Protocol of the Session on April 24, 2002

Interessant ist auch die Frage, welche Einkommenssegmente gefördert wurden, ob das Geld also an die schwachen, mittleren oder starken Betriebe gegangen ist. Hat damit die Förderung bewirkt, dass zumindest die mittleren bäuerlichen Betriebe stabilisiert wurden und Strukturen schaffen konnten, um längerfristig in der Produktion und am Markt zu bleiben und damit letzten Endes auch die Siedlungsstruktur und die Arbeitsplätze im ländlichen Raum zu sichern, oder ging das Geld lediglich an die Spitzenbetriebe und ist dort als Mitnahmeeffekt verpufft? Oder was noch schlimmer wäre: Hat es sogar geholfen, den Strukturwandel durch Verdrängung zu verschärfen? - Es gibt keine Qualitätsaussagen zu den beiden größten Ausgabenbrocken - Dorferneuerung und Flurbereinigung -, obwohl seit längerer Zeit diskutiert wird, ob schöne Dorfplätze wirklich das Optimum für eine nachhaltige Wirtschaftspolitik sind.

(Glocke des Präsidenten)

Es gibt auch keine Informationen zu den Naturschutzaspekten und -effekten des Programms. Der Verdacht, dass dies nicht unbedingt im Mittelpunkt der Landesinteressen gelegen hat, liegt dabei nahe.

Herr Kollege Klein, das Klingeln gilt Ihnen. Wenn Sie auf die Uhr da vorne blicken, dann werden Sie feststellen, dass Sie Ihre Zeit schon überzogen haben. Kommen Sie jetzt bitte zum Ende!

Ich komme gerne zum Ende. Ich kann auf diese Punkte aus Zeitgründen - Sie haben es eben mitbekommen - nicht näher eingehen. Aber eine Bitte habe ich noch zum Schluss. Tun Sie uns und dem Landeshaushalt den Gefallen: Versprechen Sie uns, aus diesem Papier keine Hochglanzbroschüre zu machen, sondern machen Sie einen großen Haken daran, und legen Sie es ins Archiv. - Schönen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der CDU)

Jetzt hat der Kollege Biestmann das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Klein, selten konnte ich eine Ihrer Reden fast Wort für Wort so unterstreichen wie heute. Mein Kompliment dazu. Bei der Großen Anfrage der SPD mit dem Titel „PROLAND-Offensive“ handelt es sich nicht um eine hübsche Würdigung von Fördermaßnahmen, sondern vielmehr um eine Jubelanfrage, die ausschließlich den Zweck verfolgt, die bisherige Arbeit der Landesregierung zur Stärkung des ländlichen Raumes im günstigen Licht erscheinen zu lassen bzw. die verheerenden Auswirkungen der SPD-Politik auf den ländlichen Raum zu kaschieren.

Wenn Herr Bartels von einer Frischzellenkur für den ländlichen Raum spricht, so hat das mit der Realität wenig zu tun. Wir halten die jetzige und künftige Förderung des ländlichen Raumes aus EU-Strukturfonds, mit GA-Mitteln und mit Landesmitteln für sehr bedeutend. Auch nach dieser Anfrage bleiben aber wichtige Fragen unbeantwortet im Raum stehen haben.

(Lücht [SPD]: Eine Milliarde!)

Es ist sicherlich richtig, wenn Herr Klein sagt, dass im Jahre 2003 - möglicherweise auch noch in diesem Jahr - eine Halbzeitbewertung überfällig ist. Diese Halbzeitbewertung wollen auch wir vornehmen, indem wir zu einem späteren Zeitpunkt - das kann ich Ihnen sagen - eine eigene Anfrage zu diesem Thema stellen und alle Fragen, die heute unbeantwortet geblieben sind

(Lücht [SPD]: Welche denn?)

- Herr Klein hat doch einige wesentliche Fragen angedeutet -, in diese Große Anfrage einbauen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das PROLAND-Programm ist im Grundsatz eine Förderung für den ländlichen Raum, die ländliche Entwicklung und die Landwirtschaft. Sie ist unverzichtbar; das ist grundsätzlich zu bestätigen. Sie ist ein wesentlicher Teil einer zunächst auf sieben Jahre angelegten EU-Strukturpolitik im Rahmen der Agenda 2000 und ersetzt in vielen Fällen bisherige Förderelemente. Das war gewollte EUPolitik und weniger gewollte Landespolitik. Im Rahmen der Agenda-Verhandlungen ist die EU-Strukturförderung neu konzipiert worden. Es sind Förderziele zusammengefasst und neue Förderschwerpunkte gebildet worden.

Das bisherige Ziel-5b-Förderprogramm zur Entwicklung des ländlichen Raumes ist weggefallen. Unter diesem Förderziel sind bisher Maßnahmen für den ländlichen Raum aus mehreren EU-Förderfonds zusammengefasst und finanziert worden. Wir haben wiederholt kritisiert, dass der ländliche Raum durch Wegfall der Ziel-5b-Förderung seinen eigenständigen Förderansatz in der EU-Regionalförderung verloren hat. Gleichwohl erkennen wir an, dass die EU infolge der AgendaPreisbeschlüsse dramatisch verlaufende Strukturprozesse in der Fläche durch erhöhte Förderansätze in der horizontalen Förderung - also gebietsunabhängig - nun sozusagen für alle abfedern will.

Dieses EU-Gemeinschaftsprogramm - in Niedersachsen als PROLAND bezeichnet - beinhaltet die Entwicklung der Landwirtschaft und des ländlichen Raumes. Insgesamt stellt die EU mit diesem Programm innerhalb von sieben Jahren 1,1 Milliarden DM - ich bleibe jetzt einmal bei D-Mark an Fördermitteln zur Verfügung, die allerdings Komplementärmittel von Bund und Land, in einigen Fördersegmenten darüber hinaus Komplementärmittel von Kommunen und privaten Investoren voraussetzen. Da sich das Land hier brüstet, ein Fördervolumen in Höhe von 3 Milliarden DM in Gang zu setzen, muss ich hier sagen: Das ist sicherlich richtig. Die Wahrheit aber ist auch, dass nur gut 10 % von dieser Fördermasse, von diesem Fördervolumen vom Land selbst getragen werden, nämlich 350 Millionen DM. Dieser Betrag macht deutlich, welche landespolitische Handschrift die Landesregierung auf diesem Gebiet schreibt.

Das so genannte PROLAND-Programm ist wesentlicher Teil einer gewollten EU-Strukturförderung zur Erleichterung der Anpassungs- und Umstellungsprozesse im ländlichen Raum.

Wichtig aber ist auch - das müssen wir in diesem Zusammenhang ebenfalls sagen, um die europapolitische Akzeptanz im ländlichen Raum zu fördern -, dass es sich bei diesen Mitteln im Wesentlichen um EU-Mittel und nicht so sehr um Landesmittel handelt. Es trifft nicht so sehr zu, dass die Landesregierung ein Füllhorn über den ländlichen Raum ausschüttet, wie es von Minister Bartels in seinen aufgeplusterten Stellungnahmen gelegentlich zu hören ist, wenn er sich zu PROLAND äußert. Dann bekommt man das Gefühl, dass an den Einfallstraßen nach Niedersachsen geschrieben steht: Wir können Sie im Land Niedersachsen begrüßen. Sie haben es gut. Hier gibt es PROLAND. - Diese ganze Geschichte ist ein bisschen überzogen.

(Zurufe von der SPD)

- Das ist die Public-Relations-Politik der SPDLandesregierung. Da haben Sie völlig Recht.

Nun noch einige Anmerkungen hierzu. Hören Sie zu! Herr Schack, auch Sie! - Aufgrund der Förderkonzeption, die eine Mitfinanzierung der Kommunen vorsieht, sind wir inzwischen an einem Punkt angelangt, der es offenbar nur noch den finanzstarken Kommunen erlaubt, dieses Programm in Anspruch zu nehmen.

(Beifall bei der CDU)

Diese Tatsache ist zu hinterfragen.

Ferner möchte ich Ihnen sagen: Wenn wir über die Strukturförderung und über die Förderung des ländlichen Raumes sprechen, Herr Schack, dann muss ich Sie darauf hinweisen, dass Niedersachsen jetzt erstmals 18 Millionen Euro aus der GA-Finanzierung verfallen lässt. Auch das muss in diesem Zusammenhang einmal gesagt werden. Das PROLAND-Programm ist meines Wissens eine der größten PR-Maßnahmen der Landespolitik. Für mich ist dieses Programm ein einziger Etikettenschwindel.

(Widerspruch bei der SPD)

Dieses Programm ist vordergründig und auf Effekthascherei ausgelegt. Ich kann Ihnen sagen: Wenn der Minister die Zeit, die er verwendet hat, um nach und vor irgendwelchen Maßnahmen oder

wann auch immer hunderte oder tausende von Spatenstichen zu machen, genutzt hätte, um darüber nachzudenken, an welchen Stellen des Landeshaushalts er Mittel frei machen kann, um GAMaßnahmen für den ländlichen Raum mitzufinanzieren, dann wäre das alle Mal besser gewesen.

Herr Kollege Biestmann, möchten Sie eine Frage des Kollegen Harden beantworten?

Ich habe nur noch wenig Redezeit. Deshalb möchte ich fortfahren.

Der ländliche Raum - das möchte ich abschließend sagen - ist unter der SPD-Landesregierung permanent benachteiligt worden.

(Lachen bei der SPD)

Dies gilt für den kommunalen Finanzausgleich, den Straßen- und Radwegebau, den Krankenhausbau, das Stichwort „Kulturvertrag“, die Mittelstandsförderung und auch die Agrarpolitik. Jetzt müssen wir in zunehmenden Maße auch noch erleben, dass aus dem Topf Agrarstruktur und Küstenschutz immer mehr Fremdfinanzierungen vorgenommen werden, was zulasten des ländlichen Raumes geht.

Früher sind die Ziel-5b-Mittel nach Regionalquoten auf die Landkreise verteilt worden. Die Kriterien, die heute dafür herhalten müssen, um Fördertatbestände zu beschreiben, sind mir immer noch nicht klar. Im Regierungsbezirk Weser-Ems habe ich sie bisher nicht entdeckt. Hier geht es sehr oft - das muss ich einmal so deutlich sagen - auch nach politischem Wohlverhalten. Das kann aber nicht akzeptiert werden.

(Beifall bei der CDU)

Es darf nicht sein, dass finanzschwache Kommunen, die im Grunde genommen Ergänzungszuweisungen erhalten müssten, nicht mehr in den Genuss der PROLAND-Mittel kommen können, weil sie nicht mehr kofinanzieren können. Hier liegt eine der Schwachstellen des Programms. Ich meine, wir müssen dieses Programm weiter hinterfragen. Wir werden das in Zukunft auch tun. - Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat nun der Kollege Ehlen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich wollte hier noch einmal klar stellen, was wir schon bei anderer Gelegenheit einmal vorgetragen haben. Dieses PROLAND-Programm basiert auf unserem Antrag aus dem Jahr 1996 zur Zukunft des ländlichen Raumes. Wir haben ganz klar gesagt, wie wir es gern gehabt hätten. Ich sage Ihnen: Sie haben rund 80 % unserer Forderungen aufgenommen. Was Sie daraus gemacht haben, entspricht aber nicht dem, was wir daraus gemacht hätten.

(Zurufe von der SPD)

Ich möchte an dieser Stelle noch zwei Dinge anmerken, um einmal nach vorn zu schauen. Herr Minister, dieses Programm ist zu einer Zeit aufgelegt worden, als die Agenda 2000 beschlossen worden ist. Seinerzeit hatte der Bundeskanzler erklärt, die deutsche Landwirtschaft sollte sich auf den Markt ausrichten. Zwischendurch haben wir das ganze Theater mit BSE gehabt. Für die Landwirtschaft ist eine neue Zeit angebrochen. Deshalb bin ich der Meinung, dass hier Akzente gesetzt werden müssen, die all dem gerecht werden. Diese Akzente sehe ich aber noch nicht.

Zum einen hat diese neue Agrarpolitik dazu geführt, dass viele Betriebe gern aufhören würden, aber nicht aufhören können, weil sie nicht genug Geld bekommen würden, wenn sie aufhören. Wir brauchen ganz dringend eine Vorruhestandsregelung.

Ferner hat eine Ausrichtung in Richtung Biolandwirtschaft stattgefunden. Wir begrüßen, dass diese Schiene gefördert wird. Wir stellen aber auch fest - diesbezüglich haben wir große Sorge -, dass hier jetzt schon das eingetreten ist, was man nicht erwarten wollte bzw. nicht erwarten darf. Inzwischen wird in Supermärkten mit Bioprodukten zu Dumpingpreisen geworben. Meine Damen und Herren, das kann gerade diese Schiene nicht ab. Deshalb müssen wir aufpassen, dass wir hier nicht zu viel des Guten oder auch des Schlechten tun und Landwirte auf einen Pfad locken, der sie letztendlich um ihre Existenz bringt.

Herr Kollege Klein, wenn Sie mit dem Onkel, der das Geld mitbringt, den Onkel aus Europa meinen,

dann müsste Frau Ministerin Künast doch die Tante sein, die Klavier spielt.

(Beifall bei der CDU)

Ich darf jetzt mit einer landwirtschaftlich ausgerichteten Bewertung schließen und sagen: Frau Künast spielt dieses Klavier saumäßig.

(Beifall bei der CDU)

Herr Minister Bartels hat noch einmal das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ist hier eine sehr muntere Debatte. Ich möchte den Kollegen Ehlen und Biestmann von der CDU empfehlen, sich zuvor doch abzustimmen. Der eine geht hierher und sagt, das PROLAND-Programm sei Etikettenschwindel, nicht vernünftig und chaotisch. Der andere aber sagt: 80 % habt ihr von unserem Programm übernommen. Wir hätten es nicht besser machen können. Was wollen Sie nun eigentlich?

Es tut mir Leid: Eine ernsthafte Auseinandersetzung ist auf dieser Basis kaum möglich, Herr Biestmann. Weil Sie hier den Finanzierungspart angesprochen haben, möchte ich an dieser Stelle aber noch einmal Folgendes deutlich machen: Es ist völlig klar und unbestritten, dass dieses Programm über die Agenda 2000 gekommen ist und das 1,1 Milliarden DM an EU-Mitteln in dieses Programm geflossen sind. Richtig ist aber auch - damit Sie es kapieren -, dass die 1,2 Milliarden, die wir national kofinanzieren müssen, aus Bundes-, Landes- und kommunalen Mitteln stammen. Das ist doch unbestritten. Wir haben das hier auch immer wieder so dargestellt. Warum aber stellen Sie das jetzt infrage?

(Biestmann [CDU]: Dann müssen Sie es sagen!)