Protocol of the Session on October 25, 2002

Herr Kollege Golibrzuch!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Domröse, da herrschen wahrlich paradiesische Zustände an den niedersächsischen Hochschulen.

(Zustimmung bei der SPD)

Merkwürdig, dass das nur so wenige bemerken.

Ich möchte nun ein paar ernsthafte Sätze dazu beitragen. Damit die Begeisterung auf Ihrer Seite nicht nachlassen muss, möchte ich sagen: Nichts ist so gut, dass es nicht noch besser werden könnte.

(Dr. Domröse [SPD]: In Ordnung!)

Selbstverständlich ist es richtig, dass wir in bestimmten Fachbereichen in Niedersachsen überlange Studienzeiten haben. Das kann niemand ernsthaft bestreiten. Wir müssen also darüber reden – das haben wir während der NHG-Novellierung auch getan -, dass die Studienberatung in Niedersachsen weiter verbessert werden muss. Das kostet im Zweifel Geld, übrigens auch bei den Studentenwerken, weshalb man in diesem Bereich nicht kürzen darf, was Sie aber getan haben.

Das heißt aber auch, dass wir insbesondere zur Förderung der ausländischen Studierenden den Wohnraumbau für diese spezielle Klientel fördern müssen, wie dies einer unserer Anträge vorsieht, den Sie bislang in den Ausschüssen haben schmoren lassen. Es macht keinen Sinn, Studenten aus der ganzen Welt aufzufordern, nach Deutschland zu kommen und an hiesigen Hochschulen und Fachhochschulen zu studieren, sie dann aber zwei Semester bei der Wohnungssuche verplempern zu lassen. Auch Sie wissen, dass es in Hannover einen akuten Engpass gibt. Sie kennen die unverschämten Mieten, die insbesondere ausländischen Studierenden abverlangt werden. Hier ist es dringend notwendig, weiter daran zu arbeiten, die Studienzeiten dadurch zu verkürzen, dass man die entsprechende Infrastruktur schafft.

Dazu gehört selbstverständlich auch die Studienfinanzierung. Das ist eine alte Auseinandersetzung zwischen uns. Sie kennen doch ebenso wie wir die Sozialerhebungen der Studentenwerke, die besagen, dass eine Langzeitstudiengebühr, wie Sie sie mit dem NHG beschlossen haben, eher kontraproduktiv ist, weil Studierende, die darauf angewiesen sind, durch Jobs ihren Lebensunterhalt und damit auch das Studium zu finanzieren, im Durchschnitt selbstverständlich eine längere Studiendauer aufweisen. Vor diesem Hintergrund ist es zwar richtig, was in Berlin mit der BAföG-Reform angestoßen worden ist, aber es ist falsch, was in Niedersachsen mit der Langzeitstudiengebühr umgesetzt worden ist.

Wir finden es richtig – das betrifft einen Punkt aus dem Antrag der CDU-Fraktion -, die leistungsbezogene Mittelvergabe in Niedersachsen künftig nicht nur zwischen Fachhochschulen, sondern auch zwischen Universitäten und – das füge ich hinzu – auch zwischen Universitäten und Fachhochschulen stattfinden zu lassen.

Wenn Sie lobend hervorheben, dass es in der Vergangenheit eine Umlenkung von Mitteln und Stel

len aus den Universitäten in die Fachhochschulen gegeben hat, dann ist das die logische Fortsetzung der Politik, die berücksichtigt, dass wir eine Überlast an den Fachhochschulen und eine Unterauslastung an den niedersächsischen Universitäten haben. Lassen Sie uns deshalb eine nachfragebezogene und leistungsbezogene Mittelverteilung in das Gesetz einführen, damit wir mit der Überlast an den Fachhochschulen fertig werden, statt nicht genutzte Kapazitäten an den Universitäten damit zu finanzieren. Wir haben ein Kompromissangebot gemacht, den Bereich der Forschung, der für die Universitäten besonders wichtig ist, zunächst auszuklammern und uns ausschließlich auf die lehrbezogenen Mittel zu konzentrieren.

Als letzten Punkt möchte ich noch die Stiftungshochschulen ansprechen. Auch hier besteht kein allzu großer Streit zwischen uns. Das war nicht der Grund, aus dem wir das Gesetz abgelehnt haben. Wir haben sogar vorgeschlagen, noch sehr viel weiter zu gehen. Wir haben gesagt: Wir wollen Konkurrenz. Wir wollen aber auch eine Konkurrenz von Rechtsformen. Das heißt, wir wollen keine Festlegung ausschließlich auf das öffentlichrechtliche Stiftungsmodell in Niedersachsen. Wir wollen das, was mit diesem Organisationsmodell an Freiheiten einhergeht auch für alle anderen niedersächsischen Hochschulen.

In der Tat ist es nicht logisch, dass künftig die Universität Lüneburg selbständig über ihre Liegenschaften entscheiden kann, die Fachhochschule Lüneburg aber nicht. Es ist nicht logisch, dass die Fachhochschule Osnabrück künftig Dienstherreneigenschaft besitzen wird, die Universität Osnabrück aber nicht. Es ist nicht logisch, dass künftig die Medizinische Hochschule Hannover weitgehend selbständig in wirtschaftlichen Fragen entscheiden kann, die Universität Hannover aber nicht.

Das ist einer der Gründe, zu sagen: Die Freiheiten, die das Organisationsmodell, die das Rechtskonstrukt der Stiftungshochschule mit sich bringt, wollen wir auch in anderen Rechtsformen zulassen. Wir wollen das die Hochschulen selbst entscheiden lassen. Insbesondere wollen wir diese weitgehende Autonomie auch für alle anderen Hochschulen in Niedersachsen. Das war der Grund, aus dem wir das Gesetz abgelehnt haben.

Selbstverständlich ist Niedersachsen an dieser Stelle vorn, aus unserer Sicht aber noch nicht weit genug vorn.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der CDU)

Frau Kollegin Mundlos, Sie haben noch einmal das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wissen Sie, Herr Dr. Domröse, ich finde, Sie sollten sich nicht mit fremden Blumen schmücken. Die Drittmittel, die eingeworben werden, gehen doch auf die Leistungen zurück, die die Hochschulen selber erbringen.

(Dr. Domröse [SPD]: Das habe ich doch gesagt!)

Dass sie sich selber kümmern müssen, hat auch damit zu tun, dass sie wissen, dass sie von der Landesregierung wenig bzw. nichts zu erwarten haben.

(Dr. Domröse [SPD]: Wir stellen zu jedem Drittmittelantrag die Basisfi- nanzierung zur Verfügung!)

Ich habe Verständnis dafür, dass Ihnen das Ergebnis der CHE-Studie wehtut.

(Dr. Domröse [SPD]: Überhaupt nicht!)

Ausgerechnet diejenigen, mit denen dieses Ministerium immer wieder zusammenarbeiten möchte und von denen es sich Dinge bestätigen lässt, die gut ins Konzept passen, stellen Ihnen ein schlechtes Zeugnis aus. Ich kann verstehen, dass das wehtut.

Was gut ist, ist die Leistung der Professoren und der Studierenden. Deren Leistungsfähigkeit ist in der Tat von Infrastrukturen und Rahmenbedingungen abhängig.

Über das Hochschulgesetz werden wir mit Sicherheit noch öfter diskutieren. Mittlerweile gibt es ein Gutachten aus der Uni Hannover, das sehr viel Kritisches beinhaltet. Wir werden mit Sicherheit darauf zurückkommen.

(Wernstedt [SPD]: Passen Sie auf, das sind alles linke Professoren! – Heiter- keit bei der SPD)

Eines muss aber ganz klar gesagt werden: Geld allein erzeugt keine Qualität, aber von Ihren Reden und von Luft und Liebe allein können die Hochschulen auch nicht leben.

(Beifall bei der CDU - Adam [SPD]: Gehören Sie zum Kompetenzteam?)

Meine Damen und Herren, Wortmeldungen liegen mir nicht mehr vor. Wir kommen zur Ausschussüberweisung.

Der Ältestenrat empfiehlt, den Ausschuss für Wissenschaft und Kultur mit diesem Antrag federführend zu befassen und den Ausschuss für Haushalt und Finanzen mitberatend zu beteiligen. Andere Vorstellungen sehe ich nicht. – Das ist einstimmig so beschlossen.

Ich rufe nun auf

Tagesordnungspunkt 39: Erste Beratung: Verbesserter Schutz der Bevölkerung vor Sexualverbrechen und anderen schweren Straftaten - Antrag der Fraktion der CDU – Drs. 14/3775

Zur Einbringung hat der Kollege Wulff das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die CDU-Landtagsfraktion bringt heute abermals ein Thema in das Plenum des Landtages, das wohl zu den schwierigsten und bedrückendsten Themen überhaupt gehört. Sie wissen aus den Medien, dass auch in den vergangenen Monaten schreckliche Sexualverbrechen die Öffentlichkeit erschüttert haben. Insbesondere der Mord an der 16-jährigen Jennifer aus Neumünster vor wenigen Wochen oder auch die brutale Vergewaltigung eines 7-jährigen Mädchens in Bayern sind Taten gewesen, bei denen sich anschließend herausgestellt hat, dass sie von Männern begangen worden sind, die bereits wegen schwerer Gewaltund Sexualstraftaten einschlägig vorbestraft waren. Es stellt sich in diesen Fällen nicht nur in der Öffentlichkeit die Frage, ob wir auf Bundes- und Landesebene alles tun, um den Schutz unserer Kinder vor Gewaltverbrechen und den Schutz der

Öffentlichkeit, der Bevölkerung vor sexuellem Missbrauch ausreichend zu gewährleisten.

Wir haben - das ist hier verschiedentlich diskutiert worden - die Belege dafür angeführt, dass in diesem Lande eben nicht der Opferschutz vor dem Täterschutz gilt, sondern nach wie vor in Teilen Täterschutz stattfindet, der zulasten der Opfer geht. Das ist inakzeptabel.

(Beifall bei der CDU)

Wir wollen das konsequente Wegsperren derer, die als gefährliche Sexualstraftäter auffällig sind, und das nachträgliche Sicherungsverwahren konsequent ermöglichen.

Die Fälle, die ich eben genannt habe, haben gezeigt, dass, weil der Schutz der Opfer Vorrang haben muss, gefährliche Sexualstraftäter eben nicht wieder auf freien Fuß gesetzt werden dürfen. Deshalb fordern wir erneut die Einführung einer weit gefassten nachträglichen Sicherungsverwahrung, die eine Sicherung auch in solchen Fällen ermöglicht, in denen nach dem Urteil im Strafvollzug der Hang zu schweren Straftaten und die Gefährlichkeit des Täters festgestellt werden. Wir halten es für eine Selbstverständlichkeit, dass dies auch für Ersttäter gilt, bei denen die Gefährlichkeit bereits bei der ersten schwer wiegenden Tat offenkundig geworden ist.

Wir lehnen es ab, dass die Landesregierung in Niedersachsen und die rot-grüne Bundesregierung nach wie vor für einen unzureichenden Schutz bei der Sicherungsverwahrung eintreten, weil nach Ihrem Modell, Herr Pfeiffer, die Sicherungsverwahrung nur dann verhängt werden darf, wenn sich bereits das Tatgericht bei der ersten Verurteilung eine nachträgliche Anordnung vorbehalten hat. Sie greifen damit genau die Täter nicht, die während der Strafverbüßung als tickende Zeitbomben im Strafvollzug sitzen und deren Gefährlichkeit während der Haft deutlich wird. Diese Täter können eben nicht erfasst werden, sondern werden auf freien Fuß gesetzt. Das ist eine skandalöse Rechtslücke, die gefährlichen Straftätern die Möglichkeit gibt, erneut straffällig zu werden.

Wir haben in den letzten Jahren zwei parlamentarische Initiativen zur nachträglichen Sicherungsverwahrung eingereicht, die jeweils von der SPDFraktion und der Landesregierung abgelehnt worden sind. Nunmehr haben Sie, Herr Justizminister, erfreulicherweise erst einmal Regelungen für Niedersachsen zum verbesserten Schutz angekündigt.

Aber wenn es Ihnen als SPD-Landtagsfraktion damit ernst gewesen wäre, dann hätten Sie unseren Anträgen zugestimmt. Es ist ein Versäumnis, dass Sie unsere Vorschläge weiterhin ablehnen und zur Verbesserung der Situation konkret nichts tun.

(Beifall bei der CDU)

Es genügt nicht, von Opferschutz zu reden, Herr Adam, sondern man muss ihn konkret verwirklichen wollen. Es ist unverständlich, dass die Grundfälle sexuellen Missbrauchs von Kindern bis heute nicht als Verbrechen, sondern als Vergehen gewertet werden, obwohl die Möglichkeiten der Verhinderung, der Prävention und der Repression verbessert würden, wenn sie als Verbrechen gälten. Wir müssen uns jedoch einig sein, dass der Missbrauch von Kindern, von Jugendlichen einen physischen, psychischen und sozialen Schaden bewirkt, der bei den meisten Kindern bis ins hohe Alter, ein Leben lang andauert. Der sexuelle Missbrauch von Kindern müsste auch deshalb als Verbrechen geahndet werden, damit bereits die Verabredung zu einer solchen Tat, bereits der Anstiftungsversuch zu einer solchen Tat bestraft werden kann. Ich finde es nicht in Ordnung, dass die rot-grüne Bundestagsmehrheit diese Gesetzesinitiativen der CDU/CSU abgelehnt hat und dass seitens Niedersachsen über den Bundesrat eben keine Initiativen in diese Richtung unterstützt worden sind.

Es muss nach unserer Überzeugung alles getan werden, damit jene Personen dingfest gemacht werden, die Kinderpornografie verbreiten. Es müssen die Strafverfolgung über das Mittel der Telefonüberwachung ermöglicht und deshalb § 100 a der Strafprozessordnung erweitert werden.

Ich möchte einen weiteren Punkt ansprechen, der den Schutz von Kindern und Jugendlichen nachhaltig erhöhen würde. Es ist die Möglichkeit der DNA-Analyse für Zwecke der Identitätsfeststellung für künftige Strafverfahren, wenn man bereits die Entnahme von Spurenmaterial möglich macht, falls die Ausgangstat oder die Anlasstat eine schwere Straftat ist. Dies ist als zu hohe Hürde erkannt worden, und deswegen wollen wir aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse dafür sorgen, dass bereits Sexualstraftaten mit weniger Gewicht auch für die Heranziehung einer DNAAnalyse ausreichen. Wir wissen heute, das jeder Fünfte der 60 % der rechtskräftig verurteilten Exhibitionisten erneut Straftaten mit sexuellem Hintergrund verübt. Wenn wir wissen, dass das jeder

Fünfte ist, dann heißt die Abwägung zwischen Täter- und Opferschutz, dass man bei allen die Möglichkeit der DNA-Analyse durchsetzt und Sie Ihren Widerstand dagegen aussetzen, weil die Vergewaltigung, die sexuelle Nötigung und der sexuelle Missbrauch von Kindern und Jugendlichen ein höheres Schutzgut ist als das Recht der Täter auf informationelle Selbstbestimmung.

(Beifall bei der CDU)

Es ist dann eben auch eine Prognose möglich, ob es sich um einen potenziellen Schwerstkriminellen handelt. In solchen Fällen muss der Richter die Möglichkeit haben, die Entnahme von Spurenmaterial anzuordnen.