Protocol of the Session on November 20, 2002

(Beifall bei der SPD - Zuruf von der CDU: Reine Polemik!)

weil man feststellen muss, dass es auf dieser Seite des Hauses kein Konzept gibt, außer dass man kritisiert, was die Landesregierung konkret vorschlägt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Heute ist Buß- und Bettag. Das ist ein Tag gewesen, der zur Besinnung und zur Einkehr angeregt hatte, bevor er wegen der Pflegeversicherung als Feiertag in Niedersachsen geopfert wurde. Mir scheint, dass insbesondere die große Oppositionsfraktion im Niedersächsischen Landtag diesen Tag nicht so genutzt hat, wie die Politik eigentlich Anlass hätte, ihn zu nutzen. Machen wir uns doch nichts vor: Es ist doch nicht so, dass nur die linke Seite des Hauses nach der Bundestagswahl unter dem Problem der Glaubwürdigkeit leidet, sondern es geht der anderen Seite genauso. Die entscheidende Frage ist doch: Welche Konsequenzen zieht die Politik aus diesen zum Teil berechtigten, zum Teil aber auch unberechtigten Vorwürfen?

Meine Damen und Herren, ich muss feststellen: Herr Ehlen, Sie haben hier vor der Bundestagswahl Anträge zur Landwirtschaft eingebracht, in denen Sie viel mehr gefordert haben, obwohl Sie ja wussten, dass das so schwierig ist mit den Finanzen.

(Beifall bei der SPD - Zuruf von der CDU)

Der Kollege Dinkla hat hier vor der Bundestagswahl auch Anträge eingebracht und hat bundespolitisch begründet, was man steuerpolitisch noch entlasten könnte. Das geschah auch im Wissen darum, wie es mit den Finanzen aussieht - zumindest wie Sie das heute sagen.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, Sie sollten doch nicht ausblenden, was inzwischen auch die überregionale Presse schreibt. Ich darf einmal aus dem Kommentar der Süddeutschen Zeitung zitieren:

„Denn Stoiber muss drei Kreuze schlagen, dass er die Wahl nicht gewonnen hat, denn er hätte seine sündteuren und unbezahlbaren Wahlversprechungen wieder einsammeln müssen. Das wäre gewiss ein schöner Wahlbetrug gewesen.“

(Beifall bei der SPD)

Deshalb kommt es doch darauf an, dass wir jetzt untersuchen, wie diese Seite und wie die andere Seite auf die entstandene Situation reagiert.

(Ehlen [CDU]: Es gilt das Verursa- cherprinzip!)

Das ist interessant, meine Damen und Herren. Wir sagen den Menschen: Wir werden alles das, was wir ausgeben, auf den Prüfstand stellen. Wir sagen den Menschen, dass wir die Verwaltung noch effizienter gestalten werden, als sie heute schon ist. Und wir sagen den Menschen, dass wir selber bereit sind, auch zu verzichten. Und was sagen Sie?

(Zuruf von Biestmann [CDU])

Sie kritisieren nur eine Finanzpolitik, die vom Institut der Deutschen Wirtschaft für die Jahre 1990 bis 2000 auf Platz 2 gesetzt wurde, und stellten Anträge, die das immer noch verschlimmbessert hätten, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Diese wirtschaftliche Lage trifft das Land Niedersachsen in einer Situation, in der seit 1994 erhebliche Eingriffe in vielen Bereichen vorgenommen werden mussten. Es gibt nicht einen Eingriff, meine Damen und Herren, den Sie vonseiten der CDU-Fraktion mitgetragen hätten. Sie haben immer noch obendrauf gesattelt.

(Beifall bei der SPD)

Dann schreibt die CDU in ihrem Papier „Bilanz 2002“ auf Seite 26, dass die Neuverschuldung in zwei Legislaturperioden auf Null zu senken ist.

So weit, so gut. Das kann ja ein Ziel sein. Aber dann wird es interessant, Herr McAllister. Dann kommt der Masterplan. Da gibt es ein Regierungsprogramm, und darin steht auf Seite 32, dass man dabei sei, in der nächsten Legislaturperiode Schulden abzubauen. Da weiß ich jetzt, wovon ich rede. Denn Sie, Herr Möllring, haben einmal gesagt: Schuldenabbau heißt ja, dass man keine Neuverschuldung macht, dass man keine neuen Kredite aufnimmt, sondern bestehende Kredite zurückzahlt. Wissen Sie noch, wie das entstanden ist? Haben Sie eigentlich Verantwortung für das, was dem Landesparteitag der CDU am Sonnabend vorgelegt worden ist, Herr Wulff? Wie gehen Sie eigentlich mit der Wahrheit um? - Sie haben doch vorgeschlagen, dass Wahlbetrug unter Strafe gestellt werden soll. Passen Sie auf, dass Sie nicht zuerst gefasst werden!

(Beifall bei der SPD - Plaue [SPD]: Einlochen, einfach einlochen! - Zuruf von der SPD: Abführen!)

Meine Damen und Herren, dann gibt es das Zukunftsteam der CDU mit Herrn Wulff. Eben hatte ich den Eindruck, einer von denen ist schon dabei, sich wieder abzumelden. Aber auf ihn möchte ich gern noch einmal zu sprechen kommen; er ist uns ja eher einschlägig dadurch bekannt, dass er die meisten Ordnungsrufe in diesem Haus bekommen hat, dass er seine Diskettenaffäre hatte und dass er in Hildesheim mit „Pecunia non olet“ große Probleme hat. Vielleicht hemmt ihn das auch immer noch.

(Frau Hansen [CDU]: Pfui!)

Herr Möllring, wie geht das eigentlich zusammen, dass Sie, nachdem der Finanzminister erklärt hat, wie er die entstandene Lage in Niedersachsen meistern will, laut dpa bei Ihrer Vorstellung Folgendes erklären:

(Rolfes [CDU]: Unfähigkeit lässt grü- ßen!)

„Der CDU-Finanzexperte Hartmut Möllring kündigte erst in der vergangenen Woche eine Erhöhung der Neuverschuldung für den Fall eines Regierungswechsels nach dem 2. Februar an.“

(Plaue [SPD]: Hört, hört!)

Was soll man Ihnen eigentlich noch glauben? Wie passt das zusammen, dass Sie sich moralisch entrüsten?

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, dann kommen die Bonbons. Wie verkündet man die am besten, damit das auch aufgenommen wird? - Dann redet man von einem „Turnaround“.

(Oh! bei der SPD)

Jeder kann wohl so viel Englisch und kann übersetzen, was das heißt.

(Frau Harms [GRÜNE]: Salto morta- le!)

Was wollen Sie denn umdrehen? - Ich habe es nicht verstanden. Jedenfalls wir auf dieser Seite haben im Personalbereich im Land schon

750 Millionen Euro eingespart. Diese Einsparungen haben Sie alle abgelehnt. Jetzt wollen Sie den „Turnaround“, um hier zusätzlich über 1 Milliarde Euro zu mobilisieren. Wie soll das gehen?

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, das ist noch nicht alles. Dann schreiben Sie auf, dass die Landesregierung zu wenig in Sachen Lehrerversorgung tun würde. Dann stellen Sie sich hier hin und sagen, das sei alles ganz schlimm, und Herr Klare erklärt: Wir werden - das kann man ganz einfach machen, das sind nur null Komma wie viel Prozent vom Haushalt - 2 500 zusätzliche Lehrerinnen und Lehrer einstellen.

Meine Damen und Herren, Sie wissen es doch ganz genau so wie ich, der ich hier nun schon ein bisschen sitze. Wodurch ist es dem Land gelungen, die Unterrichtsversorgung auf dem Niveau zu halten, das heute vorhanden ist? - Das sind erstens die zusätzlichen 3 200 Stellen, die wir eingerichtet haben. Da wollen Sie noch 2 500 draufsatteln.

(Möllring [CDU]: Das ist doch erfor- derlich!)

Das sind zweitens - das blenden Sie immer aus - all die Maßnahmen, die wir mühevoll mit den Lehrerverbänden diskutiert und dann umgesetzt haben, angefangen von Verfügungsstunden bis zum Lebensarbeitszeitkonto. Auch all das haben Sie hier abgelehnt. Sie haben überhaupt keine Berechtigung, den Wählerinnen und Wählern glaubwürdig gegenüberzustehen.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, dann wissen wir, dass natürlich in einem Wahlkampf auch immer die innere Sicherheit eine Rolle spielt. Herr Möllring sagt im Wahlprogrammentwurf, er wolle dafür sorgen, dass entschuldet werde, und in seiner Pressekonferenz anlässlich der Berufung in das Zukunftsteam sagt er, er würde die Nettoneuverschuldung zurückführen. Im gleichen Wahlprogramm sagt die Union, sie würde mal eben 1 000 zusätzliche Polizisten einstellen. Meine Damen und Herren, das würde immerhin 36,4 Millionen Euro kosten. Wo sind denn Ihre Deckungsvorschläge dafür?

(Beifall bei der SPD)

Auch da kann ich nur sagen: Wer sich so in der Öffentlichkeit präsentiert, der wird keine Chance

beim Wähler haben, der in der Tat sehr hellhörig und nachdenklich geworden ist und der uns den Spiegel vorhält. Wenn Sie in den Spiegel schauen und immer mit dem Finger auf uns zeigen, dann vergessen Sie, dass von einer Hand mindestens drei Finger auf Sie weisen und nicht auf uns!

(Beifall bei der SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Landesparteitag der SPD hat am vergangenen Wochenende ein Wahlprogramm beschlossen. Wir haben an den Anfang dieses Programms einen Finanzierungsteil gestellt. Damit bin ich als Finanzpolitiker sehr zufrieden. Im Gegensatz zu Ihnen sagen wir den Menschen im Land, welche Probleme wir aufgrund der wegbrechenden Steuereinnahmen haben. Wir sagen den Menschen, dass wir nicht umhinkommen werden, alles auf den Prüfstand zu stellen. Was machen Sie? - Sie versprechen weiterhin das Blaue vom Himmel. Damit werden Sie nicht durchkommen!

(Beifall bei der SPD)

Ich will noch bei dem Blauen bleiben, Herr Wulff. Sie waren ja in Hanstedt und hatten einen großen Auftritt - wahrscheinlich auch eine Grundlage des entstandenen Masterplans. Sie haben zugesagt, den Sanierungsstau bei den Krankenhäusern zu beseitigen - Kosten: 1 Milliarde Euro. Sie haben zugesagt, den angeblichen Sanierungsstau bei Landesstraßen zu beseitigen – Kosten: 45 Millionen Euro. Sie haben gesagt, Sie seien dafür, den Investitionsstopp bei Radwegen aufzuheben - 10 Millionen Euro. Und Sie haben den Kommunen immer wieder 250 Millionen Euro zusätzlich im kommunalen Finanzausgleich zugesagt. Einhalten können Sie davon nichts, und ich garantiere Ihnen, der Kommentar nach der Landtagswahl wird genauso lauten wie der heute in der Süddeutschen Zeitung: Herr Wulff muss froh sein, dass er nicht gewonnen hat, weil er seine Versprechungen alle nicht hätte einhalten können.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, es darf nicht sein, dass die Politik gerade in diesen schweren Zeiten nur auf Kürzungen kommt. Vielmehr ist es wichtig, dass wir dieses Land trotz der finanziellen Enge zukunftsfähig machen. Ich finde, der Finanzminister hat dafür einen Weg gezeigt.