Protocol of the Session on November 22, 2002

3. Ist die Landesregierung der Auffassung, dass ausgerechnet jene Firmen und Gutachterfirmen, die im Falle Sellafield so offenkundig versagt haben, im Falle der problematischen russischen Atomproduktion als ausreichend vertrauenswürdig gelten können?

Herr Schwarzenholz, Ihre Besorgnis ist verständlich. Die Nachrichten über Versorgungsengpässe und instabile Verhältnisse in den Staaten der russischen Föderation wirken nicht gerade vertrauensbildend. Umso wichtiger ist es, bei der Beurteilung eines russischen Herstellers von Brennelementen die in Deutschland geltenden Maßstäbe an Sicherheitsanforderungen anzulegen. Dass dieses geschieht, habe ich hier bereits in meiner Antwort auf Ihre Frage zum gleichen Thema am 26. Januar des vergangenen Jahres deutlich gemacht; nachzulesen in der Drucksache 14/2141.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: Ja. Dabei handelt es sich um Brennelemente, wie sie erstmals beim Brennelementwechsel 2000 eingesetzt wurden.

Zu 2: Die Erkenntnisse meines Hauses über die Zustände bei der russischen Firma MSZ-Elektrostal resultieren aus den Ergebnissen der im atomrechtlichen Verfahren zur Einführung der ERU-Brennelemente im Kraftwerk Unterweser durchgeführten Prüfungen. Sie fanden von August 1998 bis Juni 2000 statt und erstreckten sich auf den Bereich der Brennstofffertigung. Hier ging es um alle Aspekte, die für die Beurteilung der Qualität des Brennstoffs und der Einhaltung der sicherheitstechnischen Rahmenbedingungen für den Einsatz im KKU erforderlich sind. Ergebnis war, das die Qualität der bei MSZ-Elektrostal gefertigten Brennelemente der Qualität bei anderen Herstellern entspricht.

Diese Aussage kann heute bestätigt werden. Denn die Prüfungen, die im Zuge der Fertigung der für 2004 vorgesehenen Brennelemente durchgeführt wurden, kommen zum selben Ergebnis. Es wurden

insbesondere die Aspekte der Datensicherheit und der Qualitätssicherung bei der Firma MSZ-Elektrostal erneut überprüft. Grundlage waren die auf Initiative des Niedersächsischen Umweltministeriums vollständig überarbeiteten Regelungen zur begleitenden Gutachterteilnahme bei der Fertigung von Brennelementen.

Selbstverständlich war auch bei dieser Fertigungskampagne ein Mitarbeiter des Niedersächsischen Umweltministeriums zugegen. Er hat bei der Firma MSZ-Elektrostal im Zeitraum vom 22. bis 24. Juli 2002 die dortigen Maßnahmen zur Prozessüberwachung und Qualitätssicherung überprüft.

Zu 3: Die in der Anfrage angesprochenen Fälschungen an der Qualitätsdokumentation wurden von Mitarbeitern der englischen Firma BNFL vorgenommen. Versagt hatte hier in eklatanter Weise das Qualitätsmanagementsystem von BNFL.

Dies hat die englische Aufsichtsbehörde NII (Nuclear Installation Inspectorate of Health & Safety Executive) in ihrem Untersuchungsbericht deutlich festgestellt. Dass diese Fälschungen bei den Stichprobenkontrollen des Technischen Überwachungsvereins Nord nicht aufgefallen sind, lag nicht an fehlender Fachkunde und auch nicht an mangelnder Zuverlässigkeit des Gutachters. Es lag vielmehr daran, dass das internationale wie nationale Regelwerk bisher Prüfungen eines zertifizierten Qualitätssicherungssystems in diesem Bereich nicht forderte. Wir haben dieses in mehreren Ausschusssitzungen ausführlich erörtert.

Als Konsequenz aus dem BNFL-Skandal wurden mit neuen, bundeseinheitlichen Regelungen die Lücken in den alten Regelungen geschlossen.

Der Technische Überwachungsverein Nord hat sich in der Aufarbeitung des BNFL-Skandals und der Erstellung der neuen Regelungen für die Gutachterbeteiligung stark engagiert und damit bundesweite Maßstäbe gesetzt. Zweifel an der Fachkunde und der Zuverlässigkeit des Gutachters bestehen nicht. Daher wird der TÜV-Nord weiterhin als Gutachter für das Umweltministerium auch im Zusammenhang mit der Brennelementherstellung tätig sein.

Anlage 5

Antwort

des Innenministeriums auf die Frage 8 des Abg. Coenen (CDU):

Kommunaler Investitionsbedarf in den niedersächsischen Kommunen II

In der Süddeutschen Zeitung vom 31. Mai 2002 wird über eine Studie des Deutschen Instituts für Urbanistik mit dem Titel „Der kommunale Investitionsbedarf der Städte“ berichtet. Nach dieser Studie müssen die Kommunen in Deutschland bis zum Jahre 2009 686,2 Milliarden Euro investieren, um ihre Aufgaben sachgerecht erledigen zu können. Dies hätte zur Folge, dass die kommunalen Investitionen unter Berücksichtigung des jetzigen Standes um fast die Hälfte angehoben werden müssten.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie beurteilt sie die Studie des Deutschen Instituts für Urbanistik?

2. Welcher Investitionsbedarf besteht für die niedersächsischen Kommunen zur Gewährleistung einer sachgerechten Aufgabenerledigung bis 2009?

3. Wie haben sich die kommunalen Investitionen im Land Niedersachsen seit 1990 bis heute entwickelt?

Das Deutsche Institut für Urbanistik (Difu) hat in einer im März 2002 erschienenen Studie den kommunalen Investitionsbedarf in Deutschland für die Jahre 2000 bis 2009 mittels einer Schätzung ermittelt. Danach beläuft sich der Gesamtinvestitionsbedarf bis 2009 auf 686,2 Milliarden Euro.

Die Ergebnisse der Studie wurden nicht regionalisiert, sondern unterscheiden lediglich zwischen alten und neuen Bundesländern. Von den 686,2 Milliarden Euro Gesamtinvestitionsbedarf entfallen rund 69 % (475 Milliarden Euro) auf die alten Bundesländer. Größte Investitionsbereiche sind lt. Studie: der Verkehr – d. h. Straßen und ÖPNV -, die Wasserversorgung und der Umweltschutz und soziale Infrastruktureinrichtungen – also Schulen, Kindergärten, etc..

Die Difu-Studie ist im Innenministerium ausgewertet worden. Die wissenschaftliche Methodik der Schätzung und ihre Ergebnisse sind nachvollziehbar und in sich schlüssig dargestellt. Allerdings muss an dieser Stelle auch deutlich darauf hingewiesen werden, dass es sich nicht um die Erhebung des tatsächlich geplanten oder erforderlichen Investitionsbedarfs, sondern um eine Bedarfsschätzung handelt. Dabei haben die Wissenschaftler zwischen dem so genannten Ersatzbedarf und dem Erweiterungsbedarf unterschieden. Während die notwendigen Ersatzinvestitionen für bereits vorhandene Infrastruktureinrichtungen orien

tiert an Abschreibungswerten ermittelt wurden, basiert der Erweiterungsbedarf auf einer analytischen Bedarfsermittlung. Hierzu wurde der künftige Bedarf aus bestimmten Einzelfaktoren abgeleitet, die seine Höhe und Veränderung im Zeitablauf bestimmen – etwa die Entwicklung bestimmter Altersgruppen.

Genau hierin liegt jedoch zugleich eine gewisse Schwäche der Studie. Wie die Verfasser der Studie selber feststellen, können im Hinblick auf künftige Entwicklungen „nicht unbeträchtliche Abweichungen vom Bundesdurchschnitt“ auftreten. Die Aussagen der Studie beruhen aber ausschließlich auf bundesweiten Durchschnittswerten. So treten räumlich begrenzt Ausstattungsdefizite bei der kommunalen Infrastruktur auf, während andere Räume sogar eine Überversorgung aufweisen. Hierzu weisen die Verfasser der Studie darauf hin, dass die „an sich notwendige Regionalisierung des Investitionsbedarfs“ „aus Kapazitätsgründen“ nicht vorgenommen werden konnte.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: Die Difu-Studie bietet einen brauchbaren Anhaltspunkt zur Einschätzung des kommunalen Investitionsbedarfs bis 2009 in der Bundesrepublik. Konkrete Aussagen zum Investitionsbedarf der Kommunen in einzelnen Bundesländern oder Regionen lassen sich aus der Studie jedoch nicht ableiten.

Zu 2: Mit der Änderung des Bundesfinanz- und Personalstatistikgesetzes im Jahre 1992 ist die so genannte Gemeindefinanzplanungsstatistik mit Wirkung zum Haushaltsjahr 1994 abgeschafft worden. Damit fehlt seitdem seitens der amtlichen Statistik eine Datengrundlage, aufgrund derer Aussagen zum Investitionsbedarf der Kommunen für den jeweils fünfjährigen Finanzplanungszeitraum gemacht werden könnten. Die seitdem geführte Haushaltsansatzstatistik gibt nur noch einen Überblick über die geplanten Investitionen im Vermögenshaushalt des laufenden Haushaltsjahres. Leider enthält auch die Studie des Deutschen Institut für Urbanistik – wie in den Vorbemerkungen bereits ausgeführt – keine weiteren Erkenntnisse zum kommunalen Investitionsbedarf in Niedersachsen, da die Ergebnisse der Studie nicht regionalisiert wurden.

Zu 3: Sofern gewünscht, bin ich gern bereit, die Zahlen im Einzelnen vorzutragen.

Anlage 6

Antwort

des Kultusministeriums auf die Frage 9 des Abg. Beckmann (CDU):

„Hannovers Schulen gehen die Lehrer aus“ – „Schulausfall als Regel“

Die Hannoversche Allgemeine Zeitung berichtet in mehreren Beiträgen über den „verheerenden“ Lehrermangel an hannoverschen Schulen. Insbesondere der zusätzlich vorgesehene naturwissenschaftliche Unterricht in den Klassen 7 und 8 wird nicht erteilt, weil Fachlehrer fehlen. Der Vorsitzende des Stadtelternrates dazu: „Es ist doch eine Luftnummer, wenn das Kultusministerium sagt, es gäbe mehr Naturwissenschaften und dann nicht genug Lehrer dafür anstellt.“ (HAZ vom 23. Oktober 2002).

„Dramatisch“ ist auch die Situation an der Schule für Hörgeschädigte. Durch längerfristige Krankheit liegt die Unterrichtsversorgung dort nur bei knapp 80 %, bei Anwesenheit aller Lehrerinnen und Lehrer nur bei 84 % und damit um 10 % unter dem ohnehin unzureichenden landesweiten Durchschnitt der Unterrichtsversorgung der Sonderschulen von 94,1 %. Der Elternratsvorsitzende hat auf einen bereits vor einem Jahr abgesandten Brief an den zuständigen Dezernenten keine Antwort erhalten, Nachfragen bei der Behörde blieben ohne Erfolg. Kurzfristiger Ersatz für die erkrankte Chemie- und Physiklehrerin ist nicht zu bekommen: „Die Bezirksregierung schreibt gar keine Sonderschulstellen für diese Fächer mehr aus, weil sich niemand mehr darauf meldet“, wird die Schulleiterin zitiert.

Ich frage die Landesregierung:

1. Warum hat sie es zugelassen, dass der vorgesehene zusätzliche naturwissenschaftliche Unterricht an vielen hannoverschen Gymnasien wegen Lehrermangels überhaupt nicht erteilt werden kann?

2. Warum hat sie es zugelassen, dass die Sonderschule für Hörgeschädigte zurzeit nur über eine Unterrichtsversorgung von 80 % und im Regelfall nur von 84,7 % verfügt, Elternbeschwerden nicht beantwortet worden sind, Ersatz für Fachlehrkräfte insbesondere im naturwissenschaftlichen Bereich nicht zur Verfügung steht und damit die Zukunftschancen der betroffenen Schülerinnen und Schüler gefährdet werden?

3. Mit welchen konkreten Maßnahmen wird die Landesregierung wann und wo sicherstellen, dass der in der Stundentafel vorgesehene Unterricht sowohl an den hannoverschen Gymnasien als auch an der besonders betrof

fenen Schule für Hörgeschädigte durch für diese Fächer qualifizierte Fachlehrkräfte auch tatsächlich erteilt wird?

Die Presseveröffentlichung, auf die in der Kleinen Anfrage Bezug genommen wird, gibt die Situation an den Schulen in Hannover nur zum Teil richtig wieder. Auch die dort angegebenen Zahlen zur Unterrichtsversorgung können so nicht bestätigt werden.

Bei den fünf in der Kleinen Anfrage genannten Gymnasien in Hannover sind in den Fächern Biologie, Chemie und Physik insgesamt 657,0 Wochenstunden zu erteilen. An Schulen unterrichten insgesamt 71 für diese Fächer ausgebildete Lehrkräfte mit einer Gesamtunterrichtsverpflichtung von 1 104,7 Stunden in diesen Fächern (eine Dop- pelzählung ist vermieden worden).

Die Schulen regeln den Einsatz der ihnen zugewiesenen Lehrkräfte in eigener Verantwortung, dabei ist die Bestimmung des Erlasses „Einstellung von Lehrkräften an allgemein bildenden Schulen zum 1. August 2002 und Unterrichtsversorgung im Schuljahr 2002/2003“ vom 22. April 2002 zu beachten. Dieser Erlass enthält die Bestimmung, dass Lehrkräfte mit der Lehrbefähigung in Bedarfsfächern vorrangig in diesen Fächern unterrichten sollen. Eine Auswertung der fachspezifischen Unterrichtssituation an den in der Kleinen Anfrage genannten Gymnasien hat ergeben, dass die in der Stundentafel für den Unterricht in Naturwissenschaften ausgewiesenen Stunden vollständig erteilt werden können, wenn die Fachlehrkräfte mit durchschnittlich rd. 60 % ihrer Unterrichtsverpflichtung in den naturwissenschaftlichen Fächern eingesetzt werden.

An der Schule für Hörgeschädigte wurden zum Schuljahresbeginn zwei Sonderschullehrkräfte neu eingestellt. Damit verfügte die Schule zum Stichtag der Statistik am 15. August 2002 bei 337,0 Lehrer-Soll-Stunden über 295,5 Lehrer-IstStunden. Zur Erteilung der Schülerpflichtstunden gemäß der Stundentafel benötigt die Schule insgesamt 290,0 Lehrer-Ist-Stunden.

Die durchschnittliche Lerngruppengröße liegt noch knapp unterhalb der für diese Schulform vorgesehene Schülerzahl von 8 bis 12.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich namens die Fragen der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: Wie in der Vorbemerkung bereits ausgeführt, besteht ein Mangel an Lehrkräften mit der Lehrbe

fähigung für Naturwissenschaften an den in der Kleinen Anfrage genannten Gymnasien in Hannover nicht. Diese fünf Schulen haben zum 1. August 2002 insgesamt fünf Einstellungen und zum 1. November 2002 zwei weitere Einstellungen erhalten. Die Ausschreibungen erfolgten gemäß den von den Schulen angegebenen Fächerwünschen, wobei nur von einer Schule ein naturwissenschaftliches Fach angefordert wurde, während eine andere Schule, bei der der Chemieunterricht zurzeit nicht voll erteilt wird, dieses Fach für die Stellenausschreibung durch die Bezirksregierung Hannover ausdrücklich ausgeschlossen hatte. Dies ist ein ungewöhnlicher Umgang mit dem erhöhten Unterrichtsbedarf in der Schule.

Zu 2: Zur Situation der Unterrichtsversorgung der Schule wird auf die Ausführungen in der Vorbemerkung verwiesen. Entgegen der Prognose der Schule musste infolge einer Erhöhung der Schülerzahlen im 4. Jahrgang eine Klasse mehr als vorgesehen gebildet werden. Als der Bezirksregierung die endgültigen Schülerzahlen und der erst zum Schuljahresbeginn eingetretene Ausfall einer Lehrkraft mitgeteilt wurden, war bei dem geringen Angebot an Bewerberinnen bzw. Bewerbern mit einer sonderschulpädagogischer Lehrbefähigung für diese Schulform ein sofortiger Ersatz nicht möglich. Auf den durch die Erkrankung der o. g. Lehrkraft eingetretenen fachspezifischen Engpass in Physik konnte zu diesem Zeitpunkt nicht mehr durch die Ausschreibung einer weiteren Einstellungsmöglichkeit reagiert werden. Nach Auskunft der Bezirksregierung Hannover wurde von der Schule kein Antrag auf Zuweisung einer „Feuerwehr-Lehrkraft“ gestellt.

Dem in der Kleinen Anfrage erhobenen Vorwurf, dass „Elternbeschwerden nicht beantwortet worden sind“, liegt wohl eine Fehlinformation zugrunde. Der zuständige Dezernent der Bezirksregierung hat auf das Schreiben des Elternratsvorsitzenden hin mit der Schulleiterin Fragen der Unterrichtsversorgung und Perspektiven der Schule intensiv erörtert. Er hat die Schulleiterin gebeten, die Ergebnisse dieses Gesprächs, an dessen Ende u. a. die Entscheidung stand, der Schule zwei Einstellungen zum 1. August 2002 zuzuweisen, dem Schulelternratsvorsitzenden zu erläutern. Darüber hinaus hat er drei Telefonate mit der stellvertretenden Elternratsvorsitzenden geführt, zuletzt am 17. Oktober 2002.