Protocol of the Session on May 16, 2002

Wir haben starke Regionen in der Luft- und Raumfahrtindustrie. Wir haben eine der bundesweit stärksten Regionen für die Biotechnologie. Wir haben eine der stärksten Regionen mit einem Schwerpunkt im Bereich Lebensmittel- und Ernährungswirtschaft. Wir haben einen der stärksten Logistikstandorte in Niedersachsen, und wir haben mit die stärksten und erfolgreichsten touristischen Destinationen, die Deutschland zu bieten hat.

(Beifall bei der SPD)

Unsere Regionen sind so stark und selbstbewusst, dass sie die großen zukunftsweisenden Projekte für dieses Land mitinitiiert haben. Wir haben starke Regionen, die den Tiefwasserhafen angeschoben haben. Wir haben starke Regionen, die einen Autobahnneubau wie die A 31 angeschoben haben. Das ist die Realität in diesem Lande.

(Beifall bei der SPD - Wulff (Osna- brück) [CDU]: Das sind alles CDUgeführte Kommunen! - Ontijd [CDU]: Die Autobahn hat die Privatwirtschaft gemacht!)

Dass diese Regionen so stark sind, ist das Ergebnis einer zehnjährigen erfolgreichen Regional- und Strukturpolitik in diesem Land.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, ich glaube, ich bin für diese Bewertung ein relativ unverdächtiger Zeuge. Ich stehe dazu, und das ist auch so.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Wichtigste für den ländlichen Raum sind doch die Arbeitsplätze, die wir dort schaffen. Das ist es, worauf es ankommt.

(Wulff (Osnabrück) [CDU]: Da fehlt es!)

Darauf richten sich unsere Initiativen, darauf richten sich unsere Mittel, die wir einsetzen im Bereich der Regionalförderung, im Bereich Ziel 2. Hier haben wir in den letzten fünf Jahren in unseren Regionen über 20 000 neue Arbeitsplätze geschaffen. Das müssen Sie einfach mal zur Kenntnis nehmen, Herr Busemann, übrigens ein überwiegender Teil davon auch im Emsland.

(Beifall bei der SPD - Wulff (Osna- brück) [CDU]: Welche Arbeitsplätze habt ihr im Emsland geschaffen?)

Herr Golibrzuch, mit einem müssen wir hier auch noch aufräumen. Sie haben gesagt, es stimme nicht, dass zwei Drittel der Regionalisierungs- und GVFG-Mittel in die Regionen gehen. Da gebe ich Ihnen Recht. Es sind nämlich in diesem Haushaltsjahr 93 % und im nächsten 97 %. Es ist viel mehr als zwei Drittel.

(Beifall bei der SPD)

Das heißt im Klartext: Mehr als 300 Millionen Euro Regionalisierungsmittel und GVFG im

nächsten Jahr für unsere Regionen! Das sind die Zahlen, die im Haushalt stehen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, eines lehnt die Landesregierung auch ab - es wurde hier zu Recht darauf hingewiesen -: Es kann nicht sein, dass wir hier Regionen gegen Zentren ausspielen. Das ist ein strukturpolitischer Fehlansatz, und den lehnen wir ab.

(Beifall bei der SPD)

Wir brauchen auch starke Zentren in unserem Land. Wir brauchen insgesamt starke Wirtschaftsräume. Nur wenn man es gesamt als Aufgabe der Regionalpolitik betrachtet, dann wird man den Anforderungen in unserem Land auch gerecht.

Weil dieses so ist, pumpen wir auch nicht einfach Mittel in die Regionen, sondern wir unterlegen dies mit neuen Ansätzen in der Regionalentwicklung. Wir haben gerade das Niedersachsenprojekt gestartet, indem wir das erfolgreiche Modell der Wolfsburg AG auf andere wachstumsstarke Regionen im Land übertragen. Ich sage Ihnen, das ist ein Erfolgsrezept im unserem Land. Wir werden es für weitere Regionen in Niedersachsen erschließen.

(Beifall bei der SPD)

Dass wir tolle Chancen haben, haben wir gerade gestern wieder gesehen. Gestern kam der Beschluss zur Erweiterung des Airbuswerkes in Nordenham. Wir werden hier gleich mehr als 300 neue Arbeitsplätze und erhebliche positive Effekte für den Zulieferbereich haben. Das zeigt, dass der Schwerpunkt Luft- und Raumfahrt boomt und gerade in den Regionen des Landes noch für deutlich mehr Wachstum sorgen wird.

(Beifall bei der SPD - Wulff (Osna- brück) [CDU]: Sie haben die Luftund Raumfahrt aus Hannover vertrieben!)

Diese ausgewogene gezielte Entwicklung von Zentren und Regionen wird vom nächsten Jahr an durch die neue Investitionsbank unterstützt, die wir in Niedersachsen gründen. Sie wird ganz gezielt in den Regionen fördern. Sie wird ganz gezielt das Förder-Knowhow für unsere Regionen erschließen. Wir werden regionale Beteiligungsfonds auflegen. Wir werden die Projekte, die wir in dem Niedersachsenprojekt mit den Regionen und aus den Regionen entwickeln, mit der IN-Bank fördern. Das ist die Zukunft für unser Land. Wir werden auch in

Zukunft starke Regionen und starke Zentren haben. Deswegen werden wir unsere Regional- und Strukturpolitik in Niedersachsen in diesem Sinne fortsetzen.

(Beifall bei der SPD)

Jetzt hat sich Herr Landwirtschaftsminister Bartels zu Wort gemeldet.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Wulff, Sie haben sich eben mal wieder als Generalist dargestellt. Aber so richtig haben Sie von der Sache nichts gewusst. Das muss man wohl ganz am Anfang feststellen. Wir haben starke Regionen in Niedersachsen, wie die Wirtschaftsministerin das eben dargestellt hat. Wir haben aber vor allen Dingen auch engagierte Menschen in diesen Regionen. Warum sind Sie nicht bereit, dieses Engagement der zigtausenden von Menschen in den Regionen wahrzunehmen, zur Kenntnis zu nehmen?

(Wulff (Osnabrück) [CDU]: Weil Sie sie alleine lassen!)

Nehmen wir allein einmal, meine Damen und Herren, die Arbeitskreise, die Aktionskreise im ländlichen Raum, die sich überall dort gebildet haben, wo wir Dorferneuerungsmaßnahmen durchführen, Aktionskreise von Menschen, die sich über die zukünftige Entwicklung ihrer Orte Gedanken machen.

(Wulff (Osnabrück) [CDU]: Die von Ihnen im Stich gelassen werden!)

Warum nehmen Sie nicht zur Kenntnis, dass diese Menschen wirklich an der Zukunft arbeiten?

(Beifall bei der SPD)

Sie missachten geradezu die Arbeit dieser Menschen, das Engagement dieser Menschen. Mehr als 1 450 Dörfer haben wir in den letzten zehn Jahren so gefördert. Mehr als 616 Dörfer sind aktuell in der Dorferneuerung. Dahinter stecken überall Menschen. Das ist nicht unser politisches Werk, sondern das ist das Werk dieser Menschen, die sich um die Zukunft ihrer Orte, um die Zukunft ihrer

Kinder Gedanken machen. Das sollten wir hier ernsthaft zur Kenntnis nehmen.

Meine Damen und Herren, wir haben die LEADER-Plus-Regionen in Niedersachsen. 17 große Regionen haben sich in dem Wettbewerb sozusagen als Sieger heraus kristallisiert, eine Bottom-upMethode. Das heißt, von unten ist geplant worden, die Menschen sind aus den unterschiedlichsten gesellschaftlichen Bereichen zusammengekommen und haben sich, kommunale Grenzen übergreifend, Gedanken darüber gemacht, wie die Zukunft ihrer Orte sein soll. Ich habe im Hasetal die Eröffnung der Veranstaltungsreihe mitgemacht. Mehr als 1 000 Menschen haben sich da zusammengefunden, um diesen Gedanken zu pflegen. Warum missachten Sie die Arbeit dieser Menschen?

(Beifall bei der SPD)

Nehmen Sie, meine Damen und Herren, die „Region Aktiv“! Niedersachsen ist mit drei großen Regionen beteiligt worden. Herr Wulff, hören Sie zu, damit Sie das endlich einmal begreifen, was sich im Lande abspielt.

(Zuruf von der SPD: Das ist ihm peinlich! Er schämt sich! - Weitere Zurufe von der SPD)

Drei Regionen sind ausgewählt worden. Fragen Sie Ihren Kollegen Herrn Wojahn. Er und andere wissen doch Bescheid. Die Menschen haben an der Zukunft gearbeitet und sich Ideen und Gedanken gemacht. Sie werden dieses in den nächsten Jahren umsetzen. Das ist die Weiterentwicklung der ländlichen Strukturpolitik, die wir machen.

(Klare [CDU]: Ein großes Wort!)

Meine Damen und Herren, etwas ist geradezu bitter und beschämend, Herr Wulff, das muss ich nun wirklich sagen. Sie haben ja auch gute Leute in Ihrer Fraktion; fragen Sie doch mal einen Mann wie Oestmann, der könnte Ihnen das sagen. Es ist geradezu beschämend, wenn Sie sich hier hinstellen und erklären, die Bayern bräuchten nur so wenig Strukturmittel aus der EU, weil sie in ihrem Land so hervorragend strukturiert seien. Fragen Sie doch mal nach, Herr Wulff. Die Bayern bekommen 1,5 Milliarden Euro, aber wir nur 550 Millionen Euro. Die bekommen das Dreifache. Nach Ihrer Theorie sind Bayern und Baden-Württemberg das Armenhaus der Nation.

(Lebhafter Beifall bei der SPD - Zuru- fe von der CDU)

- Aber sicher doch! Herr Wulff, ich biete Ihnen an, kommen Sie zu mir an den Tisch, ich zeige Ihnen die Zahlen.

Auch zu einer zweiten Zahl, die Sie hier falsch darlegen, könnten Ihnen die Experten in Ihrer Fraktion die Wahrheit sagen. Der niedersächsische Anteil am Programm „PROLAND“, von dem Sie hier gesprochen haben, beträgt nicht, wie Sie gesagt haben, lächerliche 11 %, er beträgt 35 %. Ich werde es Ihnen gerne vorrechnen.

(Wulff (Osnabrück) [CDU]: Sie haben das doch im Ausschuss vorgerechnet!)

Meine Damen und Herren, das ist nicht gut. Sie ärgern sich offenbar über dieses Programm und darüber, dass es so angenommen wird. Aber fragen Sie bitte Ihre Kommunalpolitiker im Lande. Ich kann Ihnen Briefe von CDU-Bürgermeistern zeigen, die Dankesschreiben schicken, weil sie mit diesem Programm sehr zufrieden sind und weil sie profitiert haben, auch aus dem Emsland, Herr Busemann. Ich kann das Jammerlied nicht hören, das Sie dort anstimmen. Auch aus dem Emsland!

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

Herr Busemann, gerade das Emsland

(Busemann [CDU]: Da regieren Sie auch nicht! Wie viel Prozent habt ihr da?)

hat von diesen Programmen profitiert und wird sicherlich auch in Zukunft davon profitieren.

Eine letzte Anmerkung, Herr Wulff. Wir brauchen Ihre Aufforderung wahrlich nicht, wir müssten uns über die Fortsetzung der Strukturprogramme auf europäischer Ebene jetzt endlich mal Gedanken machen.