Protocol of the Session on June 12, 2002

So sei das Prinzip einer Aktenöffentlichkeit im deutschen Recht bislang weitgehend unbekannt. Was folgt daraus? - Sie wollen das nicht! Das heißt, sie möchten es gern so lassen. Wenn wir wirklich in diesem Bereich etwas tun wollen, dann hat der Kollege Stolze Recht, wenn er sagt: Wir müssen, ohne die beiden Pole gegeneinander auszuspielen, zu wirksameren Kontrollen kommen. Da können wir den konventionellen Landbau nicht ausnehmen. Nicht mehr verlangen wir in unseren Entschließungsantrag. Deshalb verstehe ich nicht, warum Sie hier so tun, als sei auf der einen Seite alles in Ordnung,

(Biestmann [CDU]: Das habe ich doch gar nicht gemacht!)

auf der anderen Seite aber nicht. Das kann nicht angehen, und das lehnen wir ab!

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, damit schließe ich die Beratung.

Wir stimmen zunächst über die Ausschussempfehlung zu Punkt 10 der Tagesordnung ab. Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zustimmen will,

den bitte ich um das Handzeichen. - Ich frage nach Gegenstimmen. - Stimmenthaltungen? - Ich stelle fest, dass das offensichtlich einstimmig so beschlossen ist.

Wenn Sie damit einverstanden sind, lasse ich über die Ausschussüberweisungen der Anträge zu den Tagesordnungspunkten 11 bis 13 gemeinsam abstimmen, weil dieselben Ausschüsse beteiligt werden sollen. Federführend beraten werden sollen die Anträge im Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Die Mitberatung soll im Unterausschuss für Verbraucherschutz, im Ausschuss für Sozial- und Gesundheitswesen und im Ausschuss für Umweltfragen erfolgen. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Das ist so erfolgt.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 14: Einzige (abschließende) Beratung: Bauland zu teuer - Eigenheimförderung zu niedrig! Bund und Land lassen Familien im Stich - Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 14/3193 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Städtebau und Wohnungswesen Drs. 14/3437

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen. Wir kommen damit gleich zur Aussprache. Das Wort hat Frau Kollegin Schwarz.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! „Familien sind die Garanten für den Fortbestand unserer Gesellschaft“, weil nämlich aus ihnen Kinder hervorgehen. „Familien wünschen sich ein eigenes Dach über dem Kopf mit genügend Garten für den Nachwuchs.“ Und: „Die Landesregierung unterstützt Familien mit drei oder mehr Kindern.“ Familien mit weniger Kindern also nicht. In Anbetracht des statistischen Mittels von 1,3 Kindern pro Familie unterstützt sie somit nicht unbedingt die große Mehrheit der Familien. Insofern könnte man fragen: Hält die Landesregierung Familien mit weniger als drei Kindern nicht für förderwürdig? Ist das ihr Zeichen für familienfreundliche Politik?

Meine Damen und Herren, angesichts der Entwicklung der Preise für kommunales Bauland für freistehende Ein- und Zweifamilienhäuser - in

Hannover kostet ein Haus im mittleren Preissegment z. B. 180 bis 250 Euro pro Quadratmeter können Familien leicht ins Hintertreffen geraten. Auch in Braunschweig oder in Osnabrück fehlen Grundstücke für den Einfamilienhausbau. Es macht wenig Sinn, über Einsparpotentiale bei den Baukosten in Höhe von 15 000 bis 25 000 Euro zu diskutieren, wenn sich allein die Baulandpreise in einem oder zwei Jahren zu einem solchen Betrag erhöhen. Vor allem in den Ballungsgebieten stecken in diesem Bereich erhebliche Kostensenkungsreserven. Bei der Baulandmobilisierung sind die Kommunen gefordert, sofern Flächenreserven überhaupt vorhanden sind.

Die lähmenden Nachrichten aus dem Jahr 2001, als es um die Stilllegung von Kasernen ging, muss man doch in einen Hoffnungsschimmer für die Kommunen umwandeln können. Deswegen haben wir in unserem Antrag gefordert - Stichwort Konversion -, es den Kommunen zu erleichtern, die ehemals militärisch genutzten Liegenschaften, die tatsächlich im Internet unter „Scharpings Verkaufsliste“ zu finden sind, zu erwerben. Der Bundesminister für Verteidigung steht leider in dem Zwang, bei der Veräußerung seiner Liegenschaften möglichst viel Geld zu erzielen. Damit befinden sich unsere Kommunen natürlich in einer schlechten Verhandlungsposition.

Natürlich hat Innenminister Heiner Bartling, der auch für den Städtebau zuständig ist, flugs ein Konversionsprogramm aufgelegt. In 2001 wurden 300 000 DM außerplanmäßig zur Verfügung gestellt. 700 000 DM sind es für 2002 und 12,8 Millionen Euro für 2003 - vorbehaltlich der Zustimmung des Landtages; denn auf den Nachtragshaushalt warten wir schließlich noch. Dieses Programm beschränkt sich allerdings auf Kommunen mit weniger als 20 000 Einwohnern. Dort müssen bereits andere Förderprogramme wie Städtebauförderung oder EU-Fördermittel entsprechend mit laufen. Da gucken viele Kommunen in die Röhre, meine Damen und Herren.

Die Landesregierung hat auch etwas anderes angekündigt. Sie wollte bei der Bundesregierung weitere Konversionsmittel einfordern. Die Landesregierung ist sicherlich tatkräftig nach Berlin gegangen. Aber heute steht sie mit leeren Händen da. Und: Als die CDU/CSU-Fraktion in der Beratung im Bundestag gefordert hat, dass die verbilligte Abgabe der aufgelassenen Liegenschaften an die betroffenen Kommunen oder an ansiedlungswillige Unternehmen sowie die vollständige Sanierung der

Altlasten von der Bundesregierung zu übernehmen seien, wurde das von der SPD und den Grünen abgelehnt.

Meine Damen und Herren, der Erwerb von Wohneigentum ist weiterhin vor allem für Durchschnittsverdiener erschwert: durch die deutliche Heraufsetzung der Grunderwerbsteuer, durch die Streichung des steuerlichen Vorkostenabzugs und durch die Senkung der Einkommensgrenzen für die Gewährung der Eigenheimzulage zu Beginn des Jahres 2000 unter Rot-Grün im Bundestag.

Dass Niedersachsen im Bundesrat die steuerpolitischen Rahmenbedingungen für den Wohnungsbau genauso wenig verbessern wollte - im September 2001 -, ist sehr betrüblich und zeigt mal wieder, dass der Eigenheimbauer in Niedersachsen im Grunde keine Rückendeckung bekommt.

(Beifall bei der CDU)

Dies macht auch die Verwunderung des Städtebauministers Bartling bei der Frage deutlich, ob die Eigenheimzulage gestrichen wird - nach dem Motto „Wo haben Sie das denn her?“, wie es in einem Interview in Wohnart veröffentlicht wurde.

Meine Damen und Herren, man braucht doch gar nicht blauäugig zu sein, um zu sehen, dass unter Rot-Grün im Bundestag die Eigenheimzulage zukünftig herabgesetzt werden wird. Das wurde auf einem Kongress in Berlin im Mai deutlich, auf dem gerade die Vertreter der Grünen - wie Bundesumweltminister Trittin - deutlich gemacht haben, dass sie eine weitere Zersiedelung der Landschaft durch den Eigenheimbau nicht mittragen werden. Vor diesem Hintergrund ist auch nachvollziehbar, dass die Grünen die zweite Forderung unseres Antrags - nämlich auf die Bundesregierung einzuwirken, von der geplanten Kürzung der Eigenheimzulage Abstand zu nehmen - abgelehnt haben.

Meine Damen und Herren, ich frage mich natürlich auch: Wie halten es die Bundesregierung und die SPD eigentlich mit der Riester‘schen Alterssicherung, nämlich dem Modell, nach dem auch selbstbewohnte Immobilien in den Förderkatalog der privaten Altersvorsorge aufgenommen werden? Wollen Sie das nicht mit unterstützen? - Offensichtlich nicht. Aber es ist ja klar, dass die Bauwirtschaft, die nämlich die Nutznießerin davon wäre, Ihnen nicht so sehr am Herzen liegt.

Meine Damen und Herren, bekanntlich ist der Bau von 10 000 Wohnungen im Ein- und Zweifamilienhausbau mit der Schaffung bzw. Sicherung von rund 40 000 Arbeitsplätzen verbunden. Das sind doppelt so viel wie beim Bau von 10 000 Mietwohnungen. Zusammen mit Schleswig-Holstein ist Niedersachsen Schlusslicht bei der baukonjunkturellen Entwicklung in den alten Bundesländern. Das hat der Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Bauindustrie in Niedersachsen noch einmal festgestellt. Dass man damit und auch angesichts des Förderdschungels hier in Niedersachsen, wo die LTS entsprechende Darlehen vergibt - übrigens überwiegend im Mietwohnungsbau -, nicht gerade zukunftsweisend ist, sollte jedem klar sein.

Der FAZ war heute zu entnehmen, dass die Stärkung der Verbraucherrechte beim Abschluss von Kreditverträgen, die der Bundestag am vergangenen Freitag beschlossen hat, vermutlich zulasten des Wohnungsbaus geht. In Zukunft können Kreditverträge noch innerhalb von zwei Wochen nach Abschluss widerrufen werden. Aber was noch viel bedeutender ist: Der Darlehensvertrag und der Immobilienverkauf können als verbundenes Geschäft angesehen werden mit der Folge, dass die Bauherren für die Güte der Bauvorarbeiten einstehen müssen. Damit wird die Rückzahlung so manchen Darlehens blockiert sein. Dass die Banken vor diesem Hintergrund nicht gerade sehr geldgebefreudig sein werden, dürfte jedem klar sein.

Meine Damen und Herren, Häuslebauer sollte man nicht aufs Abstellgleis stellen. Wohneigentum braucht wieder eine sichere Perspektive. Das ist unsere Zielrichtung; denn Wohneigentum ist ein wesentlicher Pfeiler einer stabilen und freiheitlichen Gesellschaft. Wohneigentumspolitik dient nicht dem Privatvergnügen, sie ist praktizierte Wirtschafts- und Sozialpolitik. Dabei leisten die Menschen gewaltige Sparanstrengungen. Diese wirken sich über die Bauausgaben als volkswirtschaftliche Multiplikatoren beflügelnd auf die Konjunktur aus. Das, meine Damen und Herren, brauchen wir in Niedersachsen - nicht nur für die Bauwirtschaft, sondern auch für die Kommunen und gerade für die Familien.

Mit der Ablehnung unseres Antrags wenden Sie sich gegen die eben von mir Genannten, deren Interessen Sie offensichtlich nicht wahrhaben und nicht wahrnehmen wollen.

(Beifall bei der CDU)

Herr Kollege Hagenah hat das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die CDU beackert durchaus das richtige Feld, tut dies aber mit untauglichen Instrumenten und unseriösen Finanzierungsforderungen.

(Zurufe von der CDU)

Wenn Sie jemals in die Verlegenheit kämen, wieder Regierungsverantwortung in diesem Land zu übernehmen, würde sich Ihr wundersames Füllhorn, mit dem Sie allen alles versprechen, schnell als politische Falschmünzerei herausstellen.

(Beifall bei der SPD)

Verbilligte Grundstücke, Landeszuschüsse praktisch für jedes Eigenheim, das hier gebaut wird: Wer soll das eigentlich bezahlen?

Die Krokodilstränen der CDU wegen der politischen Diskussion um die Gießkannenförderung Eigenheimzulage ärgern mich allerdings besonders.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie haben überhaupt nichts begriffen von der demografischen Entwicklung unserer Gesellschaft und von den Problemen, die letztendlich auch durch die Eigenheimförderung ausgelöst werden und die wir an anderer Stelle teuer bezahlen müssen, und zwar mit Steuergeld. Darüber sollten Sie einmal nachdenken. Es ist überfällig, über Höhe und Wirkung der Zersiedelungsprämie nachzudenken. Es sollte auch Ihnen zu denken geben, dass die Lehmann-Grube-Kommission eindeutig herausgefunden hat, dass die katastrophalen Leerstände in ostdeutschen Städten nur in geringem Umfang durch Westabwanderung verursacht worden sind - wie sonst immer behauptet wird -, sondern zum weitaus größten Teil durch den hoch subventionierten Eigenheimbau auf der grünen Wiese.

(Decker [CDU]: Schlimm diese Leu- te, die ein eigenes Haus bauen!)

- Moment! Sie sind doch aber diejenigen, die immer wieder beklagen, dass in Ostdeutschland Steuergelder auch wieder in den Abriss und in die Marktbereinigung fließen müssen. Wir müssen auf

beiden Seiten Steuergelder bezahlen, die wir nicht haben. Deshalb sollte verantwortliche Politik über die Instrumente nachdenken, die sie ständig mit Steuergeldern speist, wenn sie solche negativen Auswirkungen hervorrufen.

(Decker [CDU]: Die haben Sie doch mit dem übertriebenen Mietwoh- nungsbau erzeugt!)

Wir dürfen nicht darauf warten, bis die ostdeutschen Verhältnisse letztendlich auch in unseren Städten Raum greifen und wir hier genau so viele Leerstände haben, die wir dann mit Steuermitteln bereinigen müssen, während daneben die ganze Zeit ebenfalls mit Steuermitteln Neubauten errichtet werden.

(Decker [CDU]: Das sind doch Ihre Fehler! Der übertriebene Mietwoh- nungsbau!)

- Augenblick! Ihr Fehler war die hohe Förderung des Eigenheimbaus durch die Eigenheimzulage, die sich weltweit kein Staat leisten kann.

(Decker [CDU]: Der soziale Woh- nungsbau ist auch nicht umsonst!)

Natürlich müssen endlich politische Weichenstellungen zur Unterstützung des Bauhandwerks in Niedersachsen ergriffen werden.

(Decker [CDU]: Wo sind sie denn?)

Die Landesregierung macht in diesem Zusammenhang viel zu wenig. Die fadenscheinige Aktion „Bauen jetzt!“ ist doch ein klassisches Wahlkampfstrohfeuer. Die beschleunigten Investitionen der kommenden Monate werden nach der Landtagswahl wegen der Haushaltsprobleme mit Sicherheit doch sofort wieder kassiert. Bauen braucht strukturell und langfristig Unterstützung. Das geht nur mithilfe des privaten Marktes und mithilfe der privaten Investoren, die dazu angeregt werden müssen. Das funktioniert aber nicht mit der Eigenheimzulage, wie Sie es gemacht haben. Damit wird Geld an der falschen Stelle verpulvert.

(Decker [CDU]: Nur mit Therapie können Sie niemanden anregen!)

- Hören Sie sich doch einmal an, was Fachleute dazu sagen, die sich damit auskennen. Ich nenne nur einmal den Kammerpräsidenten Rehkopf. Er hat gestern allen - sowohl der Regierung als auch Ihnen - zur Kenntnis gegeben, welche Vorstellun