Tagesordnungspunkt 44: Zweite Beratung: Rechtsinstitut von Ehe und Familie schützen - Ehegattensplitting muss bleiben - Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 14/ 3778 Beschlussempfehlung des Ausschusses für Haushalt und Finanzen - Drs. 14/3888
Dieser Antrag war im Oktober an den Ausschuss für Haushalt und Finanzen überwiesen worden. Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Schurreit, wenn Sie mich kennen würden, wüssten Sie, dass ich zu den friedliebendsten Menschen gehöre und von daher immer sehr zurückhaltend vortrage. Diese Vorbemerkung muss erlaubt sein, da ich jetzt in aller Klarheit sage, dass es so, wie es der Ausschuss empfohlen hat, nicht geht.
„Der Landtag fordert die Landesregierung auf, ihre Aktivitäten einzustellen, das Ehegattensplitting und damit die steuerliche Förderung von Ehe und Familie anzugreifen.“
Der Ausschuss hat dem Landtag empfohlen, den Antrag der CDU-Fraktion für erledigt zu erklären. Erledigt aber wäre er nur, wenn der Landtag ihm zustimmen würde. Wir müssen uns hier nicht noch einmal über die Vor- und Nachteile des Ehegattensplittings unterhalten. Das ist schon in der ersten Beratung und auch im vergangenen Jahr mehrfach passiert. Ich mache nachher noch ein paar grundsätzliche Ausführungen dazu.
Jetzt aber möchte ich belegen, warum nichts erledigt ist. Ich wende mich zunächst einmal den Aussagen von Frau Pothmer vom 18. Mai 2001 zu:
„Ich mache Ihnen deswegen den Vorschlag, diesen Antrag durch einen weiteren Punkt zu ergänzen, nämlich durch den Punkt einer Bundesratsinitiative zur Abschaffung des Ehegattensplittings.“
Ich würde Frau Pothmer gar nicht zitieren, wenn sie sich nicht auf Mitglieder der Landesregierung berufen würde. Sie sagt:
„Ich befinde mich damit in der sehr guten Gesellschaft der Sozial- und Frauenministerin, die diese Forderung mit mir gemeinsam vertritt.“
„Sie haben mich auf Ihrer Seite. Das kann ich Ihnen versprechen, denn das Ehegattensplitting ist auch teuer. Wir geben derzeit jährlich 41 Milliarden Euro dafür aus; bis 2004 50 Milliarden Euro.“
Es ist zwar in der Sache falsch - wir geben dafür nichts aus, sondern wir verzichten darauf, den Bürgern etwas wegzunehmen -, aber ich kann verstehen, dass das bei der Betrachtungsweise - dass man zunächst einmal alles haben will, um dann die Finanzmittel wieder zu verteilen -, so nicht zulässig ist. Ich kann mir auch vorstellen, dass einem das Wasser im Mund zusammenläuft, wenn man 50 Milliarden Euro einkassieren kann.
„Das Ehegattensplitting - das sage ich immer wieder - gehört in diesem Zusammenhang erneut auf den Prüfstand. Es ist überholt, es entspricht nicht der Modernität, die wir an Familie heute anlegen müssen.“
„Es gibt keinen Dissens zwischen der Ministerin für Arbeit und Soziales, der SPD-Fraktion und dem Finanzminister. Wir sind uns völlig einig, dass das Thema Ehegattensplitting auf die Tagesordnung gehört.“
„Hier ist die eindeutige Auffassung der Landesregierung, dass wir parallel und gemeinsam mit dem, was in Berlin derzeit diskutiert wird, die Reform des Ehegattensplittings anfassen werden.“
Jetzt könnten Sie alle zusammen sagen: Das war im letzten Jahr. Aber das, was im letzten Jahr diskutiert worden ist, ist nicht folgenlos geblieben, sondern es wurde ein Antrag beschlossen. Dann sagt der Abgeordnete Bontjer bei der ersten Beratung schlicht und einfach:
möge sich dafür einsetzen, das derzeit geltende Ehegattensplitting durch eine Besteuerung der daraus erwachsenden Steuervorteile unter Berücksichtigung der gegenseitigen Unterhaltspflicht von Ehegatten verfassungsgemäß zu reformieren.“
Im Klartext heißt das nichts anders, als dass man sich auf Realsplitting einlassen will. Das bedeutet die Umschichtung von 10 Milliarden Euro, wie es damals gesagt wurde. Das ist die Beschlusslage dieses Hauses und wurde mit Mehrheit beschlossen. 10 Milliarden Euro will man denen - also 95 % aller Ehepartner; unabhängig davon, ob mit oder ohne Kinder, aber die meisten haben Kinder jetzt zunächst einmal wegnehmen. Wenn man sagt, dass dieses Vorhaben zweckgebunden ist für Bildung, Kinderbetreuung etc., dann muss man sagen, dass wir nur noch zweckgebundene Steuerregelungen machen und gar nicht merken, dass wir ein riesiges Loch haben, das überhaupt nicht mehr zu füllen ist.
Wir tanken für die Rente, wir rauchen für die innere Sicherheit. Denen, die für das Alter Immobilien erworben haben, wird zuerst die Garage wegbesteuert, dann die erste Scheibe Wohneigentum, dann die nächste, und das nennt man dann Vermögensteuer. Hier kommt nichts anderes zustande, als dass man 95 % der Familien mit insgesamt mindestens 10 Milliarden Euro belastet.
Die Kappungsgrenze, die Sie eingeführt haben, müssen wir noch einmal sehr genau betrachten. Die, die deutlich über der Kappungsgrenze liegen - -
- Frau Steiner, ich erkläre es Ihnen noch einmal separat; das hat jetzt keinen Sinn. - Diejenigen, die deutlich über der Kappungsgrenze liegen, werden sie auch ohne Realsplitting nicht bedienen können. Das wird insgesamt natürlich auch noch gegengerechnet werden müssen.
Sie haben die derzeitige Situation, dass die Familien bei dem, was jetzt schon vereinbart worden ist, mit 23 Milliarden Euro belastet werden. Das sind Belastungen in Höhe von 20 Euro im Durchschnitt.
Hinzu kommen noch die Erhöhungen bei der Rentenversicherung und der Krankenversicherung. Das ist noch einmal ein erheblicher Betrag, der auf die Familien zukommt. Ich finde: Warum sollte man diese Familien nicht noch stärker belasten? - Nach Ihrem Antrag müsste das ja so sein.
Die Beschlusslage des Landtages ist derzeit, zu initiieren, dass man auf das Realsplitting eingeht. Wenn man hier sagt, dass Thema wäre erledigt, dann heißt das, dass man sich auf diese Beschlusslage verlässt.
Nun sage ich Ihnen allerdings noch etwas, was dazu kommt und uns auch verunsichert, wenn es darum geht, was denn nach dem 2. Februar 2003 passiert.
Die Aussage des Ministerpräsident „Die Wahrheit vor der Wahl? - Das hättet ihr wohl gerne.“ ist ein unglaublicher Ausspruch, und zwar gegenüber der Öffentlichkeit. Das mag die Presse sich gefallen lassen. Die Frage ist aber, was die Bürger im Lande davon halten, wenn es ein Ministerpräsident vorher sozusagen schriftlich gibt, dass er nicht die Wahrheit sagen will.
Dann gibt es doch bei dieser Beschlusslage keinen einzigen Grund, dass man diesen Antrag für erledigt erklärt. Wenn Sie keine Glaubwürdigkeitslücke haben wollen,
aber eindeutig sagen, dass Sie in Richtung Ehegattensplitting in Berlin nichts vereinbaren wollen, dann sagen Sie hier schlicht und einfach: Der Antrag der CDU-Fraktion ist richtig.
- Er ist nicht überflüssig, da wir im letzten Jahr etwas anderes beschlossen haben. - Wenn Sie das hier beschließen, kann kein Mensch mehr behaupten, dass Sie sich die Hintertür offen halten. Wenn Sie beschließen, dass das Thema erledigt ist, beziehen wir uns auf den Beschluss vom letzten Jahr und können weiterhin sagen, dass Sie am Tag nach
der nächsten Landtagswahl dieses Paket in Angriff nehmen und die Familien in Deutschland weiterhin damit belasten wollen.