Es war, Herr Kollege Schünemann, eine lange nicht abreißen wollende Kette von Polizeiskandalen, von Verfassungsschutzskandalen, als RotGrün gleich zu Beginn der Regierungszeit eine Polizeistrukturreform eingeleitet hat, in deren Rahmen die zweigeteilte Laufbahn geschaffen worden ist. Da waren wir führend in Deutschland.
(Schünemann [CDU]: Herr Kollege Biallas hat doch gesagt, dass die zweigeteilte Laufbahn auch in ande- ren Ländern eingeführt worden ist!)
Nachdem dies bekannt wurde, stand in der BildZeitung die große Schlagzeile: „Es macht wieder Spaß, Polizist zu sein!“ - und das, nachdem die Polizei viele Jahre unter Ihrer Regierungsverantwortung wirklich zu Schanden gebracht wurde.
Diese Arbeitszufriedenheit konnte in den letzten Jahren gehalten werden, trotz der Arbeitsbelastung und trotz der sozialen Einschnitte, die es auch bei den Polizeibeamtinnen und -beamten in den letzten Jahren leider gegeben hat.
Sie haben sich nicht einmal die Mühe gemacht, aus dem Papier der Polizeidirektoren ein kohärentes Konzept für Ihre eigene Politik zu entwickeln. In dem Papier wird deutlich auf die enorme Arbeitsbelastung für die Polizei durch die Gen-Datei hingewiesen. Sie stellen sich aber fröhlich hin, lieber Kollege Schünemann, und sagen: Wir wollen jetzt aber auch die Ladendiebe und die Promillesünder in der Gen-Datei erfassen! Wie Sie das mit den vorhandenen Polizeibeamten schaffen wollen, das erklären Sie leider dem interessierten Publikum auch nicht.
(Biallas [CDU]: Wir wollen nicht alle erfassen, aber wir wollen ermögli- chen, dass sie erfasst werden können! - Schünemann [CDU]: Das habe ich gestern auch schon erklärt!)
Aber ich möchte einen Grund nennen, weshalb wir uns nicht in der Lage sehen, in diesem Punkt mit der SPD zu stimmen. Was uns geärgert hat, war der Umgang der Landesregierung mit dem Parlament,
war die überhaupt nicht verständliche und durch nichts nachvollziehbare Weigerung, ein Papier, das öffentlich landauf, landab diskutiert wurde, den Mitgliedern des Ausschusses zur Verfügung zu stellen.
Wir haben - auch das ist ein Ergebnis aus der ersten Hälfte der 90er-Jahre - eine neue Landesverfassung, die die Informations- und Akteneinsichtsrechte des Parlamentes deutlich gestärkt hat. Grundsätzlich sind wir als Abgeordnete nach Artikel 24 berechtigt, Aktenvorlage zu verlangen, und die Einschränkung, die in der Verfassung vorgesehen ist, ist relativ eng. Danach braucht die Landesregierung einem solchen Verlangen nicht zu entsprechen, soweit dadurch die Funktionsfähigkeit und Eigenverantwortung der Landesregierung wesentlich beeinträchtigt würde.
Der Staatsgerichtshof hat in seinem Jadekost-Urteil - Sie werden sich vielleicht daran erinnern - genau diese Grundsätze nochmals bestätigt. Und dann wollen Sie uns weismachen, dieses Arbeitspapier - wie der Kollege Harden sagte - habe eine solche Bedeutung, dass die Eigenverantwortung und Funktionsfähigkeit der Landesregierung erheblich beeinträchtigt würden? - Das glauben Sie doch selber nicht! Das glaubt niemand, höchstens jemand, der die Hose mit der Kneifzange anzieht. Vielen Dank.
Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses für innere Verwaltung in der Drucksache 3851 zustimmen und damit den Antrag der Fraktion der CDU in der Drucksache 3688 ablehnen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Die Gegenstimmen! - Stimmenthaltungen? - Das Erste war die Mehrheit. Damit ist der Beschlussempfehlung des Ausschusses gefolgt worden.
Tagesordnungspunkt 31: Zweite Beratung: a) Einrichtung eines Großschutzgebietssystems „Niedersächsische Moorlandschaft“ Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drs. 14/114 - b) Den Schutz der niedersächsischen Moore fortentwickeln - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 14/3104 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umweltfragen - Drs. 14/3852
Der Antrag der Fraktion der Grünen wurde am 16. Juli 1998 und der Antrag der Fraktion der SPD in der 98. Sitzung am 14. Februar 2002 an den Ausschuss für Umweltfragen zur Beratung und Berichterstattung überwiesen. Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.
Das ist ein guter Zeitpunkt, Bilanz zu ziehen und zu fragen: Was ist aus dem Moorschutz in Niedersachsen geworden? Sie wissen: Ein Moorschutzsystem wurde bereits im Landes-Raumordnungsprogramm von 1994 verankert. Unser Antrag, der heute zur Abstimmung steht, ist auch schon vom Frühjahr 1998. Wir schreiben jetzt 2002. Dennoch muss ich feststellen: Die Moorschutzgebiete sind immer noch ein Puzzle mit großen Lücken, in dem entscheidende Teile fehlen. Das ganze Vorhaben ist nur bruchstückhaft umgesetzt. Zum Beispiel
sind die erforderlichen Naturschutzgebiete zwischen Oldenburg und Papenburg bis heute nur ansatzweise ausgewiesen. An Erweiterung ist schon gar nicht zu denken.
Nach wie vor senkt sich bei der Abwägung zwischen Moorschutz und Torfabbau die Waagschale zugunsten des Torfabbaus und zulasten des Naturschutzes. In Gebieten, in denen aus Naturschutzgründen nicht abgetorft werden dürfte, werden Vorrangflächen für Torfabbau ausgewiesen. Noch stehen die meisten Vorranggebiete für Torfabbau auf dem Papier des Landes-Raumordnungsprogramms. Würden sämtliche Vorranggebiete abgetorft, dann hätten wir in Nordwestniedersachsen ein Angebot an Mondlandschaften. Glauben Sie nicht, dass sich das alles durch Renaturierung heilen ließe. Sie wissen alle: Was in tausenden von Jahren gewachsen ist, können wir nicht in zehn Jahren renaturieren.
Der Hinweis vonseiten des MU, es sei ja gelungen, einzelne Flächen aus dem Entwurf des LandesRaumordnungsprogramms herauszunehmen, sticht nicht. Die Erfolge sind gering. Zu viel wird weiterhin dem Torfabbau geopfert, auch gegen den Widerstand von Kommunen und Landkreisen. Nur ein Beispiel: Vor Ort gibt es die Auseinandersetzung um die Gebiete mit den Nummern 61.1 und 61.2 in der Wesermarsch. Der Kreistag Wesermarsch und die Stadt Oldenburg haben andere Vorstellungen von regionaler Entwicklung als die Ausweitung des Torfabbaus.
Seit 50 Jahren wurde dort kein Torf mehr abgebaut, und jetzt werden dort dem Torfabbau Gebiete gewidmet. Es ist schon bezeichnend, dass der Kreistag Wesermarsch die Bezirksregierung Weser-Ems zu einer Stellungnahme in die Sitzung lädt und die Bezirksregierung auf Tauchstation geht. Wollen oder können Sie dem Kreistag keine ernsthafte fachliche Auskunft geben? Oder ist der Druck aus Hannover zu groß?
Ich kann es Ihnen sagen: Die spezifische Art der Abwägung zugunsten des Rohstoffabbaus und zulasten des Naturschutzes lässt sich in der Praxis vor Ort angesichts der Flächen eben nicht mehr so einfach vertreten wie auf dem geduldigen Papier des Landes-Raumordnungsprogramms. Wenn Herr Inselmann als Devise der Landesregierung und der SPD-Fraktion das Motto ausgibt „Mehr Moor und
weniger Torf“, dann ist das Augenwischerei. Die realistische Bestandsaufnahme über den Schutz der Hochmoore zeigt etwas anderes.
Es ist ja ehrenwert, wenn die SPD-Fraktion für den Schutz der Niedermoore eintritt. Dafür sind wir selbstverständlich auch. Aber Sie können Niedermoorschutz und Hochmoorschutz nicht gegeneinander ausspielen.
Dass der Antrag der SPD-Fraktion keinem weh tut und folgenlos bleiben wird, können Sie daran erkennen, dass auch die CDU-Fraktion ihm zustimmen will. Ich würde mich in diesem Zusammenhang wirklich fragen, was an dem Antrag nicht stimmt, wenn trotz der bekannten Konflikte solche Einmütigkeit bei den beiden großen Fraktionen herrscht. Ich kann es Ihnen sagen: Der Antrag enthält neben den üblichen Elogen auf die Regierungsarbeit schöne folgenlose Absichtsbekundungen, und all die schönen Ersatzstoffvorschläge, die Sie bringen, sind unrealistisch oder Zukunftsmusik. Ich möchte Sie nur an die konkrete Diskussion im Ausschuss erinnern.
Meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion, ich will Ihnen ja nicht absprechen, dass auch Sie für den Hochmoorschutz eintreten, aber Sie geben sich eben mit sieben weiteren Puzzlestücken zufrieden und sind vom ganzen Bild noch weit entfernt. Für ein gutes Moorschutzgewissen ist das zu wenig. Vielleicht brauchen Sie in diesem Zusammenhang auch die Grünen, damit in dieser Hinsicht endlich Nägel mit Köpfen gemacht werden.
Wir sehen deswegen die Umsetzung unseres Antrags nach wie vor als erforderlich an und lehnen den SPD-Antrag trotz mancher richtiger Punkte wegen hochgradiger Zaghaftigkeit ab. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Niedersachsens Moore sind sagenumwoben und geheimnisvoll. Wer sie gesehen hat, der weiß, wovon ich spreche.
Wie das Hochgebirge oder das Wattenmeer sind sie zu Urzeiten entstanden. Die Menschen haben sie über Jahrhunderte genutzt, um zu überleben. Von den ehemals riesigen Mooren im Nordwesten unseres Landes sind uns nur wenige geblieben. Es ist also unsere Aufgabe, sie zu schützen.
Worüber reden wir? Über die Flächen, die unter das Moorschutzprogramm fallen? Oder über die Vorrangflächen für den Torfabbau im LandesRaumordnungsprogramm?
Fangen wir mit dem Moorschutzprogramm an, Frau Kollegin. Es ist im Wesentlichen in den 80erJahren entwickelt worden und hat zwei Ziele. Das erste Ziel ist: Die wertvollsten Moore in Niedersachsen sollen gesichert werden. Das sind 96 Hochmoorkomplexe mit einer Gesamtfläche von rund 50 000 ha. Mehr als 42 000 ha sind bereits unter Naturschutz gestellt. Für tausende weitere Hektar wird die Ausweisung als Naturschutzgebiet vorbereitet; das Gebiet „Esterweger Dose“ steht unmittelbar vor dem Abschluss. Ich sage dies nur, um deutlich zu machen, Frau Kollegin Steiner, dass Ihre Gesamteinschätzung, die Sie hier verbreitet haben, nicht der Realität entspricht. In allen diesen Naturschutzgebieten wurde nicht nur der Kern des Hochmoores geschützt, sondern auch die Randbereiche wurden einbezogen. Nicht vergessen sollten wir die 150 kleinen Hochmoore, die über § 28 a Naturschutzgesetz vor Veränderungen bewahrt bleiben.
Das zweite Ziel des Moorschutzprogramms ist: Abgetorfte Flächen sollen renaturiert werden. Mindestens 31 000 ha sollen nach dem Torfabbau renaturiert und als Naturschutzgebiete ausgewiesen werden. Auch hier machen wir gute Fortschritte. Mindestens 10 000 ha abgetorfte Fläche sind wieder vernässt und beginnen sich zu renaturieren. Dabei wird die Zusammenarbeit mit der Torfindustrie meistens durchaus positiv bewertet. Für viele Flächen, die sich im Augenblick noch in der industriellen Abtorfung befinden, ist die Renaturierung nach dem Abbauende bereits jetzt gesichert. Zusätzlich bemüht sich das Land derzeit um ein Forschungsprojekt. Wir wollen Wege finden, wie
sich die Torfmoose noch schneller ansiedeln lassen. Damit könnten abgetorfte Flächen noch besser renaturiert werden, und Torfmoose könnten als nachwachsender Rohstoff durchaus interessant werden.