichen Schmierereien in unserem Land ein Ende zu bereiten. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Herr Kollege Stratmann, ich werte Ihre Worte „Schnauze voll“ als Metapher und nicht als eigene Wortschöpfung.

(Frau Bockmann [SPD]: So war das mit dem Schmierentheater auch!)

Herr Kollege Schröder!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Was ich an der CDU-Fraktion wirklich schätze, Herr Kollege Stratmann, sind ihre Verlässlichkeit und Berechenbarkeit. Bei der SPD-Fraktion ist das leider nicht immer so. Aber auf Sie ist wirklich Verlass. Ich habe mich im Vorfeld der Plenarsitzung gefragt: Womit werden sie diesmal kommen? Mit Brechmittel oder mit Kinderschändern oder mit Graffitischmierereien? - Bingo, diesmal ist die Sprühdose wieder dran.

Ich kann ja verstehen, dass Sie in einem Land der Eigenheimbesitzer - wir haben ja Gott sei Dank eine relativ hohe Eigentumsquote in Niedersachsen - auf Stimmenfang gehen wollen. Ich kann ein Stück weit auch Ihre Argumente nachvollziehen. Wenn jemand mein Haus beschmiert, ärgere ich

mich erstens und will ich zweitens, dass der Betreffende gefasst und die Tat geahndet werden und dass er den Schaden ersetzen muss. In der Regel passiert das auch.

Bei Ihrem letzten Antrag hatten wir uns im Rechtsausschuss über eine Fassung des Gesetzes unterhalten. Nach dieser Fassung würde bestraft werden, wer mit Kreide auf dem Pflaster malt oder wer in einem Hotelzimmer mit Lippenstift einen Gruß auf dem Spiegel hinterlässt, weil das alles ein Verändern des äußeren Erscheinungsbildes einer Sache gewesen wäre. Sie sind offenbar bestrebt, jede nur denkbare und noch so exotische Fallgestaltung unter Strafandrohung zu stellen, und das in einer Zeit, in der wir uns eigentlich überlegen, wie wir Gesetze einfacher und klarer machen, statt noch zusätzlich draufzusatteln.

(Stratmann [CDU]) meldet sich zu einer Zwischenfrage)

Bevor Sie sich zu Wort melden, möchte ich noch etwas sagen. Ich habe Ihnen etwas mitgebracht, Herr Kollege Stratmann, weil Weihnachten ist: Deko-Goldspray. Tun Sie es endlich mal! Bitte, tun Sie es endlich mal! Wenn Sie nach wie vor der Überzeugung sind, dass Graffitischmierereien in Niedersachsen nicht bestraft werden, nehmen Sie sich diese Dose, suchen Sie sich eine passende Wand, und probieren Sie es einmal aus. Sie müssen übrigens zwei Minuten schütteln, vorher geht es nicht.

Ich lege noch etwas drauf, Herr Kollege: Ich werde Sie kostenlos verteidigen,

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

weil ich nämlich mit einer Kostenerstattung aus der Staatskasse nicht rechnen kann. Ich werde aus der Staatskasse dafür nichts kriegen. Das passiert nämlich nur bei Freispruch. Aber Sie werden verurteilt werden. Probieren Sie es aus. Tun Sie es endlich einmal. Dann sprechen wir weiter. Sie werden erfahren, dass Graffitis auch in Niedersachsen geahndet und bestraft werden.

Herr Kollege Schröder, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Stratmann?

Sehr gern.

Herr Präsident, ich meine, die Aufforderung zur Straftat ist auch in diesem Parlament unter Strafe gestellt.

(Hagenah [GRÜNE]: Das war eine Metapher!)

Ich möchte Sie fragen, Herr Kollege Schröder: Glauben Sie denn im Ernst, dass ein Strafverfahren eröffnet wird, wenn jemand mit einem Lippenstift einen Spiegel beschmiert, selbst wenn ein entsprechender Antrag vorliegt?

Herr Kollege, bisher nicht, aber das wäre die Folge gewesen, wenn Ihrem Formulierungsvorschlag damals stattgegeben worden wäre - so die Auskunft des GBD.

Was die Frage der Aufforderung zu Straftaten angeht: Sie stellen sich hier hin und behaupten, es werde nicht ausreichend geahndet, Rot-Grün verhindere die Graffitibekämpfung. Wenn Sie das ernsthaft glauben, probieren Sie es aus.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD - Schröder [GRÜNE] überreicht Stratmann [CDU] eine Sprühdose)

Herr Kollege Stratmann, das ist erkennbar ein Gag. Deshalb muss ich es nicht ahnden. - Frau Bockmann hat das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nachdem mein Kollege Stratmann vom Kollegen Schröder nun zur strafbaren Schwarzmalerei aufgefordert wurde,