- Vielleicht könnten Sie einmal ruhig sein, Herr Möllring. Das wäre angemessen, da Sie Experte für andere Themen sind.
Meine Damen und Herren, jeder müsste wissen, dass sich nach dem weitgehenden Ausbau der Infrastruktur in den neuen Bundesländern, der inzwischen mit einem Volumen von 2 Billionen DM aus öffentlichen Mitteln gefördert wurde, anschließend auch eine Anpassungsveränderung der alten Bundesländer in der Bauwirtschaft ergeben würde. Das ist ein wesentlicher Grund für unsere augenblickliche Situation gerade in der Bauwirtschaft.
Sie merken ganz genau, dass sich die wirtschaftlichen Fakten zum Positiven ändern. Sie möchten sie aber zum Wahlkampf noch richtig schwarz gemalt haben.
Dadurch tragen Sie dazu bei, dass die Menschen, die in Niedersachsen investieren würden, dieses Land durch Ihre ständige Miesmacherei in einem schlechten Licht sehen. Deshalb erscheint es so, als ob wir in der Politik und bei wirtschaftlichen Unternehmungen deutlich schlechter wären als andere Bundesländer.
- Keine Zwischenfragen. - Herr Kollege Dinkla, wir haben am letzten Montag über das Vergabegesetz und das Tariftreuegesetz beraten. Dabei hat doch Ihre Seite auf Zeit gespielt und war nicht beschlusswillig, obwohl wir seit Monaten darüber beraten. Dieses Gesetz wäre eine Hilfe für das Handwerk gewesen.
Sie sollten diese Themen nicht auf die Spitze treiben. Keine Partei in diesem Saal, egal ob in Regierung oder Opposition, hat innerhalb von 25 Jahren ein handfestes Konzept gegen die Arbeitslosigkeit vorgelegt. Deswegen finde ich es nicht fair, dass kurz vor den Wahlen eine solche Polemik gemacht wird.
Nun zu den Zahlen: Die weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen - das können wir nicht in fünf Minuten erörtern - haben sich verbessert. Zu Niedersachsen: Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten hat sich stabilisiert. Sie lag Ende März 2002 mit 2,41 Millionen um rund 5 000 oder 0,2 % über dem Vorjahresniveau. In Niedersachsen gab es im Mai weniger Arbeitslose als im April. Das verhält sich in der gesamten Bundesrepublik so. Es sind aber 347 700 Arbeitslose, und das sind zu viele. Aber es sind auch 8 800 oder 2,5 % weniger als im Vormonat. Der westdeutsche Durchschnitt liegt hier bei minus 1,6 %.
Das ist der Frühjahrsaufschwung. Die Arbeitslosenquote ist weiter auf 8,8 % im Mai zurückgegangen. Im Februar waren es noch 8,8 % - von 10 % über 9,6 % im März und 9,2 % im April. Also noch einmal 8,8 % im Mai.
Niedersachsen ist nicht das Schlusslicht, zu dem Sie es immer herabreden, sondern andere Länder schneiden hier wesentlich schlechter ab. Ich verzichte aus Zeitgründen auf die Aufzählung.
(Frau Pothmer [GRÜNE]: Nieder- sachsen ist mit 9,2 % das Schlusslicht unter den westdeutschen Ländern!)
Meine Damen und Herren, wenn Sie mir schon die Tageszeitung hochhalten, zeige ich Ihnen noch eine andere. Der Export im April ist in diesem Jahr um 5,7 % auf 56 Milliarden DM gestiegen. Im Vormonat gab es bereits eine Steigerung. Das heißt, wir sind in einer Aufschwung- und nicht in einer Abschwungphase.
Meine Damen und Herren, da mich die Glocke des Präsidenten ermahnt, richtig mit der Zeit umzugehen, möchte ich Ihnen zum Abschluss sagen, dass es in Niedersachsen nach der Statistik der IHK 219 000 Betriebe gibt. Davon liegt der weitaus größte Teil im kleinen und mittleren Bereich. Das heißt, es werden in Niedersachsen an jedem Tag von 219 000 Unternehmen und ihren Vorständen ökonomische Entscheidungen getroffen. Sie meinen, dass wir in unserer monatlichen Kolumne von der Arbeitslosigkeit ernsthaft alle Entscheidungen anführen können. Es gibt 219 000 Betriebe bei 347 000 Arbeitslosen.
Wenn aus dem Unternehmerbereich eine andere Intensität zu diesem Thema entwickelt würde, dann wäre es leichter, eine Reihe von Rahmenbedingungen glaubwürdig zu ändern.
Herr Kollege, auch wenn Sie in meinem Wahlkreis wohnen: Ich kann Ihnen nicht mehr Redezeit zubilligen. Sie haben sie schon erheblich überzogen.
Hier steht zwei Minuten. - Herr Präsident, meine Damen und Herren, es ist die Generalkritik an der Veranstaltung „Aktuelle Stunde“, dass lebenswichtige Themen schlagwortartig vorgetragen werden und man nur in fünf Minuten darauf antworten kann. Anschließend wundert man sich, dass uns ein Teil der Bürger nicht mehr versteht. Wer dieses Thema besetzen will, soll es anständig vortragen, damit wir argumentativ sein können und nicht durch Verkürzung die Kritik des Präsidenten auf uns ziehen. - Vielen Dank.
Nein, es waren sechs Minuten und 40 Sekunden. Ich war sehr großzügig. Ich habe die Geschäftsordnung nicht gemacht, Frau Kollegin Pothmer!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Dr. Schultze, in einem Punkt haben Sie Recht: Die Menschen in Niedersachsen verstehen nicht mehr, was in diesem Lande eigentlich los ist. Niedersachsen liegt im Vergleich zu den anderen westdeutschen Flächenländern bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit seit Jahren ganz hinten.
Trotzdem wird eine Jubelmeldung nach der anderen herausgegeben. Eine Jubelpressekonferenz jagt die andere.
Die Leute reiben sich die Augen und fragen sich: In welcher Wirklichkeit lebt diese Landesregierung eigentlich?
Das Highlight dieser Eulenspiegelei fand vor einer Woche anlässlich der 10. Sitzung des Lenkungsausschusses - oder soll ich besser sagen des „Ablenkungsausschusses“? - des Bündnisses für Arbeit statt. Dort sind wieder auf mehreren Seiten vermeintliche Erfolgsmeldungen verkündet worden.
Aber gerade zu diesem Zeitpunkt liegt Niedersachsen mit 9,2 % im Vergleich mit den anderen westdeutschen Flächenländern ganz hinten. Das Ausbildungsplatzangebot ist um 5,7 % zurückgegangen.
Die Zahl der langzeitarbeitslosen Jugendlichen sollte bis Ende dieses Jahres eigentlich halbiert werden. Das ist das Ziel, das sich die Landesregierung selbst gesetzt hatte. Herr Dr. Schultze, Sie müssen sich nun schon einmal entscheiden: Hat die Landesregierung Möglichkeiten, die Arbeitslosigkeit zu beeinflussen, ja oder nein? Wenn sie keine Möglichkeiten dazu hat, kann sie sich nicht solche Ziele setzen, und dann kann sie auch keine Erfolgsmeldungen verkünden! Beides geht nun wahrlich nicht!
Die Ministerin hat dies erkannt. Ich finde es wirklich lobenswert, dass Sie an einer bestimmten Stelle aufgehört haben, schlicht und ergreifend gesundzubeten. Es ist das Minimum dessen, was die Arbeitslosen von uns erwarten können, dass wir seriös mit den Zahlen umgehen.
Sie haben gesagt: Wir schaffen es nicht mehr bis zum Ende dieses Jahres, die Zahl der langzeitarbeitslosen Jugendlichen zu halbieren. Angesichts der Tatsache, dass wir Mitte des Jahres wieder dort stehen, wo wir angefangen haben, ist das, so glaube ich, eine realistische Einschätzung.
Der Ministerpräsident hat Sie natürlich sofort unter dem Motto zurückgepfiffen, dass nicht sein kann, was nicht sein darf. Die Tricksereien, die hier in Niedersachsen laufen, glaubt Ihnen niemand mehr. Dabei kommt nur heraus, dass die Menschen spüren, dass es Ihnen nicht mehr um das Schicksal der Menschen, um das Schicksal der Arbeitslosen geht, sondern dass es Ihnen - verdammt noch mal - nur noch um Ihr eigenes Schicksal, um das Schicksal dieser Landesregierung geht. Da ist diesem Ministerpräsidenten wahrlich jedes Mittel recht.
Auf der 1. Mai-Kundgebung in Braunschweig versucht der Ministerpräsident, sich als Arbeiterführer zu profilieren, indem er den Streik in der Metallindustrie als Notwehr bezeichnet.
Drei Wochen später kommt er mit der Forderung zur Lockerung des Kündigungsschutzes und versucht, sich den Arbeitgebern als Vorreiter zu empfehlen.
Weder das eine noch das andere ist wirklich ernst gemeint. Das muss man doch einmal zu Protokoll geben. An den markigen Worten vom 1. Mai wird sich der Ministerpräsident messen lassen, wenn ver.di die Forderung nach 6,5 % für den öffentlichen Dienst erhebt.