Protocol of the Session on April 24, 2002

Das gilt sinngemäß auch für die Verschiebung der Gewichte in der Wirtschafts- und Finanzpolitik. Mit der Globalisierung der Weltwirtschaft sind immer größere Konzerne entstanden, deren Umsatz die Haushalte der meisten Staaten dieser Erde übersteigt. Eine koordinierte Wirtschafts- und Finanzpolitik der EU muss dafür sorgen, dass Regeln und Gesetze nicht von einsamen Entscheidern in den Konzernzentralen gesetzt werden, sondern vielmehr von demokratisch legitimierten, transparenten Institutionen. In diesem Punkt würde ich weiter gehen als der Kollege Senff in seiner Antwort auf die Große Anfrage der CDU-Fraktion. Sie haben sich gerade zur Frage der Harmonisierung der Wirtschafts- und Steuerpolitik bzw. der Finanzpolitik sehr verhalten geäußert.

(Rabe [SPD]: Das steht aber in der Antwort drin, und zwar ganz genau!)

Ich meine, dass wir in der Steuerpolitik weiter gehen müssen, als es in Ihrer Antwort aufgezeigt wurde. Es macht wohl keinen Sinn, immer wieder in Steuersenkungsspiralen einzutreten, die dazu führen, dass es ein bestimmtes Land schafft, für ein, zwei, drei oder fünf Jahre die Konzernzentralen der multinationalen Konzerne in ihre Zentren zu locken, und dann muss die nächste Volkswirtschaft darunter gehen. Insgesamt verlieren dabei aber alle Volkswirtschaften. Das Ganze ist eine Spirale, und jede Spirale ist irgendwann einmal am Ende. Das heißt, wir müssen Standards setzen, die in keinem Land unterschritten werden.

Es geht der Spirale so wie Ihrer Redezeit.

Ich komme zum Ende.

Wenn das gelingt, wird es auch gelingen, meine Damen und Herren, das Vertrauen der Bevölkerung zu stärken und Zustimmung für eine grundlegende Reform der Europäischen Union zu erzielen. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Der Kollege von der Heide hat jetzt das Wort. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kollege Mientus, dass wir heute am Vormittag darüber diskutieren wollen und können, was aus Europa wird, haben Sie der CDU-Landtagsfraktion zu verdanken,

(Beifall bei der CDU)

die sich die Mühe gemacht hat, Fragen an die Landesregierung zu stellen, und die dies sehr niedersachsenbezogen gemacht hat. Wenn Sie es in Zukunft wünschen, selbst zu arbeiten, dann tun Sie es bitte auch, Herr Mientus, und bringen Sie Ihre Beiträge in dieses hohe Haus ein. Dann können wir uns auch mit Europa befassen.

(Beifall bei der CDU)

Den Appell, Herr Mientus, den Sie an uns alle gerichtet haben, unterstützen wir in vollem Umfang. Auch wir sagen: Europa muss in diesem Hause eine größere Rolle spielen. Also müssen wir auch mehr tun. Das ist völlig klar. Aber bitte tun Sie sich selbst den Gefallen - gerade als Ausschussvorsitzender -, dass Sie das Selbstwertgefühl des Parlaments nicht dadurch beschädigen, dass Sie Lobreden auf Herrn Minister Senff halten. Das ist nicht angebracht.

(Beifall bei der CDU)

Jetzt zu Ihnen, Herr Minister. Sie bürden uns auf, eine Große Anfrage mit einer großen Antwort erst drei Tage vorher zugestellt zu bekommen, und unterstellen dann noch Herrn Biestmann, er hätte sie nicht richtig durchgelesen. Vielleicht hat er es gar nicht mehr schaffen können, sie richtig durchzulesen. Deswegen wäre es an Ihnen, Herr Minister, dafür Sorge zu tragen, dass wir als Parlamentarier die Antworten rechtzeitig erhalten.

(Beifall bei der CDU)

Wenn Sie meinen, Sie müssten uns kritisieren, weil wir angeblich von anderen Parlamenten abgeschrieben hätten, dann sage ich Ihnen: Ja, wir haben so geringe personelle Ressourcen, dass wir das gemacht haben, dass wir es aber sehr niedersachsenspezifisch formuliert haben. Sie haben mehr personelle Ressourcen. Sie können sich mehr Mühe geben und sollten es in Zukunft auch tun, denn was Sie geboten haben, ist zum Teil auch nur Lyrik, die Sie überall nachlesen können. Sie sind auch nicht immer so ins Detail gegangen, wie wir es uns

für niedersächsische Verhältnisse gewünscht haben.

(Beifall bei der CDU)

Jetzt noch einmal zu den Dingen, die Sie richtig gemacht haben.

Jawohl, Sie haben es richtig gemacht, dass Sie ein EIZ gegründet haben. Jawohl, Sie haben damit eine Forderung der CDU-Fraktion erfüllt, die lange nicht erfüllt wurde; das stimmt. Das EIZ arbeitet phantastisch. Sie lassen sich in der Süddeutschen Zeitung loben, Sie lassen sich von Brüssel loben, wissen aber ganz genau, dass Sie das EIZ mit einer sehr geringen finanziellen Ausstattung betreiben und dass Sie es den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und ganz speziell einer Mitarbeiterin, nämlich der Leiterin, die Spenden von der Wirtschaft einholt, zu verdanken haben, dass das EIZ finanziert wird.

(Zurufe von der CDU: Aha!)

Das muss man bei dieser Gelegenheit sagen. Man sollte den Erfolg tunlichst auch teilen.

Richtig ist noch einmal das Lob, dass Sie das EIZ gegründet haben. Dafür haben wir Beifall geklatscht, weil wir gesagt haben, dass damit eine Forderung von uns erfüllt worden ist.

Jetzt wollen wir uns aber einmal den europapolitischen Themen zuwenden. Ich möchte Ihnen die Vorstellungen der CDU-Fraktion anhand von drei Politikbereichen erläutern, die im Rahmen des EUReformprozesses von besonderer Wichtigkeit sind.

Ein wesentliches Feld ist die Struktur- und Regionalpolitik. Die Solidarität zwischen wohlhabenden und schwächeren Mitgliedstaaten ist ein wesentliches Element der Europäischen Union. Das gegenwärtige System der Umverteilung über die Strukturfonds und den Kohäsionsfonds ist jedoch zu bürokratisch, zu ineffizient, zu teuer und zu zentralistisch. Es ist verfehlt, die Entwicklung der Regionen zentral von Brüssel aus steuern zu wollen. Die Strukturfonds z. B. waren 1990 mit 52 Milliarden DM ausgestattet. 32 Milliarden sind aber in die Staaten, die dafür bezahlt haben, wieder zurückgeflossen.

Herr Kollege, ich muss Sie einen Augenblick unterbrechen. Sie haben jetzt schon die Redezeit überschritten. Es tut mir Leid. Wir sind jetzt groß

zügig und sagen, dass Sie noch eine Minute haben. Einverstanden?

(Widerspruch bei der CDU)

- Ich kann es nicht ändern. Die Redezeit ist jetzt schon überschritten.

Herr Präsident, vielen Dank für den Hinweis. Ich komme dann zum Schluss.

Wir einigen uns auf eine Minute.

Ich brauche eine Minute, um zum Schluss zu kommen.

Wichtig ist für uns als CDU, dass die Beitrittsverhandlungen nicht diesen Verheugen-Automatismus annehmen nach dem Motto: 2004 sind alle drin. Dann wird das, was wir mit „Acquis“ bezeichnen, nicht vernünftig abgearbeitet, also das, was wir von den neuen Mitgliedstaaten erwarten können. Wir können von den neuen Mitgliedstaaten erwarten, dass sie die Forderungen erfüllen und zum Schluss nicht allein deshalb in die EU aufgenommen werden, weil es außenpolitische Zwänge gibt. Wir brauchen funktionierende Mitgliedstaaten und sollten uns unsere Probleme nicht noch vergrößern, in dem wir die Augen zudrücken. Wir müssen den Druck auf die Mitgliedstaaten, die in die EU eintreten wollen und die wir auch herzlich begrüßen, aufrechterhalten, damit sie diese Bereiche abdecken, damit sie sie in ihren Ländern geklärt haben und damit sie gemeinsam mit uns in der EU erfolgreich Politik betreiben können. - Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Ich möchte Folgendes sagen, damit kein Missverständnis entsteht: Es waren noch 3 Minuten und 23 Sekunden. Wir waren schon relativ großzügig. Das sage ich, damit es insoweit keine Unklarheit gibt.

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht mehr vor. Damit ist die Besprechung der Großen Anfrage abgeschlossen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, verehrte Kolleginnen und Kollegen, Ihnen ist bekannt, dass wir die Tagesordnung umgestellt haben. Ich sage es noch einmal an: Wir behandeln jetzt statt der Tagesordnungspunkte 20 und 21 die Tagesordnungspunkte 31 und 39.

Ich rufe jetzt auf

Tagesordnungspunkt 31: Erste Beratung: Programm zur besonderen Förderung und Qualifizierung der ehrenamtlichen Arbeit in der Jugendarbeit (PRO Juleica) - Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 14/3319

Diesen Antrag bringt die Kollegin Vockert ein. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben uns schon häufig mit dem Thema „Ehrenamt“ auseinandergesetzt, letztmalig gestern in der Aktuellen Stunde. Das ehrenamtliche Engagement wird - wie ich finde, zu Recht - von Politikerinnen und Politikern immer wieder ganz besonders hervorgehoben. Wir sind aber nach wie vor davon überzeugt, dass es nicht ausreicht, dass man das ehrenamtliche Engagement ausschließlich mit Dankesworten honoriert. Auch aus diesem Grunde haben wir seitens der CDU-Fraktion bereits vor Jahren einen Antrag zum Thema „Anerkennung und Förderung ehrenamtlicher Tätigkeit“ eingebracht. Auch der Beschluss des Landtages zur Unterstützung der Jugendarbeit oder der von uns eingebrachte Antrag „Die Mitverantwortung der jungen Generation für das demokratische Gemeinwesen fördern“ fallen mit in diese Thematik hinein. Das alles waren Anträge, die in die gleiche Richtung gingen. Ich bin sehr froh darüber, dass wir parteiübergreifend bei der Beratung dieser Anträge immer wieder festgestellt haben, dass es unser gemeinsames Ziel sein muss, insbesondere den jungen Menschen die Zugangsmöglichkeiten zum Ehrenamt zu erleichtern.

(Beifall bei der CDU)

Wir wollen ihnen speziell für ihr freiwilliges Engagement attraktive Angebote bieten.

Insbesondere die Juleica, die es seit 1999 bundesweit gibt, hat sich als beeindruckende Erfolgsstory

für Niedersachsen herausgestellt. Für alle, die mit dem Begriff „Juleica“ nicht allzu viel anfangen können: Das ist die Abkürzung für „JugendleiterCard“. - Es handelt sich um einen Ausweis für Jugendgruppenleiterinnen und Jugendgruppenleiter. Die Juleica ist quasi ein Zwischending zwischen einem amtlichen Ausweis und einer bunten Scheckkarte. Wichtig ist dabei, dass die Juleica, die Jugendleiter-Card, etwas wert ist. Das heißt, ehrenamtlich tätige Jugendleiterinnen und ehrenamtlich tätige Jugendleiter haben einen ganz konkreten Nutzen davon, wenn sie diesen Ausweis haben.

Mehr als 60 % der Jugendämter in Niedersachsen gewähren nämlich Vergünstigungen oder haben konkrete Vergünstigungen in Planung. Wir im Landkreis Cuxhaven z. B. zahlen ganz konkret Zuschüsse bei Freizeiten für Jugendgruppenleiter, die eine Juleica haben. Im Landkreis Nienburg gibt es - Willi Heineking hat es mir vorhin bestätigt Ermäßigungen bei Maßnahmen der Kreisjugendpflege. Es gibt da auch Gratiskopien, es gibt Jugendleiter-T-Shirts. Alles das soll die Motivation der Jugendlichen stärken. In anderen Landkreisen gibt es Preisnachlässe z. B. für Hallenbäder und Freibäder. Es gibt auch Tickets für FußballBundesligaspiele und andere kommerzielle Freizeitangebote. Es gibt in vielen Landkreisen entsprechende Vergünstigungen. Auch die Sportjugend Niedersachsen, die Niedersächsische Jugendfeuerwehr, der BDKJ - Landesverband Oldenburg -, die Kolpingjugend - Land Oldenburg - sowie weitere Landesverbände leisten ihren Beitrag zur Juleica.

25 % aller bundesweit ausgestellten Juleicas sind in Niedersachsen ausgestellt. Rund 19 000 Niedersachsen sind im Besitz dieser Karte. Sie leiten, wie ich nachgelesen habe, landesweit rund 5 000 Jugendgruppen und haben sich dafür in 2 375 Ausbildungsmaßnahmen an 158 000 Tagen in mindestens 950 000 Stunden qualifiziert. Das ist ein Wahnsinnsengagement dieser Jugendlichen, das man nicht genug herausstellen kann. Ich bin mir sicher, dass es keinen besseren Beleg für Qualität und Quantität in Niedersachsen geben kann.

(McAllister [CDU]: Und das trotz ei- ner SPD-Landesregierung!)

- Genau, Herr McAllister; Sie haben völlig Recht.

Es ist gut so, dass wir die Juleica in Niedersachsen haben. Das haben wir an erster Stelle dem Lan