Die eigentlichen Fehler der Orientierungsstufe werden in der Förderstufe fortgesetzt, ohne Rücksicht auf pädagogische Erkenntnisse, die Sie doch gewonnen haben sollten.
Der Ministerpräsident hat auf dem Parteitag davon gesprochen, dass gymnasiale Zweige, also Kleinstangebote an Gymnasien, möglich sein würden. Diese kleinen gymnasialen Zweige finden nach dem Schulgesetz nicht statt. Es gibt sie gar nicht, meine Damen und Herren!
Gehen Sie also bitte nicht durch das Land, und sagen Sie nicht, dass künftig überall kleine gymnasiale Zweige angeboten werden könnten. Das steht so nicht im Schulgesetz, und das ist auch gut so, weil solche gymnasialen Zweige qualitativ nicht vernünftig ausgestattet werden könnten.
Meine Damen und Herren, ich werfe Ihnen vor, dass Sie Grundsätze, die wir gemeinsam im pädagogischen Bereich aufgestellt haben, die für uns alle gemeinsam gelten, über den Haufen werfen. Können Sie jemandem draußen im Lande erklären, dass ein Kind, das nur mit Einsen aus der Grundschule kommt, plötzlich in der Förderstufe einer Hauptschule angesiedelt werden soll? Können Sie jemandem erklären, dass sich ein Kind, das die Grundschule nur mit Vieren oder Fünfen verlässt, plötzlich an der Förderstufe eines Gymnasiums wiederfindet?
Bislang sind wir alle gemeinsam - Eltern, Politiker, Lehrer - immer davon ausgegangen, dass Begabung und Lernverhalten der Kinder sowie der Elternwille darüber entscheiden, auf welche Schulform die Kinder gehen. In Zukunft spielt das Losglück eine Rolle, meine Damen und Herren; wie auf dem Rummelplatz. Das hat mit Pädagogik nichts mehr zu tun.
(Beifall bei der CDU - Plaue [SPD]: Das ist der gleiche Stuss, der schon einmal erzählt worden ist!)
Ich bitte Sie herzlich, hier einmal zu erklären, was die Förderverbundkonferenz für eine Aufgabe hat. Darin sitzen 30 bis 60 verschiedene Leute aus allen Schulen und entscheiden über das Wohl und Wehe der Förderstufe. Nicht die aufnehmende, nicht die angebundene Schule entscheidet, sondern 30 bis 60 Leute entscheiden über das Wohl und Wehe.
Wir brauchen weniger Verwaltung an den Schulen, nicht aber einen solchen Moloch, der dazwischengeschaltet worden ist.
Meine Damen und Herren, dieses Schulgesetz löst nur wenige Probleme - diese sind bereits von Brigitte Litfin genannt worden -: Sprachunterricht, aber auch dies mit sehr großen Differenzierungen. Denn was dort laufen soll, ist nicht finanziert.
Dieses Gesetz schafft aber viele neue Probleme. Dieser Gesetzentwurf ist auch keine Antwort auf PISA, Frau Ministerin, wie Sie es gerade darzustellen versucht haben. Als Sie die Grundlagen für diesen Gesetzentwurf geschaffen haben, gab es PISA noch nicht; jedenfalls war es noch nicht bekannt. Also, meine Damen und Herren, schmücken Sie sich nicht mit fremden Federn.
Dieser Gesetzentwurf ist allein der Versuch, den parteiinternen Streit zwischen der SPD-Fraktion auf der einen Seite und dem Ministerpräsidenten auf der anderen Seite irgendwie zu kitten. Das ist die Wahrheit, meine Damen und Herren.
Herr Gabriel erklärt öffentlich: Ich schaffe die Orientierungsstufe ab. Diese Landtagsfraktion und die SPD in Niedersachsen erklären: Die Orientierungsstufe ist die sozialste Schulform. Was Sie zusammengeworfen haben, ist dieses Konstrukt, das künftig im Schulgesetz steht, meine Damen und Herren.
Das machen Sie zum Gesetz mit den weitreichenden Folgen für Kommunen, für Eltern, für Schüler, für alle an Schule Beteiligten.
Meine Damen und Herren, ich sage Ihnen bei dieser Diskussion - wir haben ja auch den Landesparteitag verfolgt -: Sie befinden sich in einer Glaubwürdigkeitskrise. Ich bitte sehr um Nachsicht: Dieser Mann, der Ministerpräsident, hat seine Position vertreten. Er trägt die Verantwortung für die schwerste schulpolitische Glaubwürdigkeitskrise in der niedersächsischen SPD.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe bis heute - das sage ich mit sehr großem Ernst nicht geglaubt, wie Ignoranz, wie persönliche Überschätzung und wie maßlose Medienorientierung eines Mannes eine ganze Partei dazu bringen können, langfristig entwickelte Grundüberzeugungen einfach so über den Haufen zu werfen.
ist doch einzig und allein der Wille, einen in der Schulpolitik außer Rand und Band geratenen Ministerpräsidenten nicht weiter zu beschädigen. Das ist das einzige, was Sie hier noch zusammenhält.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe die Schulpolitik - lassen Sie mich das mit großem Ernst sagen
von Kultusminister Richard Langeheine nachgelesen. Ich kann aus der Zeit heraus sagen, dass das nachvollziehbar war. Ich habe die Schulpolitik von Peter von Oertzen aktiv im Schuldienst erlebt. Ich kann Ihnen sagen: Die ging aus meiner Sicht in die falsche Richtung. Aber es war doch zumindest eine Leitlinie vorhanden.
Meine Damen und Herren, ich habe auch Herrn Minister Wernstedt mit seinen schulpolitischen Ansätzen kritisiert, und ich habe ihn auch bekämpft, wo ich konnte. Aber ich kann eines sagen: Ich habe bis heute großen Respekt vor dem Schulminister Rolf Wernstedt gehabt.
Das, was wir jetzt hier erleben müssen, gehört für mich zu den schwärzesten Stunden der niedersächsischen Schulpolitik.
Das ist für mich der historische Tiefpunkt einer Partei mit einer großen schulpolitischen Tradition. Meine Damen und Herren, Sie sind nicht mehr Ihrem Auftrag verpflichtet. Sie haben die Kinder aus den Augen verloren, meine Damen und Herren.
(Stürmischer, nicht enden wollender Beifall bei der CDU - Plaue [SPD] - gegen Schluss des Beifalls -: Aufste- hen, aufstehen!)
Herr Kollege Klare, ich habe Sie an einer Stelle Ihrer Rede nicht unterbrechen wollen. Aber ich bitte Sie noch einmal zu überlegen, ob der Vergleich des Verhaltens der SPD-Fraktion in der Anhörung gegenüber den verschiedenen Vertretern mit Erich Honecker und seinen Methoden angebracht ist.