Protocol of the Session on November 22, 2002

Flüsterasphalt auf der A 30 im Raum Osnabrück - Wirtschaftsministerin „zahnlose Tigerin“?

Seit Jahren wird die unerträgliche Lärmbelastung auf der Autobahn A 30 im Raum Osnabrück beklagt. Mit vielfältigen Schreiben haben wir uns für Lärmschutzwände eingesetzt und die Wirtschaftsministerin auch auf die neuen Möglichkeiten des „Flüsterasphaltes“ aufmerksam gemacht. Im Juli 2002 verkündete

die Wirtschaftsministerin dann, dass nun zwischen der Anschlussstelle Hasbergen-Gaste und dem Autobahnkreuz Osnabrück-Süd Lärmschutz durch „Flüsterasphalt“ erfolgen werde. Hierfür liege eine Zusage des Bundesverkehrsministeriums als Versuchsprojekt vor. Weitere 27 Kilometer seien mit einem Zuschussbetrag aus Landesmitteln in Höhe von 200 000 Euro voraussichtlich ebenfalls finanzierbar.

Wenige Tage später konnte man dagegen in der Presse lesen, dass diese weiteren 27 Autobahnkilometer nun doch nicht durch Landesmittel finanziert werden dürften, weil „finanzverfassungsrechtliche Gründe“ dem entgegenstünden. Daraufhin kündigten die beiden betroffenen Kommunen Bissendorf und Melle an, ihren Stadt- und Gemeinderäten vorzuschlagen, die 200 000 Euro aus eigenen Mitteln vorzufinanzieren. Auf erneute Nachfrage von Christian Wulff, bei der insbesondere auch um eine Erläuterung dieser finanzverfassungsrechtlichen Gründe gebeten wurde, kündigte die niedersächsische Wirtschaftsministerin mit Schreiben vom 9. September 2002 an, dass nunmehr „nach den Zusagen des Bundes“ die Arbeiten im Jahr 2003 anlaufen würden. Die Ausschreibung werde derzeit vorbereitet. Diese Antwort vom 9. September wurde gegeben, nachdem zwölf Tage vorher (Presse- bericht vom 29. August 2002) die Ministerin gegenüber der Presse diesen großartigen Erfolg gefeiert hatte. Am 31. Oktober 2002 und damit nach der Bundestagswahl erfuhr dann die überraschte und getäuschte Öffentlichkeit, dass der Bundesverkehrsminister weiterhin finanzverfassungsrechtliche Bedenken gegen eine Finanzierung der Zusatzkosten in Höhe von 200 000 Euro durch das Land geltend gemacht hat und es nicht zur Aufbringung des Flüsterasphaltes kommen soll. Die Ministerin wird in dem diesbezüglichen Artikel mit den Worten „persönliche Frechheit“, „lapidares Schreiben“ zitiert. Minister Bodewig habe an seinem letzten Arbeitstag dem Land aus rein formaljuristischen Argumenten die Mitfinanzierung untersagt - und hat damit offensichtlich die Ministerin persönlich getroffen, die befürchten muss, als „zahnlose Tigerin“ angesehen zu werden, weil sie noch nicht einmal über 200 000 Euro allein befinden darf, bzw. der Wählertäuschung bezichtigt zu werden.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Welches sind die „finanzverfassungsrechtlichen Gründe“, die das Bundesverkehrsministerium gegen eine Mitfinanzierung der Aufbringung von „Flüsterasphalt“ durch das Land Niedersachsen anführt (Wiederholung einer schriftlich gestellten Frage an die niedersäch- sische Ministerin für Wirtschaft, Technologie und Verkehr, Frau Dr. Susanne Knorre, vom 12. August 2002 - damals von ihr nicht beant- wortet), und bestehen diese auch dagegen, die

200 000 Euro aus Mitteln der betroffenen Kommunen vorzufinanzieren, wie dies seitens der Vertreter betroffener Kommunen vorgeschlagen worden ist?

2. Teilt die Landesregierung die finanzverfassungsrechtlichen Bedenken des Bundesverkehrsministeriums?

3. Wann wird nach all den Monaten des formalen Hin- und Herschiebens der Verantwortung endlich für die betroffenen Menschen vor Ort praktisch etwas getan, bzw. was ist die konkrete Zeitperspektive für Schallschutzmaßnahmen an der genannten Strecke?

Die Lärmbelastung an der BAB 30 im Raum Osnabrück ist der Landesregierung bekannt. Sie hat deshalb auch frühzeitig die Möglichkeit ins Auge gefasst, durch den Einbau eines sog. „Flüsterasphalts“ oder auch offenporigen Asphaltbelages (OPA) die Lärmsituation zu mildern.

So hat die Straßenbauverwaltung bereits am 27. September 2001 dem Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (BMVBW) einen Ausbauvorschlag zur Grunderneuerung der BAB 30 vorgelegt, in dem auch der offenporige Asphaltbelag auf der gesamten Strecke von Hasbergen/Gaste bis Bruchmühlen vorgesehen war.

Der Bund als Baulastträger der Straße hat für den Einsatz von „Flüsterasphalt“ allerdings sehr enge Grenzen gesetzt. Voraussetzung dafür ist in jedem Fall, dass ein rechtlicher Anspruch auf Lärmschutz besteht, der für die BAB 30 nach Rechts- und Sachlage allerdings nicht gegeben ist. Dieser würde erst dann eintreten, wenn eine bauliche Veränderung wie z. B. der Anbau einer weiteren Fahrspur erfolgt und das Überschreiten von Immissionsgrenzwerten vorliegt. In den betroffenen Abschnitten ist beides aber nicht der Fall. Der Einbau einer offenporigen Asphaltdeckschicht kommt deshalb nach Auffassung des Bundes nicht in Betracht kommt.

Das BMVBW ist lediglich bereit, im Autobahnabschnitt Hasberg/Gaste bis zum AK Osnabrück/Süd eine Versuchsstrecke zur bautechnischen Weiterentwicklung des offenporigen Belages auszuweisen. Ohne Berücksichtigung der Rechtslage zur Lärmsituation soll eine neue Art des offenporigen Asphalts getestet und wissenschaftlich begleitet werden. Der Abschnitt von AK Osnabrück-Süd bis Bruchmühlen sollte demgegenüber jedoch in Splittmastix-Asphalt, einer Standardbauweise, ausgeführt werden.

Um trotz der ablehnenden Haltung des BMVBW zu einer raschen Lösung im Interesse der Anlieger zu kommen, hat die Landesregierung im August d. J. für den Einbau des einlagigen OPA auf dem Abschnitt AK Osnabrück-Süd bis Bruchmühlen eine Mitfinanzierung in Höhe von 200 000 Euro angeboten.

Auch dieses Angebot wurde allerdings mit Schreiben vom 21. Oktober 2002 von Herrn Bundesminister Bodewig mit der Begründung abgelehnt, dass es an den rechtlichen Voraussetzungen zum Einbau des einlagigen offenporigen Asphalts zwischen Hasbergen-Gaste und Bruchmühlen zur weiteren Reduzierung der Lärmimmissionen fehle und eine Beteiligung des Landes an dieser Fahrbahndeckensanierung in Form einer Mitfinanzierung aus finanzverfassungsrechtlichen Gründen nicht in Betracht komme.

Die aus dieser Entscheidung des Bundes resultierende Ungleichbehandlung der Anlieger an den unterschiedlichen Abschnitten der BAB 30 ist aus Sicht der Landesregierung nicht akzeptabel. Es ist nicht zu vermitteln, dass Bürger in benachbarten Ortschaften an der BAB 30 um bis zu 11 dB(A) differierende Immissionsgrenzwerte ertragen müssen. Ich habe deshalb mit Schreiben vom 12. November 2002 Herrn Bundesminister Stolpe gebeten, die Entscheidung seines Vorgängers zu überdenken.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen wie folgt:

Zu 1: Herr Bundesminister a. D. Bodewig hat seine ablehnende Haltung zum Vorschlag des Landes grundsätzlich wie folgt begründet:

„Bau und Unterhaltung von Bundesfernstraßen (einschließlich der Durch- führung von Lärmschutzmaßnahmen) sind Aufgaben des Bundes als Träger der Straßenbaulast (Art. 90 Abs. 1 GG, §§ 3 und 5 FStrG). Die verfassungsrechtlichen Regelungen über die Aufgaben- und Finanzverantwortung im Bereich der Bundesfernstraßen (Art. 90, 104 a GG) verbietet es, Bundesaufgaben mit Landesmitteln zu finanzieren.

Es ist nicht erkennbar, welche eigenen, in die Landeskompetenz fallenden Aufgaben das Land Niedersachsen beim Einbau des einlagigen, of

fenporigen Asphalts statt des Splittmastixasphalts erfüllen würde.“

Zu 2: Nein.

Zu 3: Im Rahmen der für 2003 vorgesehenen grundhaften abschnittsweisen Erneuerung der Fahrbahn werden lärmmindernde Asphaltbeläge aufgebracht. Die Arbeiten beginnen in den Abschnitten westlich AS Sutthausen bis AK Osnabrück/Ost und AS Bissendorf bis westlich AS Gesmold.

Anlage 16

Antwort

des Ministeriums für Wirtschaft, Technologie und Verkehr auf die Frage 19 des Abg. Wenzel (GRÜ- NE):

Verkehrssicherheit in Niedersachsen: Besorgniserregender Anstieg von tödlichen Unfällen im Jahr 2002!

Die HAZ berichtete in den letzten Wochen unter Bezugnahme auf einen bundesweiten Vergleich von einem Anstieg der Verkehrsunfälle in Niedersachsen mit Todesfolge in Höhe von 23,3 % gegenüber dem Vorjahr. Eine aktuelle Pressemitteilung des Niedersächsischen Innnenministeriums weist für den Zeitraum von Januar bis September 2002 einen Anstieg um 12,6 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum aus. Bei der Altersgruppe der Kinder von 6 bis 15 Jahren sind in diesem Zeitraum mehr als doppelt so viele Kinder (21) getötet worden wie im Vorjahreszeitraum. Auch die Anzahl schwerverletzter Kinder (114) unter 6 Jahren ist nach der Statistik des Innenministeriums um 6,5 % gestiegen.

Eine solche Entwicklung der Verkehrssicherheit ist vor dem Hintergrund der Anstrengungen in anderen europäischen Ländern (VISI- ON ZERO-Strategie in Schweden bzw. Kon- zepte der SUNFLOWER-Staaten) nicht akzeptabel. Hinter jedem Unfall mit Toten und Schwerverletzten steht unermessliches Leid und nicht zuletzt auch ein großer volkswirtschaftlicher Schaden.

Vor dem Hintergrund dieser besorgniserregenden Trendumkehr frage ich die Landesregierung:

1. Welche Gründe sieht sie für den Anstieg von Verkehrsunfällen mit Todesfolge und dort insbesondere auch bei Unfällen mit Kindern und Jugendlichen?

2. Worauf führt die Landesregierung den massiven Anstieg von schweren Unfällen außerhalb geschlossener Ortschaften zurück?

3. Welche Maßnahmen hält die Landesregierung kurzfristig für erforderlich, um dem massiven Anstieg schwerer Verkehrsunfälle zu begegnen?

In den vergangenen zehn Jahren war die Unfallentwicklung in Niedersachsen hinsichtlich der Zahl der getöteten und schwer verletzten Unfallopfer von einem nachhaltigen Rückgang gekennzeichnet. Während im Jahr 1992 auf niedersächsischen Straßen noch 1 209 Verkehrstote zu beklagen waren, wurden im Jahr 2001 bei Verkehrsunfällen in Niedersachsen 814 Menschen getötet. Dies entspricht einem Rückgang von fast 33 %. Dabei konnte im Jahr 2001 der bislang niedrigste Wert seit Erhebung der Verkehrsstatistik verzeichnet werden. Im Vergleich zum Jahr 2000 ergab sich hier mit minus 11,3 % ein außergewöhnlich hoher Rückgang bei der Zahl der Verkehrstoten. In den ersten drei Quartalen des Jahres 2002 stieg die Zahl der Unfalltoten dagegen wieder um 12,7 % an - eine Entwicklung, die in keiner Weise befriedigen kann. In diesem Zusammenhang bereits von einer Trendumkehr zu sprechen, wäre allerdings verfehlt. Auch in den vergangenen Jahren - dies geht aus der zitierten Statistik des Nds. Innenministeriums hervor - hat es vergleichbare Schwankungen bei der Entwicklung der Unfallzahlen im Jahresvergleich gegeben. Nach Auffassung der Landesregierung kann deshalb eine seriöse Beurteilung der Verkehrssicherheitslage nur anhand einer Betrachtung der langfristigen Entwicklung der Unfallzahlen geschehen.

Der insgesamt positive Trend wird auch durch die Entwicklung der Zahl der schwer verletzten Unfallopfer gestützt. In der Zehn-Jahres-Betrachtung ergibt sich gegenüber 1992 ein Rückgang der Zahl der Schwerverletzen um 29,3 %. In den ersten neun Monaten dieses Jahres ist hier ebenfalls ein Rückgang um 2,7 % im Vergleich zum Vorjahr zu verzeichnen.

Für Niedersachsen als Flächenland ist ein hoher Anteil an Außerortsstrecken charakteristisch, deren geringe Verkehrsdichte ein Befahren mit relativ hoher Geschwindigkeit begünstig. Dies stellt unter Verkehrssicherheitsaspekten eine besondere Herausforderung dar; annähernd 70 % der schweren Unfälle ereignen sich in Niedersachsen auf Außerortsstrecken abseits der Autobahnen.

Die niedersächsische Polizei hat diesen Bedingungen mit der Konzeption ihrer „Verkehrssicherheitsinitiative 2000“ in hohem Maße Rechnung getragen. Ziel ist es dabei, durch eine Kombination

aufklärender präventiver Maßnahmen, einer sicherheitsorientierten baulichen Gestaltung des Verkehrsraumes und einer konsequenten Verstärkung der Geschwindigkeitsüberwachung auf den Außerortsstrecken den schweren Unfallfolgen vorzubeugen. Die Projekte „B 73 – Fahr vorsichtig – Liebe dein Leben“, „B 216 - Weniger Unfälle!“ oder „B 3/65 – Eile tötet“ sind Beispiele für erfolgreiche, nach der Grundkonzeption der „Verkehrsinitiative 2000“ gestalteten Verkehrssicherheitsaktionen.

Darüber hinaus werden gemeinsame Qualifizierungsmaßnahmen für die Mitglieder der Unfallkommissionen von Straßenbau- und Straßenverkehrsbehörden sowie der Polizei, die eine weitere Verbesserung der Kenntnisse und ein einheitliches Verständnis der Problemstellungen erbringen sollen, turnusmäßig durchgeführt. Damit wird die Zusammenarbeit innerhalb der Unfallkommissionen und zugleich die Wirksamkeit der unmittelbaren Verkehrssicherheitsarbeit auf örtlicher Ebene gefördert.

Die Gruppe der „jungen Fahrer“ im Alter zwischen 18 und 24 Jahren stellt unverändert die am höchsten gefährdete Risikogruppe unter den Verkehrsteilnehmern dar. Der Anteil der Getöteten ist hier in 2001 auf ca. 20 % zurückgegangen. Er liegt jedoch nach wie vor erheblich über dem Anteil dieser Altersgruppe an der Gesamtbevölkerung, der lediglich 7,5 % beträgt. Trotz der nach wie vor hohen Unfallbelastung junger Fahrer ist festzustellen, dass seit 1992 die Zahl der verunglückten 18- bis 24-Jährigen in Niedersachsen um ca. 48,4 % zurückgegangen ist. Es zeigt sich also, dass Veränderungen zum Besseren möglich sind und dass das Engagement der Träger von Verkehrssicherheitsarbeit, die hier seit vielen Jahren einen Schwerpunkt ihrer Arbeit setzen, Erfolg verspricht und verstärkt fortgesetzt werden muss.

In diese Richtung zielt auch das Modellprojekt „Begleitetes Fahren ab 17“, mit dem junge Fahranfänger in einer Phase, in der sie einem besonders hohen Unfallrisiko ausgesetzt sind, Fahrroutine und damit Fahrkompetenz erwerben sollen.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1 und 2: Wie eingangs dargelegt, ist die Unfallentwicklung in Niedersachsen von deutlichen und vor allem nachhaltigen Rückgängen im Bereich des schweren Unfallgeschehens geprägt. Der in

den ersten Monaten diesen Jahres zu verzeichnende Anstieg der Getöteten stellt keine Trendumkehr dieses positiven Verlaufs dar, sondern allenfalls eine „statistische Reaktion“ auf die überaus deutlich ausgeprägten Rückgänge in den Jahren 2000 und 2001.

Zu 3: Die Landesregierung hält an ihren erfolgreichen Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrssicherheitslage fest. Die im Zusammenhang mit der „Verkehrssicherheitsinitiative 2000“ der niedersächsischen Polizei eingeleiteten Schritte haben ihrer Wirksamkeit mit den in den Jahren 2000 und 2001 zu verzeichnenden deutlichen Rückgängen belegt.

Lediglich auf kurzfristige Effekte zielende Maßnahmen hält die Landesregierung für nicht geeignet, die auf nachhaltige Verbesserungen der Verkehrssicherheitslage angelegte Strategie der niedersächsischen Behörden zu unterstützen.

Anlage 17

Antwort

des Kultusministeriums auf die Frage 20 des Abg. Ehlen (CDU):

Mangelhafte Unterrichtsversorgung an der Grundschule in Heeslingen, Landkreis Rotenburg/Wümme - Ein Beispiel von vielen für Lehrermangel und Unterrichtsausfall in Niedersachsen