Protocol of the Session on October 23, 2002

Daneben enthält der Gesetzentwurf vor allem gesetzestechnische Anpassungen an das Niedersächsische Hochschulgesetz in der Fassung vom 24. Juni 2002.

Intensiv diskutiert worden ist in den Ausschüssen, ob die Regelung des § 6 a mit dem Hochschulrahmengesetz vereinbar ist. Nach dem Gesetzentwurf ist es den Berufsakademien erlaubt, die Abschlussbezeichnung „Bachelor“ ohne Hinweis auf die ausstellende Stelle zu verleihen. Der GBD hatte dies als nicht mit den rahmenrechtlichen Bestimmungen des HRG vereinbar angesehen, da es das HRG abschließend nur den staatlichen und den nach § 70 HRG staatlich anerkannten Hochschulen gestatte, Hochschulgrade wie den „Bachelor“ zu verleihen. Entgegen der in den Ausschussberatungen geäußerten Auffassung des MWK könne der Ausbildungsgang „Bachelor“ auch nicht als nach § 70 HRG staatlich anerkannter Teilbereich einer privaten Einrichtung angesehen werden, da die staatliche Anerkennung von einzelnen Studiengängen eine nicht zulässige Weiterung des Rahmenrechts darstelle.

Sowohl die Ausschussmitglieder der SPD-Fraktion als auch die Ausschussmitglieder der CDUFraktion machten deutlich, dass die Verleihung des „Bachelor“ durch die Berufsakademien der richtige Weg sei, um die Attraktivität der Berufsakademien zu erhöhen. Sie sprachen sich entgegen der vorgetragenen Bedenken für die Neuregelung aus. Insbesondere entscheidend war hierbei auch der Umstand, dass andere Bundesländer bereits entsprechende Regelungen getroffen haben.

Der Vertreter der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im federführenden Ausschuss war aufgrund der rechtlichen Bedenken des GBD nicht bereit, der Beschlussempfehlung zuzustimmen.

Lassen Sie mich der Vollständigkeit halber noch kurz auf eine inhaltliche Änderung des neuen § 6 a eingehen. Dort wurde in Absatz 2 Nr. 2 ergänzend aufgenommen, dass die Lehrkräfte an den Berufsakademien nunmehr neben dem geforderten Hochschulabschluss auch eine mindestens fünfjährige einschlägige Berufserfahrung besitzen müssen. Ohne diesen Zusatz würden die Anforderungen in Bachelor-Ausbildungsgängen in Ausnahmefällen unter den Anforderungen für andere Ausbildungs

gänge an Berufsakademien liegen, was gerade nicht beabsichtigt ist.

§ 6 a Abs. 2 Nr. 3 wurde inhaltlich präzisiert, um deutlich zu machen, dass 60 % der Lehrenden die Qualifikation für das Professorenamt an einer Fachhochschule besitzen müssen. Von diesen 60 % sollen nach Buchstabe a mindestens ein Drittel, d. h. 20 % der Lehrenden insgesamt, hauptberuflich bei der Berufsakademie beschäftigt sein und nach Buchstabe b die als Differenz zu 60 % jeweils verbleibenden Personen, d. h. „die übrigen Personen“, hauptberuflich an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule lehren.

§ 6 a Abs. 2 Satz 2 wurde gestrichen, da sich das nach der Prüfungsordnung notwendige Lehrangebot mit der fachlich erforderlichen Mindestausstattung deckt und die Regelung daher überflüssig ist.

Die Ergänzung in § 6 a Abs. 4 und die Streichung von § 6 a Abs. 5 stehen in unmittelbarem Zusammenhang. Absatz 4 erklärt nunmehr auch § 7 Abs. 2 NHG für entsprechend anwendbar und macht dadurch deutlich, dass die Regelungen über das Leistungspunktsystem an staatlichen Hochschulen auch für Bachelor-Ausbildungsgänge an Berufsakademien gelten. Eine eigene Regelung im Berufsakademiegesetz, wie sie in Absatz 5 vorgesehen war, wird durch diese Bezugnahme entbehrlich.

Die Änderungen in Artikel 2 (Übergangsvor- schriften) dienen der inhaltlichen Klarstellung.

Frau Präsidentin, ich halte Sie damit einverstanden, dass ich gleich für die SPD-Fraktion reden darf. Ich will das, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, so kurz wie irgend möglich tun, weil wir heute doch eine dramatische Verspätung haben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, mit der heutigen Änderung des Niedersächsischen Berufsakademiegesetzes geben wir diesen Einrichtungen eine neue Chance, sich in der Zukunft weiter zu entwickeln, und stabilisieren sie damit auch im Bildungsmarkt im tertiären Bereich.

Was ist neu? - Neu ist, dass die Berufsakademien zusätzliche oder neue Studiengänge anbieten können, die dann auch einen Bachelor-Abschluss für die Studierenden bereithalten können. Um endlich

den alten Streit, den wir über Jahre miteinander geführt haben, ob wir denn den bestehenden Abschlüssen das Diplom geben oder nicht, zu beenden, ist nun klargestellt, wie die Qualitätskriterien zu setzen sind, damit ein solcher Abschluss erreicht werden kann, nämlich - das ist die Folge unseres neuen Hochschulgesetzes - genau so, wie wir das bei den Hochschulen auch machen.

Wir genehmigen nicht mehr Studiengänge durch die Ministerialbürokratie, sondern Studiengänge müssen von einer unabhängigen wissenschaftsnahen Einrichtung akkreditiert werden. Wenn diese Akkreditierung feststeht, wenn also ein BachelorStudiengang an einer Berufsakademie einem solchen an einer Fachhochschule gleichwertig ist, dann kann dort selbstverständlich auch dieses Baccalaureat verliehen werden.

Das, meine Damen und Herren, war der Kern des Streites. Wir konnten das Diplom für die bestehenden dualen Studiengänge nicht vergeben, weil wir natürlich die Qualität an den Ausbildungsstätten sichern und den Studierenden garantieren müssen, dass sie mit ihrem Abschluss auch etwas anfangen können.

Ich will noch einmal sagen: Es geht um neue Studiengänge und neue Abschlüsse. Natürlich können auch bestehende umgewandelt werden. Deswegen will ich nur noch eines zu den Übergangsbestimmungen sagen. Für diejenigen, die bereits eine solche duale Ausbildung an einer Berufsakademie gemacht haben, gilt, dass sie entweder dort einen Aufbaustudiengang absolvieren können - wenn ihn die Berufsakademie denn einrichtet -, der spezifisch darauf ausgelegt ist, sozusagen nachzuarbeiten, was noch für den Bachelor fehlt. In sicherlich seltenen Fällen wird es auch möglich sein, dass ein Studiengang auch im Nachhinein noch als Bachelor-würdig akkreditiert werden kann.

(Vizepräsidentin Goede übernimmt den Vorsitz)

Dann können diese Absolventinnen und Absolventen auch im Nachhinein noch das Baccalaureat verliehen bekommen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, kürzer konnte ich es nicht machen. Ich bitte Sie um Zustimmung.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön, Herr Kollege Domröse. - Als Nächste hat sich Frau Kollegin Mundlos gemeldet. Bitte schön, Frau Mundlos!

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch ich will mich um Kürze bemühen, möchte aber ausdrücklich darauf hinweisen, dass es sich bei den Berufsakademien um einen sehr interessanten, aussichtsreichen Ausbildungsweg gerade für Abiturienten handelt, die nicht an einer Hochschule studieren wollen, vor allen Dingen weil es hier um einen besonderen Praxisbezug geht. Es ist eine Kombination von Theorie und Praxis. Man arbeitet und lernt an zwei Lernorten, im Betrieb und in der Akademie, und erhält so auch die Möglichkeit, Zusatzqualifikationen zu erwerben wie Kooperationsfähigkeit, aber auch eine besondere Belastbarkeit.

Das Studium ist gestrafft und führt auch dazu, dass die meisten, weit bevor sie die Berufsakademie verlassen, einen Anschluss in einem Betrieb haben und wissen, dass sie berufstätig sein können und werden. So wundert es uns nicht, wenn Ehemalige ein Loblied auf die Berufsakademien singen.

Diese Berufsakademien haben jahrelang um eine besondere staatliche, um eine verbesserte staatliche Anerkennung gerungen. Ich sage ausdrücklich „staatliche Anerkennung“ und nicht „Würdigung“. Denn die geleistete Arbeit wurde stets parteiübergreifend gewürdigt. Was fehlte, war eine hinreichend dokumentierte Anerkennung, sodass sich mit einem derartigen Abschluss berufliche Wege in ganz Deutschland öffnen konnten.

Weil wir so lange darauf warten mussten, sind einige Berufsakademien eigene Wege gegangen. So haben sie sich z. B. mit Fachhochschulen zusammengetan. Aber das hat dazu geführt, dass die Ausbildung um ein Jahr verlängert wurde, weil man dann noch den Fachhochschulabschluss, einen etablierten Grad, dazu erwerben wollte.

Fakt ist jedenfalls, dass wir, auch wenn es hier und da Bedenken geben mag, diesem Gesetz zustimmen werden, weil auch wir der Meinung sind, dass bei allen Bedenken hier doch wirklich eine Chance für die Berufsakademien eröffnet wird, sich im nationalen Wettbewerb weiter behaupten zu können.

Gern kann man fordern, dass nach fünf Jahren eine Evaluierung zu erfolgen hat, um dann zu sehen, wie weit sich das bewährt hat und ob sich die Hoffnungen, die damit verbunden waren, verwirklicht haben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin froh, dass solch eine Änderung von einem breiten Konsens getragen wird. Ich kann deshalb mit dem Satz schließen: Mögen die Berufsakademien diese Chance erfolgreich nutzen! Viel Glück!

(Beifall bei der CDU)

Danke schön. - Der nächste Redner ist Herr Kollege Golibrzuch.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Mundlos hat bereits die Bedenken, die es ja auch im Ausschuss gab, übrigens ganz massiv beim Gesetzgebungs- und Beratungsdienst, angesprochen. Für die Meinungsbildung in unserer Fraktion sind diese Bedenken maßgeblich. Ich will sie kurz in drei Punkten vorstellen.

Punkt 1 ist die Qualität der Einrichtung. Die Qualität des Lehrangebots in niedersächsischen Berufsakademien lässt es heute schlicht unmöglich erscheinen, gegenwärtige Bildungsangebote in einer Weise evaluieren oder akkreditieren zu lassen, dass ein Bachelor-Abschluss möglich ist. Das ist eingestandenermaßen so. Deswegen muss hier etwas völlig Neues entwickelt werden. Wir haben allerdings die Erwartung, dass die größte Zahl von Berufsakademien dazu aufgrund des Lehrpersonals nicht in der Lage ist. Es sind in den meisten Fällen bessere Berufsfachschulen, an denen mit Nebentätigkeitsgenehmigungen nur Berufsschullehrer, im Einzelfall Professoren und meistens freie Kräfte und Honorarbeauftragte tätig sind. Das ist nicht die Qualität für einen Bildungsabschluss, den wir uns in Niedersachsen vorstellen.

Ich glaube auch, dass es in den meisten dieser Einrichtungen eine falsche Erwartung an die Wirksamkeit dieses Gesetzes gibt. Herr Domröse hat es angesprochen: Eine Nachgraduierung ist wirklich nur im Einzelfall möglich, und zwar nach den gleichen Bedingungen, die auch heute gelten, nämlich durch ein zweisemestriges Aufbaustudium an einer Fachhochschule. In Hameln hat man das ganz anders interpretiert. Dort hat man, jedenfalls

ausweislich der Presseveröffentlichung, die Erwartung, es könne eine flächendeckende Nachgraduierung unter ehemaligen Absolventen erfolgen.

Punkt 2 ist die Anerkennung des Abschlusses in anderen Bundesländern. Es ist leider so, dass ein Absolvent eines solchen Bachelor-Studiums, wenn es denn irgendwo in Niedersachsen akkreditiert werden sollte, nicht sicher sein kann, dass dieser Bachelor-Abschluss auch anerkannt wird, wenn er sich an einer anderen Hochschule in einem anderen Bundesland bewirbt. Dafür gibt es keine Gewähr. Insofern haben wir auch wenig Zutrauen in die Reichweite dieses Gesetzentwurfes.

Punkt 3 - damit will ich abschließen - sind die sehr grundsätzlichen Einwände des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes, dass durch diese Verankerung von Hochschulgraden für eine private Einrichtung, nämlich für diese Akademien, letztlich die Verleihung von Hochschulgraden an Einrichtungen delegiert wird, die sich aber nicht im gleichen Umfang wie staatliche Hochschulen unter dem Gesichtspunkt der Wissenschaftsfreiheit und der daraus folgenden organisationsrechtlichen Mäntel bewegen.

In der Summe sind das für uns sehr gewichtige Einwände. Im Übrigen hat der GBD nur noch den Straf- und Sanktionskatalog für Ordnungswidrigkeiten vorgelesen, damit auch den Volksvertreterinnen und -vertretern deutlich vor Augen geführt wird, was sie hier beschließen. Es gibt ja in mehreren Punkten auch Verstöße gegen das Hochschulrahmengesetz, und wir sagen: Es ist nicht überzeugend, dass Baden-Württemberg das genauso macht. Es bleibt in der Summe falsch. Es bleibt in der Summe rechtswidrig. Deswegen werden wir diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, Herr Kollege Domröse hat noch einmal um das Wort gebeten.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich muss das leider tun, weil Herr Golibrzuch hier im Raum hat stehen lassen, das Parlament würde hier heute etwas Gesetzwidriges oder Rahmengesetzwidriges verabschieden und damit möglicherweise den Studierenden einen Bärendienst erweisen. Er hat dargestellt, dass sie mit ihren Abschlüssen in

anderen Bundesländern nichts anfangen können. Diese beiden Punkte hängen natürlich irgendwo ursächlich zusammen. Ich will das in der gebotenen Kürze auf den Punkt bringen.

Es mag sein, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass wir mit diesem Berufsakademiegesetz, wie wir es heute verabschieden werden, das Hochschulrahmengesetz des Bundes fortschrittlich auslegen. Es mag sogar sein, dass wir an der einen oder anderen Stelle bei genauer Interpretation der Buchstaben dieses Hochschulrahmengesetzes dagegen verstoßen. Wir verstoßen aber nicht gegen den Geist des Hochschulrahmengesetzes.

Meine Damen und Herren, wir waren uns noch nie zu schade, in Niedersachsen so fortschrittlich wie möglich auch über Hochschulpolitik zu denken und zu entscheiden. Wenn wir hier wieder einmal Vorreiter in Deutschland sind, wie schon so häufig, dann wollen wir das auch gern sein. Wir sind jedenfalls davon überzeugt, dass die Berufsakademien einen ausgezeichneten Abschluss anbieten. Diejenigen, die diesen Abschluss dort erwerben, haben zwar keinen Rechtsanspruch darauf, dass der Abschluss in anderen Bundesländern anerkannt wird - das haben sie heute auch nicht -, aber es wird sich sehr schnell durchsetzen, weil sich Qualität einfach durchsetzt.

(Beifall bei der SPD)

Frau Kollegin Mundlos, Sie haben auch noch einmal um das Wort gebeten. Bitte schön!

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Es ist für mich etwas ungewöhnlich, in der Sache Seite an Seite mit Dr. Domröse zu stehen,

(Groth [SPD]: Das tut Ihnen aber gut! - Weiterer Zuruf von der SPD: Das ist doch ein Gewinn!)

aber das kann ja auch einmal vorkommen. Herr Golibrzuch, ich glaube in der Tat, dass es Qualitätsunterschiede zwischen den Berufsakademien gibt. Das muss man sicherlich realisieren, und das war in der Vergangenheit ein gewisses Problem. Der Weg, der jetzt beschritten wird, ist aber auch schon in anderen Bundesländern erfolgreich beschritten worden. Es hat auch einen neuen Elan im Wettbewerb untereinander gegeben. Für mich war

das beeindruckend. Sie werden es sicherlich auch nachgelesen haben und werden es wissen.

Die Anhörung hat ja ergeben, dass die Betroffenen um diese Schwierigkeiten durchaus selber wissen, aber dieses Gesetz insgesamt auch als einen gewissen Ansporn sehen, um zu Verbesserungen zu kommen und um Chancen zu nutzen, um im Wettbewerb national einfach besser werden und den Absolventen bessere Chancen eröffnen zu können. Ich glaube, das sollten wir zugestehen, und wir sollten später gucken, wie weit das erfolgreich war.